Eine Seite für Hildburghausen

1806 - 1826

Herzogtum Sachsen-Hildburghausen bis zur letzten
ernestinischen Landesteilung

(1806 – 1826)

© Hans-Jürgen Salier
Salier Verlag Leipzig und Hildburghausen
Ines Schwamm 

 

Die thüringischen Staaten erhalten für kurze Zeit ihre absolute Selbstständigkeit. Mit dem Beitritt des Fürstentums Sachsen-Hildburghausen zum von Napoleon beherrschten Rheinbund (Confédération du Rhin) am 25./16.12.1806 in Posen erhält Hildburghausen vom Franzosenkaiser den Haustitel „Herzogtum“.

Karte des Fürstentums/Herzogtums Sachsen-Hildburghausen, um 1800. Kupferstich.
Sammlung Hans-Jürgen Salier

Durchzüge und Einquartierungen in Hildburghausen

1806 – 1811
Im Zeitraum kommt es zu einer Fülle an Truppendurchzügen, die enorme Belastungen für die Zivilbevölkerung mit sich bringen.

27. Juni 1806
Ein französisches Infanterieregiment mit 74 Offizieren, 2.128 Mannschaften und 95 Pferden.
Beim Durchzug des Regiments Latour d' Auvergne und Carnegnais schießt Marschall Davoust auf den Posthalter Kupfer, der eine freie Fuhre verweigert.

12. Oktober 1806
300 Yorksche Jäger und 800 Husaren.

17. bis 19. November 1806
Einige französische Regimenter ziehen durch, die 50.000 Francs Kontribution verlangen.

1. Januar 1807
400 Mann französische Kavallerie, dazu Badenser und 4.000 Spanier, die sich auf dem Marsch nach Hannover befinden. 159 kaiserliche Rekruten werden in Hildburghausen mit ihren Bräuten getraut.

4. Februar 1807
Das Regiment der Herzöge von Sachsen umfasst 2.800 Mann in drei Bataillonen

Sachsen-Gotha-Altenburg    = 1.100
Sachsen-Weimar                    =     800
Sachsen-Coburg-Saalfeld     =     400
Sachsen-Meiningen              =     300
Sachsen-Hildburghausen    =     200

Kontingente von Weimar, Coburg, Hildburghausen bilden ein leichtes Bataillon von 1.400 Mann; Gotha-Altenburg und Meiningen zwei Linien-Bataillone mit je 700 Mann.

7. Dezember 1807
1 spanisches Kavallerie- und 2 spanische Infanterieregimenter.
Die Stadt muss bei Durchmärschen und Einquartierungen für die Kosten aufkommen:
16.570 fl. 16 3/8 kr., davon für 320 Offiziere (1.280 fl.), 6.333 Unteroffiziere und Gemeine (6.333 fl. 30 kr.), für 745 Zentner Stroh (776 fl.), für 175 zweispännige Pferde- und 640 Ochsenfuhren nach Rodach und Themar (685 fl.), für 73 in Gasthöfen logierende Offiziere (2.135 fl.).

24. Februar 1808

Dänische Matrosen, aus Italien kommend.

Mai 1808 bis Februar 1810
Hildburghausen wendet für französische, sächsische, gothaische und portugiesische Truppen sowie für ihren Transport 1.600 fl. 44 1/2 kr. auf. Aus dem Fouragemagazin werden 222 Simmern, 3 Viertel und 1 Metze Hafer, aus dem Strohmagazin 93 Schock Stroh in 2.983 Rationen abgegeben.

November 1808
2 französische Divisionen, von Erfurt kommend, nach Würzburg.

17. März 1809

17.000 französische Husaren.

24. März 1809

4.000 französische Husaren.

Februar 1810

Schwere französische Kavallerie („fast durchweg grobe, böse Gesellen“). Karabinieriregimenter und Kürassiere mit Artillerie (260 Offiziere, 5.404 Mannschaften, 5.387 Pferde).

27. Juni 1810

Französisches Infanterieregiment mit 74 Offizieren, 2.128 Mannschaften, 95 Pferden.

1807
Aufhebung der Verordnung, dass Mütter unehelicher Kinder ihre verstorbenen Kinder selbst zu Grabe tragen müssen.

7. Februar 1807
Das Dunkelgrafenpaar trifft gegen Mitternacht in einer vornehmen Kutsche in Begleitung des betressten Dieners Philipp Scharre (auch Scharr), vermutlich Angehöriger der Schweizergarde des französischen Königs, im Gasthof Zum Englischen Hof am Markt in Hildburghausen ein. Von den Behörden wird keine Revision (Kontrolle) vorgenommen. Vermutlich geht das auf eine Weisung des Herzogshauses zurück. Die Namen der Fremden sind bis zum Zeitpunkt unbekannt.
Auf Briefköpfen entnimmt man für den Herrn den Namen Vavel de Versay. Die BezeichnungDunkelgraf kommt erst nach seinem Tod (1845) auf, nach Erscheinen von Ludwig Bechsteins vielgelesenem Roman Der Dunkelgraf.
Die Dame wird nur mit einem grünen Schleier gesehen. Nach einem halben Jahr bezieht das Paar den 3. Stock des sog. Kavaliershauses am Markt (bis 1998 Landratsamt). Nach einem blinden Feueralarm in der damals im Untergeschoss befindlichen Druckerei erfolgt im Frühjahr 1808 der Umzug in die 1. Etage des Radefeldschen Hauses in der Neustadt. Das Paar bleibt für zweieinhalb Jahre dort zur Untermiete bei Assistenzrätin Philippine Radefeld wohnen. Herzogin Charlotte legt Fürsprache für das Paar ein..

 

Partie in der Georgstraße“ (heute: Geschwister-Scholl-Straße)
Das Radefeldsche Haus ist vom Frühjahr 1808 bis zur Übersiedlung ins Eishäuser Schloss Ende September 1810 Aufenthaltsort des Dunkelgrafenpaares.
Postkarte: Verlag Karl Kien, Hildburghausen, um 1900
Sammlung Hans-Jürgen Salier



Dunkelgraf und Dunkelgräfin – Blick durch ein Fenster des Radefeldschen Hauses.
Miniatur von Gerhard Bätz, Stadtmuseum Hildburghausen.
 


 Blick vom Radefeldschen Haus in westlicher Richtung mit der Hugenottenkirche,
inzwischen katholische Kirche, um 1920.
Sammlung Ines Schwamm

1807
Der Großkaufmann Johann Philipp Dressel erwirbt das Koppenfelssche Haus (Obere Marktstraße 2).
(s. auch 1782 und 1830)

18. Februar 1807

Gründungstag des Rheinbund-Regiments der Herzöge von Sachsen (lt. Artikel 5 des Posener Vertrages), der zur Jahrhundertfeier (zum 20. Jahrhundert) per Kabinettsordre von Kaiser Wilhelm II. festgelegt wird, des späteren 6. Thüringischen Infanterie-Regiments Nr. 95. Das Militärkontingent hat eine Stärke von 2.800 Mann (3 Bataillone) unter französischem Oberkommando. Das Infanterie-Regiment steht unter dem Oberbefehl des Obersten v. Egloffstein (Sachsen-Weimar). Ernestinische Fürsten müssen folgende Anteile stellen:

- Sachsen-Weimar (800),
- Sachsen-Gotha (1.100),
- Sachsen-Meiningen (300),
- Sachsen-Coburg-Saalfeld (400),
- Sachsen-Hildburghausen (200 Mann).

Das Regiment hat bis 1815 einen schweren und blutigen Weg vor sich:

. 1807 Belagerung von Kolberg in Pommern,
. 1809 in Tirol gegen die Aufständischen um Andreas Hofer,
. 1810 im Spanienfeldzug,
. 1812 im Russlandfeldzug und
. 1813 – 1815 im nationalen Befreiungskampf gegen die französische Fremdherrschaft. 

Die Stadt Hildburghausen muss vorerst 10 Mann stellen, weitere aus den Ämtern und Städten des Herzogtums sowie den Orten um Hildburghausen. Die Stadt reicht ein Gesuch zur Befreiung von der Konskription (Rekrutierung) ein, weil sich angeblich genügend Freiwillige finden. Listen mit Namen werden zusammengestellt. Söhne städtischer Honoratioren werden nicht berücksichtigt.

28. Februar 1807
Erste Konskription, 18 Männer werden gemustert. Einige sind nicht verwendungsfähig, u. a. wegen fehlender Vorderzähne, denn Patronen für Vorderladegewehre müssen aufgebissen werden, um Pulver in den Lauf zu schütten. Die Musterung wird von Obrist v. Gussio und Hauptmann v. Heßberg vorgenommen, zwei Männer leisten Widerstand und werden arretiert.

März 1807

Erster Einsatz des Regiments der Herzöge von Sachsen im Rheinland gegen Preußen und Russland mit der französischen Armee unter Loison, Regimentskommandeur ist Oberst Freiherr v. Egloffstein, Weimar. Das Hildburghäuser Kontingent steht unter Hauptmann v. Heßberg, Premierleutnant v. Münch und Sekondeleutnant Koppenfels.
Auf dem Marsch von Magdeburg nach Berlin desertieren 87, aus den restlichen 58 Mann und den noch verbliebenen Weimarern wird im Lager Kolberg (poln. Kołobrzeg) unter Major v. Germar ein leichtes Bataillon gebildet. Gemeinsam mit Franzosen, Polen und Italienern wird die Festung Kolberg an der pommerschen Ostseeküste belagert. K. wird von dem legendären Bürgeradjutanten Kapitän J. Nettelbeck, von A. N. v. Gneisenau und F. v. Schill verteidigt. Nach dem Frieden von Tilsit (07. – 09.07.1807) wird die Belagerung aufgehoben. Das Regiment erhält am 06.08. noch 55 Mann Hildburghäuser Ersatz unter Leutnant Schüler. Sie werden eingesetzt zum Schutz der Ostseeküste und der Odermündung (Insel Usedom/Wollin) vor einem drohenden schwedischen oder englischen Landungsversuch.

16. April 1807
Die Freimaurerloge „Karl zum Rautenkranz“ beschließt den Kauf des Ebertschen Hauses am Häfenmarkt, zuvor haben die Freimaurer ihren Tempel im Schloss bzw. in einigen Räumen des Steinernen Hauses (bis 1998 Landratsamt).

1807
Grenz- und Hoheitsvertrag mit dem Großherzog von Würzburg. Die Ganerborte aus dem zum Herzogtum Sachsen-Hildburghausen gehörenden Amt Königsberg/Franken werden zwischen den beiden Staaten so geteilt, dass die Souveränität dem Land zufallen soll, das die Mehrzahl der Untertanen hat: Altershausen, Holzhausen bei Königsberg, Kleinmünster, Oberhohenried, Römershausen, Silbach, Uchenhofen, Unterhohenried, Westheim, Hellingen bei Königsberg, Junkersdorf, Unfind, Lendershausen, Rügheim, Uschersdorf und Berkach.
(s. 1809)

Bei dem Vertrag gehen dem Herzogtum viele Untertanen und die Gewalt über fünf Pfarreien verloren, nur die Ordinarsteuern verbleiben beim Herzog.

31. Mai 1807
† Christian Friedrich v. Stocmeier, Hildburghausen – (* 1733)
Geheimer Rat, Kammerpräsident
Zuletzt Oberhofmeister der Herzogin Ernestine Sophie von Weimar (Sie ist seit 1758 mit Herzog Ernst Friedrich III. Carl verheiratet). Nach einer Familiensage lässt er die letzte Hexe Schleusingens verbrennen. 1776 erwirbt Stocmeier das Rittergut Einöd für 40.000 fl. fr., er ist ein hervorragender Verwaltungsfachmann.

1807
Das von Johann Christian Wagner (s. 14.07.1825) und Dr. Johann Andreas Genßler redigierte Hildburghäuser Gesangbuch für die kirchliche und häusliche Andacht, ein Reformgesangbuch mit praktischen Lehren und größerer Allgemeinheit, erscheint. Viele Lieder werden, dem Zeitgeschmack entsprechend, umgedichtet.
Von Wagner stammen 116 selbstgedichtete Lieder, z. B.: Laßt uns den Herrlichen erheben; Geschaffen waren Erd' und Himmel; Es schuf die ew'ge Liebe; Aufgegangen ist das Leben.

10. Oktober 1807
† Tobias Löhner, Hildburghausen (auch Oelner genannt)
* 1734, Eisfeld
Hofchirurg, Kammerdiener, Postverwalter
Der aus Eisfeld stammende L. ist im Siebenjährigen Krieg preußischer Feldchirurg, dann zeitweise Kammerdiener bei Prinz Joseph und Hofchirurg in Hildburghausen. Nach einer heftigen Auseinandersetzung mit dem Prinzen wird er trotzdem von ihm befördert, er darf öffentlich als Chirurg praktizieren. Seit 1785 ist er Postsekretär der Thurn und Taxisschen Reichspost. Er übernimmt die Postverwaltung, die sich nach dem großen Stadtbrand vom 21.08.1779 im Schneegass’schen Haus vor dem Unteren Tor (Untere Marktstraße) befindet. Am 06.08.1791 kauft L. das Gebäude Häfenmarkt 115 (heute: Apothekergasse 11, Stadtmuseum Alte Post).

14. November bis 8. Dezember 1807

Nach Sammlung des Regiments der Herzöge v. Sachsen in Anklam erfolgt der Rückmarsch über Berlin, Wittenberg, Leipzig, Altenburg, Hof. Der Gouverneur von Bayreuth, Legrand, entlässt am 03.12. die stark dezimierten Hildburghäuser in die Heimat. Im Lazarett von Usedom sterben 47 Mann des leichten Bataillons Weimar-Hildburghausen.

1807
Carl Ludwig Nonne erwirbt den Doktorgrad an der Philologischen Fakultät der Landesuniversität Jena.

1807
Bis zum Zeitpunkt hat die reformierte Kirchgemeinde in der Neustadt sieben Pfarrer. Die 20 Gemeindemitglieder werden bis zur Vereinigung am 01.11.1824 zweimal jährlich von Schmalkalden aus mit Gottesdiensten betreut.

30. Dezember 1807
Austausch der Akzessionsurkunde (Beitrittsurkunde) zum Rheinbund zwischen General Ducrot und dem Hildburghäuser Minister von Lichtenstein.

1807 bis 1809

Carl Joseph Meyer ist Zögling des philanthropischen Pensionats des Pfarrers und Schulinspektors Salomo Grobe (1770 – 1837) in Weilar/Rhön. G. lehrt nach den Anschauungen des Schulmannes, Philanthropen und Schriftstellers Christian Gotthilf Salzmann (1744 – 1811) aus Schnepfenthal bei Gotha.

25. Januar 1808
Der 23-jährige C. L. Nonne wird zum Mitglied des Konsistoriums ernannt. Er wird Referent in Schulensachen und Aufseher des Schulwesens im Herzogthum Hildburghausen.

21. März 1808
Vereinigung des Regiments der Herzöge v. Sachsen (dabei sind 265 Mann aus Meiningen, 156 aus Hildburghausen) mit den Truppen des Großherzogs v. Würzburg, der Herzöge v. Nassau und Anhalt, der Fürsten v. Lippe, Schwarzburg, Waldeck und Reuß unter Marschall Lefebvre zur Avantgarde der Division Royer vom 3. bei Regensburg aufgestellten Korps Davoust. 6. Füsilierkompanie des 3. leichten Bataillons von Hildburghausen unter Hauptmann v. Münch, Premierleutnant v. Koppenfels und Sekondeleutnant v. Schierbrandt.

11. April 1808
Prinzessin Therese wird durch den Oberhofprediger Dr. Johann Andreas Genßler konfirmiert.

14. April 1808
Napoléon trifft mit 50.000 Mann in Donauwörth ein. Dort visitiert er das 3. leichte Bataillon des Regiments (Kontingente aus Hildburghausen und Weimar), selbst Gewehre und Patronentaschen, für den Einsatz gegen die Tiroler Aufständischen. 

1808
Dr. Carl Ludwig Nonne gründet seine Privatschule für Jungen und Mädchen der gebildeten Stände, das Nonnesche Institut. Es ist ab 1819 als Staatsanstalt mit dem Seminar als Übungsschule verbunden. Das Institut besteht 115 Jahre.

14. Mai 1808
Abschluss des Lehnspostvertrags zwischen dem Fürsten von Thurn und Taxis und Herzog Friedrich von Sachsen-Hildburghausen.
„Weil Taxis aber gerade so wie die Territorien die Post als staatswirtschaftliches Institut mehr oder weniger als Finanzmaschine ansahen und der Territorien auch zu viele waren, wurden trotz jener Restitution (Rückgabe, Wiedererstattung, d. Verf.) die Posttaxen nicht geringer, die Postanschlüsse verzögerten sich nach wie vor, die Sicherheit der Expedition war zweifelhaft, der Verkehr nach jeder Richtung schwierig. Dazu waren wegen des vom Kaiser einst dem Hause Taxis erteilten hochbefreiten Regals die Verhandlungen betreffs der Postgesetzgebung mit der Territorialmacht ohne Ende.“
(Human: Geschichte des Postwesens in Hildburghausen. – 1892, S. 7)

Die Aussage Humans gilt uneingeschränkt. 1867 wird die Thurn und Taxisschen Lehenspost von Preußen übernommen. Das Thurn und Taxissche Postunternehmen ist vor allem dem gesteigerten Nachrichtenverkehr in der Zeit des Beginns der Industrialisierung des 19. Jahrhunderts nicht mehr gewachsen.

23. Juni 1808
Ein angesehener Jude aus Hildburghausen bittet um Aufnahme in die Gemeinde.
Die Viertelsmeister protestieren dagegen, „weil die Judenschaft die Hauptschuld am Niedergang des Wohlstandes der Bürgerschaft trage; sie handelten mit allen Fabrikaten und Produkten, und wüßten schlechte Arbeit um civilen Preis aus dem Ausland zu verschaffen, wogegen der Handwerksmann keinen Absatz habe. Ebenso ergehe es dem Handlungsstand, weil die Juden ihre Waren täglich von Haus zu Haus trügen und den Leuten aufschwätzten. So sei es in der Stadt und auf dem Land und die Bedeutung der Jahrmärkte schwinde immer mehr. Außerdem hetzten die jüdischen Händler auch die Eheleute wider einander und drängten den Weibern Waren auf, wovon die Männer nichts wüßten; die Weiber hinwiederum bestählen dann ihre Männer, um nur bezahlen zu können. Um ungeheuer hohe Preise mieteten sie jedes schöne Quartier und würden sicherlich in der Folge feil seiende Häuser an sich bringen. Wäre Petent (Bittsteller, d. Verf.) ohne Familie und würden im Genehmigungsfall andere Juden nicht gleiche Rechte beanspruchen, so wären weniger Schwierigkeiten da; so könnten sie das Gesuch nicht befürworten.“
(Human: Geschichte der Juden im Herzogtum S.-Meiningen-Hildburghausen. – 1898, S. 29)

27. September bis 14. Oktober 1808

Erfurter Fürstentag. Napoléon I. trifft sich mit Zar Alexander und den Rheinbundfürsten, die als Bündnispartner des Franzosenkaisers mehr oder weniger zur Teilnahme gezwungen werden, um Unterstützung und militärische Entlastung zu suchen.
Das Treffen wird zu einer einzigartigen Propagandaveranstaltung für den Protektor. Herzogin Charlotte von Sachsen-Hildburghausen hat eine kurze Unterredung mit N., um günstigere Bedingungen wegen überhöhter Kontributionsforderungen für das Herzogtum auszuhandeln. Das Gespräch ist aber ohne nachhaltigen Erfolg für Sachsen-Hildburghausen.
Regisseur des Spektakels ist Napoléon, der selbst die Quartiere, Sitzordnung u. a. für die Teilnehmer am Fürstentag auswählt. Herzogin Charlotte wohnt mit dem russischen Grafen v. Arovsky und dem Baron v. Dalberg, dem Gesandten des badischen Erbgroßherzogs in Paris, im Gasthof Zum roten Bären.

30. November 1808
Das Hildburghäuser Einquartierungsreglement weist aus, dass die Einquartierung und Verpflegung fremder Truppen allgemeine Last sei und nicht nur die Eigentümer der Häuser betreffe, sondern auch die Mieter.

1809 – 1847

Das Thurn und Taxissche Lehnspostamt befindet sich im Privathaus des Postverwalters und ab 1840 des Postmeisters Johann Friedrich Löhner (Apothekergasse 11).
 

Der nördliche Anbau vom „Mäuerchen“ aus gesehen der „Alten Post“ (Privathaus des Postmeisters Löhner, später Postsekretär Helm, dann Metzgermeister Elias Otto, heute: Stadtmuseum „Alte Post“.
Foto: nach 1900. In: Technikum Hildburghausen "Aufnahmen aus Alt-Hildburghausen". Heft 4.

1809
Minister v. Lichtenstein wird von Herzog Friedrich entlassen wegen des 1806 leichtsinnig mit dem Großherzog v. Würzburg geschlossenen Staatsvertrags (s. auch 1807) sowie eines mit dem Hamburger Juden Gombrecht Moses für den Herzog höchst unvorteilhaften Geldgeschäfts.

März 1809
Reise des Schulrats Nonne zu dem bedeutenden Pädagogen Johann Heinrich Pestalozzi (1746 – 1827) in die Schweiz.
Als Pestalozzi den 24-jährigen Schulrat sieht, sagt er mit Verwunderung: „Ihr Sachsen muss ein fruchtbares Land sein, dass dort die Schulräte so früh zeitigen." – „Sie sollen erst in Ihrer Sonne reifen“, erwidert Nonne.
Nonne schreibt u. a. über seinen Besuch: „So kam ich im März 1809 nach Ifferten (Yverdon, d. Verf.) und lebte in der Anstalt Pestalozzis, in dem Schlosse, wo eben infolge großer Bewegungen unter den Lehrern vierzehn Tage lang eine umfassende Prüfung in allen Klassen und allen Gegenständen gehalten und viele Veränderungen vorgenommen waren und wacker gestritten wurde, sehr reiche, unvergeßliche Tage im täglichen Umgange mit Vater Pestalozzi und seinen Freunden, mit denen ich besonders mit Niederer, Krüsi und Schmidt befreundet wurde, und mit denen ich in den Briefwechsel noch Jahrzehnte unterhielt, ferner im Umgange mit vielen deutschen jungen Männern, die sich eben damals dort aufhielten. Ich fand in Pestalozzi das Herz der Anstalt, in Niederer den Geist der Methode und der Anstalt, in Schmidt das Auge und die rechte Hand Pestalozzis und der Anstalt, gewahrte aber leider schon damals, wie der böse Geist den Samen ausstreute, der nachher aufging ... Ich ging mit inniger Liebe zu Pestalozzi, mit Verehrung vor dem Wissen und der Tiefe Niederers und mit Bewunderung vor Schmidts schaffender Kraft und unglaublicher Tätigkeit, aber mit mancher Sorge hinweg. Ich hatte dort reiche Erfahrungen gemacht, hatte von der Methode wenig gelernt, aber destomehr darüber verhandelt und wußte, was und wie man es wollte. Aber das Beste, was ich mit in das Vaterland brachte, war nicht das Gelernte und Geschriebene, sondern die erhöhte Begeisterung für die gute Sache und der feste Wille, dieser mein Leben zu widmen ...“

Wer die Zeitverhältnisse nicht umfassend bewertet und sich in seinen historischen Betrachtungen nur auf Dr. C. L. Nonne fixiert, kann zu der Meinung kommen, dass es zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Hildburghausen, in Sachsen-Hildburghausen bzw. ab 1826 in Sachsen-Meiningen-Hildburghausen nur Begeisterung für die von Pestalozzi beeinflussten pädagogischen Lehren Nonnes gibt, die kritiklos in die Schulen eingeführt worden sind. Dieser Meinung muss widersprochen werden. In Nonnes Umfeld gibt es eine Reihe hervorragender und ernstzunehmender Pädagogen, die den Lehren skeptisch und auch ablehnend gegenüber stehen, so z. B. der Gründer des Seminars, Dr. Johann Andreas Genßler, oder der verdienstvolle Pädagoge am Schullehrerseminar und spätere Superintendent in Heldburg, Wilhelm Müller. In Hildburghausen ist im Zeitraum auch die gegnerische Schrift im Umlauf Beleuchtung der Pestalozzischen Grossprecherey nebst Übersicht dessen gantzer Methode.
(s. auch 01.10.1835, 1838)

1. August 1809
Die Division Rouyer bricht von Innsbruck in Richtung Brenner auf, dabei ist das Regiment der Herzöge v. Sachsen als Avantgarde (73 Offiziere, 2.295 Mannschaften, dabei 156 Hildburghäuser). Sie haben den Befehl, den Aufstand der revoltierenden Tiroler unter Andreas Hofer, dem Sandwirt aus dem Passeiertal (1767 – 1810, hingerichtet in Mantua), niederzuschlagen.
Nach dem Frieden von Pressburg (26.12.1805) muss Österreich u. a. Tirol an Bayern abtreten. Als Entschädigung kommt Salzburg an Österreich. Hofer ist zeitweise Oberkommandant und Regent von Tirol.

4./5. August 1809
Das Regiment der Herzöge von Sachsen kämpft bei Oberau im Eisacktal (Südtirol) gegen einen ortskundigen, bis zum letzten entschlossenen freiheitsliebenden Feind unter Andreas Hofer, Joseph Speckbacher und Kapuzinerpater Haspinger. Das Regiment wird in einer aussichtslosen Schlacht geschlagen. Das Hildburghäuser Kontingent des leichten Bataillons soll mit den Weimarern besonders tapfer gekämpft haben. Das Kontingent verliert sechzig Mann und drei Offiziere (Hauptmann v. Münch, Leutnant v. Koppenfels und Leutnant v. Schierbrandt, S. stirbt).
Der erste Tiroler Andreas-Hofer-Verein in Wien errichtet am 15.08.1902 Südtirol ein Sandsteinkreuz am Schlachtfeld mit grün-weißer und gelb-schwarzer Fahnenstange und gedenkt mit einer Erinnerungstafel des einstigen Feindes in der sog. Sachsenklemme:
„Gefallen am 4. August 1809 die Kapitäns Wilhelm von Schierbrandt und Emil von Hönning, die Sekondeleutnants von Hönning und Gustav von Schierbrandt vom Kontingent Weimar, letzterer von Hildburghausen. Errichtet vom ersten Tiroler Andreas-Hofer-Verein in Wien im Jahre 1902.“

Weiter unterhalb, ca. 20 Minuten entfernt, befindet sich das Sachsenkreuz für die gefallenen Mannschaften, die zumeist auch in den Feldern begraben sind.
Der Gedenkstein „Sachsenstein“ wird durch den SKFV, Bezirk Wipptal, im Mai 1996 renoviert und an einer neuen Stelle aufgestellt.

Das Denkmal u. a. für Gustav v. Schierbrandt bei Oberau in Südtirol.
Foto: Hans-Jürgen Salier, Oktober 1996


11. August 1809
Das Regiment, inzwischen zu zwei schwachen Bataillonen formiert, wird als Besatzung auf dem Brennerpass zurückgelassen, bis es von Marschall Lefebvre zurückgeführt wird. Von einst 2.300 Mann sind noch 1.105 am Leben. Napoléon inspiziert die Truppe, v. Egloffstein erhält das Kreuz der Ehrenlegion, jeder Soldat ein Paar Schuhe, das gesamte Regiment 100.000 Francs, hierfür werden u. a. zwei gespannte Geschütze gekauft.

2. Oktober 1809
Die Stadträte Hildburghausens stellen fest, dass die Beträge der vorjährig erhobenen Steuern nicht den erwünschten Betrag bringen, Steuern werden für weitere drei Jahre festgesetzt.
Handels- und Gewerbesteuer werden auf den zehnfachen Betrag erhöht, die gesamte Judenschaft hat jährlich 300 fl. fr kl. zu zahlen.

4. Oktober 1809

Nach dem Hildburghäuser Regulativ sind alle Männer in die Rekrutenrollen einzutragen, die das 15. Lebensjahr erreicht und das 28. nicht überschritten haben. Am 01.05.1811 wird proklamiert, dass ohne Unterschied des Standes alle zum Militärdienst verpflichtet seien.

20. Dezember 1809
Erster Besuch des bayerischen Kronprinzen Ludwig in Hildburghausen. Seine Eltern halten sich auf Einladung Napoléons in Paris auf. Dort finden Verhandlungen zu Gebietsveränderungen für Bayern statt. Da Ludwig vermutet, dass der Franzosenkaiser die Absicht hat, ihn mit einer Französin zu verheiraten, will er in der Verbindung mit Prinzessin Therese vollendete Tatsachen schaffen. 

Ludwig I.: * 25.08.1786, Straßburg
† 28.08.1868, Nizza, bayerischer Regent vom 13.10.1825 – 20.03.1848.
Er ist Sohn von König Maximilian I. Joseph. Er hat große Verdienste beim Aufbau und als Mäzen der Kunststadt München (Residenz, Pinakotheken, Propyläen). Er bezeichnet sich selbst als deutscher Patriot, als den „Teutschesten aller Teutschen“. Anfänglich betreibt er eine liberale Politik, die sich auch in seinem Einsatz für den griechischen Freiheitskampf äußert, zunehmend zeigen sich aber reaktionäre Tendenzen. Seine Affären, besonders um die Tänzerin Lola Montez, lassen die oppositionellen Kräfte erstarken. In der Märzrevolution 1848 wird er zum Rücktritt gezwungen (20.03.). Sein Sohn Maximilian II. Joseph wird 1848 König, dessen Sohn Ludwig II. (1845 – 1886), der legendäreMärchenkönig, ist seit 1864 König von Bayern. 1886 verfällt der exzentrische König in geistige Umnachtung und drei Tage nach Regierungsübernahme durch Prinz Luitpold (10.06.1886) stirbt er mit dem Psychiater A. v. Gudden im Starnberger See.


Therese Prinzessin von Sachsen-Hildburghausen, nachmalige Kronprinzessin und Königin von Bayern
Kopie nach einem Gemälde von Joseph Stieler

1. Januar 1810
Ein Judengesetz für das Herzogtum Sachsen-Hildburghausen wird erlassen. Der Leibzoll wird aufgehoben. Neben dem jährlichen Schutzgeld muss ein sog. Freipass (Handelspatent) erworben werden. Wer trotzdem Handel betreibt, ohne Schutzgeld bezahlt zu haben, wird bestraft. Denunzianten erhalten den dritten Teil der Geldstrafe.

1810
König Maximilian I. Joseph teilt aus Paris seinem Sohn Ludwig sein Einverständnis mit, dass er mit einer Verbindung zwischen ihm und Therese aus dem Herzogshaus Sachsen-Hildburghausen einverstanden sei.
„Gott segne Deine Wahl ... Mich macht sie unaussprechlich glücklich. Die Worte des Kaisers(Napoléon) waren folgende: ‚Dites au Prince Royal, que je le felicite de tout mon coer.‘ ‚Sie wissen, daß ich immer eine sächsische Prinzessin gewünscht habe‘ ...In dem Publicum ging acht Tage lang die Rede, der Kaiser würde Deine zukünftige Frau heirathen. Stelle Dir meine Angst vor, wie er mir auf einem Ball bey Savari selbst davon anfing zu sprechen ..."
Nach seiner Selbsternennung zum Kaiser trachtet Napoléon danach, in ein altes europäisches Fürstengeschlecht einzuheiraten. 1809 hat sich N. eine Liste der europäischen Heiratskandidatinnen zusammenstellen lassen, auf der sich auch Therese v. Sachsen-Hildburghausen befindet.

12. Februar 1810

Verlobung von Therese und Ludwig in Hildburghausen. Das bayerische Königspaar befindet sich noch immer in Paris. Erbprinz Ludwig drängt auf eine baldige Heirat, dafür soll ein Heiratsvertrag ausgearbeitet werden. Man wartet auf die Rückkehr des bayerischen Ministers Montgelas aus Paris, zudem will König Maximilian I. die Geburt seines 13. Kindes abwarten (in zweiter Ehe verheiratet mit Caroline Friederike Wilhelmine, Markgräfin von Baden (* 13.07.1776 – † 13.11.1841).

1810

Nach der Besetzung Spaniens durch Napoléon und dem Bürgerkrieg seit 1808 wird das vor Wien von Napoléon visitierte Regiment der Herzöge von Sachsen nach Spanien in Marsch gesetzt und überschreitet am 10.03. die Pyrenäen (69 Märsche werden für die 1.700 km lange Strecke über Straßburg, Lyon, Barcelona benötigt) und vereinigt sich mit dem 7. Korps des Marschalls Augereau (10.000 Mann, 4 Bataillone, 500 Reiter, 1.000 Bagagekarren).
Das Regiment muss Grauenhaftes in mehreren Schlachten im heißen katalonischen Klima erleiden. Bestialitäten sind an der Tagesordnung (Gefangene werden nicht gemacht, es kommt zu entsetzlichen Verstümmelungen, entmenschte Weiber tragen Eingeweide von mit eigener Hand erwürgten Feinden als Kopfschmuck). Epidemien brechen aus.
Am 26.02. rückt zusätzlich von Hildburghausen ein Ersatzkommando unter Hauptmann v. Münch und 100 Mann aus, das am 05.05. in Spanien eintrifft.

30. April 1810

Verwaltungsreform in Sachsen-Hildburghausen.
Sämtliche Kollegien werden in einer Landesregierung mit 6 Sektionen vereinigt (Justiz, Finanzen, Militär-, Bau-, Kirchen- und Schulensachen). Das frühere geheime Ratskollegium wird wieder hergestellt.

1. Mai 1810
Friedrich Rückert wird Mitglied der Freimaurerloge Carl zum Rautenkranz. Bürge ist vermutlich dessen Onkel Heinrich, Stadtschreiber und Rat in Hildburghausen, bei dem er nach einem Zerwürfnis mit seinem Vater Unterkunft findet.

Friedrich Rückert: Scherenschnitt von Luise Duttenhofer (1776 – 1829)

5. Mai 1810
Edikt. Wochen- und Anzeigenblatt wird zum Regierungsblatt erklärt, es nennt sich fortan Herzogl. S. Hildburghäusisches Regierungs- und Intelligenzblatt. Druck und Verlag der Hanischschen Hofbuchhandlung. Die Druckerei befindet sich bis 1812 im Gebäude des späteren Landratsamts. Neben den üblichen Meldungen und Anzeigen des bisherigen Wochenblatts werden landesherrliche Mitteilungen veröffentlicht.

11. Mai 1810
Königin Luise von Preußen schreibt ihrer Nichte Therese einen eindrucksvollen und in die Zukunft gerichteten Brief, in dem es u. a. heißt:
„... Lasse die Eitelkeit, die Klippe der Jugend, nicht überhandnehmen. Bedenke, daß Du in ein gänzlich ruiniertes Land kömmst (gemeint ist Bayern, d. Verf.), wo eine allgemeine Drangsal das Volk erdrückt. Bestrebe Dich, Gutes zu tun und Wohltaten zu streuen, damit die Unglücklichen Deinen Namen segnen und nicht die Marchandes de mode (Putzmacherinnen, d. Verf.) Dich loben. Dies kommt Dir vielleicht jetzt lächerlich vor, daß man zwischen den beiden Wegen nur wählen könne. Doch wirst Du recht wählen, dafür birgt mir Dein Herz und das Beispiel Deiner unvergleichlichen Mutter; aber in Gefahr wirst Du noch einmal kommen, wo Kopf und Herz nicht einig sein werden. Behalte diesen Brief, und kommen solche Gelegenheiten, so denke Deiner Tante, die durch Unglück und Trübsal der großen Bestimmung entgegenreifte. Adieu, gute, liebe Therese! Der Himmel sei bei Dir, um Dich und mit Dir! Behalte fest Deine Grundsätze und laß Dich nicht wanken in dem was Du einmal für Recht erkannt hast! Deine treue Tante und Freundin Louise.“

22. Juni 1810
Der bayerische Gesandte v. Keßling (in einigen Quellen auch Kesselring. d. Verf.), Kammerherr v. Hornstein und der Geheime Sekretär Steinsdorf besuchen als offizielle Brautwerber den Hildburghäuser Hof. Als Brautgeschenk überbringen sie ein mit Brillanten besetztes Porträt des Bräutigams.


„Aus dem „Herzogl. S. Hildburghausen, Regierung= und Intelligenz=Blatt.“
22. Juni 1810, S. 25 f.
Sammlung Hans-Jürgen Salier

28. Juni 1810
Leutnant v. Koppenfels verstirbt im spanischen Hospital von Alicante. Als Protestant darf er nicht in katholisch geweihter spanischer Erde bestattet werden. Nach einer heimlichen Beerdigung durch einen französischen Krankenwärter wird der Leichnam von den Spaniern aus der Erde gerissen und den Geiern zum Fraß vorgeworfen.

19. Juli 1810

† Königin Luise Auguste Wilhelmine Amalie v. Preußen auf Schloss Hohenzieritz b. Neustrelitz
* 10.03.1776, HannoverSchwester von Herzogin Charlotte von Sachsen-Hildburghausen.
L. ist die Mutter Kaiser Wilhelms I. Die bedeutende Regentin treibt die Reformen Steins und Hardenbergs voran. Von ihr geht eine Vorbildwirkung im Widerstand gegen Napoléon aus. L. hält sich längere Zeiträume in Hildburghausen auf. Am 04.08. berichtet das Intelligenzblatt über ihren Tod.



Königin Luise von Preußen im Schlosspark Hildburghausen, rechts im Bild das ihr vom
Herzogspaar Friedrich und Charlotte gewidmete Denkmal.
Historische Ansichtskarte, Lithographie. Gestaltung: R. Rupp.
Verlag der Kesselring’schen Hofbuchhandlung
Druck: G. Blümlein & Co., Frankfurt am Main, um 1900

27. Juli 1810
Trotz einiger positiver Veränderungen im Schulwesen des Herzogtums kann es den Forderungen der Zeit kaum Rechnung tragen. Vor dem jungen Schulrat Dr. C. L. Nonne liegt eine gigantische Arbeit.

Folgende Schulen bestehen in den Ämtern Hildburghausen, Eisfeld und Heldburg:
  1 Privatschule (Nonnesches Institut),
  4 Stadtschulen (Hildburghausen, Eisfeld, Heldburg, Ummerstadt),
41 Dorfschulen.

Die Pestalozzische Lehrmethode wird offiziell von Nonne eingeführt. Der Herzog verfügt u. a. die Wiedereinführung der Stadtschule (Stadtrat besitzt das Patronat mit Aufsichtsrecht) und eine anschließende gelehrte Schule, die unter herzoglichem Schutz stehen soll und vom Konsistorium beaufsichtigt wird.
Die Stadtschule wird von ca. 300 Jungen und 140 Mädchen besucht, sie wird von der Stadt, vom Stadtkirchenkasten, von der herzoglichen Amtsverwaltung, der herzoglichen Landschaft, der Mildenkasse sowie von Stiftungen und aus dem Schulgeld finanziert.

4. September 1810

Silber-Hochzeits-Feier des Herzogspaars Friedrich und Charlotte auf Jagdschloss Seidingstadt.

24. September 1810

Herzogliches Edikt zur Einführung der Pestalozzischen Lehrmethode, das auch entsprechende Sanktionen bei Verstößen enthält.
Am 29.10. beginnen die Lehrkurse für die Pestalozzische Lehrweise am Lehrerseminar.
Gegner der von Nonne eingeführten Lehrmethoden Pestalozzis ist Oberhofprediger, Seminardirektor Johann Andreas Genßler. Zwischen den Pädagogen kommt es zum Bruch. Herzog Friedrich erlässt ein Edikt zur Dispensierung Genßlers und überträgt Nonne (bis 1835) und Pfarrer Wilhelm Müller (bis 1817), die Direktion des Schullehrer-Seminars.
Im Dekret heißt es: „Den bisherigen Seminardirektor, Unseren Oberhofprediger Genßler dispensiren Wir hiermit von der ihm seither übertragenen Direktion und wollen, daß solche von nun an durch Unseren Schulrat Dr. Nonne und den Pfarrer Müller, jeder für die ihm zugeteilten Fächer, besorgt, die Aufnahme und Entlassung der Zöglinge aber von beiden gemeinschaftlich vorgenommen werde.“

20. September bis 1. Oktober 1810
Umzug des Dunkelgrafenpaars in das seit 1802 in herzoglichem Besitz befindliche und am 14.10.1810 an den Hofkommissionär und Senator Johann Carl Andrea und an dessen Sohn vermietete Eishäuser Schloss (7 km von Hildburghausen), an der Straße nach Rodach gelegen.
Die Übersiedlung geschieht vermutlich auf Veranlassung der Herzogin, weil ein unterirdischer Fluchtweg vom Keller in ein nahes Wäldchen vorhanden sei. Das Paar bezieht zunächst die 2. Etage des Herrensitzes. Die Dame verlässt, ausgenommen bei ihren Spazierfahrten bzw. für Aufenthalte auf dem Hildburghäuser Schulersberg (nach 1833), das Schloss nicht.

1810
Mit dem Tod des kinderlosen Hofrats Truchsess von Wetzhausen fällt das mannlehnbare Rittergut Schwickershausen (heute: Landkreis Schmalkalden-Meiningen) an Herzog Friedrich.

Herbst 1810
Der Dichtergelehrte Friedrich Rückert weilt vor seinem Aufenthalt an der Jenaer Landesuniversität zur Vorbereitung der Promotion und Habilitation in Hildburghausen.
Für Rückert ist die Verlobung von Therese mit dem bayerischen Kronprinzen ein herausragendes Ereignis. R. verfasst am 06.10. ein Poem, 24 Distichen (2 Verszeilen) zu 12 Strophen mit dem Titel Hochzeits- und Abschiedsgeschenke an die fürstliche Braut.

6. Oktober 1810

Abreise Prinzessin Thereses (mit Eltern und Geschwistern) zur Hochzeitsfeier nach München (über Bamberg und Regensburg).

8. Oktober 1810, morgens, 3 Uhr
Empfang der herzoglichen Familie in Regensburg mit Kanonendonner, Freudenrufen und einer großen Menschenansammlung in St. Emmeran, dem fürstlichen Palais derer von Thurn und Taxis. Fürstin Mathilde Therese (1773 – 1839) ist eine der vier schönen Schwestern auf dem Thron (Schwester Herzogin Charlottes und Taufpatin Thereses).

1810

Herzog Friedrich erhält von König Maximilian I. Joseph (1756 – 1825, bayerischer König von 1806 – 1825) den höchsten bayerischen Orden, den Ritterorden vom hl. Hubertus.

12. Oktober 1810
Trauung von Kronprinz Ludwig mit Prinzessin Therese. Hochzeitstag ist auf den Namenstag von Ludwigs Vater und Königs von Bayern, Maximilian I. Joseph, festgelegt. Die Namenstagsfeier findet am Morgen in der St.-Michaelis-Kirche und die Trauung am Abend in der Hofkapelle der Residenz statt.
„Den erhabenen Moment der Trauung verkündete das Geläut aller Glocken und der Donner der Kanonen. Die geweihte Stunde, sieben Uhr Abends, naht heran, und die ganze Bevölkerung Münchens heiligte sie durch stille Feier und die reinste Freude. Auf dem Hauptplatz ertönten Musikchöre, und fernhin klingende Trompeten erschallten von der Gallerie des Petersthurmes.“

München erstrahlt am 13.10. im Lichterglanz. Ca. 6.000 gut situierte Bürger feiern in vier großen Gasthäusern. Am Marienplatz, am Promenadenplatz, in der Neuhauser Straße und am Anger versammelt sich das Volk und feiert die Kronprinzenhochzeit.

17. Oktober 1810
Das bayerische Königshaus feiert mit dem Volk auf einem Areal vor dem Sendlinger Tor die Hochzeit.
Veranstaltet wird ein Pferderennen der Kavallerie der Nationalgarde. Nach dem Pferderennen findet im Großen Opernsaal ein Ball statt, auf Einladung des Königspaars. Therese zieht sich wegen Erschöpfung mit Ludwig bald zurück. Ludwig dagegen demonstriert seine „Unabhängigkeit“ und geht alleine zum Ball.
Verzehrt werden auf dem 1. Oktoberfest: 32.000 Maß Bier, 8.000 Maß Wein, 32.000 Portionen Brot, 16.000 Braten, 4.000 Käse, 8.000 Cervelat- und 16.000 geräucherte Würste. Die Wiese heißt seit diesem Zeitpunkt Theresienwiese. 1811 wird das Fest mit der ersten deutschen Landwirtschaftsausstellung verbunden.

1810
Auf die Vermählung des Kronprinzen Ludwig und der Prinzessin Therese verausgabt die Staatliche Münze München eine Medaille in Gold (Dreivierteldukat). 

Medaille (Au) auf die Vermählung von Ludwig und Therese (Dreivierteldukat)
Avers: LAETITIA/PVBLICA, I. Lorbeer-, Rosenzweig, unten gekreuzt mit Schleife gebunden.
Revers: LVDOVICI/PRINC.HÆRED.BAV/ET THERESIA/SAXON.NVPTIÆ/CELEB.MONACH./XII OCTOB./MDCCCX

20. November 1810
Aufforderung der kaiserlich-französischen Gesandtschaft in Frankfurt/M. gebietet dem Schwarzhandel, hervorgerufen durch die Kontinentalsperre gegen England, Einhalt. Im Herzogtum wird ein Edikt betreffs der Vernichtung der in den herzoglichen Landen befindlichen englischen Fabrikwaren veröffentlicht.
(s. auch 01.11.1813)

11. Dezember 1810

Kapitulation der Festung Gerona/Spanien; 12.000 Belagerer verlieren ihr Leben, darunter viele Soldaten des Kontingents aus dem Herzogtum Sachsen-Hildburghausen.

31. Dezember 1810

Landesherrliches Reskript, die im Herzogtum vorgefundenen englischen Manufactur- und Fabrikwaren werden unter polizeilicher Aufsicht und militärischem Schutz auf dem Platz hinter dem Schützenhof ohne Entschädigung öffentlich verbrannt.

8. Januar 1811

Maximilian I. Joseph König von Bayern verleiht Friedrich Herzog von Sachsen-Hildburghausen die Inhaberschaft des 4. Linien-Infanterieregiments (Garnison in Straubing und Regensburg) und den Rang eines Königlich-Bayerischen Generalleutnants.

1. Mai 1811

Edikt zum Kriegsdienst. Die Standesunterschiede sind (angeblich) aufgehoben:
- Soldaten dürfen keine österreichischen oder preußische Deserteure sein;
- müssen sich auf 6 Jahre verpflichten;
- müssen gesund und wohlgewachsen sein;
- wenigstens 5 Fuß und 8 Zoll Nürnberger Maß (ca. 157 cm – 160 cm) erreichen;
- unverheiratet und
- zwischen 18 und 35 Jahre alt sein. 
Für einen Deserteur muss die Heimatgemeinde einen Ersatzmann stellen sowie Kleider und Waffen bezahlen. Die Stadt Hildburghausen reicht ein Gesuch ein, Freiwillige einzustellen, wenn sie obigen Ansprüchen genügen.

23. Mai 1811
Ein Hagelschlag verursacht großen Schaden und vernichtet den gärtnerischen und landwirtschaftlichen Anbau.

28. Juni 1811
Von 70 Offizieren und 2.423 Mannschaften, die am spanischen Feldzug teilnehmen, kehren noch 38 Offiziere und 249 Mann zurück, vom Hildburghäuser Kontingent Hauptmann v. Münch, Feldwebel Schad, 16 Unteroffiziere und Soldaten. Am 16.07.1811, morgens 3 Uhr, setzen sie bei Mainz über den Rhein.

Hildburghäuser Posttabelle mit den Anschlüssen, 1811.
Sammlung Hans-Jürgen Salier

1811
Dr. Carl Ludwig Nonne heiratet Friedericke Wilhelmine Bechmann (* 04.05.1793 – † 22.12.1842), Tochter des Großkaufmanns Johann Balthasar B. Ihre vierzehn Kinder werden im Zeitraum von 1812 – 1833 geboren.

1811

In Häselrieth wird ein neues Pfarrhaus erbaut.

30. August 1811

Einweihung der auf Kosten des Simon Levi Simon (1749 – 1826, seit 1775 Hoffaktor und Parnes) erbauten Synagoge (Gelände hinterer Teil der heutigen Commerce Bank). Zur Weihe ist das Fürstenpaar anwesend.
Der Weiheredner Joseph Michael Hirsch sagt:
„Die größte Wohlthat, die wir unseren Kindern erzeigen können, ist: wenn wir sie so erziehen, daß sie nicht einst in unsere beschränkte Lage einzutreten brauchen.“

Die ehemalige Hugenottenkirche ist seit 1829 im Besitz
der Katholischen Kirchengemeinde Hildburghausen.
Verlag: Foto-Diebitsch, Meiningen 1951

Ende September 1811
Dr. Friedrich Sickler trifft nach seinem Italienaufenthalt in Thüringen ein. Er steht in engem Kontakt mit dem bayerischen Kronprinzen Ludwig, der ein lebhaftes Interesse an Sicklers antiken Forschungen bekundet.

Januar 1812
Das Regiment der Herzöge von Sachsen marschiert mit 2.800 Mann nach Hamburg, es wird Bestandteil des 11. Armeekorps unter Marschall Augereau, dem die Bewachung der deutschen Nordseeküste obliegt. Am 13.07. wird die Truppe von Napoléon inspiziert.

Februar bis April 1812
Carl v. Baumbach, Chef des Ministeriums, nimmt Kontakt zu seinem ehemaligen Altenburger Schulfreund Dr. Friedrich Sickler, einem Universalgelehrten und Archäologen, auf. B. will ihn im Auftrag des Herzogs überreden, in Hildburghausen ein Gymnasium zu gründen, um talentierte Kinder des Bürgertums auf das Universitätsstudium vorzubereiten.
Die Gründung des humanistischen Gymnasiums findet am 28.04. durch Dr. Friedrich Sickler am Geburtstag Herzog Friedrichs in der Stadtkirche statt.
Eine treibende Kraft bei der Gründung ist Dr. Carl Ludwig Nonne. Das Gymnasium wird wohlGymnasium Fridericianum genannt, auch wenn es hierfür keine belegte Quelle gibt. Das neue Schulhaus (Bürgerschule, Obere Marktstraße) ist neben der Bürgerschule bis 1877 Domizil des Gymnasiums. Es wird aus der Bürgerschule heraus organisiert (1835 erfolgt die Trennung).

- 30.04.  Einweisung der Lehrer
- 12.05.  Verpflichtung der Schüler gegenüber dem Direktor
- 25.05.  Schulbeginn

Zu seinen pädagogischen Grundsätzen sagt Sickler in seiner Eröffnungsrede in der Stadtkirche:
„Auf dieser Laufbahn wollt ihr künftig eintreten in den Kreis der bürgerlichen Gesellschaft. Auszeichnung soll diese nach eurem Wunsche auch gewähren vor so vielen anderen Gefährten eures Lebens; äußerlichem Wohlstand erhofft ihr vorzüglich auf dieser zu finden. Dies sind Wünsche und Erwartungen, die ihr mit euren Eltern teilen werdet. Sie sind gerecht; denn jeder freigeborene Mensch hat das Recht, seine eigene Laufbahn zu seines Geistes Ausbildung zu bestimmen, und jeder Dienst, den wir der Menschheit leisten, kann Anspruch und Belohnung machen. ... Trennt frühzeitig schon die Wissenschaften von dem Gewinn, den sie euch einst in der Welt erwerben können! Gelehrte und nicht Mäkler sollt ihr werden ... Das Streben von Jahrhunderten, von Jahrtausenden sogar hat jede Wissenschaft ehrwürdig gemacht vor unsern Augen. Kein leichtes und gewissenloses Spiel läßt sich deshalb mit ihr erlauben. Verrat an den Wissenschaften, Verrat an den Verdiensten der Vergangenheit, an seinen Zeitgenossen und an sich jeder begeht jeder, der durch Schein in ihnen zu glänzen suchen mag. Die Gründlichkeit und Wahrheit in ihnen sei allein euer Ziel.“

1812
Das bisher in der Stadtschule befindliche Seminar wird nach Gründung des Gymnasiums in das Landschaftshaus(Hinterhaus der Gadowschen Hofbuchdruckerei in der Schlossgasse, heute: Johann-Sebastian-Bach-Straße) ausgelagert. Dort werden eine Wohnung für den Direktor und Klassenräume angemietet.

22. Juni 1812
Lt. Edikt sind Fuhren zur Feldbestellung, Mühl- und Produktenverkauf, Baufuhren, Transportfuhren für den Straßenbau frei von Chausseegeldentrichtung.

1812
Es kommt zu ersten indirekten Kontakten des Dunkelgrafen mit der Übermittlung couvertierter Zeitungen und Zeitschriften an den Hofprediger und Ortsgeistlichen Heinrich Kühner in Eishausen. Später werden nahezu täglich (mitunter auch mehrmals) auf hohem Niveau stehende Korrespondenzen durch eine Botin ausgetauscht. Der Dunkelgraf fordert seine Briefe sofort zurück. Originale bleiben nicht erhalten. Eine innige persönliche und geistige Freundschaft entwickelt sich bis zu Kühners Tod (1827).
Das Dunkelgrafenpaar wird von Diener Johann Philipp Scharre und Köchin Weber versorgt. Botengänger werden außerhalb des Schlosses abgefertigt. Die Haushaltsführung ist – gemessen an der Lebensweise der normalen Städtebürger – herrschaftlich; Lebensmittel, Garderobe und Luxusgegenstände werden aus dem In- und Ausland beschafft. Der Herr betreibt eine umfangreiche Korrespondenz und ist literarisch anspruchsvoll. Er liest der Dame vermutlich (auch in Französisch) vor.

August 1812
Der russische General Graf Barclay de Tolly ruft die Deutschen auf, die französischen Fahnen zu verlassen und zu den Russen überzulaufen. In untertänigem Geist antwortet am 30.08. das Hildburghäuser Regierungsblatt, dass das eine Beleidigung des deutschen Nationalgefühls der Treue sei, denn alle Deutschen seien verpflichtet zu Dankgefühl gegen den höchsten Protektor des Deutschen Bundes (Napoléon), dessen mächtiger Schutz ihnen auch für die Zukunft gewiss sei, und der noch nie einen Bundesgenossen verlassen habe.

21. August 1812
Herzogliches Dekret. Die 1597 von Herzog Johann Casimir von Sachsen-Coburg in Kraft gesetzte Verordnung von Loskaufs- und Exportationsabgaben bei Umzug, Kauf, Erbschaft usw. innerhalb des Herzogtums wird aufgehoben. Ab 1816 gelten Übereinkünfte bei Abwanderung mit Coburg, Mecklenburg-Strelitz, Sachsen-Gotha, Königreich Sachsen, Fürstentümer Reuß und Preußen.

September 1812
Das Regiment der Herzöge von Sachsen unter Marschall von Augereau marschiert über Stettin, Danzig, Königsberg (15.10.), Tilsit, Kowno weiter nach Wilna und Smolensk. Nach der Nacht vom 11. zum 12.11. kommt grimmige Kälte auf, das Regiment wird vom 02. – 06.12. in die Ereignisse um die zurückflutende Grande Armée nach dem Brand von Moskau verwickelt.

10. November 1812
Es kommt verstärkt zu Klagen wegen der Vernachlässigung des Waldes und der öffentlichen Einrichtungen, Missstände im Polizei- und Justizwesen, fehlende Einrichtungsmöglichkeiten der Bürger auf die Verwaltung. Mit Normativreskript (Bescheid/Vorschrift) wird die städtische Verfassung aufgehoben. Die Aufgaben nehmen der Magistrat und ein Gemeinderat wahr.
Der Gemeinderat wählt zwei Bürgermeister für drei Jahre, der 2. Bürgermeister erledigt vorwiegend die ökonomischen Aufgaben. Der 16-köpfige Gemeinderat wird gebildet aus zwölf älteren Bürgern aller Klassen und den vier Viertelsmeistern, zumeist aus der jüngeren Bürgerschaft. Für den Rat wird jährlich ein Viertel der Mitglieder (einschl. Viertelsmeister) neu gewählt. An der Spitze des Gemeinderats steht ein vom Herzog jährlich bestätigter Präsident (Herzoglicher Kommissär).
Es kommt mit Modifikationen in den nachfolgenden Jahren zu relativ modernen Verwaltungsreformen.

1812
Straßen und Gassen der Stadt sind meist ungepflastert, oft gibt es nur Schrittsteine an den Kreuzwegen. Erlasse werden verabschiedet, dass es bei Strafe verboten ist, Mistjauche aus den Höfen und das Blut (Schweiß) beim Schlachten auf die Straßen laufen zu lassen. Sonnen und Ausklopfen der Federbetten auf dem Markt sind untersagt. In den Straßen wird Stockholz gelagert (bis 1865). In der Friedrichstraße (heute: Friedrich-Rückert-Straße) wird der Schweinemarkt abgehalten. Quellen sagen aus, dass die Straße ein „wilder“ Ablageplatz von Fässern, Hölzern, Steinhaufen sei.

1812
Der Gymnasialdirektor Dr. Friedrich Sickler veröffentlicht in Hildburghausen den ersten Band seiner Bibliotheca Italiana: Novelle morali der Italienischen Bibliothek zur Beförderung des Studiums der italienischen Sprache in Deutschland, vorzüglich in Gymnasien und Erziehungsanstalten.

5. Dezember 1812
In Osmione vertreibt das Regiment der Herzöge von Sachsen Kosakenschwärme, die Napoléon gefangen nehmen sollen. Das bringt ihnen, unter ihnen Hildburghäuser Soldaten und Offiziere, großes Lob des Franzosenkaisers.

6. Dezember 1812
Der Leibzoll für Juden in Hildburghausen wird aufgehoben.

10. Dezember 1812
Marschall Ney übernimmt das Kommando über das Regiment der Herzöge von Sachsen, das auf dem Rückzug durch die unvorstellbare Kälte, Krankheiten und Überfälle der Kosaken Grauenhaftes erleben muss. Am 12.12. überschreiten nur noch 2 Offiziere und 18 Mann als geschlossene Abteilung den Njemen. In Königsberg/Ostpreußen kommen Zurückgebliebene und Versprengte hinzu, so dass von einst 2.800 Mann noch 800 zu zählen sind (von Oberst v. Germar gesammelt und v. Bose neu formiert). König Murat v. Neapel, Napoléons Schwager, mustert am Weihnachtstag die Truppe und belobigt sie.

16. Januar 1813

† Johann Vincenz v. Gussio, Hildburghausen – (* 1746, Mantua)
Offizier, Geheimer Rat
G. ist katholischen Glaubens und stammt aus Mantua (Italien), er kommt als Adjutant des Prinzen Friedrich von Wien nach Hildburghausen, Oberst, Hofmarschall, Geheimer Rat, Chef des Geheimen Ratskollegiums, Stadtkommandant und Vorsitzender des Gemeinderats, Planer und Erbauer (mit Kammerpräsident v. Albrecht Friedrich v. Kesslau) der Stadtkirche (Christuskirche). Besitzer des (späteren) Schulersbergs, den seine Witwe an den Kammerherrn v. Schuler verkauft.

1813

Das Regiment der Herzöge von Sachsen marschiert nach Danzig und verteidigt 10 Monate lang unter unglaublichen Bedingungen mit der dort befindlichen Garnison (33.000 Mann, davon sterben 16.000 an Typhus) die Stadt gegen die Preußen und Russen. Nach der Übergabe Danzigs am 29.11.1813 tritt das Regiment die Rückkehr in die Heimat an. Der Rest des alten Regiments hat noch 13 Offiziere, 24 Unteroffiziere und 72 Mann. Seit 1807 sind insgesamt über 4.000 Mann aus den sächsischen Herzogtümern den französischen Interessen geopfert worden.

17. März 1813
Errichtung der Militär-Invaliden- und Hülfskasse für die Landeskinder, die eine Gesundheitsschädigung durch den Militärdienst davontragen. Die vom Militärdienst befreiten Bürger (Edikt vom 01.05.1811, Art. 5) haben je nach den Vermögensverhältnissen Geldsummen zu entrichten, davon 2/3 für ehemalige Militärpersonen, die sich selbst nicht mehr ernähren können, 1/3 für Familien, die durch Aushebung eines Sohnes den Ernährer verloren haben.

1813
Die sich im Auflösen befindliche reformierte Gemeinde (Neustadt) muss wegen finanzieller Probleme, vor allem wegen des großen Geldmangels zur Rheinbundzeit, das Gotteshaus als Landesheumagazin verpachten.

7. April bis 30. Mai 1813
Zur Truppenversorgung sind an den Hauptplätzen Magazine eingerichtet, so auch in Hildburghausen. Im Zeitraum werden beispielsweise für badische, bayerische und hessische Truppen abgegeben: 277 Zentner Heu, 190 Simmern Hafer, 17 Schock Stroh.
Im Zeitraum vom 31.05.1813 bis 31.10.1814 u. a. 2.881 schwere russische Rationen Hafer und 1.115 leichte, 843 1/2 leichte französische, 1.304 Zentner 2 Pfund Heu, 21 Schock 19 Schütt Stroh.

April 1813

Das Regiment der Herzöge von Sachsen wird auf Napoléons Befehl in Ruhla, Schwarzhausen und Winterstein alsThüringer Bataillon aufgeboten. Die 4. Kompanie des Marschbataillons unter Major August v. Linker, Weimar, hat 86 Meininger, 107 Gothaer, 47 Hildburghäuser (unter Premierleutnant v. Bose) und 97 Weimarer.
Das Thüringer Bataillon wird von einem Streifkorps Blücherscher brauner Husaren nach Verabredung b. Ruhla überrumpelt und ins Hauptquartier nach Altenburg gebracht, tritt in preußische Dienste und kämpft erfolgreich für die nationalen Interessen gegen die französische Fremdherrschaft (2. Füsilierbataillon des 2. brandenburgischen Regiments im Yorckschen Korps bei der schlesischen Armee unter Marschall v. Blücher, Teilnehmer an den Schlachten an der Katzbach, b. Wartenberg, Leipzig, Möckern mit 240 Toten, Verwundeten und Vermissten.

Juli 1813

Nach der Gefangennahme und dem Übertritt des Bataillons Thüringen an Preußen befiehlt der Franzosenkaiser die Wiederherstellung des Bundeskontingents: Meiningen (200 Mann, 2 Offiziere), Weimar (600/2), Hildburghausen (100/1), Coburg-Saalfeld (171/4).

6. August 1813
Das Bataillon Thüringen der thüringischen Rheinbundfürsten hat 41 Offiziere und 2.376 Mann. Kommandeur ist Oberst v. Münch, viele Soldaten desertieren. Unter Befehl Oudinots (Herzog von Reggio) gestellt, kommt es nach Magdeburg, wird zu Befestigungs- und Schanzarbeiten verwendet und bei Hagelsberg gegen die Preußen eingesetzt.
Nach der Völkerschlacht bei Leipzig (16. – 19.10.1813) und Auflösung des Rheinbundes sowie Vereinigung der deutschen Fürsten zum Deutschen Bund wird das 4. Rheinbundregiment von den Franzosen entwaffnet und in die Heimat entlassen.

1813

Unter dem Eindruck der Völkerschlacht plant Dr. Friedrich Sickler ein Denkmal nahe des Schlachtfelds, das allerdings nicht verwirklicht wird.

12. August 1813

Major v. Linker wird von der gothaischen Militärkommission wegen pflichtwidriger Kapitulation und des Übertritts in preußische Dienste als Offizier entsetzt und zu 12-jährigem Arrest auf der Veste Leuchtenburg verurteilt (Strafe wird jedoch nicht vollzogen). Dagegen lobt Marschall Blücher die Truppe, dass sie sich „in bedenklichen Lagen ausgezeichnet hatte“. Bataillonsangehörige erhalten die Kriegsgedenkmünze aus Kanonenbronze mit der Aufschrift „Preußens tapferen Kriegern“ und der Randschrift „Gott war mit uns, ihm die Ehre“.

1813 – 1815

Vor und nach der Völkerschlacht bei Leipzig ist der Südthüringer Raum ein riesiges Truppenaufzugs- und Durchmarschgebiet, das hier nicht im Detail dokumentiert werden kann.
Human schreibt: Nachdem am 13. April 1813 in Hildburghausen 1.900 Badenser auf 9 Tage gelegen, dann großherzoglich Würzburger, Preußen und Italiener, Westfäler, Österreicher und Russen, derart, daß mancher Bürger 20 Mann zu beherbergen und zu verpflegen hatte, infolge dessen das Achtel Korn 35 Batzen und der Weizen 40, ein Pfd. Butter aber 24 kr. kostete und mancher sein Bett verkaufen mußte, um nur Lebensmittel beschaffen zu können, kam am 7. Januar 1814 das leichte zum von Kleist'schen Korps bestimmte Gardekavallerieregiment Dengel, vom 6. bis 18. Juli aber erfolgten Durchmärsche und Einquartierungen der zurückkehrenden kaiserlich russischen Armee. Am 14. Juli sah Hildburghausen preußische Gardetruppen, Kürassiere, Dragoner, Ulanen, blaue Fußgarden und Jäger, Ulanen von der polnischen, einst kaiserlich französischen Garde, die noch den französischen Adler führten. Teile des Offizierskorps, unter ihnen Oberst von La Roche und Hauptmann von Werder, waren bei Hof zu Gast. Am 20. Juli endlich kam noch eine den polnischen Garden aus Lothringen gefolgte Abteilung russischer Truppen, 12.000 Mann stark, die nach gehaltenen Rasttag ihren Marsch über den Thüringer Wald fortsetzte.“
(Human: Napoleonische Zeit und nationale Freiheit. – 1913, S. 118)
Auch 1815 kommt es zu zahlreichen Truppendurchzügen und Einquartierungen, z. B. Teile der russischen Armee (über Meiningen, Römhild, Themar, Hildburghausen nach Schleusingen), ca. 110.000 Mann.


Erinnerungspostkarte an die Schleusinger Feier der 100-jährigen Wiederkehr
der Tage der Schlacht bei Leipzig 16., 17., 18. Oktober 1813
Sammlung Hans-Jürgen Salier

19. Oktober 1813
Herzog Friedrich tritt nach der Niederlage Napoléons in der Völkerschlacht bei Leipzig – wie alle thüringischen Fürsten – aus dem Rheinbund aus. Der Allianzvertrag vom 13.11.1813 zu Frankfurt/M. wird mit Österreich, Russland und Preußen gegen Napoléon geschlossen. Sachsen-Hildburghausen tritt dem Deutschen Bund bei.

1. November 1813
Der Handel mit englischen Waren ist wieder gestattet. Der durch das Dekret von Trianon (01.10.1810) auf alle englischen Waren gelegte Zoll wird aufgehoben.

23. November 1813
Edikt zur Beaufsichtigung der Gemeindewaldungen durch den Staat wird erlassen. Die Forsten werden geometrisch vermessen, forstmäßig abgeschätzt, in Schlag- oder Schrotholzwaldungen, in Hoch- und Bauernwaldungen abgeteilt.

24. November 1813
Die thüringische Fürsten sagen sich feierlich vom Rheinbund los.

1813
Herzog Friedrich erlässt eine Amnestie für Deserteure des Hildburghäuser Rheinbundkontingents, wenn sie sich innerhalb von zwei Monaten wieder im Kontingent einfinden.

1813
In Hildburghausen wird ein Peräquationsfonds (Ausgleichskasse) eingerichtet. Alle Orte des Landes haben somit die Lasten des Krieges zu tragen. Entschädigungen erhalten die geschädigten Orte.

18. Dezember 1813
Auf Anregung Herzogin Charlottes ergeht ein Aufruf an die Frauen aller Stände und Orte des Landes zur Unterstützung der Soldaten gegen die französische Fremdherrschaft. Bei Hofdiakon F. W. Lomler kommen auf dessen Bitte für die bei der Völkerschlacht bei Leipzig verwundeten Sachsen 1.149 Gulden zusammen.

22. Dezember 1813
Landesherrliches Edikt zur Errichtung einer Landwehr.
Freiwillige Spenden 1814: 2.984 fl. rhl. 11 1/2 kr.
Die Landwehr wird aus Freiwilligen und waffenfähigen Männern von 18 – 45 Jahren gebildet, die nicht in Linientruppen dienen. Während des Kriegs hat die Landwehr gleiche Rechte, Vorzüge, Gesetze und Sold wie die Linientruppen.

1813
Der Dekan Elieser Bagge schreibt Ende des Jahres in das Themarer Kirchenbuch:
„Der bisher bestandene schändliche, von der niedrigsten Sklaverei der Deutschen zeugende Rheinbund wurde aufgelöst, und alle Mächte, die durch eine ziemliche Reihe von Jahren mit Frankreich alliiert gewesen waren, fielen von demselben ab und vereinigten sich zu Frankreichs Feinden.“
Human interpretiert: „Ja, sie fielen endlich ab, nachdem sie sich sechs Jahre lang statt einheimischer Oberhoheit den schlimmsten Feind zum Schutzherrn erkoren und diesem das gesamte Vaterland zu Männer mordenden Kriegen dienstbar gemacht hatten, nachdem sie sechs Jahre lang sogar stolz gewesen auf den Rheinbund, der von allen Bundesstaaten des französischen Kaiserreichs, das mit seinen französisch, italienisch, flamländisch, holländisch, deutsch, bretagnisch und baskisch sprechenden Insassen als Zentralmacht des gesamten westeuropäischen Staatensystems galt, allerdings der wichtigste und mächtigste war, sofern er a. 1809 14.324.816 Einwohner mit 4 Königen, 5 Großherzögen königlicher Würde, 13 Herzögen, 17 Fürsten und 119.850 Mann Bundeskontingent befaßte!“
(Human: Napoleonische Zeit und nationale Freiheit.– 1913, S. 44)

Nicht unerwähnt bleiben darf, dass es eine ganze Anzahl Adliger der Region, besonders aus dem freiherrlichen Geschlecht v. Bibra (Gleicherwiesen) gegeben hat, die als Offiziere auf österreichischer Seite stehen und gegen Frankreich kämpfen.
Fr. Linz aus Hildburghausen hat beispielsweise in der russisch-deutschen Legion gedient und kommt in russischer Uniform zurück. – Feldwebel Zetzmann, Teilnehmer an den Schlachten bei Torgau, Cottbus, Neiße, Breslau, Brieg, Belle Alliance und Paris erhält für seine Tapferkeit den russischen Georgsorden 5. Klasse.

31. Dezember 1813
Die herzogliche Landesregierung ruft zur Bildung einer Jägerkompanie zur Verteidigung des Vaterlandes und zur Unabhängigkeit Deutschlands auf.

1813
Seit 1795 nehmen 784 Mann aus dem Herzogtum Sachsen-Hildburghausen an den Kriegen für und gegen Frankreich teil. 185 fallen, sterben oder gelten als vermisst. An den Befreiungskriegen gegen Napoléon nehmen 73 Hildburghäuser freiwillig teil, davon fallen 10.

Dezember 1813 bis Januar 1814
Ernst I. Herzog von Sachsen-Coburg-Saalfeld erhält das Kommando über das 5. Deutsche Armeekorps, bestehend aus den Kontingenten der Herzog- bzw. Fürstentümer Berg, Sachsen-Coburg-Saalfeld, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Hildburghausen, Nassau, Lippe-Detmold, Lippe-Schaumburg, Waldeck sowie eine Kavallerie-Abteilung von Mecklenburg-Strelitz. Es ist Teil der Armee Marschall Blüchers und nimmt an der Belagerung von Mainz (14.01.1814) teil, zum gleichen Zeitpunkt, als u. a. das Bataillon Thüringen (mit dem Hildburghäuser Kontingent) die Festung Danzig auf französischer Seite verteidigt.

1. bis 8. Januar 1814
Erbprinz Joseph erlässt wie die Landesregierung Appelle an die Bevölkerung, die anfangs kaum Resonanz finden, und dankt für die freiwillige Bewaffnung zum Kampf gegen die napoléonische Fremdherrschaft. Freiwillige werden u. a. von wohlhabenden Bürgern mit Waffen und Uniformen ausgerüstet. Am 18.01. dankt Joseph der Bevölkerung, am 20.01. ziehen die Freiwilligen gegen Frankreich für die Befreiung Deutschlands. Auch Erbprinz Georg und Prinz Joseph kämpfen auf der Seite der Verbündeten gegen Napoléon. Am 11.02. geht der Erbprinz als Volontär zum Armeekorps des kgl.-preuß. Generals von Kleist.

1814
Carl Gottlob Lützelberger kauft die Hof- und Stadtapotheke (heute: Ecke Markt/Apothekergasse, Kaufhaus), am 24.10.1814 wird das Apothekenprivileg bestätigt.

1814
Karl Kühner schreibt in seinem Werk Dichter, Patriarch und Ritter (Teil 1) über Hildburghausen und den Dichtergelehrten Friedrich Rückert: „Dem kleinen Coburg benachbart lag Hildburghausen – die kleinste unter den sächsischen Hofresidenzen, aber nicht die letzte in feiner Sitte und gehaltvoller Würde. Wie Weimar zu Klein-Athen geworden war, so schien Hildburghausen Lust zu tragen, Klein-Weimar zu werden.

1814
Beim Durchzug russischer Truppen liegt ein Hauptmann bei Pfarrer Kühner in Eishausen im Quartier. Der Offizier will sich Zugang zum Schloss verschaffen, weil er angeblich den Schlossherrn (Leonardus Cornelius van der Valck) kennt. K. kann das verhindern, denn er befürchtet Konsequenzen für das geheimnisvolle Paar.

10. April 1814
Kriegsabgabe von Bierimpost (Biersteuer) und Familiensteuer in 11 Klassen (von 10 kr. – 2 fl. 24 kr.) bringt erhebliche Belastungen für die Bevölkerung des geplagten Landes nach der Rheinbundzeit.

Die Friedenspredigt von Carl Ludwig Nonne, die anlässlich des Pariser Friedens 1814 in den Kirchgemeinden des Herzogtums verlesen wird.
Stadtmuseum Hildburghausen

11. Mai 1814
Edikt. Alle Juden in Hildburghausen müssen innerhalb von vier Wochen deutsche Namen annehmen und dürfen erst nach Erwerb des (teuren) Bürgerrechts heiraten.
Im Edikt heißt es dazu: „Alle jüdischen Unterthanen sind schuldig, für sich und ihre Nachkommen ordentliche Familiennamen anzunehmen und solche bei allen ihren Geschäften, welche öffentliche Anerkennung erhalten sollen, zu führen. Diese Namen haben sie, nach Angabe ihres Alters und Vornamens, sowie des Alters und Vornamens ihrer Weiber und Kinder bei der ihnen vorgesetzten Polizeibehörde binnen vier Wochen zu Protokoll zu erklären. Die Namen dürfen nicht schon übliche Familienbenennungen sein. Übrigens bleibt den dermaligen Familienvätern, die einen gemeinschaftlichen Stammvater haben, überlassen, ob sie einen gemeinschaftlichen oder verschiedene Namen wählen wollen. Die Verzeichnisse dieser Namen sind Uns von der Polizei-Deputation der Landesregierung binnen zwei Monaten vorzulegen.“
Innerhalb des Herzogtums können sie sich überall niederlassen. Das Bürgerrecht geht auch auf die Kinder der Juden über. Bis 1815 werden sechs Juden mit Handschlag vor dem Stadtgericht zu Staatsbürgern. In den 30er und 40er Jahren erlangen weitere Juden die Bürgerrechte in Hildburghausen, im Herzogtum Sachsen-Meiningen-Hildburghausen selbst geht dieser Prozess der Einbürgerung recht schleppend voran.
(s. 1833)

17. Juni 1814
Erbprinz Joseph kehrt vom Feldzug aus Paris nach Hildburghausen zurück, am 23.06. kommen vom Main die freiwilligen Jäger und die Landwehr.

Juli 1814
Der Dichtergelehrte Friedrich Rückert hält sich in Hildburghausen auf. Zur gleichen Zeit rastet ein preußisches Kürassierregiment hier und spricht der 1810 verstorbenen Königin Luise eine Huldigung aus, die von Herzogin Charlotte, ihrer Schwester, auf dem Balkon des Regierungsgebäudes entgegen genommen wird.

Friedrich Rückert dichtet in Zum Empfang der rückkehrenden Preußen (in der 12. und 13. Strophe):

Ist doch mit Schmerzen,                              Eure Luise
Ist doch mit Lust,                            Die auch zur Schlacht
Euerem Herzen                                Vom Paradiese
Jene bewußt,                                    Leuchte mit Macht!
Welche von Thronen                     Denkt ihr der Teuren?
Höhere Zonen                                  Sehet, der Euren
Hell Euch wie Kerzen                      Schwester ist diese;
Blickt in die Brust.                           Naht mit Bedacht!

11. August 1814
Nach der Einnahme von Paris durch die verbündeten Truppen wird das Regiment der Herzöge von Sachsen aufgelöst. Herzog und Erbprinz begrüßen in Sophienau mit der Hofkapelle die tapferen Soldaten.

18.Oktober 1814

„Vom Stadtberg von Hildburghausen waren am Abend des 18. Oktober in der Nähe wie Ferne an 90 Flammenopferherde zu sehen, und Hofdiakonis F. W. Lomler hielt in Gegenwart des Hofes eine Ansprache, als sich aber am 19. Oktober nach einer von Professor Witter über Richter 5.2 gehaltenen Festpredigt, ... die freiwilligen Jäger, die Linientruppen, das Herzogl. Land oder Leibregiment und die Landwehr auf dem Schloßhof versammelten, da überreichte, nach einer Ansprache des Oberhofpredigers Dr. J. A. Genßler, der den Tag zum Nationalfest weihte, und nach dem von Herzog Friedrich den Truppen erstatteten Dank, Erbprinz Joseph die Bänder zu den noch zu verteilen gewesenen Ehrenmedaillen. Die im Festgottesdienst gehaltene Kirchenmusik hatte als Totenfeier die Schreckensszenen der Völkerschlacht, den Siegesjubel und die Tugenden der Helden dargestellt.
Auf dem Schützenhof und breiten Rasen wurden dann die Truppen, die Stadtarmen und die Schuljugend gespeist, am Abend aber durchzog ein Fackelzug der Gymnasiasten die Straßen der Stadt.“
(Human: Napoleonische Zeit und nationale Freiheit. – 1913, S. 129)

19. Oktober 1814

Anlässlich der ersten Wiederkehr der Völkerschlacht bei Leipzig verausgabt Herzog Friedrich eine Feldzugsmedaille mit der Inschrift DEM/VERTHEIDIGER/DES/VATERLANDES/ und Umschrift:FRIEDRICH.H.Z.S.H.
1814, auf dem Revers Malteserkreuz zwischen Eichenzweigen, unten gekreuzt und gebunden mit Schleife in verschiedenen Ausführungen.
Das genaue Ausgabedatum ist unbekannt. Die Verteilung erfolgt 1815, vor Entlassung der Truppe auf dem Schlossplatz. 

Feldzugsmedaille (Ag), 1814

Stempelschneider, Prägeort, Zeitpunkt und Auflage sind noch nicht restlos erforscht. Vermutlich ist die Medaille in Silber von dem Hildburghäuser Zinngießer J. F. Stammer geschaffen worden. Nachweislich ist die Medaille am 19. Oktober 1814 zur ersten Feier der Völkerschlacht bei Leipzig noch nicht fertig. Für höhere Dienstgrade werden Bänder verteilt.


10. November 1814
† Johann Caspar Röhrig, Birkenfeld
* 1751, Birkenfeld
Bäckergeselle, „Weltreisender“, Syndikus
Er geht als Bäckergeselle 1768 auf Wanderschaft, ab 1771 Weltreisender, Ostindienfahrer und Rückkehr am 08.10.1776, Besitzer der Gaststätte Ostindisches Schiff. R. genießt ein hohes Ansehen und wird in Birkenfeld Ortsvorsteher und Syndikus. 

Historische Postkarte, 1904 postalisch verwendet mit Birkenfeld und dem Stirnberg,
einem beliebten Ausflugsziel der Hildburghäuser mit dem „Gasthaus zum Ostindischen Schiff“.


Vom Wiener Kongress zum Deutschen Reich

1815 – 1871 

1814/15
Am Wiener Kongress (18. September 1814 bis 9. Juni 1815), der sich zu einem gigantischen Länder- und Menschenschacher der europäischen Großmächte ausweitet, nehmen für das Herzogtum Sachsen-Hildburghausen Regierungspräsident Geheimrat Carl August von Baumbach (772 – 1844) und Legationssekretär Erdmann teil.

1814
Dr. Friedrich Sickler gestaltet eine Schaumünze (Zinn, Durchmesser 77,2 mm) auf den Wiener Kongress. Den Stempel fertigt der Suhler Medailleur Pfeuffer, die Medaille wird geprägt von Johann Friedrich Stammer (* 14.02.1782, Hildburghausen – † 08.02.1844, Hildburghausen).
Auf der Vorderseite ist die Friedensgöttin auf einer Erdkugel dargestellt. Um sie herum reihen sich die Köpfe von 14 bedeutenden Feldherren und beim Kongress beteiligter Fürsten (z. B. Blücher, Bülow, Yorck, Wittgenstein, Schwarzenberg), ferner werden Schlachtenorte genannt. Auf dem Revers ist ein Triumphbogen dargestellt, darunter steht in Versalien: SIEGES UND FRIEDENS-MÜNZE ZUM WIENER CONGRESS OCTOBER 1814. In 6 Schriftkreisen werden weitere Schlachtenorte genannt.
 

Die von Dr. Carl Ludwig Sickler entworfene Schaumünze (Sn) aus dem Jahr 1814
auf den Wiener Kongress

Im gleichen Jahr gibt es eine weitere Schaumünze (Durchmesser 32 mm). Für den Entwurf und die Ausführung zeichnen wiederum Sickler, Pfeuffer und Stammer verantwortlich.
Das Avers zeigt die Köpfe von Blücher und Schwarzenberg, das Revers ein Siegestor mit den am 31.03.1814 in Paris einziehenden Siegern.
Erst 1883 kann Adolf Kneist den Nachweis der Herkunft der Hildburghäuser Medaillen erbringen.



1815
Organisatorisch vorbereitet und nach Übereinkunft mit dem Hildburghäuser Konsistorium sowie dem Würzburger Ordinariat vom 04.08.1837 wird die Seelsorge der katholischen Gemeinde an den Pfarrer von Wolfmannshausen gewiesen.
Die würzburgische Pfarrei Wolfmannshausen ist die einzige Pfarrei im Herzogtum Sachsen-Meiningen gewesen.

1. März 1815
Nach Napoléons Rückkehr von der Insel Elba treten die Kontingente erneut unter die Fahnen und werden zur Blockade von Festungen im Elsass eingesetzt (1 Grenadier- und 1 freiwillige Jägerkompanie mit insgesamt 300 Mann). Nach dem 2. Pariser Frieden (20.11.1815) kehrt das Kontingent im Nov./Dez. zurück.

14. März 1815
† Johann Georg Rosenmüller (Prof. Dr.)
* 18.12.1736, Ummerstadt
Theologe, Universitätsprofessor
Pfarrer an der Waisenhauskirche in Hildburghausen, ab 1768 in Heßberg und Königsberg/Franken Er verlässt dann das Fürstentum Sachsen-Hildburghausen und wird Professor in Erlangen, Gießen, Leipzig. Er gilt zu seiner Zeit als ältester Theologe an einer deutschen Universität.
Er ist Verfasser einiger Andachtsbücher, Herausgeber von ca. 100 Schriften. Über Leipzig hinaus wird er bekannt durch die Abschaffung des Exorzismus. Einführung der allgemeinen Beichte und eines Reformgesangbuchs, Gründung eines Arbeitshauses für Freiwillige und einer Ratsfreischule sowie einer Bürgerschule in Leipzig.

1815

Ein pädagogischer Leseverein wird gegründet.

29. März 1815
Dr. Christian Philipp Fischer reicht bei der Polizeideputation der Sachsen-Hildburghäuser Landesregierung den Entwurf für die Erbauung einer Irrenanstalt für das Herzogtum ein. Darin heißt es:
„Bei Errichtung einer solchen Anstalt sind nach dem Willen der Polizei-Deputation zwei ganz verschiedene und zu trennende Hauptzwecke ins Auge zu fassen, nämlich 1. die heilbaren Irren wiederherzustellen und in die Gesellschaft zurückzuführen;
2. Die Unheilbaren aufzubewahren, damit sie weder sich noch dem Publikum gefährlich werden.“

6. April 1815
Im Ergebnis des Wiener Kongresses erhält Preußen u. a. auch Gebietsteile in unmittelbarer Nähe von Sachsen-Hildburghausen, nämlich ehemaligen kursächsischen Besitz (Gebiete um Schleusingen und Suhl). Preußen besitzt damit ca. 22 % des thüringischen Territoriums, das Bestandteil der neugebildeten preußischen Provinz Sachsen ist, Regierungsbezirk Erfurt. Der heutige Stadtteil Gerhardtsgereuth mit Neuendambach gehört zum preußischen Kreis Schleusingen.

1815
Das Königin-Luise-Denkmal im Schlosspark Hildburghausen, gestiftet von Herzog Friedrich und Herzogin Charlotte, wird errichtet. Das im klassizistischen Stil aus Sandstein mit einem weißen Marmor-Relief der Königin von Hofbildhauer Ernst F. Schulze gefertigte eineinhalb Meter hohe Denkmal (Kosten: 120 Taler) wird mit einer Inschrift des Gymnasialdirektors Dr. Friedrich Sickler versehen. Es handelt sich um das erste außerhalb Preußens aufgestellte Denkmal für Luise.

Denkmalinschrift
Freundliche Nymphen der Flut und des Tales sprossende Blumen!
Kinder des Haines, umher trauliche Lüfte der Au!
Schützet der Schwester Gebild, erhoben am heiligen Denkmal!
Hüllt es in lieblichen Duft! Fächelt ihm zärtlichen Hauch!
Oft hat sie Euch begrüßt in der Morgenröte der Jugend!
Wallend am Schwesterarm, hier oft verhallte ihr Laut.
Oft hat ihr Blick hier geruht, umflossen vom Lichte des Himmels.
Lieblicher strahlte von ihm Liebe wie Milde hier uns.

Ach sie war uns zu früh im Sturme der Zeiten geschieden!
Nie mehr nahet sie Euch, grüßet Euch ferner nicht mehr!
Lebend erblickte sie nicht Teutonias siegende Fahnen,
Sah nicht Borussias Aar führen der Heere Triumph.
Ach – sie ruhte, die Hand im Dunkel der Trauerzypressen!
Welche die Fahne des Siegs ‚Freiheit fürs Vaterland’ hob.
Doch aus den Sphären des Lichts, wohin sie voran uns gestiegen,
Aus der Gestirne Kreis thront sie nun freudig herab.
Dort empfing sie die Helden, gefallen im heiligen Kampfe,
Dort erteilet sie nun ihnen die Kränze des Siegs.
Und wie Blüten des Lenzes entführt noch Düfte entsenden,
So noch spendet uns sie Segen, den himmlischen Duft.



Das Denkmal der Königin Luise im Schlossgarten zu Hildburghausen.
Zeichnung von Plato Ahrens, Kupferstecher und Zeichenlehrer.

Nachdem Hildburghausen zur Zeit des Norddeutschen Bundes 1867 wieder Garnisonstadt geworden ist und der Schlosspark teilweise zum Exerzieren genutzt wird, versetzt man das Denkmal für die Königin Preußens links vom Parkzentrum. Es ist kaum sichtbar und teils von hohen Sträuchern umgeben. Das Denkmal verfällt nach und nach, bis im ersten Halbjahr 1989 die Kreisfachgruppe Numismatik des Kulturbundes der DDR die Initiative ergreift, das Denkmal fachgerecht restauriert und wieder auf den ursprünglichen Standort errichtet.

8. Juni 1815

Unterzeichnung der Deutschen Bundesakte.
Das Herzogtum tritt dem Deutschen Bund bei („unauflöslicher“ Bund von 35 – zuletzt 31 – souveränen Fürsten und 4 Freien Städten).
Ziel: Erhaltung der äußeren und inneren Sicherheit Deutschlands. Der Ausbau erfolgt nach der Bundesakte vom 08.06.1815 (Teil der Akte des Wiener Kongresses und der Wiener Schlussakte vom 15.05.1820).

6. bis 17. Juni 1815

Im Lazarett (Waisenhaus) sind 591 Mann untergebracht
(Kosten: à 48 kr. = 472 fl. 48 kr.). Von Soldaten werden Krankheiten eingeschleppt, so auch ein Nervenfieber. In der Charlottenburg (Belvedere, heutige Stadtverwaltung) befindet sich ein Lazarett.
Einige desertierte Soldaten bleiben in Sachsen-Hildburghausen und gründen Familien.

Mai bis September 1815

Truppeneinquartierungen und -durchzüge. In Stadt und Amt Hildburghausen, Eisfeld, Heldburg, Sonnefeld, Königsberg in Franken und Behrungen sind noch untergebracht:
51 Generäle, 349 Stabsoffiziere, 2.495 Subalternoffiziere, 122.645 Unteroffiziere und Gemeine. Für den Marsch russischer Truppen nach Frankreich werden im Mai und Juni 1815 aufgewandt:
Einquartierung:                 14.718 fl. 58 1/2 kr.,
Lieferungen:                       12.255 schwere und
                                                1.182 leichte Rationen für Pferde = 5.103 fl.
Krankenverpflegung:         1.088 fl. 24 kr.

Carl Barth berichtet über die Truppendurchzüge vor allem preußischer, österreichischer und kursächsischer Truppen: „Die österreichischen Ulanen und andere ungarische Regimenter, in der leichten, knappen Kleidung, ihre Gewandtheit in Führung der mit roten Fähnchen gezierten Lanzen und zu Pferde sitzend wie mit denselben zusammengewachsen; die Infanterie ganz weiß, nur mit farbigem Revers und den wunderlichen Kasketts von dickem Glanzleder, innen mit Eisenstäben gegen Hieb geschützt, ähnlicher einer altmodischen blechernen Salzmäste als einem Helm; die sächsischen Kürassiere auf mächtigen Schlachtrossen sitzend, mit großen, dreieckigen Hüten und mit schwarzem Glanzleder überzogenen Brustharnischen, samt den langen, breiten, graden Schwertern, dabei als Feldmusik außer den Trompeten mehrere Pauker, deren Instrumente rechts und links am Pferde hingen; die Preußen in der imposanten Haltung der sieggewohnten Truppen Friedrich II. und der maschinenmäßigen Gleichheit jedes Tempos ihres Marsches und übrigen Exerzitiums, mit ihren zerfetzten Fahnen aus dem siebenjährigen Kriege ...; die kleinen dreieckigen Hüte der Linientruppen und die etwas nach vorne übergebogenen hohen, spitzen, zuckerhutähnlichen Grenadiermützen von Blech dieser Leibwachen; die langen Züge des Artillerieparks, die, donnernd und manche der leichtgebauten Häuser der Residenzstadt erschütternd, durch die Straßen rollten.“

13. Juni 1815

Mit Befehl des russischen Generalfeldmarschalls Graf Barclay de Tolly aus dem Hauptquartier in Bamberg werden Posthäuser, Posthalter und Postpferde unter den besonderen Schutz der russischen Armee gestellt. Die Posthäuser sind frei von Einquartierungen und Leistungen für den Vorspann. Reisendes Militär muss tarifliches Postgeld bezahlen. Postpferde dürfen nicht für militärische Transporte benutzt und nur angehalten werden mit Postpässen, die von den obersten Militärbehörden ausgestellt worden sind. 

1806 – 1815
Totenregister Hildburghausen. Das Kirchenbuch weist aus, dass ca. 20 Offiziere und Mannschaften (dabei eine Frau) unterschiedlicher Nationalität bestattet sind, meist bei Durchzügen verstorben.

15. September 1815

Herzog Friedrich erklärt die Aufnahme des Bauernstandes unter die Stände des Herzogtums.

September bis November 1815

Die Kronprinzessin Therese besucht mit der Herzogin Louise von Nassau die Residenzstadt.

20. November 1815

Der 2. Pariser Friede erlegt den Franzosen 700 Mio. Francs Kriegsentschädigung auf sowie die Besetzung der nordöstlichen Départements. Aus Bündnisverträgen des Herzogtums Sachsen-Hildburghausen mit Alliierten sind innerhalb von fünf Jahren an Hildburghausen zu zahlen:
- 170.118 Francs 66 Centimes alter Kontributionsanteil,
- 17.011 Francs 90 Centimes als 2-monatlichen Sold,
- 48.000 Francs für Equipierung (Ausrüstung).
Gesamtsumme: 235.130 Francs 56 Centimes = 109.125 Gulden 40 1/2 kr.
Die Aufwendungen und Lieferungen allein im Zeitraum vom 24.10.1813 bis Mai 1814 belaufen sich auf mehr als 206.000 Gulden.

1815

Nach den Befreiungskriegen wird ein Landsturm in Sachsen-Hildburghausen gebildet und ein aus drei Klassen bestehendes neues Landregiment (Bundeskontingent, Reserve, im Land dienender Teil). Jährlich werden die Rekruten ausgehoben.
Human schreibt, dass Sachsen-Hildburghausen in Gemeinschaft mit Bayern der erste deutsche Staat gewesen sei, der die Aufgabe der Landesbewaffnung in vorbildlicher Weise gelöst habe.
(Nach Human: Chronik der Landdiözese Hildburghausen. – 1922, S. 55)

1816
Edikt zur Freizügigkeit mit den deutschen Bundesstaaten.


1816

Zwischen C. L. Nonne und Wilhelm Müller werden die seit Jahren bestehenden Spannungen nicht abgebaut (aber auch nicht öffentlich ausgetragen).
Müller scheidet auf eigenen Wunsch aus dem Schullehrerseminar aus und wird Superintendent in Heldburg. Nonne kann die enorme Arbeit nicht alleine bewältigen, der Seminarbetrieb ruht für ein Jahr seit Herbst 1816. N. unterbreitet den Vorschlag, das Seminar und das Nonnesche Institut miteinander zu verbinden. Das Institut erlangt den Status einer öffentlichen Einrichtung, die Lehrer werden zugleich Seminarlehrer.
Um die Kontakte zwischen den Lehrern und Geistlichen des Herzogtums zu verbessern und die Sorgen und Nöte besser kennen zu lernen, führt Nonne das sog. Rundbuch ein. Ferner legt er großen Wert auf den Erfahrungsaustausch der Lehrer und führt Lehrerkonferenzen ein.

6. März 1816

Die Kanal- oder Lobensteinmühle wird verkauft. Die Verlandung des Kanals und die üblen Gerüche der Faulstoffe sind für die Stadt ein Ärgernis. Am Zollhof (Coburger Straße) wird ein unterirdischer Kanal zur Wassereinleitung in den Kanal am Schlosspark angelegt, da der Wasserzufluss vom Feuerteich und der Schlossmühle in der heutigen Johann-Sebastian-Bach-Straße nicht ausreicht.
Alle sechs Jahre muss der Kanal ausgehoben werden, ca. 3.000 – 4.000 Fuhren Ablagerungen sind zu transportieren, 1833 sind es 6.000 Fuhren. Neue Wasserdurchlässe ab der Werra bringen weitere Sinkstoffe ein. Zu einer Entlastung der Kanalverschmutzung kommt es nicht.

21. März 1816

In Hildburghausen wird eine liberale Ratsverfassung eingeführt.
Nach dem Reskript soll jeden Monat eine Gemeinderatssitzung stattfinden. Die Leitung des Gemeinderats obliegt einem Präsidenten, dem Herzoglichen Kommissionär, sowie Rechenschaftslegung und Kapitalaufnahme. Vorbereitung der Arbeit in Ausschüssen. Die Ratsrechnung ist vom Viertelmeister auf dem Rathaus vorzulesen. Bürgermeisterwahlen finden alle drei Jahre statt sowie Ratswahl mit 2/3 der Stimmen der Bürger.

Mai 1816

Dr. Friedrich Sickler veröffentlicht im Journal für Literatur, Kunst, Luxus und Mode Ausschnitte seines aus 154 Doppelversen bestehenden Poems über Thüringen. Die Idee für dieses Werk unter dem Motto Mahnung, Erscheinung, Vaterland ist ihm bei seinem Italienaufenthalt, seinen italienischen Studienreisen vor Gründung des Gymnasiums in Hildburghausen gekommen.

1816

Im Hildburghäuser Comtoir für Literatur erscheint die Vierteljahreszeitschrift Für müßige Stunden, die ersten beiden Ausgaben unter der Mitherausgeberschaft Dr. Friedrich Sicklers. Weitere Mitherausgeber sind u. a. Fr. Baron de la Motte Fouqué, dessen Frau Caroline, Freimund Reimar (Pseudonym für Friedrich Rückert), A. Lafontäne, Superintendent Christian Hohnbaum, Dr. Carl Hohnbaum, K. W. Justi, G. Reinbeck.

11. Mai 1816

† Johann Ulrich Röder (76-jährig)
Geheimer Rat, Kanzler, Konsistorialpräsident
1782 erscheint sein historisches Werk Von Erbgerichten und Lehnsvogtheyen nach der Landesverfassung und den Landesgesetzen des Fürstentums, oder der Pflege Coburg.

1816

Die Freimaurerloge Carl zum Rautenkranz unterstützt die Gründung der St.-Johannis-Loge Ernst für Wahrheit, Freundschaft und Recht im Orient Coburg (Installation am 24.08.1816). Am 07.08.1815 haben die Coburger die Hildburghäuser ersucht, einige Freimaurer-Lehrlinge, -Gesellen möglichst schnell und kostengünstig zu Meistern zu befördern, um eine eigene Loge gründen zu können. Seitdem gibt es zwischen den beiden Logen gute Beziehungen.

1816

Hungersnot, verursacht durch Missernte. Der Kartoffelanbau wird forciert.

1816 – 1818

Generalsuperintendent Dr. Johann Andreas Genßler wird nach dem Tod des Großherzogs Carl II. Ludwig Friedrich v. Mecklenburg-Strelitz Meister vom Stuhl der Freimaurerloge Carl zum Rautenkranz.

18. Januar 1817

Herzogliches Edikt, dass in jedem Ort eine Schulklasse eingerichtet wird.
Es wird ein Schularchiv mit Schuljahrbuch zum Eintrag behördlicher Verordnungen und gedruckter Versäumnistabellen angelegt. Überdies werden Fortbildungsschulen gegründet. Im Lehrplan sind enthalten: Religion (Katechismus mit Sprüchen, Psalmen, Liedern, Bibellesen in Verbindung mit Krummachers Bibelkatechismus, Hübners biblischer Historie und einem Sittenbüchlein), Zahlenlehre (bis zur Verhältnis- und Gesellschaftsregel), Sprachlehre (mit wöchentlichen Diktaten und Aufsätzen, Briefen und bürgerlichen Aufsätzen), Geografie, Weltgeschichte, Naturgeschichte, Verstandesübungen nach Krause, im Gesang leichte rhythmische, melodische und dynamische Übungen, Montag früh Rekapitulation der Sonntagspredigt.
(Nach: Human: Chronik der Landdiözese Hildburghausen. – 1922, S. 97)

1817 – 1820

Carl Joseph Meyer befindet sich als Volontär in London, er ist Mitarbeiter im Export- und Importgeschäft von Eybe & Schmaeck. Er unternimmt riskante Spekulationsgeschäfte an der Londoner Börse, nach einem fehlgeschlagenen Kaffeegeschäft flieht er aus London, da ihm der Schuldturm droht.

1817

Bau der Heßberg – Eisfelder Straße.

1817

Der Diener des Dunkelgrafenpaares, Johann Philipp Scharre, stirbt 73-jährig an Wassersucht. Mit der Köchin Johanna Weber (1809 – 1835 im Dienst des Grafen) hat S. zwei Kinder.

4. März 1817

Die Stadt wird von einem Orkan heimgesucht.

31. Mai 1817

Der in Berlin geborene Friedrich Wilhelm Gadow (* 20.07.1782), Herzoglich-Sächsischer Rat, erwirbt nach dem Tod Johann Gottfried Hanischs (d. J.) die Druckerei und die Buchhandlung von dessen Witwe, die das Geschäft eine geraume Zeit führt, für 9.800 Gulden.

1817
Kesselring übernimmt die Buchhandlung (zuerst) in der Schlossgasse, gegenüber der Druckerei Gadow & Sohn, die sich später Kesselring’sche Hofbuchhandlung nenntNeben dem Buchhandel betreibt er eine Kunst- und Schreibmaterialienhandlung, einen Journal-Lesezirkel sowie eine Leihbibliothek, ferner ist er Verleger von Bechsteins Schriften, der Dorfzeitung und Schulbüchern (1844 = 6.000 Bde.).
(s. 1833, 1844)

Sommer 1817

Herzogin Charlotte reist in Begleitung Dr. C. L. Nonnes zu Pestalozzi nach Yverdon/Schweiz. Die schulischen Einrichtungen Pestalozzis haben von ihren Glanz verloren. P., dessen pädagogische Lehren längst auch in Deutschland Fuß gefasst haben, erkennt, dass nicht gesellschaftliche Veränderungen den Menschen allein prägen, sondern die Erziehung („Veredelung“ des Menschen). Seine Pädagogik bleibt jedoch für Nonne Vorbild.

31. Oktober 1817
Dreitägige Feierlichkeiten zum 300-jährigen Reformationsjubiläum in Hildburghausen.
Dr. Carl Ludwig Nonne gibt das Reformationsbüchlein heraus, das in den folgenden 100 Jahren in 13 Auflagen erscheint. Hierbei handelt es sich um ein Lehrbuch für den Religionsunterricht an den Schulen.

Der Stadtrat Hildburghausen verteilt in einer Auflage von 600 Exemplaren an die Schuljugend von Hildburghausen eine Medaille in Silber zum dreihundertjährigen Reformationsfest.
 

Vermutlich ist die Medaille (Ag) von dem Hildburghäuser Zinngießer und
Medaillenhersteller Johann Friedrich Stammer geschaffen worden (1782 – 1844).


Schrift von Dr. Johann Andreas Genßler zum 300-jährigen Reformationsjubiläum.

1817 – 1824
Unter Generalmajor v. Mauderode wird der Markt in Hildburghausen erstmals gepflastert, ferner der Schlosshof bis zum Markt, Bürgersteige werden angelegt und Linden gepflanzt. Viele Kellerhälse und vorspringende Treppen werden beseitigt.

27. November 1817

Herzog Friedrich legt den Entwurf einer Staatsverfassung vor. Der erzkonservative und reaktionäre Deutsche Bund sieht im Artikel 13 der Bundesakte landschaftliche Verfassungen der Gliedstaaten vor, die nicht überall realisiert werden. Die Hildburghäuser Verfassung ist als liberal anzusehen und gehört zu den modernsten in Deutschland.

1817

Die Kronprinzessin Therese von Bayern lässt auf ihre Kosten die Stammtafel des Königlichen, Großherzoglichen und Herzoglichen Hauses Sachsen von Dr. Johann Andreas Genßler in 15 Exemplaren drucken.

2. Februar 1818

Gründung der Dorfzeitung durch Dr. C. L. Nonne und Superintendent Christian Hohnbaum (Rodach), Dr. Carl Hohnbaum u. a.
Ende des 19. Jahrhunderts ist sie ein verbreitetes Volksblatt in Deutschland, sie erscheint im Kesselring’schen Verlag. Zu Beginn ist die Dorfzeitung ein kleines unscheinbares Wochenblatt, das wegen seiner Volkstümlichkeit und Liberalität „zur öffentlichen Macht“ (Human) wird. Oft muss die Zensur einschreiten. Bald erscheint die Zeitung 2 x wöchentlich, seit 1848 4 x, ab 1871 6 x. – Bedeutende Mitarbeiter: Wölfing, Laurich, v. Baumbach, de la Motte Fouqué, Rückert, Barth, v. Schuler, Kühner, Dr. Hofmann u. a.

Redaktion und Druckerei sind anfangs getrennt, der Druck erfolgt von 1818 – 1886 bei Gadow & Sohn, die Redaktion befindet sich in zwei Zimmern der Neustädter Apotheke.

1886 zieht sie ein in das Schellersche Wohnhaus bzw. in die späteren Lagerräume und Garagen in der heutigen Geschwister-Scholl-Straße (ehem. Druckhaus Offizin Hildburghausen GmbH), an das später noch ein Maschinensaal (1899) und ein Haus für den Schriftsatz erbaut worden ist.
Führender Kopf der Dorfzeitung wird Dr. Carl Ludwig Nonne, der anonym für das Blatt schreibt und auch gleichzeitig als „staatlicher Zensor“ auftritt. Damit und mit der Volkstümlichkeit hat das Blatt trotz der geistigen Unterdrückung im Deutschen Bund eine Chance.
(s. auch 20.11.1819)

22. Februar 1818

Die Polizeidirektion der herzoglichen Landesregierung erlässt eine Feuerordnung für die Residenzstadt Hildburghausen. Das Feuerlöschwesen wird reformiert.
Der Feuerwehr muss jeder taugliche Mann angehören, vermutl. 500 Mann (Stab 9 Mann). Es existieren u. a. Bedienungsmannschaften der Spritzen mit 193 Mann und eine Wasserbedienungsmannschaft in Stärke von 32 Mann, die das Schleusensystem ab Feuerteich reguliert. Später gibt es sog. Wassermeister.

1818

Der Hof- und Kupferschmied August Röser baut Feuerwehrspitzen (Handdruckspritzen) mit erstaunlichen Leistungen. Er geht mit seinen Geräteentwicklungen in die Geschichte der Spritzentechnik ein.

1818 – 1834

Die Neustädter Apotheke ist im Besitz von Rat Philipp Wilhelm Bartenstein, Bürgermeister von 1818 – 1834, danach wird sie von dessen Sohn Carl Ferdinand geführt.

1818 – 1854

Dr. Carl Ludwig Nonne ist in der Freimaurerloge Carl zum Rautenkranz Meister vom Stuhl.

19. März 1818

Nach Billigung des Verfassungsentwurfs durch die Stände erklärt Herzog Friedrich ihn zum Grundgesetz des Herzogtums Sachsen-Hildburghausen. Die landschaftliche Verfassung tritt am 18.04.1818 in Kraft.
(s. auch 05. bis 09.02.1819)

Nach dem Großherzogtum S.-Weimar-Eisenach unter Großherzog Carl August (06.05.1816) führt das Herzogtum Sachsen-Hildburghausen als zweiter thüringischer Staat und als einer der ersten in Deutschland überhaupt eine Verfassung ein und geht damit den monarchisch-konstitutionellen Weg. Bei der Ausarbeitung orientiert man sich an den im Deutschen Bund oft angefeindeten liberalen süddeutschen Verfassungen. Die Volksvertretung ist nach Ständen gegliedert (Rittergutsbesitzer, Bürger, Bauern).
Die Landschaft besteht aus 18 gewählten Abgeordneten (für 6 Jahre gewählt). 6 Abgeordnete aus der Ritterschaft, 5 aus dem Bürgerstand der Städte, 6 aus dem Bauernstand der 6 Ämter (Hildburghausen, Heldburg, Eisfeld, Behrungen, Sonnefeld und Königsberg/Franken), 1 Abgeordneter aus der Geistlichkeit. Es wird ein engerer Ausschuss (5 Mitglieder) gebildet, dem die dauernde Vertretung der Stände zwischen den Landtagen und die Vorbereitung der Geschäfte obliegt. Die Landschaft wählt einen Landrat, der zugleich stimmführendes Mitglied der Regierung ist. Diese Tätigkeit übt Dr. Hannibal Fischer aus.
(s. 1829)

14. Mai 1818

† Herzogin Charlotte Georgine Louise Friederike von Sachsen-Hildburghausen, Tochter des Großherzogs Carl II. Ludwig Friedrich v. Mecklenburg-Strelitz
* 17.11.1769, Hannover
∞ 03.09.1785 mit Herzog Friedrich v. Sachsen-Hildburghausen.Die hochgebildete und vielseitig talentierte Herzogin gilt als eine der schönsten Frauen ihrer Zeit. Sie fördert im Fürstentum/Herzogtum das Geistesleben, vor allem Kunst und Literatur, so dass Hildburghausen den Beinamen 
Klein-Weimar bekommt. Sie bemüht sich, den seinerzeit umschwärmten Modedichter Jean Paul für den Hof zu gewinnen, der 1799 in Hildburghausen eintrifft. 

Jean Paul schreibt verehrend über Charlotte: die „... himmlische Herzogin mit den schönen, herrlichen Augen, mit einer Nachtigallenstimme, mit ihrem gleich Himmelssphären tönenden Gesang". In Hannover wird ihre Stimme bei dem bekannten Italiener Giuliani geschult. Sie trifft bei Hofkonzerten, in Singspielen im Theater und in der Karwoche in der Stadtkirche u.a. bei den Aufführungen Tod Jesu (Graun) auf. Im Familienkreis wird sie oftSingschwester oder Singlotte genannt.
Ihr soziales, pädagogisches und relativ bescheidenes Hofleben, ihre Kontakte zu den Bürgern und ihr menschliches Handeln machen sie bei ihren Untertanen beliebt. Sie gilt als eine der wichtigsten Beschützerinnen des Dunkelgrafenpaares.
Bis 1804 bringt sie zwölf Kinder zur Welt, von denen sieben sie überleben. Als fünftes Kind wird am 08.07.1792 Prinzessin Therese, die nachmalige Königin von Bayern, geboren.
Beisetzung Charlottes am 17.05. in der Sakristei der Schlosskirche.
(s. auch 14.10.1820)

In ihrem Testament, das sie ihrer Schwester, der Fürstin Therese v. Thurn und Taxis, übergibt, verfügt die Herzogin, dass ihr Erbe, vor allem das ihr gehörende Geld in Mecklenburg-Strelitz (10.000 Tlr.) den drei jüngeren Söhnen für deren Ausbildung zukommt, vor allem dass die Prinzen Friedrich und Eduard ihre Erziehung in Hofwyl/Schweiz vollenden und anschließend studieren können. 

17. Mai 1818

† Wilhelm Müller, Heldburg
Theologe, Pädagoge
1790 – 1817 Pfarrer an der Stadtkirche, dann Superintendent in Heldburg. Lehrer und zeitweise Direktor des Lehrerseminars.

9. Juli 1818

Entrichtung von Chaussee- und Brückengeld für das Amt Hildburghausen.
Es müssen bezahlt werden für vierrädrige Frachtwagen mit mehr als vier Pferden oder Ochsen bespannt sowie bei zweirädrigen Gabelkarren von jedem Zugtier vom Eisfelder Tor nach Adelhausen 9 Kreuzer, vom Römhilder Tor nach Ebenhards 7 und nach Leimrieth 3 Kreuzer, bei geringer Bespannung 7 – 2 1/2 Kreuzer, bei unbeladenen Wagen die Hälfte, von jedem lasttragenden Pferd, Ochsen, Stier, Esel, Maultier, Chaisen- und Reitpferd 5 – 2 Kreuzer, von lediggehenden 3 – 1 Kreuzer, von beladenen Schiebkarren 3 Pfennig bis 2 Kreuzer 1 Pfennig. Chausseegeldeinnahmen sind mit Schlagbäumen und Geleitstafeln mit den jeweiligen Beträgen versehen. Die Zolleinnehmer behalten ca. 1/6 der Gebühr ein.
(s. auch um 1800)

Chausseegeldzettel für vier Ochsen und zwei Pferde aus dem Jahr 1812
Sammlung Hans-Jürgen Salier

1819
Kirchenrat Dr. Carl Ludwig Nonne erhält die Hofpredigerstelle und wird zum Konsistorialrat ernannt.

1819

Das Butlersche Armenlegat (Caroline und Ferdinande v. Butler) wird mit 20.000 Gulden gestiftet, 1838 unter Kuratel der Landesregierung. Unverschuldet in Not geratene christliche Personen und arme adelige Familien der Ämter Hildburghausen, Eisfeld und Heldburg werden unterstützt.

5. bis 9. Februar 1819

Zum ersten Male seit 1771 wird der Landtag einberufen. Die neuen Stände werden in der Stadtkirche vereidigt (09.02.).
(s. auch 19.03.1818)

23. März 1819
† Christian Philipp Fischer, Hildburghausen, (Dr. med.)
Amtsarzt, Geheimer Hofrat
Der aus Bürden stammende Pfarrersohn studiert in Wien und gehört zu den bedeutenden Ärzten der Region, vor allem sein soziales Engagement ist hervorzuheben. Er ist ständiger Begleiter des Herzogs und Initiator der Irrenanstalt.
(s. auch 29.03.1815)

17. Oktober 1819

Eröffnung der Industrieschule für Waisenkinder im Waisenhaus (heute: Henneberg-Kliniken, Gebäude Schleusinger Straße) sowie Konstituierung eines Frauenvereins auf Veranlassung der Erbprinzessin Amalie von Württemberg.

Unter der Aufsicht von Seminaristen wird Kindern unbemittelter Eltern nach den Lehrstunden Unterricht im Spinnen, Nähen, Stricken erteilt. Die Kinder werden mittags verköstigt. Kinder und Jugendliche sollen dem Müßiggang und dem Betteln entzogen werden. Bis 1853 werden 225 Zöglinge betreut.
Mit dem von ihr 1820 gegründeten Frauenverein im Waisenhaus gibt sie der Einrichtung weitere Stabilität, denn der Frauenverein bildet den Vorstand für die Industrieschule.
Besondere Verdienste erwirbt sich Magdalena Barth (* 03.09.1797, Heldburg – † 04.03.1856), die 33 Jahre an der unter Protektion von Herzogin Marie von Sachsen-Meiningen-Hildburghausen stehenden Industrieschule wirkt und mehr als 300 körperlich und „sittlich verwahrloste“ Kinder bildet und erzieht.

„Plan von Hildburghausen“
Verlag des Geographischen Instituts Weimar (am 1. April 1804 von dem deutschen Verleger
und Mäzen Friedrich Justin Bertuch [1747 – 1822] gegründet), gezeichnet von Julius Schick, 1819.
Sammlung Hans-Jürgen Salier

1819
In Hildburghausen besteht das Wechselgeschäft der Brüder Louis, Bernhard und Jacob Simon (übernommen vom Vater, dem Hoffaktor Simon Levi Simon) und das Geldverleihgeschäft von Heyum Simon.

23. November 1819

Die Bundesversammlung führt die Zensur im Deutschen Bund ein. Auf die Zeitungen, so auch die Dorfzeitungkommen teils einschneidende Maßnahmen zu. Man weiß in Hildburghausen, mit viel Geschick die Metternichschen Maulkorbverordnungen zu umgehen.

25. November 1819

Das Herzog verbietet bei Geld- oder Leibesstrafe das Schlittschuhlaufen auf dem Kanal, damit „die Fische nicht gestört werden“.

1819
Die Verbindung der lutherischen Kirche mit dem Waisenhaus in Hildburghausen wird gelöst, darum wird das Gotteshaus umbenannt in „Neustädter Kirche“.

1819 – 1827

Der als Diakon und später in Eishausen wirkende Johann Heinrich Christian Pfitz (* 22.10.1789 – † 06.01.1869, Hildburghausen) ist Dichter einer Reihe von Kirchenliedern, u. a. von Der Tag ist hin, laß Herz und Sinn auf dich, mein Gott, mich lenken.

2. September 1820

Feodor Streit, Hildburghausen – († 14.08.1904, Coburg, er ist Sohn von Gustav Wilhelm Streit, ehemaliger Offizier der Befreiungskriege, und Esther Müller, Tochter des Superintendenten und Mitbegründers des Lehrerseminars, Wilhelm Müller).
Umzug der Eltern in das Hildburghäuser Amt Sonnefeld (nach 1826 coburgisch). Er wird Jurist im Herzogtum Coburg, glühender 48er, Gründer des Coburger Tageblatts, Mitbegründer des Deutschen Nationalvereins 1859 in Frankfurt/M. und 1. Geschäftsführer. Journalist und Verleger, 1862 gibt er die erste Zeitung der deutschen Arbeiterbewegung heraus (Allgemeine deutsche Arbeiterzeitung).

13. Oktober 1820
Weihe des neuen Friedhofs an der Schleusinger Straße im Backsteinfeld. Er befindet sich auf einmaligen Chirotheriumsandsteinschichten und neigt seit der Entstehung zur Terrainversumpfung. Der Begräbnisplatz ist sehr umstritten, und niemand möchte sich auf dem schon Jahre vorher projektierten Friedhof begraben lassen. Deshalb verfügt Herzogin Charlotte, als erste dort beigesetzt zu werden. Sie wird einen Tag nach der Weihe 14.10., nachdem die Leiche zweieinhalb Jahre in der Sakristei der Hofkirche in einem Doppelsarg gestanden hat, in der fürstlichen Gruft bestattet. – Das Denkmal hat die Form einer abgebrochenen ägyptischen Pyramide mit an den vier Ecken aufwärtsführenden Treppen nach einem Plan des später nach Brasilien ausgewanderten Hofzimmermanns Heim. Da das Bauwerk für die Gruft zu schwer ist, wird es wieder abgetragen und der heute noch dort befindliche Kandelaber aufgestellt.
In der Folgezeit kommt es immer wieder zu Erweiterungen des Friedhofsgeländes.
(s. 14.05.1824)

Der Friedhof entwickelt sich in der Folgezeit zum allgemeinen Begräbnisplatz (2,343 Hektar, heute: 3,720 Hektar) und hat ein Rondell zum Wenden des Leichenwagens. Er ist durch Kreuzwege in vier Abteilungen geteilt. In der Mitte des Rondells steht das Denkmal mit der Fürstengruft für Charlotte. Sie ist die letzte Herzogin von Sachsen-Hildburghausen (1769 – 1818).

1820 – 1910
Die Apostelkirche in der Schleusinger Straße in Hildburghausen wird als Friedhofskirche genutzt. Nach der Aussegnung werden die Verstorbenen in einem Leichenzug auf den Friedhof an der Schleusinger Straße geleitet. Im Zeitraum von 1775 bis 1786 werden aber auch einige Persönlichkeiten in der Kirche begraben, so u. a. Gottlieb Marschall von Greif [Herr auf Erlebach, Einöd, Osmannstedt und Haubinda, Landrat und Reiseoberstallmeister in Hildburghausen] 1779, Louise von Boxberg [1752 – 1798, geborene Rühle von Lilienstern] und Anna Magdalena Kern [geb. Bühler aus Ingelfingen], Witwe des Generalsuperintendenten Benjamin Gottlieb Kern [1792 – 1854, Direktor des Seminars] 1786.

„Apostelkirche“ in der Schleusinger Straße.
Foto: Bernhard Großmann, 2005

1820 – 1823
Aufenthalt Meyers bei Grobe in Weilar. 26.09.1820 Verlobung mit Hermine (Minna) Grobe in Weilar. Ab 1821 ist er Geschäftsführer in der Freiherrlich von Boyneburgischen Gewerbs- und Hülfsanstalt zu Weilar.
M. entwickelt fabrikmäßige Barchentherstellung. Das Unternehmen scheitert.

1822

Der aus Eisfeld stammende Andreas Voit († 18.02.1837) betreibt in Hildburghausen eine Papiermachéfabrik, die sich bald mit ihren geschmackvoll gestalteten Puppenköpfen einen internationalen Namen erarbeitet und in viele Gebiete Europas, besonders nach Paris, und nach Amerika liefert. Die Fa. wird von 1837 – 1882 von Voits Adoptivsohn Ernst Conrad aus Eisfeld geführt. V. erlernt im Porzellanwerk Kloster Veilsdorf die Porzellanmalerei und errichtet in Altenburg eine Fayence- sowie in Rodach und Eisfeld eine Spielkartenfabrik.

11. Mai 1822

Ein Reskript wird erlassen, „welches, den Statuten der Tuchmacher-Innung gemäß, allen Handel mit ausländischen wollenen Tüchern unter dem Wert von 2 fl. 30 kr. und mit fremden flanellen unter 50 kr. die Elle in den Ämtern Hildburghausen, Eisfeld und Heldburg verbot“.
(Human: Geschichte der Juden im Herzogtum S.-Meiningen-Hildburghausen. – 1898, S. 41)

Seit dem letzten Drittel des 18. Jahrhunderts kommt es wegen des Handels der Juden mit ausländischen Tuchen mit den Tuchmachern zu ständigen Streitereien. Es wird in Zweifel gezogen, ob Juden mit Zunftartikeln handeln dürften. Ähnliche Beschwerden werden wegen des Handels mit Spezereien und Wein geführt. Das Betreiben der Gewerbe Brauerei, Bäckerei, Wein- und Bierausschank ist ihnen nach dem Edikt von 1814 verboten.

1822 – 1910

Die Waisenkirche (Neustädter Kirche) wird als Friedhofskirche genutzt.

23. Januar 1823

† Jacob Christian Conrad Rühle v. Lilienstern, Bedheim
* 06.01.1758, Sohn des Regierungspräsidenten Conrad Friedlieb Rühle v. Lilienstern
Hauptmann in holländischen Diensten, Oberstleutnant in Hildburghausen.

27. Juli 1823

Zur Belohnung treuer Dienstboten wird in Sachsen-Hildburghausen die Dienstbotenprämienkasse unter Kuratel des Landrats eingerichtet, jährlich werden zwei Prämien verliehen.

1823
In Wallrabs wird das Gemeindehaus mit Turm und Schulräumen erbaut. Bis zu diesem Zeitpunkt werden die Kinder in Hildburghausen beschult. In der oberen Etage befinden sich das Gemeindezimmer und zwei kleine Zimmer für Dorfarme. Die unterste Etage wird als Dorfschmiede mit einer Wohnung für den Schmied umgebaut.

1823

Für ein knappes Jahr gibt Dr. Hannibal Fischer die Bürgerzeitung in Hildburghausen heraus, die als Konkurrenzunternehmen und Gegenpol zur inzwischen vielgelesenen Dorfzeitung konzipiert ist und sich als Staatswissenschaftliche Volksschriftversteht. Das Blatt hat kaum Erfolg.

1824
Erbprinz Joseph (1834 – 1848 Herzog v. Sachsen-Altenburg) gründet einen Kunst-, Industrie- und Gewerbeverein.

12. März 1824

Herzog Friedrich stellt dem Grafen Vavel (Leonardus Cornelius van der Valck, Dunkelgraf) einen Schutzbrief aus.

14. Mai 1824

An Stelle einer Pyramide wird ein Grabmal für Herzogin Charlotte, geb. Prinzessin v. Mecklenburg-Strelitz († 1818), in Friedhofsmitte errichtet, auf vier Kugeln als Füße ein Sockel mit Eck-Akroterien (Akroterium – Giebelverzierung an griechischen Tempeln) und gusseisernem Kandelaber mit vergoldeten Flammen über der Gruft. Sie hat eine Höhe von 4 m, Durchmesser 10 m. Der Eingang befindet sich im Norden, sie ist mit behauenen Bruchsteinen ausgebaut und mit Zement ausgegossen sowie einer Steinplatte überdeckt.
Dr. Friedrich Sicklers Inschrift an der Westseite unter der Fürstenkrone lautet:
„HIER / RUHT DIE IRDISCHE HÜLLE / DER VEREWIGTEN HERZOGIN / CHARLOTTE / V. SACHSEN HILDBURGHAUSEN / EINER PRINZESSIN V. MECKL. STRELITZ / GEB. AM XVII NOV. MDCCLXIX GEST. AM XIV MAI MDCCCXVIII / VIEL DES HERRLICHEN WAR IN DIESER HÜLLE VEREINET / UND GEWEIHET DURCH SIE WARD DIES GEFILDE DER RUH.“
An der Süd- und Nordseite sind Sterne in Gold zu sehen, die Erde ist links und rechts von Sphinxen und über Feuer schwebenden Schmetterlingen umgeben.
An der Ostseite findet sich der Text:
„DIESES / DENKMAL / WEIHTE / DIE HAND DER LIEBE / AM / XIV MAI MDCCCXXIV / WAS SICH HIER LIEBEND GETRENNT, WIRD LIEBENDER WIEDER SICH FINDEN DENN NUR ZUR LIEBE WIRD DORT HERRLICH DAS LEBEN VERKLÄRT.“


Denkmal für Herzogin Charlotte von Sachsen-Hildburghausen
auf dem Zentralfriedhof an der Schleusinger Straße.
Foto: Hans-Jürgen Salier, 1996

20. September 1824
Zur „gerechten und gleichen Verteilung der Staatslasten“ wird eine allgemeine Einkommensteuer eingeführt.

24. September 1824

Am Tag der Ratswahl wird das 500-jährige Stadtjubiläum festlich begangen.
Landrat Dr. Hannibal Fischer engagiert sich sehr für die Jahrhundertfeier, die Ausgangspunkt für Jubiläumsfeierlichkeiten bis in unsere Zeit ist, obwohl die tatsächliche Jahreszahl der Stadterhebung umstritten ist, die beispielsweise durchaus auch auf 1317 datiert werden kann.
(s. 1324)

1824 – 1826

Joseph Meyer kehrt nach Gotha zurück, er ist als Privatlehrer der englischen Sprache tätig und gibt ein Correspondenzblatt für Kaufleute heraus. Als Literat ist er mit dem Henningschen Verlag tätig. Er verfasst freie Übersetzungen einiger Werke Shakespeares (Macbeth, Othello, Der Sturm)und Scotts (Waverley, Ivanhoe). Mit den literarisch umstrittenen Titeln erreicht Meyer allerdings hohe Auflagenzahlen.

1. Oktober 1824

Seit der Reformation bis 1875 wird die Schule von kirchlichen Behörden beaufsichtigt und geleitet (Ephorie, geistliches Untergericht, Konsistorium), seit 1804 von einer Schulkommission, ab 1824 von einem Scholarchat. Mitglieder sind:
Generalsuperintendent, Schulrat, Direktor des Gymnasiums, Direktor des Instituts und der Bürgerschule, die beiden Bürgermeister, ein Mitglied des Gemeinderats.

5. November 1824
Unterzeichnung der Vereinigungsurkunde zum Zusammenschluss der reformierten und der lutherischen Gemeinde in der Neustadt. Gründe für die Vereinigung sind u. a., dass es in der Neustadt kaum noch Reformierte (Hugenotten) gibt und dass sich die beiden Konfessionen in ihren Glaubenslehren nicht wesentlich unterscheiden. Das Unionssiegel der Neustadt zeigt einen von zwei Händen umfassten Kelch mit der Umschrift „Die unirte Kirchengemeinde der Neustadt Hildburghausen. Für die Hugenottenkirche gibt es keine Verwendung mehr.

1824
Die jüdische Schule wird in der Unteren Braugasse 10 (ehemaliges Haus Nr. 183) im Hinterhaus eröffnet (heute: Wohnhaus Familie Klaus Elsner). Sie wird von Hoffaktor Simon Levi Simon anlässlich der 500-Jahr-Feier der Stadt gestiftet (1.500 Gulden). Die einstige Religionsschule entwickelt sich zu einer Volksschule, der Unterricht wird von seminaristisch ausgebildeten Lehrern erteilt. Ab 1830 untersteht die Schule der Aufsicht des Stadtpfarrers.
Der unzureichende Bildungsstand der Juden kann dank der vom Staat zur Verfügung stehenden Bildungsmöglichkeiten beseitigt werden. Besonders Dr. C. L. Nonne setzt sich für die Bildung der jüdischen Bürger ein und fördert Lehrer jüdischer Herkunft. Auch Joseph Meyer hat an seinem Bibliographischen Institut (vor allem in der Redaktion für das Conversations-Lexicon) jüdische Pädagogen und Gelehrte. In der 2. Hälfte des Jahrhunderts finden sich hervorragende Persönlichkeiten nicht nur in der Wirtschaft als Kaufleute und Fabrikanten, sondern auch im Staatsdienst oder im Gemeinderat (z. B. David Michaelis – Vater des in London und Kapstadt lebenden Großkaufmanns Max Michaelis, der u. a. seiner Heimatstadt und auch Eisfeld beträchtliche Stiftungen zukommen lässt, eine Straße ist in Hildburghausen nach ihm benannt). Dr. Oskar Michaelis, Heinrich Steinhard, Eduard Schönfeld, Dr. Jacob u. a. Persönlichkeiten nehmen nach ihrem Weggang aus Hildburghausen bzw. dem Herzogtum in Deutschland oder in europäischen Staaten eine hervorragende Entwicklung als Ärzte, Pädagogen, Juristen, Astronomen, Kaufleute, Verwaltungsfachleute.

1. Dezember 1824 bis 1880
Vier Nachtwächter stehen der Polizei zur Verfügung, daneben zwei Bürger, die als sog. „stille Wache“ oder „Schleichwache“ mit Spieß ihre Stadtrunden laufen müssen (Kontrolle der Wirtshäuser, Bäckereien, Brauereien, Drescher und der offiziellen Nachtwächter). Seit 1790 wird das Nachtwächterhorn aus Blech geführt, vorher Hafenklapper, ab 1867 Pfeifen. Hornsignale erschallen nur noch bei Feuer. Erst 1881 wird die „stille Wache“ aufgehoben, ab 1887 die Nachtwache durch Nachtwächter versehen.
Oft sind die Stadt- und Gemeindediener auch gleichzeitig Nachtwächter, meist sind es (seit alters her) ältere Männer, die ausgestattet mit Spieß und Horn, die Stunden ausrufen und ihre Nachwächtergesänge schlecht und recht absingen. R. A. Human hat in seiner Chronik der Landdiözese Hildburghausen, 1922, typische Texte aus Nachwächterliedern zusammengestellt:
Hört ihr Herrn und laßt euch sagen, die Glock hat zehn geschlagen, bewahrt das Feuer und das Licht, daß euch kein Schaden nicht geschiecht, lobt Gott den Herrn! oder: Die Glock hat zehn geschlagen, Gott setzt die zehn Gebote ein, damit ihr sollt gehorsam sein; Elf Apostel blieben treu, gib, daß auch ich dein Jünger sei; Zwölf Uhr ist das Ziel der Zeit, o Mensch, denk an die Ewigkeit; Eins ist not, Herr Jesus Christ, dein göttlich Licht verlösch uns nicht; Zwei Wege hat der Mensch vor sich, o Herr, den rechten führe mich; Als dreimal krähte laut der Hahn, da sah der Herr den Petrus an; Wie schön leucht' uns der Morgenstern, wir Christen loben Gott den Herrn!

30. Dezember 1824

Gründung der Städtischen Sparkasse für die Bürger der Stadt und der näheren Umgebung auf Wunsch des Prinzen Georg von Sachsen-Hildburghausen (2. Sohn Herzog Friedrichs v. Sachsen-Hildburghausen), der zugleich bis zum Wegzug 1829 nach Eisenberg der Protektor des Geldinstituts wird. Herzog Friedrich gibt am gleichen Tag die landesherrliche Bestätigung. Die Stadtsparkasse Hildburghausen gehört zu den ersten Einrichtungen dieser Art in Deutschland. Am 13.01.1825 werden der Kanzlist Johann Friedrich Fischer als Kassier und der Postsekretär Friedrich Löhner gewählt und am 17.01. in die Sparanstalt verpflichtet sowie eingewiesen. Beide nehmen ihre Aufgaben bis 1836 wahr. 1825 gibt es einen Einlagestock von 9.220 fl. 3 1/2 kr. Einzahlungen werden bei der Landessteuerkasse angelegt oder für hypothekarische Beleihungen an Privatpersonen genutzt.

1. Januar 1825
Das Regierungs- und Intelligenzblatt veröffentlicht eine Bekanntmachung Herzog Friedrichs v. 30.12.1924, in der es unter 3. heißt:
„Da ohne Zweifel auch manche Unserer Unterthanen auf dem Lande und in den kleineren Landstädten es als eine Wohlthat ansehen werden, durch die in hiesiger Residenzstadt errichtete Sparkasse gestattet, auch von andern Landeseinwohnern außerhalb der hiesigen Stadt Einlagen anzunehmen, insoweit es mit der Lage und dem Gedeihen des Instituts sich verträgt, und unter den für dergleichen Fälle von dem Polizei-Magistrat mit Zustimmung des Durchlauchtigsten Stifters und Beschützers, noch besonders zu treffenden Bestimmungen.“

14. Januar 1825
Über der Gruft der Herzogin Charlotte wird ihre Enkeltochter Friedericke Pauline Henriette Auguste, 2. Tochter des Erbprinzen Joseph (* 06.02.1821, Kirchheim unter Teck) bestattet.

11. Februar 1825
† Herzog Friedrich IV. v. S.-Gotha-Altenburg (* 1774)
Mit dem Tod des (schwachsinnigen) Herzogs stirbt die Linie S.-Gotha-Altenburg in männlicher Nachkommenslinie aus. Die drei erbberechtigten Fürsten nehmen Besitz am Land und setzen eine Interimsregierung ein (Minister v. Trützschler, v. d. Becke, v. Lindenau). Bereits am 31.05.1822 wird eine Übereinkunft getroffen (Herzöge Friedrich, Ernst, Bernhard), um ein Besitznahmepatent zu erlassen. In der Folge kommt es zu erbitterten Erbstreitigkeiten um den Besitz: Bernhard II. Erich Freund von Sachsen-Meiningen ist nächstberechtigter Erbe; Friedrich von Sachsen-Hildburghausen ist Seniorchef der Ernestiner, Ernst I. von Sachsen-Coburg-Saalfeld will als Schwiegersohn des 1822 verstorbenen Herzogs August von S.-Gotha (Bruder Friedrichs IV.) das Allod (Familienerbgut). Unter Federführung von Minister v. Lindenau und Vermittlung u. a. von König Friedrich August von Sachsen kommt es nach komplizierten und langwierigen Verhandlungen am 12.11.1826 zum Erbteilungsvertrag von Hildburghausen.

23. Mai 1825
Heirat Carl Joseph Meyers mit Hermine Friederike Henriette Grobe in Maßbach/Unterfranken.

14. Juli 1825
† Johann Christoph Wagner, Hildburghausen
* 23.01.1747, Pößneck
Amtmann, Landesregierungsdirektor, Dichter
Der Amtmann (Heldburg 1774) macht sich um die Entwicklung des Heldburger Unterlandes verdient. 1778 in Hildburghausen Regierungs- und Konsistorialrat. 1806 wird er wegen einer Intrige seiner Ämter enthoben. Ab 1810 Landesregierungsdirektor und Geheimer Rat. Er hat Verdienste um die Staatsschuldentilgung, fördert Nonnes Schulreformpläne. Ferner hat er einen bedeutenden Anteil, dass Sachsen-Hildburghausen eine der modernsten Verfassungen in Deutschland bekommt (s. 19.03.1818). Die Landesuniversität Jena ernennt ihn zum Dr. jur. h.c. Er ist Ehrenbürger Hildburghausens.
(s. auch 1807)

1825
Das ABCbüchlein von 1778 wird neu ediert als Teutsches Lesebüchlein für die Schulen in den S. Hildburghäusischen Landen.

13. November 1825
† Christian Hohnbaum, Rodach
* 06.11.1747, Hildburghausen, Vater Dr. med. Carl Hohnbaums)
Hofdiakon in Coburg, Superintendent (Patriarch von Rodach oder der Alte von Rodach), Literat

14. November 1825

† Jean Paul, Bayreuth (eigtl. Johann Paul Friedrich Richter) –
* 21.03.1763, Wunsiedel
Dichter, Schriftsteller, Hildburghäuser Legationsrat
Ab 1781 Studium der Theologie und Philosophie (1784 Abbruch aus finanziellen Gründen), Hauslehrer auf Schloss Töpen b. Hof, 1790 (Gründer) bis 1794 Rektor der Elementarschule in Schwarzenbach; 1798 – 1800 in Weimar, Freundschaft mit Herder, Goethe, Schiller. Kommt im Mai 1799 auf Einladung von Herzogin Charlotte nach Hildburghausen, Ernennung zum Legationsrat, Verlobung mit Karoline v. Feuchtersleben. Er widmet seinen Bildungsroman Titan(1800 – 1803 in Meiningen vollendet) den vier „königlichen Schwestern auf dem Thron“. Er setzt sich kritisch mit dem bürgerlichen Genie und der höfischen Bildung der Weimarer Klassik auseinander. Nach Zerwürfnissen mit dem Hof verlässt er Hildburghausen, besucht aber von Meiningen aus oft die Stadt. Den zeitgenössischen literarischen Strömungen steht J. P. entgegen, er ist außerordentlich erfolgreich und wird zum gefeierten Dichter. Entscheidend hebt er sich von der Klassik ab (realistische Milieuschilderungen, subtile psychologische Gestaltung).

1826
Pfennigprägungen beschließen die Münzemissionen des Herzogtums Sachsen-Hildburghausen. Für Meiningen wird bis 1829 geprägt.


11. Februar 1826
† Simon Levi Simon – (* 1749, Burgpreppach)
Hoffaktor
1775 Hoffaktor, besonderen Einfluss erlangt er während der Regierungszeit des Prinzen Joseph. Vorstand der jüdischen Kultusgemeinde. Er schenkt der jüdischen Gemeinde die Synagoge und die Schule, ferner stiftet er beträchtliche Geldsummen für wohltätige Zwecke.

19. Februar 1826
† Freiherr Christian Truchsess v. Wetzhausen, Bettenburg
* 04.06.1755, Bettenburg
Gutsherr, Pomologe, Vertreter des fränkischen Reichsrittertums („der letzte Ritter“)
1771 – 1774 Universitätsstudium in Gießen und Leipzig, lebt 1774/75 an deutschen und ungarischen Höfen, 1775 – 1786 Militärdienst in Kassel, ab 1786 auf der Bettenburg. Förderer Friedrich Rückerts. Carl Kühner setzt ihm in seinem Werk „Ritter, Patriarch und Dichter“ ein literarisches Denkmal. Er ist Förderer der Künste und selbst schriftstellerisch tätig, er entwickelt den Obstanbau. An den Residenzen ist er ein gern gesehener Gast und hat auch Einfluss auf den Hildburghäuser Hof.

2. April 1826
* Prinz Georg v. Sachsen-Meiningen, Meiningen – († 25.06.1914, Bad Wildungen), der nachmalige Herzog Georg II. (Theaterherzog)

4. April 1826

* Herrmann Julius Meyer, Gotha (Sohn des Verlegers Carl Joseph Meyer, nach dessen Tod 1856 Chef des Bibliographischen Instituts Hildburghausen).

5. Juni 1826

† Carl Maria v. Weber, London
* 18. oder 19.11.1786, Eutin
(s. Jahresanfang 1796 bis Herbst 1797)

1. August 1826

Joseph Meyer gründet in der Erfurter Vorstadt in Gotha unter dem Namen seiner Frau das Bibliographische Institut, Joseph M. ist Geschäftsführer. Erste Ausgaben Bibliothek der deutschen Classiker (insgesamt 150 Bände).
M. verhilft dem bis dahin in Deutschland nahezu unbekannten Subskriptionswesen zum entscheidenden Durchbruch.

1826
Das Langhaus der Kirche in Ebenhards, das auf einen frühgotischen Bau zurückzuführen ist, wird erhöht. Die Grundriss-Maße betragen: Der Chor mit vier Meter mal vier Meter trägt den Turm, das Langhaus ist 9,8 Meter mal 6,5 Meter groß, an der Nordseite schließt sich die Sakristei an. Turm und Langhaus haben Fachwerk, das am Kirchenschiff sichtbar ist. Der Turm ist mit Schiefer und Schindeln verschlagen.
Der stumpf-spitzbogige Triumphbogen ruht auf Pfeilern, hier ist der Übergang zum Haupthaus, das zwei Stufen tiefer liegt, als der Altarraum. Über dem Triumphbogen findet sich die Aufschrift: „Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit“ (Hebräer 13,8). Die Kirchenbänke und die beiden Holzemporen bieten Platz für etwa 170 Personen. Die Emporenbrüstungen sind mit eindrucksvoller Blumenornamentik bemalt, dominierend sind die Farbtöne grün und orange auf Ocker.

Die Kirche „St. Marien“ in Ebenhards, Ortsteil von Hildburghausen.
Foto: Bernhard Großmann, 2005


12. November 1826
Ernestinischer Teilungsvertrag von Hildburghausen
Mit dem Wegzug des Hildburghäuser Hofes nach Altenburg und der ablehnenden Haltung des neuen Landesherrn, Bernhard II. Erich Freund Herzog von Sachsen-Meiningen-Hildburghausen, gegenüber den Katholiken, müssen sie sich neue Räumlichkeiten für die Glaubensausübung suchen. Das ist vorübergehend das „Schlundhaus“ in der Marktstraße. Die Paramente und Utensilien der Kirche sind privat von den Zelebranten aufbewahrt worden.

 

Es ist einfacher, Menschen zu täuschen, anstatt sie davon zu überzeugen, dass sie getäuscht worden sind.

Mark Twain, 1835-1910, amerikanischer Schriftsteller
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