Eine Seite für Hildburghausen

Bratkartoffeln


         Luther erschütterte Deutschland –
        Aber Francis Drake beruhigte sie wieder:

        Er gab uns die Kartoffel.
                      
        (Heinrich Heine)

 

Hunderttausendfach spielt sich jeden Tag ein ähnliches Prozedere in Deutschland ab. Die Menschen haben zwar unterschiedliche „Verhältnisse“ zu Kartoffeln, aber beinahe jeder sieht sein Bratkartoffelrezept als das beste der Welt an. Zumindest sagt man, um die Tradition zu wahren: „Das haben wir schon immer so gemacht.“ Für Bratkartoffeln gibt es unendlich viele Varianten, nicht nur in den Regionen, sondern auch von Haushalt zu Haushalt in der gleichen Straße. Bratkartoffeln müssen nicht langweilig sein, sie können immer ein wenig anders schmecken. Die Zutaten und die Arbeit am Herd sind gleichsam wichtig. Für HJS gibt es außerhalb der Resteverwertung eine wichtige Frage: Nehmen wir bereits gekochte Pell- oder Salzkartoffeln oder rohe Kartoffeln? Bei Verwendung von rohen Kartoffeln entstehen Schmorkartoffeln, die in manchen Gegenden auch Röstkartoffeln heißen oder im Französischen: pommes sautées. Welches Bratfett und wie viel, werden sie hell oder dunkel? Schwierig wird es bei den Gewürzen. Kümmel und Majoran polarisieren. Was nun? Bratkartoffeln zu braten, ist doch so einfach, sagt man. Und da sind die Zeitgenossen mehr als hartnäckig. Mit Bratkartoffeln so ganz nebenbei, weil da zum Mittagessen viereinhalb Salzkartoffeln oder zwei Pellkartoffeln übrig blieben, hat wohl keiner ein Problem. Die kann man in einer gefetteten Pfanne, mit Zwiebel, Schinken- oder Wurstscheiben, Salz, Pfeffer, Paprika auf den Tisch bringen. Und für die ganz Bequemen gibt es in jedem Einkaufsmarkt oder beim Discounter auch ein Bratkartoffelgewürz. „Fuchs“ sei dank! Ein kleiner Salat dazu mit den fünf berühmten Gewürzen der Großmutter Reinhilde: Salz, Pfeffer, Essig, Öl, eine Prise Zucker und vielleicht Dill und Petersilie, je nach Gemüsefach-Situation.  

Es gab Zeiten, da waren Bratkartoffelverhältnisse für Geber und Nehmer beinahe lebenswichtig, teils vor mehr als einhundert Jahren – in der Epoche der Industrialisierung, in den Zeiten der Wirtschaftskrisen, der Arbeitslosigkeit und des Währungsverfalls. Kartoffeln retteten aber auch nach den gesellschaftlichen Katastrophen des 20. Jahrhunderts Millionen Menschen das Leben. Das ist Untersuchungsgegenstand für Historiker und Soziologen. Dann hatten wir auch Zeiten, da sagten wir, dass keine solchen Verhältnisse mehr nötig seien und die Bratkartoffelverhältnisse es auch nicht mehr gäbe, denn die Kartoffeln muffelten aus Sack und Topf, beinahe ungeeignet für dauerhafte menschliche Bindungen. Man hatte sie mit überdüngten Feldern in der Zeit der Industrialisierung der Landwirtschaft, bei schlechter Lagerhaltung im wahrsten Sinne des Wortes biologisch vergewaltigt. Das war die Zeit der Losungen und Kampfpläne, als Agitatoren stolz verkündeten: „Auch ohne Gott und Sonnenschein fahren wir die Ernte ein. Und wenn die liebe Sonne lacht, hat das die Partei gemacht.“ – Wer GS und HJS beim Kartoffeleinkaufen beobachtet, stellt fest, dass vor dem Einlegen in den Einkaufswagen zuerst an dem Kartoffelsack gerochen wird. Der widerliche Geruch einer faulen Kartoffel ist abstoßend – Jetzt haben wir die Qual der Wahl und die Wahrheit bleibt: Es gibt wunderbare alte Kartoffelsorten, die wir durch ihren Eigenanbau und Kauf fördern sollten. Unser Einkaufsmarkt in der Schleusinger Straße führt sogar die berühmten Bamberger Hörnchen und andere alte und beinahe in Vergessenheit geratene Sorten, aber auch solche aus der Pfalz, die dort Grumbeeren heißen. Und über die meist vorzüglichen Heichelheimer Kloßkartoffeln in 5-Kilo-Säcken bei einem anderen „Mitbewerber“ 250 Meter weiter in Richtung Schleusingen, will HJS jetzt nicht schwelgen. Also geht es, noch beherrschen uns nicht überall überflüssige bürokratische EU-Normen, die uns beim Geschmack „Spielräume“ oder besser „Geschmacksräume“ lassen.  

Wagen wir uns an die Kartoffeln. Das Ergebnis wird nächste Woche beim kleinen Familientreff auf den Tisch gebracht. Sollten die Schnippele noch nicht fertig sein, können die Gäste Spaß an den Kartoffelnamen in einigen Regionen Deutschlands oder in Nachbarländern haben. Die Knolle, wie sie in der DDR gerne bezeichnet wurde, hat tausend Namen, sie ist eben eine „tolle Knolle“. Wer noch herausfindet, welcher Region in Deutschland welcher Begriff zuzuordnen ist, bekommt zum nächsten gemeinsamen Essen eine Extraportion Schnippele:

Arber, Ärpel, Bodaggn, Brambor, Bramburi, Bulwe, Eachtling, Erdapfel, Erdbirn, Erdling, Erdtoffel, Erpfel, Flezbirn, Gromper, Grombiera, Grübling, Grumbeere, Grumbiere, Grundbirn, Härdöpfel, Herdäpfel, Knolle, Knulle, Krumbeer, Krumbiir, Krumpa, Pipper, Potacken, Nudel, Schucke, Tüfte, Tüffel …

Zutaten für 6 Personen

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1 kg    Kartoffeln (fest kochende)

2    Zwiebeln (mittlere)

100 g    Zwiebeln (mittlere)

40 – 50 g    Speckwürfel oder Bauchspeck

Gewürze/Kräuter
   Salz, Pfeffer (weiß), Paprika, Petersilie (gehackt)

  

Zubereitung

1.     Die Zwiebeln werden geschält und gewürfelt. 1 EL Butter, Butterschmalz oder Bratfett wird in einer vorgeheizten großen Pfanne erhitzt. Die Speckwürfel oder das geräucherte Bauchfleisch kommen dazu und werden leicht angebraten, dann werden die Zwiebeln glasig mitgedünstet. Die Speckwürfel und die Zwiebeln werden aus der Pfanne genommen und zur Seite gestellt.

2.     Die am Vortag gekochten Pellkartoffeln werden geschält. Wenn sie vom gleichen Tag sind, müssen sie ausgekühlt sein, sonst nehmen sie beim Braten zu viel Fett auf. Die Kartoffeln werden in gleichdicke Scheiben (ca. 3 – 5 mm) geschnitten. Mit einem EL Butterschmalz werden sie bei mittlerer Hitze knusprig gebraten. Wenn Gäste kommen, evtl. zwei Pfannen verwenden, denn die Kartoffeln sollten nicht „aufgeschichtet“ sein. Auch das Rühren ist nicht günstig. Die Kartoffeln werden vorsichtig mit einem Pfannenwender gewendet.

3.     Nach etwa 20 min kommen der Speck und die Zwiebeln hinzu und werden etwa 2 – 3 min gebraten und wieder vorsichtig gewendet. Perfekt wäre jedoch das getrennte Braten von Speck und Zwiebeln. Zuerst den Speck ausbraten und dann im Speckfett die Zwiebeln, die dann den gebratenen Kartoffeln untergehoben werden. Erst jetzt wird mit Salz und Pfeffer gewürzt. Paprika, Knoblauch u. a. Gewürze wie Majoran, Kümmel kommen je nach Geschmack erst kurz vor dem Servieren hinzu. Fein gehackte Petersilie und weitere Küchenkräuter können untergearbeitet werden.

Beilage

zu Spiegel- oder Rührei, Wurst (vor allem Leber- und Rotwurst), Fisch (Brathering, Matjes, Marinierte Hering, Fleischklößchen, Schnitzel, Kotelett, Salate, Gemüse oder Gemüsepfannen 

 Rösti

Wer sich kross gebratene Rösti wünscht, so wie sie traditionell mit Speck und Ei in der Schweiz gegessen werden, nimmt rohe Kartoffeln, schält und schneidet sie in gleichmäßige etwa 3 mm dünne Scheiben, spült sie mit Wasser ab und tupft sie mit Küchenkrepp trocken. Beim Braten sollen die Schreiben nicht zusammenkleben. In die heiße Mischung aus Butter und Öl (wegen der höheren Brattemperaturen) werden die Scheiben gegeben und auf einer Seite ein paar Minuten bei Mittelhitze gebraten und dann vorsichtig mit dem Pfannenwender gewendet, aber nicht zu oft, damit sie nicht zerfallen. Das Salzen und Würzen geschieht erst kurz vor dem Anrichten, damit das Salz den Kartoffeln nicht das Wasser entzieht und die Kartoffeln nicht zu hart werden. Kurz vor dem Servieren kommen die in einer zweiten Pfanne bereits gegarten Schinkenwürfel und Zwiebeln hinzu. Zum Abrunden des Geschmacks werden Schnittlauch, Schalotten und je nach Saison andere Küchenkräuter hinzu gegeben. Erst kurz vor dem Servieren wird mit einer Mischung aus Salz, Pfeffer und Paprika gewürzt, nie beim Braten, denn das Salz lässt die Kartoffeln Wasser ziehen. Außerdem verbrennen Pfeffer und Paprika sehr schnell und lassen die Bratkartoffeln bitter schmecken.

Tipps

 

-         Achten Sie immer darauf, dass die Bratkartoffeln knusprig und goldgelb gebraten sind, dann werden die „Schnippele“ eine Köstlichkeit und nicht eine breiig, schlampig gebratene, verklebte und fettige Masse. 

-         Mit Butter kann man Bratkartoffeln nicht verderben. Gelangt zu viel Fett in die Pfanne, nimmt man sie mit dem Schaumlöffel heraus und lässt sie abtropfen. Weniger ist mehr. 

-         Auch wenn es in Südthüringen keine Alltäglichkeit ist. Wer an seine Bratkartoffeln an Stelle des Schinkens frische Nordseekrabben gibt, kann sich daran gewöhnen. 

-      HJS verrät keine Neuigkeit: Gute Bratkartoffeln kann man auch solo essen, vielleicht Salat dazu. Es muss nicht immer ein großes Schnitzel sein. Man sollte auch darauf achten, dass wegen des Stärkegehalts Kartoffeln der alten Ernte genommen werden.

Es ist einfacher, Menschen zu täuschen, anstatt sie davon zu überzeugen, dass sie getäuscht worden sind.

Mark Twain, 1835-1910, amerikanischer Schriftsteller
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