1871 - 1918
Deutsches Reich
(1871 – 1945)
© Hans-Jürgen Salier
Salier Verlag Leipzig und Hildburghausen
Ines Schwamm
Kaiserreich
(1871 – 1918)
18. Januar 1871
Der preußische König Wilhelm (* 22.03.1797 – † 09.03.1888) wird in Versailles/Frankreich zum deutschen Kaiser gekrönt.
W. ist der zweite Sohn König Friedrich Wilhelms III. und Königin Luises und somit Neffe von Charlotte von Sachsen-Hildburghausen sowie Vetter von Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen.
Aus: Lehfeldt, P[aul] und G[eorg] Voss: Bau- und Kunstdenkmäler Thüringens.
Herzogthum Sachsen-Meiningen. II. Bd. Kreis Hildburghausen. Amtsgerichtsbezirke Hildburghausen, Eisfeld,
Themar, Heldburg und Römhild. – Gustav Fischer Verlag, Jena, 1904
1871
Das Postamt Hildburghausen erhält das Prädikat und den Rang Kaiserlich Deutsches Postamt I. Klasse.
10. März 1871
† Salomon Steinhard, Hildburghausen
* 17.01.1808, Walldorf bei Meiningen
Pädagoge, israelitischer Prediger, Schriftsteller
Kriegsdepesche der Post des Norddeutschen Postbezirks vom 13. März 1871 aus Versailles
an den Stadtrat von Hildburghausen. Unterzeichner ist Theophil von Podbielski (1814 – 1879). Während des Deutsch-Französischen Krieges ist er Generalquartiermeister. Von historischem Wert sind seine Depeschen von den Kriegsschauplätzen.
Sammlung Hans-Jürgen Salier
21. April 1871
† Ludwig Westrum, Hildburghausen
* 26.03.1808, Hameln/Hannover
Apotheker, Dichter
Besitzer der Hof- und Stadtapotheke (Dichterapotheke). Seine Gedichte erscheinen im Musenalmanach, im Weihnachtsbaum für arme Kinder und in Deutsche Kunst in Bild und Lied. Er ist ein enger Freund Dr. Friedrich Hofmanns.
1871
Die Hof- und Stadtapotheke geht in den Besitz von Max Schulze über (bis Januar 1877), einem bedeutenden Botaniker, der später in Jena als Professor wirkt.
Nordseite des Hildburghäuser Marktes mit dem abgebrochenen Alten Marktbrunnen.
Aus: „Aufnahmen aus Alt-Hildburghausen“. Heft 4. – Technikum Hildburghausen
1871
Lt. Gesetz, das Domänenvermögen betreffend, geht das ehemalige Residenzschloss Hildburghausen in das Eigentum des Herzoglichen Spezialhauses Meiningen über (einschließlich Marstall = 3.284 m², Schlosshof = 4.000 m², Garten an der Ostseite = 1.100 m²).
2. September 1871 bis Weltkrieg
Der Tag der Gefangennahme Kaiser Napolèons III. bei Sedan wird zum Wendepunkt im Deutsch-Französischen Krieg.
Das Ereignis wird jährlich in den Städten und Gemeinden mit überzogenem Patriotismus und Chauvinismus bis zum Weltkrieg und auch noch in der Weimarer Republik als Sedansfest begangen.
(s. 01.02.1872)
24. September 1871
Rückkehr und festlicher Empfang des 2. Bataillons des 6. Thüringischen Infanterieregiments Nr. 95 aus dem Deutsch-Französischen Krieg. Auf dem Hirschplatz (heute: Puschkinplatz) zur Unteren Marktstraße hin wird ein (nachempfundener) Triumphbogen erbaut und mit Bildnissen Kaiser Wilhelms I., Fahnen und Blumen geschmückt.
Die Gesamtverluste des Regiments (1. Bataillon mit Regimentsstab in Gotha, 2. Bataillon Hildburghausen, 3. Füsilierbataillon Coburg): 23 Offiziere, 231 Mannschaften gefallen, 33 Offiziere und 682 Mannschaften verwundet, 42 Mann vermisst. 2 Ärzte und 64 Mann sterben an Krankheiten. Aus dem Hildburghäuser Bataillon fallen 112 Mann. Ihnen zu Ehren wird in der Stadtkirche eine Holztafel mit ihren Namen aufgestellt.
Friedensstärke des Bataillons:
18 Offiziere, 1 Sanitätsoffizier, 1 Zahlmeister und Aspirant, 1 Büchsenmacher, 57 Unteroffiziere, 4 Lazarettgehilfen, 485 Gemeine.
Die Regimentsmusiker unter Kapellmeister Kleinsteuber (62 Mann) sind sehr erfolgreich, sie konzertieren u. a. auch in London.
„Heimkehr der Helden 1870/71“.
Anlasskarte zur 600-Jahrfeier der Stadt im Jahr 1924. Festumzug auf dem Markt.
Herstellung: „Dorfzeitung“ Hildburghausen, 1924
Sammlung Hans-Jürgen Salier.
Kriegerdenkmal für 1870/71 und Bismarckstraße (Schleusinger Straße). Neben dem Kriegerdenkmal stehen die beiden von Herzog Georg II. gestifteten französischen Beutekanonen.
Verlag Ottmar Zieher, München, um 1910.
Sammlung Hans-Jürgen Salier
4. Dezember 1871
Gesetz über die Ausprägung von Reichsgeldmünzen. 1 Mark = 1/3 des alten Vereinstalers, daher die für das 3-Mark-Stück volkstümliche Bezeichnung als Taler.
1871
Die Seitenflügel des Zentralbaus der Irrenanstalt Hildburghausen werden fertig gestellt.
Hauptgebäude der „Irrenanstalt“ Hildburghausen
Verlag Ernst Sternberger, Themar, um 1910.
Sammlung Hans-Jürgen Salier
1871
Trotz des wirtschaftlichen Aufschwungs nach dem Deutsch-Französischen Krieg und wiederholter Statutenänderungen nimmt die Stadtsparkasse nur eine bescheidene wirtschaftliche Entwicklung.
1871
In Häselrieth tritt eine neue Dorfordnung in Kraft.
1. Januar 1872
Vom Deutschen Reich wird die Maß- und Gewichtsordnung des Norddeutschen Bundes (nach den Reichsgesetzen vom 01.04.1871, 26.11.1871) übernommen, das metrische System wird eingeführt (Kilogramm, Meter, Liter), ebenso sind die Postwertzeichen des Deutschen Reiches gültig.
1. Februar 1872
Gründung eines Kriegervereins im Goldenen Löwen. Seit 1872 wird vom Verein, der Schuljugend und unter großer Beteiligung der Bevölkerung die Sedansfeier (02.09.) mit nationalistischem Gepränge begangen.
1872
An der Stadtkirche wird der Kirchenchor gegründet (s. 06.01.1860). Der Gemeindekirchenrat stellt am 16.04.1872 einen jährlichen Betrag von 150 Gulden zur Verfügung. Der Chor entwickelt sich im musikverständigen Hildburghausen zu einem beachteten Klangkörper.
(s. auch 31.10.1952)
1872
Für französische Kriegsgefangene wird auf dem Gelände des Krankenhauses (heutige Dr.-Wilhelm-Külz-Straße) eine Krankenbaracke aufgebaut.
Frühjahr 1872
Friedrich Heinrich Rudolf Scheller (s. 1860) stellt die Fabrikation von Meerschaumpfeifen ein, stattdessen vertreibt er nunmehr Fertigsuppen nach deren Erfindung 1870/71 in Tafelform. Er produziert in der bisherigen Meerschaumwarenfabrik (heute: Gebäude der Polizeiinspektion, D.-Dr.-Moritz-Mitzenheim-Straße). Sch. wird in Hildburghausen Suppen-Scheller genannt.
Für kurze Zeit wird Hildburghausen der Mittelpunkt Deutschlands und Europas für das Produkt von Fertigsuppen, noch bevor Firmen wie Knorr, Maggi, Zamek oder andere auf den Markt kommen. Die Erfindung gerät in Vergessenheit, selbst in der Fachliteratur ist heute nichts darüber zu finden. Erst der Frankfurter Rechtsanwalt und Ahnenforscher Volkmar Leonhard arbeitet das umfangreiche erhalten gebliebene Familienarchiv auf. Wesentlich wird er dabei von Irmgard Sendelbach, geb. Scheller, unterstützt. Seine Forschungsarbeit wird in dem 1995 im Verlag Frankenschwelle Hans J. Salier edierten Buch Geschichte der „Ersten Fabrik Condensirter Suppen von Rudolf Scheller Hildburghausen/Thüringen“ 1871 – 1947 veröffentlicht.
Die Forschungsmaterialien zur Thematik übergibt Leonhard 1995 dem Kreisarchiv.
1. Mai 1872
Der Telegraphenbetrieb der Deutschen Reichspost wird eingerichtet. Zwei Leitungen sind vorhanden, die mit Morseapparaten betrieben werden (Leitung 750 Halle – Rudolstadt – Eisenach, Leitung 870 Coburg – Gotha).
11. September 1872
† Carl Friedrich Ludwig Kühner, Frankfurt/M. (Dr. phil.)
* 26.04.1804, Hildburghausen, Sohn des Hofpredigers Heinrich Kühner
Pädagoge, Schriftsteller
Lehrer am Nonneschen Institut (1826), Inspektor am Lehrerseminar (1833), Rektor der Saalfelder Realschule und verantwortlich für das gesamte Schulwesen in Saalfeld, ab 08.12.1851 Direktor der Frankfurter Musterschule.
Er ist verheiratet (1832) mit Adelheid Hohnbaum, Tochter des OMR Dr. Carl Hohnbaum, sie haben elf Kinder, von denen acht sie überleben.
Werke:
Thüringischer Kinderfreund; Dichter, Patriarch und Ritter (1869); Die Geheimnisvollen im Schlosse von Eishausen (1852); Festbüchlein (1833); L. Nonnes Lebensbild (1854); Berichte über den Frankfurter Fürstentag (1863); Das Realschulwesen in Charakteristiken (1843);Pädagogische Zeitfragen für Eltern und Schulmänner (1863).
1872
Die Wiedersbacher Straße wird angelegt, Besiedlung ab 1900. Frühere Feldbezeichnungen An der Feldkirche, An der Hohen Straße nach Wiedersbach. Die ursprüngliche Wiedersbacher Straße verläuft in der Hohle zwischen Goldbergweg und Wiedersbacher Straße.
9. Dezember 1872
Per Gesetz werden im Herzogtum in Meiningen, Salzungen, Römhild, Hildburghausen, Sonneberg, Saalfeld Katasterämter eingerichtet. Das Römhilder Amt wird 1896 aufgelöst und mit dem in Hildburghausen vereinigt.
1873
Der Naturwissenschaftliche Verein wird von A. v. Loesecke gegründet. Weckung und Förderung der Naturwissenschaften. Vortragstätigkeit (Philosophie, Geschichte, Geografie).
18. März 1873
Eheschließung des Landesherrn, Herzog Georgs II., mit der Schauspielerin Ellen Franz (morganatische = nicht standesgemäße Heirat).
16. November 1873
Die Freimaurerloge Carl zum Rautenkranz im Orient zu Hildburghausen gehört zur Freien Vereinigung der fünf unabhängigen Logen in Deutschland (sog. „isolierte Logen“, die keiner Großloge angehören).
Sie sollen zusammengeführt werden. Am 29.12.1883 wird das Statut von den fünf Stuhlmeistern vollzogen, die Vereinigung bleibt aber irregulär, weil sie nicht als selbstständige Großloge anerkannt wird. 1924 wird die freie Vereinigung zur Großloge Deutsche Bruderkette, der einzigen ohne regionalen Bezug, umgewandelt und bekommt damit erst Sitz und Stimme im deutschen Großlogenbund.
1873
Das Orangeriegebäude (heute: Stadtverwaltung) ist Sitz des Katasteramts.
„Sachsenburg“, heute Sitz der Stadtverwaltung Hildburghausen.
Lithographie der „Dorfzeitung“, um 1900.
1873/74
Meister vom Stuhl in der Freimaurerloge ist der Pädagoge und Volksliedforscher Johann Michael Anding.
(s. 09.08.1879)
1874
Die Preußische Kreisordnung v. 13.12.1872 tritt in Kraft. Die Kreise im Regierungsbezirk Erfurt (z. B. Schleusingen, zu dem Gerhardtsgereuth und Neuendambach gehören) erhalten ihre kommunale Selbstverwaltung. Gutsherrliche Polizeibefugnisse werden aufgehoben.
1. April 1874
Das Hildburghäuser Kreisblatt und Gemeindeblatt für Hildburghausen, Eisfeld, Römhild, Themar und Heldburg erscheint, es geht aus dem Wochen- und Anzeigenblatt hervor und wird am 01.09.1878 (einschl. Druckerei) von Paul Maultzsch erworben.
(s. auch 01.01.1886)
1874
Wallrabs erhält seine Selbstverwaltung und ist eigenständig, Nicol Baumann ist erster freigewählter Bürgermeister.
1. April 1874
Die Buchdrucker des Gauverbands Hildburghausen (s. 1867) verschmelzen mit dem Thüringer Gauverband, der Ortsverein der Buchdrucker wird gegründet.
1874 – 1901
Meister vom Stuhl in der Freimaurerloge ist Oberlehrer Karl August Schneider (1826 – 1910). Er ist u. a. Musiklehrer am Lehrerseminar.
11. April 1874
† Rudolf Baumann, Hildburghausen
* 1819, Meiningen
Maler, Pädagoge (Zeichenlehrer)
Studium an der Münchner Akademie, von 1851 bis 1860 Lehrer in Meiningen, dann am Gymnasium in Hildburghausen.
Im Heiligen Grund.
Skizze von Rudolf Baumann.
Stadtmuseum Hildburghausen
28. Juni 1874
† Ferdinand Wilhelm Genßler (Dr. med.), Hildburghausen
* 09.04.1798, Sohn des Generalsuperintendenten J. A. Genßler
Mediziner
Studium in Jena und Würzburg. Er ist sechzehn Jahre als Arzt in Eisfeld tätig und erwirbt sich 1832 Verdienste bei der Bekämpfung der Ruhrepidemie im Eisfelder Amtsgerichtsbezirk. Eisfeld verleiht ihm das Bürgerrecht. 1838 Übersiedlung nach Hildburghausen. Neben seiner Arzttätigkeit arbeitet er an den genealogischen Tabellen seines Vaters.
1. Juli 1874
Beginn der Geschäftstätigkeit des Bibliographischen Instituts in Leipzig. Bis zur Schließung des Unternehmens in Hildburghausen werden 204 Personen beschäftigt, von ihnen gehen 42 mit nach Leipzig.
5. September 1874
Bei einem Großbrand in Meiningen (76 Wohnhäuser, 2 öffentliche Gebäude, 193 unbewohnte Gebäude – 2.592 Menschen werden obdachlos) leistet die Hildburghäuser Feuerwehr aktive Hilfe.
8. Oktober 1874
† Carl Christian Radefeld, Hildburghausen
* 31.01.1788, Hildburghausen
Jurist, Offizier, Landesvermesser, Mitarbeiter am Bibliographischen Institut, Maler
Theologie- und Jurastudium in Jena, er ist hochgebildet und künstlerisch talentiert und nimmt an den Vorlesungen Heinrich Ludens (1778 – 1847, übt auf die entstehenden Burschenschaften einen großen Einfluss aus) teil, die zum nationalen Befreiungskampf aufrufen. R. ist Teilnehmer im Kampf gegen Napoléon, u. a. 1814 als Adjutant des Herzogs v. Sachsen-Coburg vor Mainz, 1815 vor Breisach. 1819 Hauptmann in Sachsen-Hildburghausen. Er vermisst die Alt-Hildburghäuser Lande, tritt nach 1826 in Meininger Dienste und hat Kontakte zu Joseph Meyer. Seit 1829 ist er einer der wichtigsten Mitarbeiter an Meyers Bibliographischem Institut (Leiter der geografischen Unternehmungen, profilierter Atlantenzeichner). Er übernimmt 1848 das Kommando der Bürgerwehr, Major.
18. Oktober 1874
Weihe des Kriegerdenkmals auf dem Nonneplatz, graumarmorner Obelisk (gefertigt von Eduard Ackermann, Weißenstadt) mit der Inschrift „Errichtet von der dankbaren Stadt Hildburghausen den 1870/71 im Kampf für das Vaterland gefallenen Kriegern. Gott war mit uns, Ihm sei die Ehre!“
Herzog Georg II. schenkt zwei französische Kanonen (Le Nicolas – Toulouse, 1860; Le Fertile – Donai, 1865), die neben dem Denkmal aufgestellt werden.
Das Kriegerdenkmal am Nonneplatz, um 1900 –
im Hintergrund Stadtmauer und Alte Post (heute Stadtmuseum)
18.November 1874
† Hermine Friederike Henriette (Minna) Meyer, geb. Grobe, Hildburghausen
* 28.10.1804, Gehaus/Rhön, Ehefrau Carl Joseph Meyers
Der Meyer-Biograph Ludwig Storch schreibt 1857 in der Gartenlaube über Minna Meyer, dass sie den universellen Geist ihres Gatten vollkommen verstehend, diejenigen schönen Talente und Eigenschaften besaß, welche diesem Geiste als Stütze und Ergänzungsmittel zu dienen ebenso geschickt als willkommen waren. „So lange der Aufbau des bibliographischen Instituts Meyers hauptsächliche Sorge war, war sie es besonders, die außer einem beträchtlichen Teile der Komptoirarbeiten die Auswahl und Redaktion der in die vielerlei Ausgaben der Klassiker aufzunehmenden Stücke besorgte. Dazu aber war sie auch sonst eine ächt deutsche Hausfrau, in ihrer Art so ausgezeichnet wie Meyer in der seinigen, ein sehr wichtiger und wirksamer Faktor im gedeihen der Anstalt; eine Dame, die mit Virtuosität ihre Obliegenheiten als Mutter und Hausfrau mit den von ihr so lebhaft verfolgten und geförderten Geschäftsinteressen zu verbinden verstand.“
(Zitiert nach Humann: Chronik der Stadt Hildburghausen, der Diözese und des Herzogtums. – 1886 und 1999, S. 143 f.)
1874
Im Kreis Hildburghausen leben 50.685 Einwohner in 11.258 Haushaltungen. 170 öffentliche Gebäude, 8.044 Privatwohnhäuser. 48.793 Ev.-Luth., 573 Röm.-Kath., 513 Israeliten.
1874
Im Besitz der Posthalterei befinden sich 4 ärarische Postkurswagen, 7 Posthaltereiwagen, 2 Schlitten, 8 kontraktliche und 4 unkontraktliche Pferde und 4 Postillone.
8. Dezember 1874
† Louis Müller
* 1802
Pädagoge (Professor am Gymnasium), Theologe
Kandidat der katholischen Theologie im Bistum Straßburg, Französisch-Lektor, Autor einer französischen Grammatik und eines französischen Lesebuchs.
13. Dezember 1874
† Johannes Schneyer, Hildburghausen
* 13.01.1819, Hildburghausen
Heimatdichter
1875
Die von Otto Räder (1851 – 1915) in Themar eingeführte Korbwarenherstellung entwickelt sich zu einem Wirtschaftsfaktor in der Region bis Hildburghausen und im Grabfeld.
1875
Stadtschule hat 7 Knaben- und 6 Mädchenklassen (Klassenstärke: bis 60 Schüler).
1875
Nach Wegzug des Bibliographischen Instituts gründet Hugo Petters mit Mitarbeitern des ehemaligen Bibliographischen Instituts das Kartographische Institut von Hugo Petters.
Erster Sitz ist das Haus 206 vor dem Oberen Tor, von 1878 – 1886 werden Räume im ehem. Bibliographischen Institut (Obere Marktstraße 44), ab 1886 im neu erbauten Haus auf dem ehemaligen Alten Friedhof an der Coburger Straße bezogen (heute: Coburger Straße 10). Beginn mit vier Kräften, darunter Carl Schleich, München, und Karl Metzeroth. Ab 1878 Aufstockung des Personals und Nachwuchsausbildung. – P. wirkt mit an den Kartenwerken des Bibliographischen Instituts. Er wird berühmt (gemeinsam auch mit Metzeroth) für die Herstellung amtlicher topografischer Kartenwerke, von Seekarten der kaiserlich deutschen Marine, preußische Generalstabskarten, Reichsmilitärkarten usw. Auch die Anstalt von Justus Perthes, Gotha, lässt bei Petters arbeiten.
1875
In der Irren-Heil- und Pflegeanstalt sind 218 Patienten untergebracht, davon 89 aus anderen Staaten. In Sachsen-Meiningen-Hildburghausen geht man von einem tatsächlichen Stand von 350 „Irren“ aus.
1875 – 1880
In der Knappengasse besteht eine Akzidenzdruckerei mit Kupfer- und Stahlstichdruckerei, geführt von Caspar Schwesinger. Herstellung wichtiger Regionalia: Geldners Münzkatalog, Humans Heßberger Chronik, Adressbuch der Stadt Hildburghausen (1877).
Knappengasse –Blick zur Stadtkirche.
Verlag unbekannt, um 1915
Sammlung Hans-Jürgen Salier
Postkarte mit Papiersiegel des Kaiserlichen Postamts Hildburghausen
an Rechtsanwalt Michaelis, 1875. Das Postamt ist von 1860 im „Sächsischen Hof“
(heute: „Farben-Bauer“ am Goetheplatz) untergebracht.
Sammlung Hans-Jürgen Salier.
22. März 1875
Das Volksschulgesetz im Herzogtum garantiert eine liberale Entwicklung der Volksschule. Es erfolgt eine Trennung von Kirche und Staat. Die Schule wird von einem Schulvorstand geführt: Bürgermeister, Schuldirektor und drei vom Gemeinderat ernannte Bürger. Der Kreisschulinspektor hat die Aufsicht über den Unterricht; der Religionsunterricht wird durch einen Pfarrer beaufsichtigt. Die jüdische Schule wird nach einer Übergangszeit mit der Bürgerschule vereinigt.
(s. auch 04.01.1876)
13. Juni 1875
† Adolf v. Fischern, Hildburghausen (Dr. jur.)
* 1795, Wenigenschweina
Jurist
Seit 1837 Oberlandesgerichtspräsident in Hildburghausen, 1843 Vorsitzender im Ministerium. Er ist eine der einflussreichsten Persönlichkeiten des Herzogtums.
9. September 1875
Neugründung des Feuerwehrverbandes des Herzogtums in Eisfeld (besteht bis Mai 1880), aus dem Kreis treten Hildburghausen, Römhild, Themar und Eisfeld bei.
22. September 1875
Brand am Postplatz (heute: Goetheplatz) und am Eingang der früheren Löwenstraße (heute: Weitersrodaer Straße). Fünf Wohnhäuser mit Nebengebäuden werden vernichtet. Die Brandstätten werden enteignet.
1. Dezember 1875
Werra-Eisenbahn-Gesellschaft mit ihrer neugebildeten Direktion in Meiningen übernimmt den Betrieb und die Verwaltung der Bahn wieder selbst.
1. Januar 1876
Das Deutsche Reich führt die einheitliche Markwährung ein. Bis dahin gilt das Geld der Länder (Reichsmünzgesetz vom 09.07.1873).
1876
Der Flächeninhalt der Holzungen der Stadt Hildburghausen beträgt 5.470,675 Hektar mit einem Reinertrag von 66.916,08 M.
1876
Nach der Steuerveranlagung hat Häselrieth einen Gesamtflächeninhalt landwirtschaftlicher Flächen von 1.189,4 ha: 410,8 ha Ackerland, 1,9 ha Gärten, 120,1 ha Wiesen, 38,1 ha Weiden, 618,2 ha Holzungen, 8,3 ha Wasserstücke, davon sind 1.171,4 ha steuerpflichtig.
1876
Raiffeisenverein, eine landwirtschaftliche und zumeist von Geistlichen initiierte Interessenvertretung, wird vor allem in den Dörfern unterstützt und findet lebhaften Zuspruch.
Der Pfarrer und Sozialreformer Friedrich Wilhelm Raiffeisen (1818 – 1888) gründet im Hungerjahr 1847 die bäuerliche Selbsthilfeorganisation, die anfänglich rein karitativ ist. Es entwickeln sich Kassenvereine mit Selbsthilfecharakter (gemeinschaftlicher Bezug von Futtermitteln, Einsatz von landwirtschaftlichen Geräten und Maschinen, Gewährung von Darlehen an die Mitglieder, Unterweisung der Bauern in moderner Betriebsführung).
1876/77
Die Königlich-Preußische Generalkommission Merseburg richtet in Hildburghausen eine Spezialkommission für die Separation ein (insgesamt 11.000 ha, einst 80.600 alte Grundstücke).
(s. auch 10.02.1869)
Die Tätigkeit wird von preußischen Landvermessern durchgeführt, denn die thüringischen Fürsten- und Herzogtümer verfügen über kein Vermessungswesen. Die Spezialkommission erleichtert die Aufschließung der Fluren durch den Ausbau eines funktionsfähigen Wegenetzes sowie von Vorflutern und Drainageeinrichtungen. Am 01.11.1892 wird eine 2. Spezialkommission eingerichtet unter der Leitung des Ökonomiekommissars Paul Rieder. Die Kommission wird am 01.04.1900 nach Schleusingen verlegt.
(s. auch 23.10.1878)
Die Gesamtkosten der Landesvermessung und deren allseitige Verwertung im Herzogtum (2.468 km²) belaufen sich auf 2.682.654 M.
4. Januar 1876
Die Konsistorialverfassung wird außer Kraft gesetzt. An ihre Stelle tritt die Presbyterialverfassung (ev. Kirchenordnung, nach der sich die Gemeinde durch den Pfarrer und den Kirchenvorstand selbst verwaltet). Trennung zwischen Kirche und Staat und somit Trennung zwischen Kirche und Schule, mit Landessynode und Kirchenvorständen. Bildung eines Gemeindekirchenrats (Geistlicher, Bürgermeister, 12 gewählte Mitglieder. Einführung einer Synodalverfassung).
1876
Einrichtung von Standesämtern im Herzogtum, die Geburten, Eheschließungen, Sterbefälle beurkunden. Der Kirche bleiben die religiösen Feierlichkeiten vorbehalten.
1876
Kapitulantenschule für Militäranwärter des 2. Bataillons des 6. Thüringischen Infanterie-Regiments Nr. 95 wird gegründet.
1876
Freiwillige Turnerfeuerwehr kann die vorhandene Feuerlöschtechnik nur unzureichend besetzen. Der Magistrat erlässt den Beschluss, dass jeder männliche Ortseinwohner vom 18. bis 45. Lebensjahr unentgeltlich dienen muss.
18. April 1876
Kaiser Wilhelm reist mit der Werrabahn über Meiningen nach Coburg, um sich dort mit der britischen Königin Victoria zu treffen. Eine riesige Menschenmenge findet sich auf den jeweiligen Bahnhöfen ein.
1876
Der aus Greußen stammende Wilhelm Reinhardt betreibt eine Feuerspritzen- und Maschinenfabrik mit überregionaler Bedeutung (15 Beschäftigte). Zu seinem Fertigungsprogramm gehören außerdem Pumpen, Brauapparate, Pulsatorenanlagen. Seine Erzeugnisse werden auf 8 Messen und Ausstellungen prämiert.
Die Freiwillige Feuerwehr Wallrabs besitzt heute noch eine funktionsfähige Abprotzspritze.
1876
Auf Betreiben der landwirtschaftlichen Vereine findet die 1. Kreistierschau in Hildburghausen statt, weitere folgen z. B. 1880, 1884, 1892.
22. Mai 1876
† Ernst Balthasar Wölfing (Dr. phil.), Hildburghausen
* 1806, Behrungen
Theologe, Literat
Wölfing mach unter Dr. Friedrich Sickler 1826 sein Abitur. 1858 Superintendent in Hildburghausen, 1869 Kirchenrat. Vorstand des Frauenvereins (Industrieschule), der Kleinkinderschule des Nonneschen Instituts, seit 1854 Mitredakteur der Dorfzeitung. Verfasser einer Philipp-Melanchthon- sowie einer Justus-Jonas-Biografie und einer Katechismuserklärung.
1877 – 1900
Die Stadt- und Hofapotheke ist im Besitz des aus Schmedenstedt bei Hildesheim stammenden Hermann Hollborn, der sich als Apotheker, Nahrungsmittelchemiker, Vorstandsmitglied des Apothekenvereins, Examinator, Mitglied der Landessynode, des Kirchenvorstands, des Gemeinderats, Vorsitzender des Gewerbevereins, des Verschönerungsvereins, Aufsichtsrat der Vereinsbank, Gründer der Markensparkasse und des Lehrlingsheims des Gewerbevereins, als Schiedsmann und Mitglied des Wohlfahrtsamts Verdienste für die Stadt erwirbt.
3. Februar 1877
Gründung eines Gewerbevereins, vor allem zur Förderung des Lehrlingswesens. Initiator ist Plato Ahrens, Gründer und Leiter der Sonntagsgewerbeschule. Ab 1877 werden in unregelmäßiger Folge Ausstellungen von Lehrlingsarbeiten organisiert.
1877
† Eugen Huhn (Dr. jur.), Metz
* 1818, Sinsheim b. Heidelberg
Topograf, Journalist, 48er Revolutionär
Mai 1877
Obwohl sich der Landtag mit 17 : 6 Stimmen für Hildburghausen als Sitz des Landgerichts ausspricht, wird es auf Vorschlag Georgs II. in Meiningen erbaut. Mit Inkrafttreten der neuen Gerichtsorganisation des Deutschen Reichs am 01.10.1879 nimmt es in Folge in Meiningen seine Tätigkeit auf.
1877
An der Theaterbrücke in der Coburger Straße wird die gut gehende Restauration Zum Zollhof von Theodor Bauer betrieben. Bis 1889/90 steht in der Nähe ein Zollhäuschen, an dem Wege- und Brückengeld entrichtet werden müssen.
Sammlung Hans-Jürgen Salier
1877 – 1885
Kirchenrat Friedrich Geldner ist Superintendent, er wird versetzt als Mitglied des Oberkirchenrats in Meiningen.
Um 1877
Nach der ältesten Mühle der Stadt (bereits 1395 erwähnt) erhält der heutige Walkmühlenweg seinen Namen. Von 1421 – 1781 Am Kreuz genannt, vermutlich ist einst eine Pilgerstation oder Marter vorhanden gewesen.
4. September 1877Weihe des neuen Gymnasialbaus in der heutigen Geschwister-Scholl-Straße (Grundsteinlegung 17.07.1876) in Anwesenheit des regierenden Herzogs, Georg II. Ihm zu Ehren wird esGymnasium Georgianum benannt. – Neben dem Gymnasialgebäude wird 1876/77 eine Turnhalle erbaut.
Verlag von Emmo Wittig, Otto Pezoldt’s Nachfolger, Hildburghausen, um 1905.
Sammlung Hans-Jürgen Salier
14. Oktober 1877
† Freiherr Carl Wolf von und zur Todenwarth
* 21.07.1805, Halberstadt
Hofrat, Landrat
1830 – 1841 Assessor in Salzungen, Wasungen, später Oberamtmann in Eisfeld, Römhild, Salzungen, seit 10.10.1865 in Hildburghausen als Gemeindeoberbeamter, nach Kreisgründung 1868 steht er dem Kreis vor (ab 1872 Bezeichnung Landrat).
1877
Das Tuchmacherhandwerk (Woll-, Barchent- und Leineweber), einst eine Quelle des bescheidenen Wohlstands der Hildburghäuser Bürger ist durch die fabrikmäßige Herstellung von Geweben und mit der gestiegenen Handelstätigkeit nahezu zum Erliegen gekommen. Die Handwerker gehören inzwischen zu den ärmsten der Stadt. Es produzieren noch ein Tuchmacher, zwei Weber und ein Tuchscherer.
30. Januar 1878
† Carl Albert Doberenz (Prof. Dr. phil.), Hildburghausen
* 10.11.1811, Pegau/Sachsen
Gymnasialdirektor
15.02.1837 Beginn seiner Lehrtätigkeit am Gymnasium Fridericianum, 17.12.1846 Ernennung zum Professor, am 02.05.1856 Direktor, 1867 Hofrat. D. verfasst mehrere altsprachliche Publikationen, die u. a. in Halle und Leipzig (bei Teubner) verlegt werden.
6. Juni 1878
Der Magistrat der Stadt antwortet auf eine Frage des Landratsamts hinsichtlich sozialdemokratischer Aktivitäten (Sozialistengesetz 1878 – 1890), dass nach dem Wegzug des Bibliographischen Instituts der Herd politischer Agitation erloschen sei.
2. Juli 1878
† Friedrich Helm, Hildburghausen
* 22.03.1786, Friedrichshall bei Heldburg
Thurn und Taxisscher Postmeister
Nestor der deutschen Postbeamten, seit 1809 „Privatpostgehülfe“ seines Schwagers Friedrich Löhner, 1840 zum Dienst verpflichtet, 1845 Postsekretär, 1861 zum Postmeister der Thurn und Taxisschen Lehnspost ernannt. Träger der Sachen-Ernestinischen Verdienstmedaille in Gold. Der unverheiratete H. ist u. a. durch eine Erbschaft sehr wohlhabend, er errichtet eine Armenstiftung.
1878
Der Turnunterricht für Knaben wird an der Stadtschule eingeführt, ab 1884 für Mädchen.
1878
Der Verschönerungsverein (seit 1863 in städtischer Verwaltung) steht unter der Leitung des Künstlers und Pädagogen Plato Ahrens, des Kaufmanns Ferdinand Nonne, des Ökonomiekommissars Oswald Schmidt und des Rentiers Heinrich Scheller.
Der Verein bringt in den folgenden Jahren beachtliche Leistungen für die Stadt: Anpflanzen von Promenaden (Krautberg, Stadtberg, Wallrabser Holz bis Stressenhäuser Grenze, Stadtwald, Heiliger Grund u. a.), Aussichtsturm auf dem Stadtberg (1882), Aussichtstempel auf dem Krautberg (1891), Ruine „Lug ins Land“, Anlagen am Römersbach, Nonnesruh in Wallrabs.
Potpourrikarte. Hildburghäuser Ansichten zwischen der Jahrhundertwende und Erstem Weltkrieg.
Verlag unbekannt, um 1910
Sammlung Hans-Jürgen Salier
1. Oktober 1878
Harmsen Wilhelm Rathke übersiedelt mit seiner am 12.10.1876 in Sondershausen gegründeten Höheren Fachschule für Maschinenbau nach Hildburghausen in das ehemalige Gebäude des Bibliographischen Instituts. Die Bildungseinrichtung steht unter Protektion des Herzogs Georg II. von Sachsen-Meiningen-Hildburghausen.
Studienzeit: 4 Semester.
Der spätere Direktor Paul Zizmann führt aus:
„Die Hebung der deutschen Industrie nach dem Kriege mit Frankreich mit ihrem gewaltig gesteigerten Bedarf an technisch geschulten Beamten forderte gebieterisch die Einrichtung von Fachschulen. Da der Rat dem Bedürfnis der Industrie nicht sofort entgegenkam, ist die Gründung der technischen Privatschulen eine fortschrittliche Tat gewesen und auf der Arbeit von deren Gründern und Leitern, unter denen Rathke sich mit in den ersten Reihen befindet, haben später eingerichtete Anstalten gefußt.“
Das Technikum bleibt bis 1891 eine private Lehranstalt.
Besonderes Engagement für die Aufnahme des Technikums in Hildburghausen zeigen Plato Ahrens (Vorstand des Gewerbevereins) und Apotheker A. v. Loesecke (Vorstand des Gemeinderats). Ahrens ist später auch Lehrer für Freihandzeichnen am Technikum, v. Loesecke ist Hilfslehrer in den Fächern Chemie und Physik.
1878
Brand in der Neustadt, dem drei Wohnhäuser und zwei Scheunen zum Opfer fallen.
23. Oktober 1878
Magistrat Trinks und Landrat Berlet unternehmen mit Hilfe des Kreisblatts den Versuch, die Separation weiter voranzubringen. Die betroffenen Bürger protestieren.
(s. 16.02.1901)
21. Oktober 1878
Das städtische Krankenhaus (ehemals Pfarrhaus der reformierten Gemeinde, Dr.-Wilhelm-Külz-Straße) kommt aus finanziellen Gründen an den Kreis (Standort bis 1921), nachdem bereits 1870 und 1874 entsprechende Beschlüsse gefasst worden sind. Die Armenhäusler müssen das Krankenhaus verlassen. Medizinalrat Dr. Harnisch ist Internist, Amtswundarzt Dr. Knopf, Chirurg.
1878
Einrichtung des staatenübergreifenden Landgerichts in Meiningen (bis 1952): Kreise Meiningen, Hildburghausen, Sonneberg, preußische Kreise Schleusingen, Schmalkalden, Herzogtum Sachsen-Coburg (bis 1921). Das Amtsgericht Hildburghausen mit drei Amtsrichtern wird aufgebaut.
3. Januar 1879
Offizielle Einweihung des Technikums durch Oberbürgermeister Regierungsrat Trinks.
Die Stadt gewährt für die genutzten Gebäudeteile Mietfreiheit und einen Finanzzuschuss von 3.000 Mk. Bedingung: Mindestschülerzahl 24. Im Gebäude des ehemaligen Bibliographischen Instituts befinden sich bis 30.06.1892 die Räumlichkeiten der Kaiserlichen Reichspost, die Wohnung des Postdirektors Carl Anton Döbner sowie das international bekannte Kartographische Institut von Hugo Petters (bis 1886).
Die Stadt kauft das Gebäude für 36.000 Mark, 21.812 M für den Ausbau des Kartographischen Instituts Hugo Petters, des kaiserliches Postamts und des Technikums.
Gruss aus Hildburghausen. Technikum.
Das ehemalige Brunnquellsche Haus in der Oberen Marktstraße.
Verlag von Otto Pezoldt, Hildburghausen, 1903.
Am linken unteren Bildrand ist der Schwanenbrunnen zu sehen, der 1898 von der Stadt Hildburghausen nach Steinfeld verkauft worden ist.
7. Januar 1879
Gesetz des Herzogtums zur Dienstpflicht der männlichen Bürger vom 18. bis zum 45. Lebensjahr in der Feuerwehr. In Hildburghausen wird diese Dienstpflicht bereits am 20.09.1876 im Ortsstatut eingeführt.
14. Mai 1879
Die sog. oberen Scheunen zwischen Weitersrodaer Straße (Nothnagelscher Zimmererplatz) bis Eingang Goldbachstraße brennen ab (18 Scheunen).
9. August 1879
† Johann Michael Anding, Hildburghausen
* 25.08.1810, Queienfeld bei Römhild
Musikpädagoge, Volksliedsammler und -forscher, Schriftsteller
Herbst 1879
Der Gewerbeverein unter A. v. Loesecke und Plato Ahrens organisiert eine Ausstellung zu Lehrlingsarbeiten.
17. November 1879
† Hermann Krause, Hildburghausen
* 03.04.1815, Meiningen
Rektor, Redakteur
Rektor in Salzungen und Heldburg, seit 1841 Lehrer am Nonneschen Institut, Redakteur an Meyers Conversations-Lexicon, 1873 – 1875 Vorsitzender des Gemeinderats.
1879 – 1883
Im Zeitraum wird das Technikum u. a. besucht von 84 Studenten aus dem Herzogtum, 36 aus sonstigen thüringischen Staaten, 53 aus dem Königreich Preußen, 7 aus weiteren deutschen Staaten, 5 aus Russland und Amerika.
12. Juni 1880
Aus Sicherheitsgründen wird ein neues Stadtstatut erlassen.
Feuerpolizeiliche Forderungen werden weiter präzisiert. Neufertigung von Block- und Schrotwänden, Brett- od. Lattenbekleidungen auf Umfassungswänden, Aussetzen von Feldern in Fachwerkwänden mit Holz ist untersagt. Bei Neubauten sind zwischen den Häusern Brandwände zu errichten, feuersichere Dacheindeckungen werden gefordert. Der Bau von Scheunen in geschlossenen Stadtteilen ist verboten.
1880
In Bürden gibt es eine Kolonialwarenhandlung, Holz- und Bretterhandlung, Bierbrauerei, Bürstenmacher, Gastwirtschaft, Maler, Mühle, Schneider, Schreiner, Schuhmacher.
1. Juli 1880 bis 30. Juni 1892
Die Deutsche Reichspost ist im ehemaligen Bibliographischen Institut untergebracht.
18. bis 26. Juli 1880
Gewerbeausstellung.
16. August 1880
† Eduard Rückert (Dr.), Meiningen
* 23.11.1822, Hildburghausen
Rechtsanwalt, Landtagspräsident
1849 Rechtsanwalt, 1873 Kreisgerichtsdirektor in Sonneberg, 1852/53 und ab 1860 Landtagsmitglied, ab 1868 Präsident, Mitbegründer des Nationalvereins und Mitglied des konstituierenden Reichstags (1867) und Mitglied des Deutschen Reichstags ab 1877 (1878 Mandatsniederlegung wegen seiner Funktion als Landtagspräsident).
A. v. Loesecke, Gemeinderats-Vorsitzender der Stadt Hildburghausen seit 1. November 1880.
Anlasskarte zur Jubelfeier 1905.
Sammlung Hans-Jürgen Salier
2. Dezember 1880
Ernst v. Stocmeier wird Bürgermeister vor dem versammelten Magistrat und dem Gemeinderat in sein Amt eingeführt (Wahl am 19. November), sein Vorgänger, der verdienstvolle Oberbürgermeister Ferdinand Trinks (Rechtsanwalt, Notar und Landtagsvizepräsident) wird als Regierungsrat nach Meiningen versetzt. Am 3. März 1881 bekommt er vom Gemeinderat Hildburghausen das Ehrenbürgerrecht verliehen.
1880
Die Karolinenburg (Oeconomiehof) wird angekauft. Sie wird mit 17 ha Ländereien und einem Wohnhaus Teil der Irrenanstalt. 19 Patienten sind untergebracht.
1880
Die Stadt hat 499 steuerpflichtige Wohnhäuser (1905 = 613).
Im Besitz der Stadtgemeinde befinden sich: Rathaus, Altes Technikum, Neues Technikum, Theater, Bürgerschule, Schlachthofgebäude, Friedhofshaus, Schafhaus, Vorratshaus, Schäfereigebäude (Armenhaus), Vogels Wohnhaus, altes und neues Jägerhäuschen, Stadtbergturm, Kanalhäuschen, Fallmeisterei (Abdeckerei, Tierkörperbeseitigung).
1880
Dr. R. A. Human und Dr. Kleemann gründen im „Tivoli“ (EisfelderStraße/Winzergasse) die Allgemeinen wissenschaftlichen Vorlesungen, die von der Bürgerschaft gut angenommen werden.
Nach 1880
In seiner 1913 erschienenen Schrift Bilder aus dem Gemeinde- und Bürgerleben kleiner Städte ... schreibt Ernst v. Stocmeier über den Aufgabenbereich der Polizei u. a.:
„Die Polizei umfaßt Staats- und Einzelsicherheitspolizei, Unfall-, Gesundheits-, Veterinär-, Markt-, Bau-, Feuer-, Maß-, Gewichts-, Straßen- und Wege-, Sittenpolizei u. dergl. mehr. Ihr liegen ob die Behändigungen von Briefen, Ladungen und Verfügungen aller städtischen Behörden, 10.000 bis 18.000 im Jahr, sowie sämtlicher Steuerveranlagungen des Staats und der Stadt, Recherchen und Feststellungen für Steuer- und Meldeamt, Ladung der Impfpflichtigen, der Musterungspflichtigen, zur Vor- und Generalmusterung und die Geschäfte der Pferdemusterung, Zustellung der Gestellungsbefehle und Kriegsbeorderungen, der Losungsscheine und Einziehung solcher, ferner die Erhebung der Schuleinführungsgelder und Schulversäumnisstrafen, Begleitung bei Feuer- und Gebäudeschau und Eröffnung der Abstellung vorgefundener Mängel; weiter Bedienung der großen und kleinen Waage, Aufnahme der Marktberichte und Einkassieren der Marktgelder, Ausschellen, Ausführung der von Staat und Gewerbeaufsichtsbeamten verlangten zahlreichen statistischen Ermittelungen, der Theaterdienst, die Revisionen der Fabrikbetriebe und Ausfüllen der Katasterblätter für Arbeiter nach Lebensalter, Fabrikerzeugnissen, Arbeitsstunden, die Revisionen der verschiedenen Gewerbe, der Gast- und Schankwirtschaften bezw. der beschäftigten Gehülfen, Lehrlinge, Arbeitsbücher, Sonntagsruhe und dergl.“
Dazu kommen die aus Verbrechen, Vergehen und Gesetzesübertretungen resultierenden Tätigkeiten.
Kartenausschnitt „Sächsische Herzogtümer, Fürstentümer Schwarzburg und Reuß.
Aus: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage. Bibliographisches Institut in Leipzig. Karte zum Artikel „Sachsen-Altenburg“
1881
Das Rathausportal an der Westseite (unterhalb Wappen und Zunftzeichen) wird nicht baustilgerecht zugemauert, ein Fenster wird eingepasst. Die einstige Verkaufs- und Durchgangshalle wird über Jahrzehnte als Polizeiwachtstube genutzt.
Gruss aus Hildburghausen. Die 1891 postalisch beförderte Ansichtskarte gehört zu den ältesten aus Hildburghausen überhaupt.
Verlag unbekannt.
1881
Der verdienstvolle Bürgermeister Ernst v. Stocmeier schreibt 1906 in seinem Rückblick auf fünfundzwanzig Jahre in der Verwaltung der Stadt Hildburghausen 1880 – 1905“ u. a. zur Nutzung des Rathauses:
„Es wird wohl noch eine Reihe hiesiger Bürger sich erinnern, wie es 1881 im Rathaus aussah. Da bestand noch der Durchgang unten, in welchem einige Fleischerstände und andere Gerechtsame, im übrigen aber der Ablagerungsplatz aller Unreinlichkeiten sich befanden; das mittlere Stockwerk war bis zum Eingang des Kreisgerichts und Verlegung des Amtsgerichts in die Lokale des seitherigen Appellationsgerichts 1879 von diesem benutzt worden, einige Zimmer waren wohl benutzbar, sonst sei erinnert an das Wort eines Bauersmannes, der im Aktuariat (von lat. actuarius = Buchhalter, d. Verf.) bedeutet worden war, im Zimmer die Mütze abzunehmen: ‚Is denn dös auch a Stub’n?‘
Im Oberstock befand sich nach dem Markt das Magistratszimmer, in welchem erster und zweiter Bürgermeister und Stadtschreiber gemeinsam arbeiteten, die Standesamts- und Polizeigeschäfte, kurz alles erledigt wurde, und im Nebenbau das Gelaß des Stadtkämmerers. Alle übrigen Räume standen nicht nur leer: aus den öden Fensterhöhlen schaut das Grauen, keine Fußböden, eingefallene Decken, Ruin überall.
Hier galt es zunächst Hand anzulegen, damit man nicht Ursache finden könnte, von der Liederlichkeit des Hauses unangenehme Schlüsse auf die Hauswirtschaft selbst zu ziehen. Im Etat 1883 wurden 7000 Mk. für den Ausbau des Rathauses eingestellt und dieser war am 8. Juni 1883 beendet. Die Lokale des Magistrats wurden in das mittlere Stockwerk verlegt. Oben wurden Räume für die Landwirtschaftsschule hergerichtet, welche nach Aufhebung dieser teils zu Schulzwecken, teils als Schiedsamt, Stadtbauamt und Archiv benutzt wurden. Nachdem im Mai 1897 weitere Umbauten im Rathaus, namentlich ein Sitzungssaal für den Gemeinderat, vorgenommen wurden,, ist dasselbe nunmehr vollkommen zweckentsprechend. Im Erdgeschoß befinden sich nach vorn die Polizeiwachtstube und das Zimmer des Wachtmeisters, hinten Arrestzellen; im Mittelstock das Zimmer des Magistrats mit anstoßendem kleinen Bibliothekzimmer, dann Stadtsekretariat, daneben die Stadtkämmerei, anstoßend ein Zimmer für den Kämmereiassistenten, eins für den Vollstreckungsbeamten, weiter ein Standesamtszimmer, der Archivsaal und ein weiteres Dienstzimmer; im oberen Stock das Stadtbauamt, das Schiedsamt und Zimmer für Archivalien und Requisiten.“
(v. Stocmeier, S 1 f.)
Das Rathaus um 1905 mit dem von dem jüdischen Mitbürger Dr. Max Michaelis gestifteten und
1902 enthüllten Herzog-Georg-Brunnen.
Sammlung Hans-Jürgen Salier
1881
Der Kaufmann Oskar Amberg baut an der Westseite des Marktplatzes ein Kaufhaus. Die Grundmauern bestehen aus Quadern der einstigen Ottilienkapelle auf dem Questenberg (Häselriether Berg). An der Ostecke sind die Jahreszahl 1683 und das Wappen der Herren v. Heßberg zu sehen.
1881
Bis zum Zeitpunkt herrschen teils anarchische Verwaltungsverhältnisse in Hildburghausen.
Es werden z. B. städtische Steuern (acht Termine) nicht in der Stadtkämmerei eingezahlt, sondern der Schuldiener des Gymnasiums geht von Haus zu Haus und sammelt die Beträge ein. Bier- und Fleischsteuer werden vom Polizeidiener eingetrieben, Vergnügungssteuer, Pässe u. ä. vom Stadtschreiber. Mit dieser Schluderei befindet sich die Stadt vielfach vor einem finanziellen Desaster, und sie kann oft die Verbindlichkeiten, vor allem aber die städtischen Löhne nicht zahlen.
Die Stadt nimmt 1882 die beträchtliche Anleihesumme von 100.000 Mark auf, um die finanziellen Verhältnisse zu ordnen und die Infrastruktur zu verbessern.
29.500 M werden für die Tilgung städtischer Schulden verwendet, 7.000 M für den Rathausumbau, 3.180 M für den Bau der Birkenfelder Str., 9.352 für die Brunnenleitung, 5.660 für den Waldwegebau, 28.127 M für den Umbau der Bürgerschule, 39.341 für Straßenpflaster und Bürgersteige, 5.165 M Konvertierungskosten für städtische Schuld, 1.035 für Gaslaternen, 3.750 M Abfindungssumme für den Erwerb Häselriether Gebietsteile (zusammen 132.110 M).
1881
Ende 1881 verfügt die Vereinsbank über ca. 1,5 Mio. Mark Betriebskapital und hat 1.900 (1924 = 2.300) Mitglieder.
1883 tritt die Bank dem Thüringer Genossenschaftsverband und dem Allgemeinen Deutschen Genossenschaftsverband bei. 1886 kauft sie ihr Geschäftshaus (Beschluss vom 28.11.1886), in dem sich schon seit 1882 Geschäftsräume der Bank befinden (ehemaliges Gebäude der vr-Bank Südthüringen eG, Obere Marktstraße 47). Vorher sind die Geschäftsräume im Haus des Rechtsanwalts E. Nonne in der Bismarckstraße 2 (Schleusinger Straße 2 [Nonneplatz]). Die Firmierung wird 1889 umgeändert in Vereinsbank e.G. m.b.H.
1881/82
Rückgang der Schülerzahl am Technikum. Eine Verlegung der Schule nach Schönebeck bei Magdeburg wird geplant. Der Meininger Landtag erhöht jedoch den Finanzzuschuss um 4.500 Mk, und die Stadt übernimmt die finanzielle Garantie für die Lehranstalt, die unter der Administration eines städtischen Kuratoriums steht.
1. Juli 1881
† Brückner, Johann Georg Martin (Prof. Dr.), Meiningen
* 31.10.1800, Oberneubrunn (heute: Ortsteil Gemeinde Schleusegrund)
Theologe, Pädagoge, Historiker, Volkskundler
1993 wird im Verlag Frankenschwelle Hans J. Salier der Titel Der verborgene Schatz – Erstdruck der handschriftlichen thüringischen Sagensammlung von Georg Brückner (1800 – 1881) von Marina Scheinost ediert. Marina Scheinost promoviert 2003 zu Georg Brückner an der Otto-Friedrichs-Universität in Bamberg. Im Verlag Königshausen & Neumann GmbH erscheint im gleichen Jahr ihre Dissertation Johann Georg Martin Brückner (1800 – 1881) – Forschung zwischen Wissenschaft und nationalem Anspruch.
1882
Auf die Meyersche Grabstätte wird die in Nürnberg gegossene Kopfbüste Joseph Meyers (modelliert von Elsa Bornmüller nach einem Stich von Wolff), von Plato Ahrens in den Tuffstein eingefügt.
Das Grabmal für Joseph und Hermine Meyer auf dem Hildburghäuser Friedhof. – Mai 1981
Foto: Rainer Lörtzing, Hildburghausen
28. März 1882
Verstaatlichung der Thüringischen Eisenbahngesellschaft, Gründung der Königlichen Eisenbahn-Direction Erfurt.
11. Juni 1882
Gründung des Eisenbahnkomitees in Hildburghausen für die Schmalspurbahn (1.000 mm) Hildburghausen – Heldburg – Lindenau/Friedrichshall unter Vorsitz von Ernst v. Stocmeier, Bürgermeister in Hildburghausen und Landtagsabgeordneter.
1. Mai 1882
Carl Schulz (Meiningen), verwaltet durch Walter Becker, betreibt im Gasthof zum Erbprinzen(heute: Obere Marktstraße, gegenüber der Altstadt-Passage) die Posthalterei.
Der „Gasthof zum Erbprinzen“ ist nicht identisch mit der später so genannten „Fränkischen Leuchte“,
die zeitweise den gleichen Namen trägt. Becker betreibt ab 01.01.1885 bis 31.03.1890 das Postfuhrgeschäft auf eigene Rechnung.
Sammlung Hans-Jürgen Salier
Blick in die Obere Marktstraße.
Verlag Emmo Wittig, Otto Pezoldt’s Nachfolger, Hildburghausen, um 1905.
Sammlung Hans-Jürgen Salier
1. Juli 1882
Die Kreissparkasse Hildburghausen nimmt ihre Tätigkeit im Haus des Kaufmanns Simon auf (nach Beschluss des Kreisausschusses vom 02.08.1881, initiiert von Landrat Gustav Berlet, nachdem bereits 1877 Landrat Frhr. Wolf von und zur Todenwarth Pläne zur Gründung eines solchen Instituts entwickelt).
Aus städtischer Sicht wird immer wieder beklagt, dass die Stadtkasse nicht rechtzeitig von der Kreissparkasse getrennt worden ist, weil der Stadt eine wichtige finanzielle Einnahmequelle verloren gegangen ist.
1. – 4. Juli 1882
Das 100-jährige Jubiläum der Schützengesellschaft Hildburghausen wird gefeiert. Sie ist am 16.06.1782 durch Herzog Joseph Friedrich mit einer in Kraft gesetzten Ordnung neu begründet worden.
Medaille (Bronze) mit angeprägter Öse auf das Jubiläum der Schützengesellschaft
3. Oktober 1882
Der vielleicht geheimnisvollste und sonderbarste Verein ist in Hildburghausen gegründet worden, der mindestens bis 1895 bestanden hat, die „Schlaraffia“.
Die weltweite deutschsprachige Vereinigung zur Pflege von Freundschaft, Kunst und Humor ist am 10. Oktober 1859 in Prag gegründet worden, . „Schlaraffe“ soll vom mittelhochdeutschen „Slur-Affe“ abgeleitet worden sein („sorgloser Genießer – Schlaraffenland, Wahlspruch „In arte voluptas“ – „in der Kunst liegt Vergnügen“). Öffentliche Gruppen der Schlaraffia werden „Reyche“ genannt, inzwischen existieren in der Welt mehr als 260 „Reyche“ und „Colonien“ (lokale Vereine), es gibt weltweit ca. 11.000 Schlaraffen, deren Mitgliedschaft und ihr Vereinslaufbahn klar geregelt ist (Prüflingszeit – Knappe – Stand des Junkers – Ritter). Die Schlaraffen sind ein Männerbund gewesen („… ausschließlich Männer in gesicherter Position“).
Hildburghausen hat bis zum Erlöschen die Reychsnummer 44 und gehört zum Mutterreich „Revalia“. Ihr Name „HILDBURGIA“ (nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen Ingenieurverbindung des ehemaligen Technikums Hildburghausen, 1964 gegründet). Schlaraffisches Symbol für Weisheit, Humor und Tugend ist der Uhu.
Die Rahmenbedingungen sind in einem Regelwerk„Schlaraffen-Spiegel und Ceremoniale“festgelegt im Sinne „Man hält sich selbst, einem Fürsten oder einer Gemeinschaft einen Spiegel vor“. Die Schlaraffen sind von den Nationalsozialisten und vom SED-Staat DDR verboten gewesen.
Einer der Hauptakteure der Hildburghäuser Schlaraffen ist der Direktor der ehemaligen Gasanstalt in der Coburger Straße gewesen (Gelände Einkaufszentrum gegenüber Mercedes-Autohaus). Über das Vereinsleben selbst ist nicht viel bekannt.
Von der „Schlaraffia“ Hildburghausen ist wenig bekannt, weil dieser Verein nicht unbedingt in das Denkbild derHildburghäuser Bürger passte. Nach Information eines Schlaraffia-Forschers gehören die witzige Hildburghäuser Postkarten zu ihren Produkten.
Erschienen sind sie zur Wende zum 20. Jahrhundert.
6. Oktober 1882
Die Bildung eines Armenpflegschaftsrats für die Stadt Hildburghausen wird vom Gemeinderat beschlossen.
Einzelnen Mitgliedern unterstehen zur Beaufsichtigung ganze Stadtteile. Vorsitzender ist der Erste Bürgermeister, ferner gehören ihm die beiden Geistlichen der Kirchgemeinden an, drei Gemeinderatsmitglieder, der Schuldirektor, vier gewählte Bürger der Stadt sowie der Stadtsekretär.
Aus städtischen Mitteln werden zwei Armenärzte angestellt, die die finanziell Schwachen behandeln.
28. Oktober 1882
† Bodo v. Mauderode, Meiningen
* 13.04.1791, Brieg
Generalmajor
Als Offizier in preußischen Diensten und Teilnehmer der Schlacht bei Auerstedt, nach der Kapitulation von Magdeburg Kriegsgefangenschaft. Als Leutnant in meiningischen Diensten im Meininger und Hildburghäuser Kontingent des Regiments der Herzöge v. Sachsen innerhalb des Rheinbunds. Er kehrt mit Überlebenden des Kontingents aus Katalonien zurück, dabei 17 Hildburghäuser. (s. u. a. 28.06.1811) Übersiedlung nach Hildburghausen, 1827 Ehrenbürger von Hildburghausen, 1836 von Meiningen, am 12.05.1838 Direktor der Feuerkommission.
3. Dezember 1882
† Ernst Conrad, Hildburghausen
* 1818, Eisfeld
Bildhauer, Fabrikant, Blumenzüchter
Nach dem Stadtbrand von Eisfeld (07.07.1822) wird er von seinem Onkel, dem Papiermachéfabrikanten Andreas Voit, adoptiert. 1833 – 1835 Besuch der polytechnischen Schule in Nürnberg, 1835 – 1837 Akademie in München und Ausbildung als Bildhauer. Er entwickelt in jungen Jahren eine hohe künstlerische Meisterschaft bei der Herstellung von Puppenköpfen. Als Bildhauer nimmt er seine Sujets aus der griechischen Mythologie. Bekannt ist seine Büste Friedrich Rückerts. 1837 übernimmt er die Fabrik für Puppenköpfe aus Papiermaché. Der auch als Blumenzüchter bekannte Conrad legt sich einen Berggarten im Georgenthal an.
3. Dezember 1882
† Bernhard II. Erich Freund Herzog von Sachsen-Meiningen-Hildburghausen.
1882
Die Brücke über die Werra an der Marter in der Rückertstraße erhält einen Gehweg und wird ab dem Zeitpunkt Reichsbrücke nach dem Töpfermeister Reich benannt, dessen Haus nahe der Brücke steht.
1882
In Bürden wird ein neuer Friedhof außerhalb des Orts angelegt.
1882
Errichtung des Stadtbergturms (ab 1905 Bismarck-Turm) durch Maurermeister Siegmund Leffler auf Kosten des Verschönerungsvereins, nach einer Zeichnung von Plato Ahrens (15 m Höhe, Kalkbruchsteine, Wendeltreppe mit 20 Stufen, Raum mit 4-farbigen Fenstern, weiter 21 Stufen in das Turmzimmerchen, 4 mit eisernem Geländer umgebenen Balkons, 18 Stufen führen auf das Plateau).
Vom Turm einmalige Aussicht, teilweise über das Henneberger Land hinaus, 47 Orte:
N, NO: Thüringer Wald mit Großem Beerberg, Schneekopf, Adlersberg, Hohe Wart, Simmersberg, Bleßberg, Crocker und Stelzener Kirche; O, SO: Veste Coburg, Callenberg, Schneeberg, Ochsenkopf im Fichtelgebirge, Vierzehnheiligen, Schloss Hohenstein, Staffelberg, Schloss Giech b. Bamberg, Haßberge und Bramberg b. Königsberg/Fr., Steigerwald, Kapelle St. Ursula; W: Gleichberge, Kreuzberg, Rosengarten b. Bauerbach; NW: werratalabwärts entlang der Frankenschwelle, Ruine Ehrenberg, Eingefallener Berg b. Themar, Osterburg, Dolmar, Salzunger Pless.
Der Bismarckturm zur Wiedereinweihung am 3. Oktober 1998.
Foto: Hans-Jürgen Salier
Lithographie Stadtbergturm (Bismarckturm), Markt, Neues Technikum.
Verlag der Kesselring’schen Hofbuchhandlung (Max Achilles), Hildburghausen, um 1900.
Ab 1882
Beginn einer grundsätzlichen Sanierung des Straßenwesens, u. a. auch mit entsprechenden Statuten. Die Straßen Hildburghausens befinden sich in einem trostlosen Zustand.
„Wer im Jahre 1880 die Straßen unserer Stadt passierte, durfte sich erfreuen an dem holprigen Pflaster, an den weit in die Straßen hineingeführten Kellerhälsen, den Bäckerauslagen, Vorsprüngen und Vorbauten der Häuser, Haustreppen, welche die Straßen verengten, an Markisen und Schildern, an welchen man mit dem Kopfe anstoßen konnte. Gepflasterte Wassergräben, zu welchen ein abschüssiges gepflastertes Trottoir führte, welches im Winter bei Schnee und Glatteis gefahrdrohend war, kurz die Idylle des Mittelalters schien erhalten. Die für ihre Zeit genial und vorzüglich angelegte Kanalisation des Generals von Mauderode, um das Wasser aus dem Feuerteich den Straßen der Stadt rasch zuzuführen, war, da sie in Mauerwerk ausgeführt war, größtenteils zerfallen, diente unzähligen Ratten als Behausung und erfüllte ihren Zweck nur noch sehr unvollkommen.“
- 1882. Das erste Trottoir (Bürgersteig) wird an der unteren Werrabrücke angelegt (Kosten: 330 M).
- 1884. Salzmarkt und Häfenmarkt werden gepflastert.
- 1886. Umpflastern der Oberen Marktstraße (Bürgersteig).
- 1887. Umpflasterung des Marktplatzes und der Unteren Marktstraße.
in der Schlossgasse, Apothekergasse, Neustadt, Rathausgasse, Sandsteinbürgersteig von der Unteren Werrabrücke bis zum Bahnhof.
- Bis zum Jahr 1900 werden nahezu alle Straßen, Gassen und Plätze umgestaltet.
1882 – 1898
Landwirtschaftsschule (31.03.1882 vom Landtag von Sachsen-Meiningen genehmigt), von Geh. Regierungs-Rat v. Butler, für Söhne (15 – 18 Jahre) aus gehobenem Bauernstand unter Direktion von Eduard Wittmann, im 3. Stock des Rathauses. 1. Examen am 21.03.1883. 1898 geschlossen.
(s. auch 1906, Kreiswinterschule).
15. Januar 1883
Die herzogliche Hofbuchdruckerei von F. W. Gadow & Sohn begeht das Jubiläum ihres 200-jährigen Bestehens.
2. Februar 1883
Mit einem Regulativ wird dem Bürgermeister die gesamte Stadtverwaltung übertragen, sein Stellvertreter handelt nur noch im Verhinderungsfall.
4. April 1883
† Oskar Friedrich Ortmann, Hildburghausen
* 07.12.1818, Frauenbreitungen)
Landbaumeister
Ausbildung auf der Berliner Bauakademie. 35 Jahre Landbaumeister, u. a. Erbauer der Kirchen in Häselrieth, Simmershausen, Poppenhausen und des Gymnasiums Georgianum.
15. Mai 1883
Nach dem Gesetz zur Krankenversicherung der Arbeiter beschließen Magistrat und Gemeinderat die Einrichtung der Ortskrankenkasse für die Stadt Hildburghausen, die am 01.12.1884 mit 277 Mitgliedern errichtet wird.
1. Juli 1883
Vertrag zwischen der Stadt und dem Kirchenvorstand: Der Alte Friedhof an der Schleusinger Straße geht in städtisches Eigentum über. Die eingepfarrten Dörfer Birkenfeld und Wallrabs haben ihre eigenen Friedhöfe.
24. Juli 1883
Die Kleinkinderschule begeht das Fest ihres 50-jährigen Bestehens. Sie besitz in Deutschland Vorbildwirkung.
1883
Thüringerwald-Verein Hildburghausen ist Zweigverein der Gruppe Eisfeld-Schalkau-Hildburghausen.
17. September 1883
Auf dem Krautberg wird ein Aussichtstempel mit Fernblick ins Thüringer Land erbaut.
Bereits 1863 errichtet Familie Scheller für 800 Gulden einen „Aussichtstempel“ (Eisenkonstruktion), der 1870 von Jugendlichen zerstört, von der Stadt wieder aufgebaut und 1882 endgültig abgetragen wird.
1883/84
Eröffnung des Frauenhauses in der Irrenanstalt mit 30 Frauen.
1883 und 1897
Umbauten am Rathaus. Das Gebäude befindet sich in einem desolaten Zustand. Für 1883 werden im Etat 7.000 Mark eingestellt.
Der verdienstvolle Oberbürgermeister v. Stocmeier schreibt 1906 resümierend:
„Es wird wohl noch eine Reihe hiesiger Bürger sich erinnern, wie es 1881 im Rathaus aussah. Da bestand noch der Durchgang unten, in welchem einige Fleischerstände und andere Gerechtsame, im übrigen aber der Ablagerungsplatz aller Unreinlichkeiten sich befanden; das mittlere Stockwerk war bis zum Eingang des Kreisgerichts und Verlegung des Amtsgerichts in die Lokale des seitherigen Appellationsgerichts 1879 von diesem benutzt worden, einige Zimmer waren wohl benutzbar, sonst sei erinnert an die Worte eines Bauersmannes, der im Aktuariat (Amt des Gerichtsangestellten, d. Verf.) bedeutet worden war, im Zimmer die Mütze abzunehmen: ‚Is denn dös a Stub'n?’
Im Oberstock befand sich nach dem Markt das Magistratszimmer, in welchem erster und zweiter Bürgermeister und Stadtschreibergemeinsam arbeiteten, die Standesbeamts- und Polizeigeschäfte, kurz alles erledigt wurde, und im Nebenbau das Gelaß des Stadtkämmerers. Alle übrigen Räume standen nicht nur leer: aus den öden Fensterhöhlen schaut das Grauen, keine Fußböden, eingefallene Decken , Ruin überall."
Lithographie: Schloss-Kaserne, Gesamtansicht mit Stadtberg, Denkmal für Königin Luise von Preußen im Schlosspark, Marktplatz mit Rathaus.
Verlag W. Steinberg, Breslau, 1899.
1883
Der Armenpflegschaftsrat als städtische Behörde wird gebildet, der 1. Bürgermeister ist Vorsitzender, Mitglieder sind zwei Geistliche, der Schuldirektor, der Stadtschreiber und sieben Pfleger.
1883
Brand der Scheunen in der Georgstraße (heute: D.-Dr.-Moritz-Mitzenheim-Straße), auf dem Gelände der späteren Molkerei.
5. Oktober 1883
Pfarrer Dr. R. A. Human wird als Diakonus und 2. Geistlicher durch Kirchenrat Friedrich Geldner in sein Amt eingeführt.
1883/84
In Häselrieth an der heutigen B 89 wird eine neue Schule erbaut.
(s. auch 1904)
1884
Umbau der Bürgerschule in Hildburghausen, Kosten: 28.127 Mark.
1884
dreistöckiger Neubau der Irrenanstalt auf der Karolinenburg für 32 Männer wird fertig gestellt.
1884
Übersiedlung der Kreissparkasse in das ehemalige Regierungsgebäude am Markt 2.
Zum Kuratorium gehören Rittergutsbesitzer C. Hoffmann, Steudach; Schultheiß Mertz, Veilsdorf; Kaufmann J. Rückner, Hildburghausen; Bürgermeister Sippel, Römhild. Die ersten Annahmestellen werden in Ummerstadt, Streufdorf und Eishausen eröffnet, im Dezember nahezu in allen Gemeinden des Kreises.
1884
Ein Fechtverein (fechten in der Bedeutung von betteln) wird gegründet. Er hat die Aufgabe (neben einer ganzen Anzahl von Armen- und Krankenstiftungen) Jahres- und freiwillige Beiträge zur Armenunterstützung (z. B. zur Konfirmation oder zu Weihnachten) einzutreiben.
26. Februar 1884
† Friedrich Reinhardt (Dr. phil.), Gotha
* 07.12.1795, Gotha
Pädagoge
1817 – 1835 erst Konrektor, dann Rektor des Lyzeums in Saalfeld, 1835 –1868 Ordinarius der Sekunda in Hildburghausen, 1856 Verleihung des Titels Schulrat. Hervorragender Kenner des klassischen Altertums. R. A. Human verfasst über R. die Schrift Dr. G. Fr. Reinhardt. Erinnerungen aus einem Gelehrtenleben.
10. Mai 1884
Der Hildburghäuser Oberkirchenrat Geldner († 31.05.1890) wird von Herzog Georg II. als Superintendent und Oberpfarrer der Stadt Meiningen ernannt und tritt seinen Dienst an.
7. Juni 1884
† Moritz Seebeck, Jena
* 08.01.1805, Jena, Sohn des berühmten Physikers und Entdeckers Thomas J. Seebeck 1770 – 1831, 1821 sog. Seebeck-Effekt
Pädagoge, Konsistorialrat, Politiker, Ehrenbürger
1. Juli 1884
Eröffnung einer Handels- und Gewerbekammer. Vorsitz: Kommerzienrat Wilhelm Simon.
Mit der Einführung der Gewerbefreiheit verändert sich die Gesellschaft besonders im sozialen Bereich wesentlich, wenn auch Handel und Gewerbe in Hildburghausen schwerfällig auf die neuen wirtschaftlichen Möglichkeiten und Erfordernisse reagieren.
(s. 01.01.1863)
3. Juli 1884
† Eduard Gottlieb Amthor, Gera
* 17.07.1820, Themar
Theologe, Orientalist, Wirtschaftspädagoge, Schriftsteller
17. Juli 1884
Gesellschaftsvertrag zur Errichtung einer Aktiengesellschaft Porzellanfabrik zu Kloster Veilsdorf AG. Beginn des Strupp-Konzerns, auch Kahla-Konzern genannt, dem ältesten Porzellankonzern der Welt, der eine Pionierrolle bei der Herstellung technischer und elektrokeramischer Erzeugnisse einnimmt. (Strupp’sche Bank in Meiningen, die Bank hat 1922 ein Aktienkapitel von 200 Mio Mark).
In den Folgejahren Inbetriebnahme einer Vielzahl an Fertigungseinrichtungen. Ca. 1.000 Heimarbeiter sind oft unter oft unwürdigen Bedingungen tätig. Faktoreien 1884 – 1887 im Schloss Weitersroda, Heubach 1896, Pressereien in Schwarzenbrunn, Sachsendorf, Waldau, Merbelsrod, Spezialfabrik für Pressporzellan in Brattendorf (1892 – 1989), Schuster & Co., Kloster (1905), Schoenau & Müller, Eisfeld (1991: 160 Beschäftigte, stillgelegt, 1994 abgerissen), in 20er Jahren in Schney, Kronach, Meuselwitz usw. Der Konzern hat teilweise mehr als 1.500 Beschäftigte.
1884
Die Kaiserliche Admiralität benennt eine Insel an der Südwestküste Südamerikas nach dem Hildburghäuser Kupferstecher Hugo Petters als Petters-Insel und den höchsten Berg Huck,abgeleitet von Hugo.
1884
Nahezu der gesamte Viehhandel liegt in der Hand der Juden, z. B. Jacob und Joseph Friedmann, Moses und Selig Kahn und Adam Stern.
Allein auf der Eisenbahnstation Hildburghausen werden 29 Pferde, 98 Hunde und 1972 Stück anderes Vieh zum Versand gebracht, 1883 sind angekommen 17 Pferde, 163 Hunde, 1.833 Stück anderes Vieh.
1885
In der Stadt gibt es 433 landwirtschaftliche Betriebe, davon sind 297 ohne gepachtetes Land, 417 ohne Holzland. Nur 85 halten Großvieh.
365 führen ihre Betriebe im Nebenerwerb, davon sind 4 Personen mit Ziegeleien verbunden, 5 mit Getreidemüllerei, 5 mit Bierbrauerei, mit Posthalterei 7, mit Gastwirtschaften 30, mit Tagelöhnerei 33, 52 mit Industriearbeit, 81 mit Industrie-, Handel- und Verkehrsgewerbe. Gehalten werden 40 Pferde, 21 Stiere und Ochsen, 212 Kühe und Kälber, 13 Schafe, 180 Schweine, 267 Ziegen.
477,68 ha sind landwirtschaftliche Nutzfläche.
1878 verteilen sich die Anbauflächen auf 7 ha Weizen, 93 ha Roggen, 9 ha Gerste, 89 ha Hafer, 3 ha Erbsen, 1 ha Linsen, 1 ha Wicken, 1 ha Gemenge, 91 ha Kartoffeln, 8 ha Runkelrüben, 5 ha Kohl, 19 ha Klee, 41 ha Luzerne, 1 ha Esparsette (Schmetterlingsblütler, ewiger Klee, Stängel bis 1 m hoch, d. Verf.), 56 ha Gartenfrüchte, 6 ha Brache, 198 ha Wiesen und Weiden.
(Nach: Human: Chronik der Stadt Hildburghausen, der Diözese und des Herzogtums. –
1886 und 1999 sowie Festschrift zur 600-Jahrfeier der Stadt Hildburghausen. – 1924)
Hildburghausen, vom Goldberg, der um die Wende zum 20. Jahrhundert noch landwirtschaftlichgenutzt worden ist.
Trinks-Postkarte nach einem Foto von Gustav Meffert, um 1910.
Sammlung Hans-Jürgen Salier
1885
Die Toten der israelitischen Gemeinde Simmershausens werden nicht mehr bei Weitersroda beigesetzt, sondern bei Gleicherwiesen.
28. Juni 1885
Hildburghausen wird nach Zürich und Regensburg die 3. Sektion (7. Sektion ist Rio de Janeiro) des international bedeutsamen und am 01.03.1883 gegründeten Bayerischen Philatelisten-Vereins München (Mitgliedschaft bis 08.02.1889). Am 30.07. erfolgt die Bestätigung des Magistrats Hildburghausen. Die Gruppe ist vermutlich der zweitälteste philatelistische Verein Thüringens.
4. Oktober 1885
† Armin Radefeld, Hildburghausen (Dr. phil.)
* 06.05.1817, Hildburghausen, Sohn Carl Christian Radefelds)
Pädagoge, Theologe
40 Jahre Lehrer am Seminar, 24 Jahre im geistlichen Dienst. Archidiakon der Neustädter Gemeinde, Ritter des Sachsen-Ernestinischen Hausordens, theologische, philosophische und historische Studien und Schriften, Beiträge zur Geschichte des Lehrerseminars. Mitarbeit an Meyers Conversations-Lexicon, Reisehandbuch über Thüringen u. a. m.
16. November 1885
Der Magistrat der Stadt begründet gegenüber dem Finanzministerium des Herzogtums Sachsen-Meiningen-Hildburghausen die Notwendigkeit des Umbaus des Stadttheaters.
Die Stadt umschreibt das Gesuch mit blumigen Worten:
„Das Publikum in Hildburghausen ist von jeher gewandt und kunstliebend, das beweisen ja auch ... die vielen musikalischen Aufführungen hierselbst, wissenschaftliche Vorträge und Vereine, der starke Besuch der theatralischen und musikalischen Aufführungen im Hoftheater zu Meiningen.“
Dabei nutzt die Stadt vermutl. den großen Ruf der sich ständig auf Europareisen befindlichen Meininger Theatertruppe. Die herzogliche Hofkapelle wirkt trotz der Reisetätigkeit in Meiningen weiter (1865 – 1880 unter Emil Büchner, 1880 – 1885 unter Hans v. Bülow, 1885/86 unter Richard Strauss, 1886 – 1903 unter Fritz Steinbach, 1911 – 1914 unter Max Reger). Mitglieder des Hildburghäuser Chorgesangvereins nehmen als Sänger an Aufführungen der Hofkapelle teil. 1889 fordert Bürgermeister Stocmeier mit dem Landbaumeister Carl Rommel von der Regierung 25.000 M mit dem Angebot, die Stadt wolle das Theater wieder herstellen und fernerhin unterhalten.
(s. 1891)
1885
Die Keller der Aktienbrauerei nahe dem Bertholdstor werden angelegt.
1885
Das Kreiskrankenhaus verpflegt täglich durchschnittlich 16 Personen, 1886 insgesamt 290. Neben einem Operationszimmer hat es 16 belegbare Zimmer.
Es ist „eine Heilanstalt für Kranke, einschließlich der an Körperverletzungen Leidenden aus dem ganzen Kreis, verpflegt hülfsbedürftige von einem Ortsarmenverband oder vom Kreis zu unterstützende Orts- oder Landarme, Handwerkspersonen und Dienstboten nach Leistung der betreffenden Beiträge, sowie gegen Erstattung der Kur- und Verpflegungskosten sonstige Kranke des Kreises, nicht jedoch notorisch Unheilbare. Beaufsichtigung und Leitung der Anstalt steht dem Herzogl. Landrat in Verbindung mit dem Krankenhausarzte zu, letzterem steht noch der Amtswundarzt zur Seite. Chefärzte waren seither Dr. Harnisch, Knopf, Berthot ...“.
(Human: Chronik der Stadt Hildburghausen, der Diözese und des Herzogtums. – 1886 und 1999, S. 448)
1. Januar 1886
Das Hildburghäuser Kreisblatt – Bilder aus der Zeit und dem Leben erscheint täglich. Außerhalb des Kreises wird die Zeitung als Tägliche Nachrichten vertrieben (Auflage ca. 4.000 Exemplare, nach 1914 = 9.600). Ab 1889 kommen Beilagen hinzu (Hausfrauen Schatzkästlein, Der Landwirt,Der Geflügelhof (1893), Für das musikalische Haus, Mitteilungen über Fischerei u. Teichwirtschaft, seit 1907 das Sachsen-Meiningische Kirchenblatt).
1886
Gründung der kaufmännischen Fortbildungsschule in Hildburghausen. Ostern 1902 lernen 24 Schüler unter der Direktion von Dr. Ortlepp.
1886
Der Meyers-Berg mit Turm geht von Robert Scheller in das Eigentum der Stadt über (nach einer anderen Quellen 1888).
1886
Die Werra-Eisenbahngesellschaft lehnt in ihrer Regie wegen der Finanzlage den Bau der Schmalspurbahn Hildburghausen – Heldburg – Lindenau/Friedrichshall ab. Schmalspurbahnen als Sekundärbahnen können wirtschaftlicher gebaut und betrieben werden.
(s. 11.03.1887)
2. August 1886
Nachdem ein Statut von 1869 die polizeilichen Vorschriften zu den Vorbauten, Trittsteinen, Sitzen, Warenfenstern, Wetterdächern, Dachrinnen, Gusssteinen sowie die Schuttablagerungen regelt, werden die finanziellen Verantwortlichkeiten festgelegt und 1888, 1898 erweitert: Die vorgeschriebenen Veränderungen haben die Hausbesitzer zu bezahlen, die Stadtkasse übernimmt die Neupflasterung, Umpflasterung und den Bau von Trottoirs (Bürgersteigen). Bei den Trottoirkosten tragen die Bürger ein Drittel, die Unterhaltung übernimmt die Stadt, für die Reinigung sind die Hausbesitzer verantwortlich.
1886
Neubau des Kartographischen Instituts Hugo Petters auf dem Alten Friedhof in der Coburger Straße.
Kartographisches Institut von Hugo Petters
Herbst 1886
An das Technikum wird die Bahnmeisterschule mit den Lehrfächern Erd-, Wege- und Eisenbahnbau angegliedert. Zizmann bezeichnet sie als Vorläuferin der in den Folgejahren an den preußischen Baugewerkschulen eingerichteten Tiefbauschulen.
1886
Dr. Rudolf Armin Human, seit 1874 hat er seinen Wohnsitz in Hildburghausen, veröffentlicht die„CHRONIK der Stadt, der Diözese und des Herzogtums HILDBURGHAUSEN“, eine der wichtigsten Editionen seines außerordentlich umfangreichen Schrifttums und im Südthüringer Raum überhaupt. Sie stellt für die Kirchengeschichtsforschung der Region eine unerschöpfliche Quelle dar. Zudem ist der Band dem 100. Jubiläum der Stadtkirche, der heutigen Christuskirche, gewidmet.
1999 erscheint der Band zur 675-Jahrfeier der Stadt Hildburghausen als repräsentativer Reprint im Verlag Frankenschwelle, Herausgeber ist Hans-Jürgen Salier.
1. Oktober 1886
Einrichten einer Haltestelle der Werra-Eisenbahn in Veilsdorf. Bis dahin besorgt ein fahrender Landbriefträger die Post von Hildburghausen nach Veilsdorf und Schackendorf.
Sammlung: Hans-Jürgen Salier
Schlossbibliothek (s. 01.02.1828) mit 6.700 Bänden wird für 6.050 M an die Firma Liebisch, Leipzig, verkauft. Der Kapitalabwurf soll für das Gymnasium und das Lehrerseminar verwendet werden.
1886
Im Jahr finden 14 Viehmärkte statt, ferner 4 Schaf-, 6 Schweine- und 6 Krammärkte. Die Märkte werden auch oft von Viehhändlern aus Norddeutschland besucht.
12. Januar 1887
Für die Schmalspurbahn Hildburghausen – Heldburg –Lindenau/Friedrichshall Abschluss eines Bau- und Betriebspachtvertrag mit der Lokalbahn-Bau- und Betriebsgesellschaft Hostmann & Co., Hannover.
Die Baukosten sind mit 750.000 RM veranschlagt (3,5 % Zinsen). Der Betrag wird von der herzoglichen Regierung zur Verfügung gestellt, sie erwirbt Grund und Boden für die Meiningische Staatsbahn.
Weitere Baukostenzuschüsse:
Für den Bahnbau sind insgesamt 15,02 ha Land erforderlich.
15. Januar 1887
Der Bahnhof wird von Häselrieth an Hildburghausen abgetreten.
(s. 02.11.1858)
12. Februar 1887
Gründung des Erziehungsvereins (Schulrat Dr. O. Rückert, Kirchenrat A. Sauerteig). Ziele u. a.: Eindämmen der Gefahr der Verwahrlosung, Unterbringung gefährdeter Kinder in geordneten Familien sowie in Erziehungs- und Rettungsanstalten. Überwachung der Entwicklung und Vorbereitung der Berufsausbildung.
1887
Redaktion und Expedition der Dorfzeitung werden voneinander getrennt, nachdem die Redaktion bereits 1886 in die Schellersche Villa (ehemals Druckhaus Offizin, heute Parkplatz) gekommen ist.
Druckerei der Dorfzeitung (Dr. L. Nonne’s Erben) in der heutigen Geschwister-Scholl-Straße,
bis 2006 Sitz derDruckerei Offizin Hildburghausen GmbH und des Verlags Frankenschwelle. Am 4. Juli 2008 ist der gesamteKomplex einschließlich der Scheller-Villa einer Brandstiftung zum Opfer gefallen. Dorfzeitung 1901.
Sammlung Hans-Jürgen Salier.
18. Februar 1887
In Sachsen-Meiningen wird per Gesetz der Schulzwang für taubstumme Kinder eingeführt. Die Leiter der Taubstummenschule, Karl Beer und Karl Steinrück, treten in den kommenden drei Jahrzehnten konsequent für die Trennung vom Seminar ein.
(s. 1890, 01.04.1920)
1887
Brand in der Unteren Marktstraße (heute: Haus des Uhrmachermeisters Klaus Kunath).
11. März 1887
Der Meininger Landtag erteilt die Zustimmung zum Bahnbau Hildburghausen – Heldburg – Lindenau/Friedrichshall, am 20.04. Genehmigung durch Reichs-Eisenbahn-Amt Berlin.
1887 – 1889
Bau des Schlachthofs (M 63.000), 1895 Anbau und Neueinrichtung (M 15.000).
1887 – 1901
Archidiakon Albert Sauerteig aus Eisfeld ist Superintendent, Ephorus, Oberpfarrer und Pfarrer der Stadtkirchgemeinde.
1888/89
Am Technikum Trennung der Maschinenbauschule von der Baugewerk- und Baumeisterschule. Parallelklassen werden gebildet.
16. Mai 1888
Die Hildburghäuser Freimaurerloge „Karl zum Rautenkranz“ veranstaltet anlässlich des 100. Geburtstags ihres einstigen Mitglieds, des Dichtergelehrten Friedrich Rückert, eine Gedenkfeier.
1888
Nach dem allmählichen Verfall der nach 1838 ausgeführten Kanalisation und der teilweise unhaltbaren hygienischen Zustände (2/3 der Abwässer der Stadt werden in den Kanal geleitet) beginnt man, Kanäle für Tonrohre mit einem Durchmesser von einem 3/4 m zu bauen. Die Abwässer werden am Münzrangen (heute: Schlosspark-Passage) in die Werra geleitet. Ab 1898/99 wird das Kanalsystem unter dem Architekten Konrad Volland grundhaft erneuert.
(s. 1898/99).
1888
Die große Häselriether Kirchenglocke zerspringt, die Glockengießerei Ulrich in Apolda fertigt eine neue. – Ein Gemeindebackhaus wird erbaut, und der Steinweg durch das Werratal wird instand gesetzt.
1. Juli 1888
Inbetriebnahme der 1. Teilstrecke (24,6 km) der Schmalspurbahn Hildburghausen – Heldburg (Abfahrt Heldburg: 5 Uhr, Ankunft 6.56 Uhr; erster fahrplanmäßiger Zug: 8.15 Uhr ab Hildburghausen), am 24.11. Festtafel im Hotel zum Schwan.
14. August 1888
† Johann Friedrich Hofmann (Dr. phil.), Ilmenau
* 18.04.1813, Coburg
Germanist, Journalist, Schriftsteller
27. Oktober 1888
Brief-, Paket- und Personenpost aus dem Bereich über Hildburghausen nach Schleusingen wird nach Inbetriebnahme der Nebenstrecke der Werra-Eisenbahn Themar – Schleusingen über Themar abgewickelt.
01.12.1888. Übergabe 2. Teilstrecke (4,7 km) der Schmalspurbahn Heldburg – Lindenau/Friedrichshall.
Bahnpost: Auf der Bahn gibt es seit Betriebsbeginn Posttransporte unter Begleitung von dem vom Postamt zugewiesenen Schaffnerposten (ausgenommen Inflationszeit). Die (teilweise umgearbeiteten) Postsendungen erhalten im Pack/Postwagen den Kursstempel der Bahnpost. Ein Frühzug wird z. B. zur Beförderung von Zeitungssendungen durch das Zugpersonal genutzt.
24. November 1888
Einweihung der Schmalspurbahn Hildburghausen – Heldburg – Friedrichshall. Baurat Hostmann und Ingenieur Mählmann wird während einer Festtafel im „Hotel zum Schwan“ ein Staatsorden verliehen.
Stationen der Schmalspurbahn
Hildburghausen – Heldburg – Lindenau/Friedrichshall
2. April 1889
Der Erste Bürgermeister Hildburghausens, Ernst von Stocmeier erhält das Ritterkreuz II. Klasse des Ernestinischen Hausordens verliehen.
28. August 1889
Der nachweislich bedeutendste Schafmarkt mit ca. 5.000 Schafen wird abgehalten.
Die Schafzucht spielt in und um Hildburghausen eine wichtige Rolle, die allerdings mit der Abschaffung der Dreifelderwirtschaft im 19. Jahrhundert (Fruchtfolge: Brache – Wintergetreide – Sommergetreide, an Stelle der Brache werden nun Hackfrüchte angebaut) relativ unwichtig wird.
4. September 1889
Hildburghausens Bürgermeister Ernst von Stocmeier wird in Anerkennung seiner Leistungen für die Stadt Heldburg der Ehrenbürgerbrief überbracht (Bau der Kleinbahn).
1889
Das Meldewesen wird in Hildburghausen eingeführt. Gleichzeitig beginnt eine Inventarisierung aller im Stadtbesitz befindlichen Gegenstände.
1. September 1889
Die Nachtwächterstelle wird abgeschafft, drei weitere Polizeistellen werden eingerichtet.
1889
Nach dem Tod von Dr. Hermann Knopf als Vorstand des Sanitätswesens fungiert Dr. Richard Berthot (bis 1880 MR Dr. W. Harnisch).
6. Oktober 1889
Dr. Hans Meyer (1858 – 1929), Enkel J. Meyers, besteigt als erster Mensch (mit Ludwig Purtscheller) den Kilimandscharo, den höchsten Berg Afrikas.
1889
Der Friedhof an der Kirche in Häselrieth wird erweitert, hinzu kommt der Garten der alten Schule.
1889
Die Geländefläche der Irrenanstalt beträgt 62,5 ha, 448 Kranke sind untergebracht. Das Belvedere (wird nach 1945 als Kindergarten und Wohnhaus genutzt) für 38 Männer, die Herrenvilla für 2 Männer, Herren der sog. Pensionärsklasse (wird beim Bombenangriff 1945 zerstört), das Richtershaus (sog. Parkhäuschen) für fünf Frauen ohne Wärterin werden fertig gestellt.
15. Oktober 1889
„... abends 7 Uhr erschien hellleuchtend in der Richtung von O. nach W. ein Meteor und teilte sich im Niederfallen in mehrere bunt leuchtende Kugeln, von denen einige rötliche, andere bläuliche Färbung zeigten. Während die bunten Teile für einige Augenblicke am Abendhimmel festzustehen schienen, schoß gleichzeitig ein weißer, langer Strahl weiter, bis auch dieser hinter dichten Wolken verschwand.“
(Human: Chronik der Stadt Hildburghausen. – 1908, S. 71)
8. Dezember 1889
Nach dem Reichsgesetz zu den Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften beschließt die Generalversammlung der Vereinsbank die beschränkte Haftpflicht, und die Bank wird in Vereinsbank e.G.m.b.H. umgeändert. In Thüringen ist das die erste derartige Umwandlung. Bis zum Ausbruch des Weltkriegs nimmt das Finanzunternehmen eine erfolgreiche Entwicklung. Bereits 1891 übersteigt das Betriebskapital die erste Million bei einem Gesamtumsatz von ca. 12 Mio. Mk.
12. Februar 1890
Wegfall des Chaussee- und Brückengelds. Wegen Einnahmeminderung erhalten die Gemeinden Entschädigungen vom Staat. Unternehmer, die mit ihren Fuhrwerken die Straßen zu stark strapazieren, müssen eine gewisse Abgabe zahlen. Die bisherigen mit Schlagbäumen versehenen Chausseegeldhebestellen werden aufgehoben: am Ende der Neustadt, Spital am Römhilder Weg, Zollhof (nahe Stadttheater) beim Tivoli (Höhe Eisfelder Straße/Winzergasse).
21. Februar 1890
Staatsminister Dr. Friedrich Heim werden in Anerkennung seiner Leistungen für die Stadt Hildburghausen, vor allem für den Bahnbau Hildburghausen-Heldburg-Friedrichshall, die Ehrenbürgerrechte verliehen.
Seit 1890
Auf dem Gelände des ehemaligen Friedhofs in der Coburger Straße (1820 geschlossen) entsteht ein Villenviertel.
1. April 1890 bis 31. März 1893
Franz Hochrein, Besitzer des Gasthofs Rautenkranz, ist Posthalter.
Hochrein ist unter dem Namen „Ritter Dudelsack vom Clavicymbolum“ Mitglied der „Colonie Hildburgia“ der „Schlaraffia“.
Blick in die Obere Marktstraße. Links das Hotel „Rautenkranz“.
Ansichtskarte, um 1900
Einweihung der Turnhalle in der heutigen D.-Dr.-Moritz-Mitzenheim-Straße (ab DDR-Zeit im Volksmund Wabnitz-Halle genannt).
Turnhalle und Garten des Turnvereins (sogen. „Wabnitz-Halle“).
Ansichtskarte, um 1900.
Verlag Heinrich Reissig, Hildburghausen.
Sammlung Hans-Jürgen Salier
1890
Die Seminaristen werden von der Pflicht entbunden, am Unterricht an der Taubstummenschule teilzunehmen.
(s. 18.02.1887, 01.04.1920)
1890
Gründung eines Vereins zur Hebung der Geflügelzucht und des Vogelschutzes, der eine große Ausstrahlung auch auf die Landbevölkerung hat: Ausstellungen, Zucht von Rassegeflügel, Tauben, Hühnern, Enten, Gänsen, Zier- und Singvögeln.
1890
Die Aktienbrauerei (Sitz in der Knappengasse) kauft den Gasthof zum Goldenen Hirsch (heute: Puschkinplatz 2, Arbeitsamt) und verpachtet ihn. An den Gasthof wird der Kaisersaal angebaut, der bis zu seinem Abriss 1994 über die Jahrzehnte hinweg ein kultureller Mittelpunkt der Stadt und des Kreises ist.
1890
Im Orts- und Landbestellbezirk der Reichspost gibt es 23 Briefkästen, 3 amtliche Postwertzeichenverkaufsstellen, später 7.
Zum Landbestellbezirk gehören: Adelhausen, Bedheim, Birkenfeld, Bürden, Ebenhards, Eishausen, Friedenthal, Friedrichsanfang, Häselrieth, Heßberg, Leimrieth, Massenhausen, Pfersdorf, Reurieth, Roth, Steinfeld, die Meierei, Stressenhausen, Sophienthal, Wallrabs, Weitersroda, Zeilfeld.
Postaufkommen 1890
Die Verlagspostanstalt setzt 3.708.795 Zeitungsexemplare ab (täglich ca. 12.000 Stück, die in 1.600 Paketen oder Säcken versandt werden). Das Postamt steht mit ca. 900 Postanstalten in Zeitungsabrechnung.
Mit steigenden Einwohnerzahlen und Ansiedlung weiterer Gewerbe- und Industriebetriebe erhöht sich das Postaufkommen bis 1905 auf das Zweieinhalbfache.
Trotz des Monopols der Reichspost und des Verbots einer privaten Postbeförderung haben sich noch Relikte der Botenpost erhalten. Zweimal wöchentlich kommt beispielsweise eine Bötin von Römhild nach Hildburghausen oder die Bedheimer Mine (eine außerordentlich trinkfeste Dame). Letztere besorgt vor allem für die Bedheimer Arzneimittel und auch Briefe.
Der fesche Postbote auf der Postkarte fungiert als Werbeträger für die Stadt Hildburghausen. Auf seineraufgeklebten Briefetasche (Lederimitat – Materialmontage, Applikation) befindet sich ein Leperello mit zehn Hildburghäuser Ansichten im Format 4 cm x 2,5 cm, um 1905 – 1910
Überhaupt sind Postkarten erst Mitte der neunziger Jahre des 19. Jahrhunderts von einem größeren Benutzerkreis verwendet worden, weil deren Versand erst um 1870 gesetzlich geregelt worden ist (älteste bekannte von 1867), als es noch als unmoralisch galt, „offene“ Mitteilungen zu versenden. Mit dem Einsatz der Chromolithographie erlebt die Ansichtskartenherstellung eine förmliche Revolution.
Sammlung Hans-Jürgen Salier
13. Dezember 1890
Harmsen Wilhelm Rathke und seine Mitarbeiter setzen sich für die Verstaatlichung des Technikums ein. Mit Landtagsbeschluss (21.11.1891) wird es unter die Oberleitung des Herzoglichen Staatsministeriums gestellt. Das Technikum bekommt den Status einer öffentlichen Anstalt. Der Direktor und einige Dozenten werden Staatsbeamte. Rathke wird zum Herzoglichen Direktor ernannt. Der Beschluss wird am 25.11.1891 wirksam.
1890
Häselrieth hat 528 Einwohner.
1890
Verkehrsaufkommen der Werrabahn: 1.265.733 Personen und 582.253 t Güter.
1890 – 1895
Die vom Feuerteich in die Stadt führenden Wasserleitungen zur Feuerbekämpfung aus behauenem Sandstein erhalten eine Tonrohrfassung.
18. April 1891
Großbrand in Römhild. 32 Wohnhäuser und eine große Zahl an Nebengebäuden werden vernichtet. Hildburghausen leistet Hilfe und entsendet zur Brandbekämpfung Feuerwehr und Militär.
1891
Der 1836 in Hildburghausen geborene und 1897 in Meiningen verstorbene Prof. Dr. phil. Ludwig Grobe veröffentlicht in der Kunst- und Verlagsanstalt von Junghanns und Koritzer den zum numismatischen Standardwerk gewordenen Titel „Münzen des Herzogtums Sachsen-Meiningen“
1891
Max Zapf gründet eine Kupferstecherfirma, nach 1905 nennt sie sich Kartografisches Institut, nach 1930 Kartografische Kupferstichanstalt.
In Häselrieth besteht bis 1945 eine Kupferstichanstalt von Richard Schmidt.
1. Mai 1891
† Eduard Schönfeld (Prof. Dr. phil. habil.), Bonn
* 22.12.1828, Hildburghausen
Astronom, Universitätsrektor
8. Juli 1891
Das Grab der Dunkelgräfin am Schulersberg wird von Dr. R. A. Human, dem Stabs- und Bataillonsarzt der 95er, Dr. v. Mielecki, und einem Totengräber geöffnet. Nach Freilegen der Gruft findet man einen vermoderten Sarg mit dem Skelett einer erwachsenen weiblichen Person und Reste weißer Atlasschuhe. Der Stabsarzt stellt fest, dass die Tote 58 Jahre alt sein könnte. Das entspricht dem Alter der Königstochter Marie Thérèse Charlotte von Frankreich.
1891
Die neue Verbindung zwischen Helenenstraße und Coburger Straße wird hergestellt, sie erhält den Namen Charlottenstraße.
Die Straße wird nach der Erbprinzessin Charlotte, der nachmaligen Herzogin Paul v. Württemberg, einer Wohltäterin der Stadt, benannt.
Nach 1901 fallen die Bezeichnungen Am Münzrangen und Allee weg, und der gesamte Straßenzug erhält den Namen Charlottenstraße.
Auch im Dritten Reich behält die Straße ihren Namen. Erst in der DDR-Zeit wird sie umbenannt in Clara-Zetkin-Straße, nach der Begründerin der deutschen. und internationalen proletarischen Frauenbewegung.
17. August 1891
* Moritz Arthur Franz Ludwig Mitzenheim, Hildburghausen
† 04.08.1977, Eisenach
Sohn des Seminarlehrers und Organisten Heinrich Mitzenheim und seiner Ehefrau Anna Fanny geb. Luther, Lichtenhain.
Pfarrer, Landesbischof, Ehrenbürger der Stadt Hildburghausen
1891
Die Hofgärtnerei kann sich bis 65 Jahre nach Wegzug des herzoglichen Hofes halten, bis das Gartenland am Absatz an die Besitzer der Häuser in der Schlossgasse verkauft wird.
1891
Mit der Einführung der preußischen Landgemeindeordnung haben alle Orte die gleiche Verfassung, so auch Gerhardtsgereuth und Neuendambach. Die Gemeinden werden von der Gemeindevertretung verwaltet. Sie besteht aus dem Gemeindevorsteher, den Schöffen und den Gemeindeverordneten.
Der Kreis Schleusingen wird von 12 Amtsbezirken verwaltet. Gerhardtsgereuth und Neuendambach gehören zum Amtsbezirk Wiedersbach (Wiedersbach, Gerhardtsgereuth, Neuendambach, Gottfriedsberg, Geisenhöhn, Ratscher, Heckengereuth).
26. September 1891
Tagung des Thüringer Städtetags in Hildburghausen. Am 25.09. gibt es ein Konzert des Köhlerschen Gesangvereins und der Liedertafel im renovierten Stadttheater.
Feierliche Wiedereröffnung des Theaters mit Herzog Georg II. und Freifrau v. Heldburg. Aufgeführt wird Lessings Minna von Barnhelm. Bürgermeister Ernst v. Stocmeier hält die Festrede. Anschließend fährt das Herzogspaar nach Heldburg und besucht die Veste.
Renovierung und Anbauten am Stadttheater. Seit 1885 ist man bemüht, das verfallende Theatergebäude für weitere Aufführungen zeitgemäß herzurichten, auch eine Bürgerinitiative entsteht. Streitpunkt ist anfangs, ob städtische Kosten oder der Domänenfiskus die beträchtlichen finanziellen Aufwendungen tragen sollen. Unter der Protektion von Georg II. kommt es 1889 zu entsprechenden Vereinbarungen. Die Regierung stellt 25.000 M zur Verfügung. Die Umbauten kosten insgesamt ca. 75.000 M, davon bringt die Stadt 2/3 auf, eine namhafte Spende kommt ferner von Rentier Heinrich Wilhelm Gadow aus Coburg.
Mit der Einweihung des Theaters nimmt das ohnehin bedeutende künstlerische Bemühen eines Teils der Bürgerschaft einen weiteren großen Aufschwung. Das Theater ist ein Markstein der Entwicklung Hildburghausens zu einer modernen Stadt. Dazu kommt, dass die inzwischen weltberühmten und Theatergeschichte schreibenden Schauspieler unter Herzog Georg II. ihre hohe Kunst regelmäßig in Hildburghausen demonstrieren und ein begeistertes Publikum finden. Das Theater wird für die nächsten Jahrzehnte zur zweiten Bühne der Meininger, aber auch andere bekannte Bühnen zeigen in Folge ihr Können, vor allem während der Zeit der Meininger Theaterferien, so z. B. in der Osterzeit 1892 mit 23 Vorstellungen das fürstliche Hoftheater Rudolstadt. Zudem spielt die stadteigene Musikpflege mit ihren Chören, besonders der Köhlersche Gesangverein.
Die Theaterspielpläne in Hildburghausen in der Zeit vor der Jahrhundertwende bis zum Ersten Weltkrieg sind sehr vielgestaltig für das aufgeschlossene Theaterpublikum: klassische Dramen, Schauspiele des Naturalismus (Björnson, Ibsen, Anzengruber, Sudermann, Hauptmann, Freytag u. a.), moderne Dramen vor allem junger deutschsprachiger Literaten (z. B. Ludwig ThomaLokalbahn), aber auch anspruchslose Komödien. Der Herzog setzt sich für die Aufführung bekannter und unbekannter Theaterstücke Otto Ludwigs ein.
1892
Mit dem Technikum und der Garnison erhöht sich die Zahl der Katholiken in Hildburghausen beträchtlich, ca. 240 Personen, davon 88 Techniker und 51 Soldaten. Pfarrer Hennemann will eine Seelsorgestelle in Hildburghausen einrichten und bemüht sich bei der Landesregierung in Meiningen und beim Bischöflichen Ordinariat in Würzburg.
1. April 1892
Für Süddeutschland gilt die Mitteleuropäische Zeit, Sachsen-Meiningen gehört dazu, ab 01.04.1893 auch Norddeutschland. Auf dem Stadtberg ist ein Trigonometrischer Punkt 2. Ordnung errichtet (Fahnenstange des Aussichtsturms), Breite: 50° 22' 52,5267", Länge 28° 23' 24,2750".
9. April 1892
† Friedrich Albert Laurich, Hildburghausen
* 10.01.1815, Frauenprießnitz
Jurist, Thurn und Taxisscher Postmeister
Letzter Thurn und Taxisscher Postmeister von 1845 – 1867, studierter Jurist, klassische Bildung, jahrzehntelang überaus produktiver Mitarbeiter der Dorfzeitung, verfasst vor allem Reisebeschreibungen über Italien, die Schweiz und Tirol.
1892 – 1914
Dr. Otto Rückert (ehemals Kreisschulinspektor) leitet das Lehrerseminar. In seiner Amtszeit erhält die Lehrerbildungseinrichtung u. a. zwei neue Gebäude (Übungsschule und Taubstummenanstalt sowie Seminargebäude), ferner wird das Internat in der Schleusinger Straße ausgebaut.
1. Mai 1892
Das „Gasthaus zum Schwarzen Bären“ am Hirschplatz 340 (heute Puschkinplatz) wird mit der Eröffnung des neuen Postgebäudes in „Gasthaus zur Post“ umbenannt. Besitzer ist seit 1888 Julius Knab, der eine Restauration und ein Fleischgeschäft betreibt.
8. Mai 1892
Staatssekretär Heinrich Stephan (Initiator und Mitbegründer des Weltpostvereins – UPU) besichtigt den Neubau des Mietpostgebäudes in der Bernhardstraße (heute: Rückertstraße).
Auf dem Postgelände hat sich vorher die Schlossmühle befunden, das fürstliche Brauhaus, später im Brauhaus der Kupferschmied Fischer, die Meerschaumfabrik Rudolf Schellers und von 1876 – 1891 die Maschinenfabrik Wilhelm Reinhardts.
Auf dem Gelände hat Ludwig Georg Kümmelmann, Hofrat des Prinzen Joseph, höchster Beamter der von Kaiserin Maria Theresia eingesetzten Debitkommission zur Sanierung der Finanzen des Fürstentums Sachsen-Hildburghausen und Mitbegründer der Loge, ein Gartengrundstück auf einem felsigen Hügel, nach englischem Muster angelegt. Auf einem Rondell, mit Kastanien begrenzt, befindet sich ein strohgedecktes Bauernhaus und die nachempfundene Ruine einer Ritterburg, umgeben mit Gehölz und Blumenanlagen, das 1796 in den Besitz des Prinzen Georg kommt. Das Gebäude wird später das berühmte Battische Lokal (das Gelände wird auch Battis Garten genannt), in dem sich die „feine Gesellschaft“ trifft.
27. Mai 1892
Der Platz zwischen Stadttheater und Kanal wird nach Helene Freifrau v. Heldburg, der dritten Gattin Herzog Georgs II., Helenenplatz benannt. Sie gehört zu den bedeutendsten Schauspielerinnen ihrer Zeit und ist Förderin des Theaters und der Kultur in Hildburghausen.
Neues Postgebäude in der heutigen Friedrich-Rückert-Straße wird geweiht.
Das geweihte Mietpostgebäude der Kaiserlichen Reichspost .
Verlag Heinrich Reissig, Hildburghausen, 1904
Frontispiz der 1892 in der Hofbuchdruckerei von F. W. Gadow & Sohn hergestellten und verlegten Denkschrift zur Weihe des neuen Postgebäudes am 1. Juli 1892 „Geschichte des Postwesens von Hildburghausen“ von Armin Human, Doktor der Rechte und der Phil., Licent. der Theol. u. Mitglied der Kgl. H. G. Akademie von Pisa.
1892
Das Technikum ist alleiniger Hausherr des Gebäudes in der Oberen Marktstraße 44, ausgenommen die Technische Buchhandlung von Otto Pezold.
Trotzdem ist das Technikum bald überfüllt, Hauptursache ist der gute Ruf, den sich die Lehranstalt im Reich erwirbt. Die bauliche U-Form des Gebäudes wird 1893 zum Viereck geschlossen (zur Schlossgasse bzw. zur heutigen Johann-Sebastian-Bach-Straße hin), damit werden sechs große Lehrräume geschaffen. Ferner sind Klassen in andere Gebäude der Stadt ausgelagert: eine Klasse der Maschinenbauer in der benachbarten Bürgerschule, ein Laboratorium, 3-PS-Gasmotor, Lehrerzimmer, eine Bauklasse im Haus des heutigen Caritas Alten- und Pflegeheims St. Laurentius (damals im Besitz von Fabrikbesitzer Schultze), zwei Bauklassen im Gebäude der Gaststätte Thüringer Hof in der Unteren Braugasse.
30. August 1892
Baugewerk- und Baumeisterschule des Technikums werden vom Verband Deutscher Baugewerksmeister als anerkannte Bauschule aufgenommen.
1. Oktober 1892
Werktags zweimal wird eine Paketzustellung mit einem Pferdegeschirr vorgenommen, im Weltkrieg nur eine.
1892
In Häselrieth wird die Separation von der Königlich-Preußischen Spezialkommission Merseburg für 6.000 Mark durchgeführt.
20. Januar 1892
† Amandus Schönewolf, Schmiedefeld
* 1831, Schnett
Pädagoge, Kantor, Chorleiter
Lehrer in Sonneberg und Hildburghausen, 1850 Kantor der Stadtkirche, Gründer eines Chorvereins, aus dem der Kirchenchor hervorgeht.
1. April 1893 bis 30. September 1903
Der Gastwirt Truckenbrodt aus Eisfeld ist Posthalter in Hildburghausen.
1893
Sozialdemokratischer Parteitag des ersten Meininger Wahlkreises in Hildburghausen.
März 1893
Die Baptistengemeinde Schmalkalden mit Coburg, Hildburghausen und Eisfeld als separates Gemeindegebiet wird gegründet.
30. Juli 1893
Gedächtnistafel für Carl Maria v. Weber wird zum 50-jährigen Jubiläum der Liedertafel am Haus Obere Marktstraße 43 (Goldschrift auf schwarzem Hartglas) angebracht:
„Hier wohnte
Carl Maria von Weber
1796 – 1797“.
Gedächtnistafel für Carl Maria von Weber.
Obere Marktstraße 43
Fotos: Ines Schwamm
8. August 1893
Die Blindenschule (1887 gegründet) brennt ab und wird nicht wieder aufgebaut. Ihr Standort ist am ehemaligen Bauhof (heute: Staatliche Regelschule Joliot-Curie). Die Kinder sind nicht in einem Internat, sondern in Familien untergebracht. Verdienste erwirbt sich der Blindenlehrer Adolf Geuther.
(s. 15.09.1948)
18. August 1893
Gründung der Gaststätte Thüringer Hof als Speisegaststätte (ab 21.07.1896 offizieller NameThüringer Hof). Inhaber ist Max Mitzenheim. Ab 13.09. erhält er die Konzession zum Ausschank von Bier und Branntwein.
1893
Dürrejahr, Missernte.
1893
† Ludwig Nonne, Manebach
* 03.03.1831, Hildburghausen
Buchhändler, Verleger
Romanautor (anonym): Georg Diepold, 1881 (Bauernkriegsroman).
1893
In die Theaterbrücke in der Coburger Straße werden zwei Stahlträger eingezogen. Sie erhält einen verbreiterten Fahrweg und 2 Bürgersteige zum Preis von 3.845 M.
(s. 1905)
1893
Die 1795 im Pariser Staatsgefängnis geschriebenen Memoiren der Madame Royale, der vermutlichen Dunkelgräfin, kommen durch Erbschaft an die Herzogin v. Madrid. Sie sind damit für die Öffentlichkeit und Forschung zugänglich.
1894
Kanalisierung des Spitalbachs, der bislang ein Krankheitsherd für die Anwohner darstellt. Der Bach wird durch italienische Arbeiter eingeebnet. Ferner wird die alte Kanalisation ersetzt durch eine mit Tonrohren. Wasser und Abwässer werden in die Werra geleitet.
(s. 1898/99)
1894
Das Technikum erhält für die auf der Thüringer Gewerbe- und Industrie-Ausstellung in Erfurt ausgestellten Arbeiten die höchste Auszeichnung, die silberne Staatsmedaille.
1894
Das 1893 in Häselrieth (Häselriether Straße) von Friedemann Bechmann gegründete Thüringer Gipswerk geht nach drei Monaten in Konkurs. Es wird von den Hildburghäuser Geschäftsleuten Dr. v. Ried, Wilhelm Genßler und Gustav Lorbach gekauft, zur Glashütte umgebaut und am 22.04.1895 als Glashütte Hildburghausen in das Handelsregister eingetragen. Zur Werrabahn besteht ein Gleisanschluss. Die Hütte wird zu einem der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren in der Region.
Die Flaschenverschlussfabrik von Wilhelm Genßler (die von E. Sendelbach begründete Firma wird von der Neustadt [in einem Hinterhaus der Schleusinger Straße, zwischen Kreissparkasse und Schülerheim] nach Häselrieth verlagert) vereinigt.
1896 werden in der Glashütte beschäftigt:
3 Hüttenmeister, 250 Arbeiter, 60 Handlanger (Höchstbeschäftigtenzahl 380).
Hergestellt werden Flaschen jeder Art. (s. 1908) Die Fabrik entwickelt sich zu einem modernen Unternehmen. Täglich werden bis zu 18.000 Flaschen ausgestoßen.
Die Glashütte ist in den Folgejahren Verursacher gravierender Umweltschäden, u. a. ist sie Ursache eines großen Baumsterbens am Häselriether Berg.
Nahe der Glashütte werden einige Häuser für die Arbeiter erbaut. Die Einwohnerzahl Häselrieths steigt 1895 auf 830, 1897 sind es bereits 1.025.
- Die Glashütte und weitere Industrieansiedlungen haben auch Auswirkungen auf das benachbarte Wallrabs. Rechts der Römhilder Straße siedeln sehr viele Beschäftigte der Betriebe, die teils aus ganz Deutschland kommen. Neu-Wallrabs entsteht. Als ältestes Haus kann das einstige Gasthaus„Zur Jägersruh“ angesehen werden (einst Bauerngehöft, dann Hufschmiede, seit 09.02.1868 Bierwirtschaft von E. Berghof, seit 1871 „Zur Jägersruh“ anlässlich eines Preisschießens).
Lithographie-Karte aus Häselrieth um 1900 mit Ansichten zweier bedeutender Industrieanlagen:
Glashütte und Dampfsägewerk. In Verklärung hat man auch noch eine historische Eisenbahn auf die Gleise der Werra-Eisenbahn gestellt.
Bahnhof und Teile der Industrieanlagen in Häselrieth, um 1905.
Sammlung Hans-Jürgen Salier
1894
Anlässlich des 50-jährigen Dienstjubiläums am Gymnasium Georgianum erhält der Geheime Hofrat Ernst Rittweger neben vielen Ehrungen die Ehrendoktorwürde (Doctor philosophiǽ) der Universität Jena und die Ehrenbürgerrechte der Stadt Hildburghausen.
Das vom Architekten und Baumeister August Berger in der Unteren Marktstraße errichtete Gebäude
mit dem im Mai 1894 eingeweihten Café Hoffmann (später Café Lammert) stellt für die Gastronomie einen Höhepunkt dar. In der “Dorfzeitung“ heißt es: „Am Pfingstsonntag wurden sämtliche Gesellschaftsräume, Billardzimmer usw., die das Erdgeschoß und den ersten Stock des Vordergebäudes einnehmen, eröffnet worden … Merkwürdigerweise stehen an der Spitze des für hiesige Verhältnisse ziemlich groß angelegten Geschäfts, mit dem auch Konditorei verbunden ist, zwei Vertreterinnen des ‚Schwachen Geschlechts‘, die Geschwister Hoffmann, die jedoch durch ihre Geschäftsführung diesen für die holde Weiblichkeit viel gebrauchten Ausdruck gründlich Lügen strafen.“
Oktober 1894
Der Obst- und Gartenbauverein wird gegründet (32 Männer), der hinfort einen bedeutenden Einfluss auf die Entwicklung der Stadt hat, vor allem nach der Separation. 1906 werden auf städtischem Besitz 1.000 Obstbäume gepflanzt.
(s. 1919)
15. Dezember 1894
† Wilhelm Simon, jüdischer Herkunft
* 07.03.1818
Kaufmann, Spielwarenfabrikant, Kommerzienrat
Nach Besuch der Handelsschule und Handelstätigkeit in diversen Branchen in Hildburghausen und Karlsruhe (1838 – 1844): Exportgeschäft für Spielwaren, vor allem nach Paris. Er vervollkommnet selbst die Fabrikate und macht Erfindungen. Er trägt zum Aufschwung der Spielwarenfabrikation in Deutschland bei. 1868 Gründung einer Porzellanfabrik mit C. Halbig in Gräfenhain bei Gotha. 1881 Ernennung zum Kommerzienrat, 1886 Vorsitzender der Handels- und Gewerbekammer des Kreises. Mehrere Stiftungen für soziale Zwecke (Kreiskrankenhaus, Stadtschule, Diakonissenfonds, Synagoge, israelitischer Friedhof).
1894
Häselrieth bekommt für 44.000 Mark eine Hochdruckwasserleitung, 1912 wird das Wasserleitungsnetz erweitert.
1895
Gründung des Ortsvereins der Buchdrucker.
1. April 1895
Benennung des unteren Straßenzugs der heutigen Schleusinger Straße nach Reichskanzler Otto Fürst v. Bismarck in Bismarckstraße (ab 1949 Schleusinger Straße).
Bismarck erhält zu seinem 80. Geburtstag die Ehrenbürgerrechte der Stadt verliehen.
1895
Von der Maschinenbauschule des Technikums wird die Elektrotechnikerschule abgegliedert. Beginn der Planungsarbeiten für das Neue Technikum in der Helenenstraße.
1895
In Häselrieth wird eine Filiale der 1868 (Sitz in Mannheim, 1908 München) gegründeten Kommanditgesellschaft Mohr & Co. (Dampfsägewerk und Holzgroßhandlung) für die Laubholzverarbeitung errichtet. In dem Werk arbeiten bis zu 100 Beschäftigte.
(s. 1916)
Geschäftsführer ist Ernst Hochrein, der sich außerordentliche Verdienste beim weiteren Ausbau des Werks erwirbt und 58 Jahre in der Firma tätig ist.
Lithographie. Blick vom Häselriether Berg nach Hildburghausen.
Im Vordergrund an der Bahnlinie ist ausschnittsweise neben den holzverarbeitenden Betrieben das am 22, April 1895 als Glashütte Hildburghausen eingetragene Werk zu sehen, das sich mit bis zu 380 Beschäftigten zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor der Region entwickelt.
Verlag von Gustav Dietz, Buchbinderei und Schreibwarenhandlung, Hildburghausen, 1905
12. bis 14. September 1895
Das Lehrerseminar begeht sein 100-jähriges Jubiläum, das mit 500 Gästen ein glanzvoller kultureller und bildungspolitischer Höhepunkt für die Stadt wird.
Festakt in der Gymnasialturnhalle – Festrede: Dr. Rückert und Schulrat Dr. Schmidt, Meiningen; Festgottesdienst in der Neustädter Kirche: KR Sauerteig, Festessen im „Goldenen Hirsch“ mit 320 Personen, 1.000 M Stiftung der Witwe Nonne. Bis zum Zeitpunkt haben 70 Lehrer an der Einrichtung gewirkt und ca. 1.300 Lehrer ausgebildet. In den Folgejahren erlebt die Einrichtung einen weiteren Aufschwung und entwickelt sich zu einer für die Zeit relativ modernen pädagogischen Einrichtung, in der vor allem die musische Ausbildung einen hohen Stellenwert hat, aber auch die mathematisch-naturwissenschaftliche.
1895
Der Inhaber der Holzwarenfabrik August Schultze in Hildburghausen lässt ein Pneumatik-Fahrrad für mehrere Länder patentieren. Der Rahmen besteht aus zwei gebogenen Holzleisten von ca. 3 cm x 4 cm Stärke, befestigt am Steuerkopf. An den Leisten sind Tretlager, Hinterrad und Sattel befestigt. Die Räder bestehen aus Holz, die Gabel aus Stahlrohr. Das Modell setzt sich nicht durch.
27. Juni 1895
Auf Anregung des Hoffischers Carl Schüerholz (Schlossgasse) kommt es zum Gemeinderatsbeschluss zur Aushebung des Kanals mit einer Sohlenbreite von 13 m und einer Wasserspiegelbreite von 16 1/2 m (Kosten: 20.000 M).
Der Aushub wird im Park ausgebracht. Mit der Generalreinigung werden die inzwischen verwahrlosten Promenaden am Kanal (Philosophenweg, Seufzerallee) instand gesetzt, die 1883 im Osten und Süden errichteten Brücken werden wieder abgebrochen und eine neue durch C. Binder errichtet. Am 22.09.1896 wird wieder Wasser eingelassen. Der Wunsch, den Kanal mit einem tiefen Wasserstand und mit zwei Flutgräben zum Durchspülen freizuhalten, erfüllt sich auch in der Folgezeit nicht.
Der Kanal und das Umfeld des Schlossparks spielen auch ein Dreivierteljahrhundert nach Wegzug des Hofs eine große Rolle: „Schlittschuhfahren wird Damen und Herren ermöglicht durch Abonnementsbillets zu M 2, Schülern zu M 1, sowie durch sonstige Eintrittskarten an Erwachsene für 10 Pfg. und für Kinder unter 14 Jahren für 5 Pfg. Eisfeste und Lampions und Fackelzug unter den frischen Klängen der Militärkapelle bilden Höhepunkte des Eissports, ein von B. Friedrich erbautes und von der Stadt um 200 M übernommenes Kanalhäuschen birgt dazu allerlei kulinarische Genüsse. – 1884 wurden die Kastanien an der Nordseite des Kanals unter Bürgermeister W. Gadows Leitung gepflanzt.“
(Human: Chronik der Stadt Hildburghausen. – 1908, S. 54 f.)
16. Juli 1895
Per Gesetz übernimmt die Königlich-Preußische Eisenbahnverwaltung (Vertrag 06.03.1895) die Werra-Eisenbahn, ebenso die Nebenstrecken (Hildburghausen – Heldburg – Lindenau/Friedrichshall und Eisfeld – Unterneubrunn).
1895
Gründung des Sängerbundes in Bürden.
1895
Das Orangeriegebäude (Sachsenburg, heute: Stadtverwaltung) wird an den Hoflieferanten Louis Schmidt verkauft (20.000 M), auch das Treppchen erwirbt er mit, das 1907 in den Besitz der Stadt kommt.
2. Dezember 1895
Nach der Volkszählung leben im Herzogtum insgesamt 1.487 Juden, davon 378 männlich, im Kreis Hildburghausen 447, davon 198 männlich, im Amtsgerichtsbezirk Hildburghausen 68 männlich und 80 weiblich.
Marktplatz mit Altem Brunnen, vor 1900.
Sammlung Hans-Jürgen Salier
1895/96
Im Wintersemester studieren am Technikum 874 Schüler, die von 21 Lehrern unterrichtet werden.
1895 – 1907
36 Stipendiaten der Krupp-Stiftung besuchen das Technikum.
Frühjahr 1896
Beginn des Technikum-Neubaus in der Helenenstraße nach einem Entwurf von Baurat Rommel (1891 – 1902 Staatskommissar), Bauausführung von Architekt August Berger (ehemaliger Schüler) und Bauleitung von Dozent Architekt A. Ulbrich.
4-geschossiges Gebäude, 700 m² bebaute Fläche, 16 große Lehrsäle, Vielzahl Nebenräume, im Souterrain (Kellergeschoss) Wirtschafts-, Maschinen-, Laboratorien- sowie Werkstatträume. Niederdruckdampfheizung der Fa. Gebr. Körting, Hannover, elektrische Beleuchtungsanlage Elektrizitäts-Aktien-Gesellschaft, ehem. Schuckert & Co., Leipzig (Stromerzeugung mit 12-PS-Gasmotor und Akkumulatorenbatterie).
1896
Nachdem sich in Häselrieth die Zahl der Schulkinder auf 170 erhöht hat, wird ein 2. Lehrer angestellt, 1905 eine 3., 1910 eine 4. Lehrstelle.
1896
Julius Reuter eröffnet in Wallrabs eine Tischlerei, die Fa. wird von 1946 – 1970 vom Enkel Paul Hartung weiter geführt. Das Familienunternehmen wird heute in der 5. Generation betrieben, 1995 Neubau der Werkstatt. Zwischen 1938 und 1946 ist es wegen des Kriegsdienstes des Besitzers zu einer Betriebsstilllegung gekommen.
9. Mai 1896
100. Geburtstag Carl Joseph Meyers. Anbringen einer Gedenktafel am einstigen Gebäude desBibliographischen Instituts (Obere Marktstraße 44), zum Zeitpunkt Altes Technikum.
Die von Max Fischer, Leipzig, gefertigte Gedenktafel aus schwarzem Hartglas mit Goldschrift trägt die Inschrift:
Hier lebte und wirkte 1828 – 1856
Joseph Meyer,
Begründer des bibliographischen Instituts,
getreu seinem Wahlspruch
„Bildung macht frei.“
9. Mai 1796. 9. Mai 1896.
Der anwesende Prof. Dr. Hans Meyer teilt mit, dass sein Vater, Herrmann Julius Meyer, 20.000 RM für Studierende des Technikums zur Verfügung stellt, 1908 kommt eine weitere Stiftung über 30.000 RM hinzu, ferner 10.000 RM von einem Unbekannten. Die Stiftungssummen fallen Anfang der zwanziger Jahre der Inflation zum Opfer.
24. Mai 1896
Der Hildburghäuser Gymnasialprofessor Dr. Ludwig Hertel gründet im Waldhaus Weidmannsheil bei Steinbach am Wald nahe Ludwigsstadt den Rennsteigverein. Mit der touristischen Erschließung und wissenschaftlichen Erforschung des Thüringer-Wald-Kammweges wird eine breite Wanderbewegung ins Leben gerufen.
1896
Die Gruppe Hildburghausen des Thüringerwald-Vereins wird selbstständig. – Dr. Ludwig Hertel ist 1900 – 1904 Vorsitzender des Hildburghäuser Thüringerwald-Vereins, 1908 = 217 Mitglieder. Verschönerungsverein und Thüringerwald-Verein tragen entscheidend dazu bei, dass Hildburghausen eine Sommerfrische wird.
Sommer 1896
Auf Veranlassung des Infanterie-Regiments Nr. 95 wird der Bau einer Telefonanlage am Technikum ausgeführt, die beim gefechtsmäßigen Schießen nach beweglichen Zielen b. Tiefenlauter (Kreis Coburg) erfolgreich getestet wird.
1896
Zwischen der Türmerwohnung und der Polizeistation im Rathaus wird eine telefonische Verbindung hergestellt, seit 1881 gibt es ein Sprachrohr zwischen dem Türmer und der Polizei.
1896
Zwischen Kanal und Werra wird anstelle des offenen Werrazuflusses ein unterirdischer Graben mit Abfluss erbaut. Der Kanal ist zum Zeitpunkt sehr verlandet. Am 27.06.1895 beschließt der Gemeinderat die Ausgrabung des Kanals auf 13 m Breite, für das Projekt werden 18.000 M bewilligt. Die Brücke an der Nordseite wird abgebrochen und durch eine Eisenbrücke ersetzt. Ein Gondelbetrieb wird eingerichtet.
1896
Das Frauenlandhaus der Landesirrenanstalt am Ostende des Parks wird fertig gestellt.
23. November 1896
Einweihung des Neuen Technikums in der Helenenstraße für die Fakultäten Maschinenbau und Elektrotechnik; die Fakultäten Bau und Tiefbau bleiben im Alten Technikum. Architekt ist August Berger.
Nach Bau des Neuen Technikums wird der Abzweig von der jetzigen Clara-Zetkin-Straße zum Helenenplatz in Helenenstraße benannt.
1896 – 1996
100 Jahre Neues Technikum. Anlasskarte (Teilreprint).
Herausgeber: Verein zur Förderung der Berufs- und Technikerausbildung e.V.
Gestaltung: Hans-Jürgen Salier
Neues und Altes Technikum. Ausschnitt aus einer historischen Ansichtskarte
zum 25-jährigen Jubiläum der Lehranstalt.
Sammlung Hans-Jürgen Salier
16. Dezember 1896
Schwester Martha Pauli beginnt mit der Einrichtung einer Diakonissenstation in Hildburghausen mit der Gemeindepflege.
1897 – 1900
Bau des katholischen Pfarrhauses in der heutigen Dr.-Wilhelm-Külz-Straße. Die Finanzierung erfolgt durch die Emma-Scheller-Stiftung. Die Gemeinde wird unter einem Kuraten selbstständig, um die Jahrhundertwende zählt sie etwa 300 Mitglieder.
Katholische Kirche „St. Leopold“ mit dem 1900 errichteten Pfarrhaus.
Sammlung Hans-Jürgen Salier
16. März 1897
Mit der Gemeindeordnung von Sachsen-Meiningen wird für die Kommunalwahlen das konservative Pluralwahlrecht eingeführt, rechtliche Unterschiede zwischen Stadt und Land werden beseitigt.
1897
Die den Ehrenbürgern der Stadt bisher gewährte Steuerfreiheit wird aufgehoben.
1897
Inbetriebnahme der Wasserhochdruckleitung. Planung und Projektierung beginnen ab 1893. Teile des Gemeinderats und der Bürgerschaft wehren sich vor allem wegen des überhasteten Vorgehens und evtl. erheblicher Folgekosten. Oberbaurat Eduard Fritze, Meiningen, wird mit der Projektplanung beauftragt.
Der 1898 von Hildburghausen nach Steinfeld verkaufte Schwanenbrunnen am Ende
des Bürgerschulhofs, gegenüber der Einfahrt zur Knappengasse und dem Haus,
in dem Carl Maria von Weber 1796/97 als Kind wohnte.
24. März 1897
† Ludwig Grobe (Dr. phil.), Meiningen
* 30.09.1836, Hildburghausen
Pädagoge, Bibliothekar, bedeutender Numismatiker
1858 Reallehrer in Saalfeld, 1868 – 1879 Lehrer am Gymnasium Georgianum Hildburghausen, ab 1879 Realgymnasiallehrer in Meiningen, 1896 Bibliothekar der Herzoglichen Bibliothek, seit 1885 Vorstand des Herzoglichen Münzkabinetts.
Werke
Chronik der Stadt Saalfeld, Die Münzen des Herzogtums S.-Meiningen, Ein Gang durch die Geschichte der Stadt Hildburghausen (1871), Die Schätze der Herzoglichen öffentlichen Bibliothek zu Meiningen (1896), Verfasser einer Vielzahl weiterer numismatischer Beiträge.
Mai 1897
Nach Abschluss der Umbauarbeiten im Rathaus sind vorhanden: Sitzungssaal des Gemeinderats, im Erdgeschoss die Polizeiwachtstube mit Zimmer des Wachtmeisters und Arrestzellen, im mittleren Stock Zimmer des Magistrats mit angrenzender Bibliothek, Stadtsekretariat, Kämmerei und Zimmer für Bedienstete, das Standesamt, Archivsaal, im oberen Stock das Stadtbauamt, das Schiedsamt sowie Zimmer für Archivalien und Requisiten.
September 1897
Überführung der Bibliothek des Vereins für Meiningische Geschichte und Landeskunde nach Hildburghausen. Sie wird in den Schiedsräumen des Ratshauses untergebracht.
3. Januar 1898
Die katholische Pfarrgemeinde St. Leopold wird gegründet (Außenstellen Eisfeld, Heldburg, Themar). Pfarrer Johann Krönert (bis 05.01.1905) tritt seinen Dienst in der 200-Seelen-Gemeinde an. Im Vorfeld „sammelt“ Krönert die Gemeinde im Landkreis. Mit Herzog Georg II. bzw. dem Herzoglichen Staatsministerium wird hartnäckig um die Einrichtung einer Seelsorgestelle verhandelt.
Die katholische Kirche „St. Leopold“ in Hildburghausen, die ehemalige Hugenottenkirche, mit dem gegenüber liegenden Pfarrhaus.
Historische Ansichtskarte, um 1910.
Sammlung Hans-Jürgen Salier
1. April 1898
Der Eisfelder Kämmerer Max Thiemann übernimmt die Stadtsparkasse und führt sie zu soliden Betriebsergebnissen, ab 01.02.1899 wird T. auch Direktor der Kreissparkasse.
1898
Gründung des sozialdemokratisch beeinflussten Arbeiterbildungsvereins (50 Mitglieder).
1898
In Birkenfeld (gehört zur Pfarrei der Stadtkirche) wird am Fuße des Krautbergs ein eigenständiger Friedhof angelegt.
1898
Nach Fertigstellung der Hochdruckwasserleitung wird die Brunnenschale (zwischen ehemaliger Bürgerschule und Altem Technikum) nach Steinfeld verkauft und dort vor der Schule aufgestellt, der Hirschbrunnen am Hirschplatz (heutiger Puschkinplatz) wird Springbrunnenanlage vor dem Theater am Helenenplatz.
1898
Stadtkirche und Neustädter Kirche werden mit Gasheizung und Beleuchtung ausgestattet. Beginn der 20 Jahre währenden Restaurierungsarbeiten an der Christuskirche (Fußböden, Flügeltüren, Malerarbeiten, Auffrischen und Nachmalen der Ölgemälde, 31 Kathedralglasfenster mit Ornamenten, ausgeführt von der Kunstglasmalerei-Anstalt W. Franke in Naumburg und mit den Namen der Stifter versehen, Orgelerneuerung usw.
1898
Bei Bereitstellung von Grund und Boden durch die Stadt stiftet Emma Scheller (* 09.02.1827 – † 22.02.1899) 26.000 M für das Emma-Scheller-Stift (Ev. Kindergarten, Dr.-Wilhelm-Külz-Straße 19). Die Einrichtung wird mit der 1833 gegründeten Kleinkinderbewahranstalt vereinigt.
Oberbürgermeister Ernst v. Stocmeier schreibt dazu:
„Zweck der Anstalt ist, Eltern von Kindern von 2 – 6 Jahren, welche diesen nicht die nötige Pflege und Aufsicht zuteil werden lassen können, einen Teil ihrer Sorgen abzunehmen und den Kindern Warte und Pflege und ihren Fähigkeiten entsprechenden Unterricht angedeihen zu lassen. Zurzeit befinden sich 70 Knaben und 54 Mädchen in der Pflege. Der Vorstand besteht aus dem Herrn Kirchenrat Dr. R. A. Human als Vorsitzenden und neun Damen, sowie der Kindergärtnerin Frieda Höpp.“
(v. Stocmeier: Rückblick. – 1906, S. 30 f.)
Das verstorbene Fräulein Emma Scheller vermacht überdies der Schellerschen Stiftung für ganz unbescholtene Mädchen über 40 Jahre 6.000 M, 6.000 M für arme Studierende, 40.000 M für ein Armenhaus für Alte der Stadt.
1898
An der Nordseite des Stadtbergs nahe dem Aussichtsturm wird vom Verschönerungsverein die künstliche Ruine Luginsland mit Kanzel errichtet.
Die auf dem Stadtberg stationierten sowjetischen Besatzer einer Radarstation tragen nach 1967 von der Ruine Teile für Schweineställe ab.
Die künstliche Ruine „Lug ins Land“
Sammlung Hans-Jürgen Salier
Das Ziel für Spaziergänge, die „Kaiserbuche“ mit dem Aussichtstempel auf dem Krautberg.
1898
Streik in der Glashütte Häselrieth.
19. September 1898
Der Gemeinderat Hildburghausen beschließt, den aus Hildburghausen stammenden Staatsminister Dr. Friedrich Frhr. von Heim die Ehrenbürgerrechte zu verleihen und eine Straße nach ihm zu benennen.
1898
Der Bäcker und Konditor Edwin Schneider gründet in der Römhilder Straße 61 (OT Wallrabs) eine Bäckerei, die sich zu einem der ältesten Familienbetriebe der Region entwickelt.
Edwin Schneiders Sohn Otto (30 Jahre Obermeister der Bäckerinnung des Kreises Hildburghausen) verlagert 1957 seine Bäckerei in die Rosengasse 4 (ehemalige Bäckerei Willi Hoffmann). 1974 übernimmt sein Sohn Peter das Geschäft. Neben dem Standort der Bäckerei mit Ladengeschäft in der Rosengasse gehören noch zwei weitere Verkaufsstellen zum Unternehmen.
1898
Restaurierung des Luisen-Denkmals im Schlosspark. Nach einem Entwurf von Herzog Georg II. wird das Marmormedaillon mit dem Bildnis der Königin neu modelliert.
1898
Unter Medizinalrat Dr. Paul Mayser betreuen in der Landesirrenanstalt vier Ärzte, 67 Pflegerinnen und Pfleger 532 Patienten.
1898/99
Bau einer neuen Kanalisation unter Architekt Konrad Volland, Preis: 64.000 Mark, Rohrstrang von 4.000 m. 1905 wird eine Tiefkanalisierung vom Hirschplatz (heute: Puschkinplatz) bis an die Westseite des Rathauses ausgeführt. Gleichzeitig werden Wasser- und Gasleitungen neu verlegt.
Bau der Hochdruckwasserleitung. Für Feuerlöschzwecke werden im Stadtgebiet 127 Hydranten installiert. Ferner sind zwei Bassins vorhanden (300 m³ am Kümmelhag für Feuerlöschzwecke, 200 m² im Heiligen Grund zur Trinkwasserversorgung). Für die Feuerwehr werden drei Hydrantenwagen sowie 300 m Druckschläuche bereitgestellt.
Der Hirschplatz um 1900. Noch fehlt die Toilettenanlage zwischen dem Hirschplatz und der Gerbergasse (links).
Sammlung Hans-Jürgen Salier
6. April 1899
Weihe des neuen Seminars auf dem Gelände des ehemaligen Jägerhauses und Bauhofs, Baubeginn 1897 (heutige Staatliche Regelschule II Joliot-Curie, Seminarstraße 2). Beim Weiheakt sind der Staatsminister Dr. Friedrich v. Heim sowie das Präsidium des Landtags zugegen.
Das neuerbaute Herzogliche Lehrerseminar.
Sammlung Hans-Jürgen Salier
1899
Paul Heinrich betreibt in der Häselriether Straße eine Wissenschaftliche Lehranstalt. Die Privatschule mit Internat (um 1935 geschlossen) hat u. a. Schüler auf das Abitur vorbereitet.
Die „Wissenschaftliche Lehranstalt von Paul Heinrich“ in der Häselriether Straße.
Sammlung Hans-Jürgen Salier
1899
Zwischen der Seufzerbrücke (Werrabrücke am Kanal) und Marterwiese (heute: Marderwiese) wird ein Flutgraben für die Werra angelegt.
1899
Werbekarte der Firma „MANGANESIT“ im Ortsteil Birkenfeld
Sammlung Hans-Jürgen Salier
1899
Um die Staubbelästigung in den Sommermonaten gering zu halten, wird für 1.298 M in Dresden ein Sprengwagen gekauft.
19. August 1899
Nach einem Landesgesetz zur Zwangserziehung muss die Stadt die Lasten zur Erziehung der minderjährigen Kinder tragen, die strafbare Handlungen begangen haben. Für gefährdete Kinder gibt es außerdem einen von den Bürgern finanzierten Erziehungsverein unter Leitung von Schulrat Heyl, um Kindern zu helfen, deren Verwahrlosung droht.
1899
Gründung KTV UNITAS (Katholischer Technischer Verband) am Technikum Hildburghausen unter Assistent des katholischen Ortspfarrers Johann Krönert. Wahlspruch: „In Treue fest.“
1899
Die Spareinlagen der Stadtsparkasse belaufen sich auf ca. 800.000 Mark, 1900 wird die Millionengrenze überschritten.
Werra an der Schnettersmühle in Birkenfeld, um 1905.
Sammlung Hans-Jürgen Salier
1899
Der Unternehmer Wilhelm Genßler aus Hildburghausen kauft die Fehrenbacher Glashütte und stellt sie auf Kohlefeuerung um. Einführung neuer Sortimente bei der Glasproduktion (Tropfgläser, Glasmärbel, Briefbeschwerer, Laborgläser, Röhren, Pressglas). 1901 kommt es zum Konkurs, die Hütte wird von Justizrat Michaelis gekauft. Am 07.03.1902 kommt es zur Wiederinbetriebnahme, eine Gasfeuerung wird eingeführt.
7. November 1899
Eröffnung der Stadtfernsprechleitung in Hildburghausen.
1899
Nachdem es bei Eintritt von Dr. Veit v. Rieth in die Redaktion der Dorfzeitung eine kleine Druckerei gibt, wird das Gebäude der Dorfzeitung (Geschwister-Scholl-Straße) 1899 mit einem Neubau versehen, u. a. für den Betrieb einer elektrischen Rotationsmaschine. Damit kann das Verlagshaus außer der Herstellung der Dorfzeitung und von Geschäftspapieren auch größere Druckwerke produzieren. Die Auflage der Dorfzeitung beträgt knapp 10.000 Exemplare.
1899
Das Kreiskrankenhaus in der heutigen Wilhelm-Külz-Straße erhält einen Anbau.
21. November 1899
† Harmsen Wilhelm Rathke, Hildburghausen
* 16.05.1845, Danzig, verheiratet mit Therese, geb. Treyse, Berlin; drei Kinder (Erich, Guido, Louise)
Ingenieur, Gründer und Direktor des Technikums Hildburghausen
Studium an der Technischen Hochschule in Berlin, danach Ingenieur in mehreren Maschinenfabriken. 1871 – 1876 Lehrer am Technikum in Einbeck. 12.10.1876 gründet R. in Sondershausen die Höhere Fachschule für Maschinenbau. Da in S. kaum Interesse und Entwicklungsmöglichkeiten gegeben sind, übersiedelt er mit seiner Schule nach Hildburghausen und baut vorerst ein privates Technikum im Gebäude des ehem. Bibliographischen Instituts (Obere Marktstraße 44) auf. Er unterrichtet selbst die Fächer Mathematik und Mechanik. Verfasser der Mathematischen Tafeln.
Medaille (Aluminium) auf Harmsen Wilhelm Rathke, von Lauer, Nürnberg. Jahreszahl nicht bekannt.
Avers: DIREKTOR RATHKE TECHNIKUM HILBURGHAUSEN Revers: SEGEN IST DER MÜHE PREIS (Wahlspruch Rathkes)
MASCHINENBAU.BAUGEWERK.BAUMEISTERSCHULE
1899/1900
Das Technikum Hildburghausen wird für ein Jahr interimistisch von Rathkes engstem Vertrauten, Ing. Niemann, geleitet.
Das Herzogliche Staatsministerium beruft 1900 den in Fachschulen in Köln wirkenden Dipl.-Ing. M. Tolle (1904 Rücktritt, dann Hochschule Karlsruhe, Ernennung zum Prof. und zum Dr.-Ing., Hofrat). Weiterer Ausbau der Lehrpläne. Die Bahnmeisterschule wird zur Tiefbauschule erweitert.
Partie am Schlosspark mit Neuem Technikum und Stadtkirche (Christuskirche).
Nach einer Ansichtskarte um 1899
1899
Die Türmerwohnung auf dem Rathaus und die Uhr werden mit Gas beleuchtet. Der Türmer erhält als Entschädigung für 3.000 Stunden Petroleumbeleuchtung 18 Reichsmark.
1900 – 1915
Unter Prof. Dr. Ludwig Hertel und Mitarbeit von Dr. Rudolf Armin Human (Vorsitzender desVereins für Sachsen-Meiningische Geschichte und Landeskunde) erscheint die Neue Landeskunde des Herzogtums Sachsen-Meiningen.
Ebenhards um 1900. Foto von Gustav Meffert.
Sammlung Hans-Jürgen Salier
1900
Der Obstbau nimmt sprunghaft zu. Während 1893 nur 520 Apfelbäume gezählt werden, sind es 1900 schon 4.575.
1900
Die Kreissparkasse hat einen Einlagenbestand von 3.797.546 M (6.300 Spareinlagenkonten, 1.726 Schuldkonten).
1900 Kreis Hildburghausen mit einer Fläche von 777 km² (14,12 Quadratmeilen) und 60 409 Einwohnern: |
Hildburghausen, Adelhausen, Albingshausen, Bedheim, Behrungen, Beinerstadt, Biberschlag, Billmuthhausen, Birkenfeld, Bockstadt, Brattendorf, Brünn, Buchenhof (Domänengut), Bürden, Colberg, Crock, Dingsleben, Ebenhards, Ehrenberg, Eicha, Einöd (Rittergut), Einsiedel, Eisfeld, Eishausen, Engenstein, Erlebach (Rittergut), Ernstthal, Exdorf, Fehrenbach, Friedenthal (Gut), Friedrichshöhe, Gabel, Gellershausen, Gießübel, Gleichamberg, Gleicherwiesen, Gompertshausen, Goßmannsrod, Grimmelshausen, Grub, Haina, Harras, Häselrieth, Haubinda (Rittergut), Heid, Heldburg, Hellingen, Henfstädt, Herbartswind, Heßberg, Hetschbach, Heubach, Hindfeld, Hinterrod, Hirschendorf, Holzhausen, Käßlitz, Kloster Veilsdorf, Leimrieth, Leitenhausen (Rittergut), Lengfeld, Lichtenau, Linden, Lindenau, Marisfeld, Massenhausen, Mendhausen, Merbelsrod, Milz, Mönchshof (Domänengut), Neuhof (Domänengut), Neustadt am Rennsteig (nur teilweise zum Herzogtum Sachsen-Meiningen, der andere Teil gehört zum Fürstentum Schwarzburg-Sondershausen), Obendorf, Oberneubrunn, Oberstadt, Oberwind, Pfersdorf, Poppenhausen, Poppenwind, Reurieth, Rieth, Römhild, Roth, Saargrund, Sachsendorf, Sankt Bernhard, Schackendorf, Schirnrod, Schlechtsart, Schmeheim, Schnett, Schwarzbach, Schwarzenbrunn, Schweickershausen, Seidingstadt, Siegritz, Simmershausen, Steinfeld, Stelzen, Steudach, Stressenhausen, Streufdorf, Sülzdorf, Tachbach, Tellerhammer, Themar, Tossenthal, Trostadt (Domänengut), Ummerstadt, Unterneubrunn, Veilsdorf, Völkershausen, Volkmannshausen, Wachenbrunn, Waffenrod, Wallrabs, Weitersroda, Weitesfeld, Westenfeld, Westhausen, |
Um 1900
Wirtschaft in Hildburghausen
Insgesamt gibt es 27 Bäckereien, die teils kaum ihr Auskommen fristen können.
- Die Hofbuchdruckerei Gadow & Sohn in der Schlossgasse (heute: Johann-Sebastian-Bach-Straße 6) beschäftigt 70 Mitarbeiter. Das Hildburghäuser Kreisblatt wird in einem größeren Zeitungsformat gedruckt.
- Die seit ca. 1875 im Besitz des Brauereibesitzers Gehring (Spitzname Eskimo) befindliche Restaurant gleichen Namens (heute: Gebäude Markteck, Untere Marktstraße 22, Firmen Luther, Eichhorn und Zapf) und verpachtete Restaurant wird in Hotel-Restaurant Zum Eskimo umbenannt. Mitte der 50er Jahre wird die Einrichtung geschlossen.
- In Hildburghausen gibt es drei Brauereien: Brauerei Gehring (sog. Malzhaus in der Unteren Allee), Aktienbrauerei (Obere Allee), Sonnefeldsbrauerei (Weitersrodaer Straße).
- Für die Zeit einiger Generationen bieten die hervorragenden Tongruben und die Ziegeleien oberhalb der Seminarstraße und des Krankenhauses eine wichtige Erwerbsquelle.
In einer Milieuschilderung von Else Wienbeck heißt es u.a.: „... Nur zwei Ziegeleien waren stets eifrig in Betrieb, das war zur rechten Hand die Ziegelei von Nothnagel und Leffler (in Richtung Schleusingen, Ziegeleiweg, zur DDR-Zeit Kohlehandel, d. Verf.) und zur linken die Ziegelei und Holzschneiderei von Papendiek. Den Ton für ihre Ziegelei holten Papendieks in den Tongruben rechts von der Schleusinger Straße; er wurde in kleinen Loren über die Straße hinweg zur Ziegelei gefahren. Am Übergang war nicht etwa ein Warndienst oder sonst eine Schutzvorrichtung vorhanden. Die Wägelchen sausten eben einfach über die Straße. Nun ja, man sah ja, wenn sie angesaust kamen, dann wartete man eben mit dem Pferde- oder Kuhgespann. Mochte jeder sich danach richten, das Drecksbähnle, wie es allgemein hieß, ging vor.Eine dritte Ziegelei, die Göttings gehörte, stand da, wo jetzt der Fuhrmann Hartung und der Friseur Groß ihre Häuser haben (Seminarstraße).”
Als Schleusinger Straße beginnt sie erst am Abzweig des heutigen Ziegeleiwegs.
1895 bekommt der untere Teil des Straßenzugs den Namen Bismarckstraße.
Der obere Teil behält seinen Namen. Ab 1949 heißt der gesamte Straßenzug Schleusinger Straße.
Sammlung Hans-Jürgen Salier
Die bescheiden zu nennende Handelstätigkeit in Hildburghausen, die durch die Garnison, das Technikum und die Glashütte einen gewissen Aufschwung erfährt, gibt kaum Impulse zur Entwicklung der Stadt. Als typisches Beispiel kann die von Else Wienbeck dargestellte Milchversorgung gewertet werden: „Die ganze Milchversorgung der Stadt besorgte das Rittergut Heßberg. Früh morgens fuhren, ich weiß nicht wie viele kleine Wagen, weiß gestrichen, mit blau abgesetzt und mit einem kleinen Ponypferdchen bespannt, zur Stadt. Auf dem Bock ein Kutscher und ein Milchmädchen. Diese fleißigen, flinken Mädchen liefen nun mit ihren Kannen (auch Kindermilch in Flaschen gab es) treppauf, treppab und versorgten jedermann mit der gewünschten Milchmenge; der Kutscher tätigte unterdessen auch noch den Verkauf am Wagen. ... Zweimal in der Woche kamen die Wagen auch noch nachmittags angefahren und verkauften Magermilch und Buttermilch.“
Zum Geschäftsleben bemerkt sie:
„... 1898 ... (gab es) keinerlei Regelung über die Verkaufszeiten. Ein Laden mußte eigentlich immer zum Verkauf bereit sein. Frühmorgens, wenn das Leben der Stadt erwachte, dann machte auch der Geschäftsmann seinen Laden auf. Eine Mittagsruhe gab es nicht. Und abends ging die Ladenglocke auch bis in die Nacht hinein. Das war nur dadurch einigermaßen erträglich, daß die Kolonialwarenhändler meistens neben dem Laden eine Wohnstube hatten, von der aus dann die Kunden ohne allzugroße Mühe bemerkt und bedient werden konnten. Am Sonntag waren die Läden bis 11 Uhr geschlossen, aber nach Kirchenschluß machten sie wieder auf. Und einen behördlich genehmigten Urlaub mit völligem Ladenschluß kannte man überhaupt nicht. ... Die Bäcker haben damals natürlich am Sonntagmorgen auch frische Brötchen geliefert."
(Else Wienbeck: Hildburghausen vor der Jahrhundertwende – Erinnerungen. – Unveröffentlichtes Manuskript)
Die beiden kolorierten Karten aus der Zeit um 1900 zeigen Panoramen auf Hildburghausen etwa in Höhe des ehemaligen Meyersbergs (Garten von Joseph Meyer – links unten ist noch der nach Mitte der fünfziger Jahre zerstörte „Meyersturm“ zu sehen). Der Stadtberg ist zu diesem Zeitpunkt relativ gering bewaldet. Bemerkenswert ist die Siedlungsgrenze Hildburghausens, die sich etwa auf Höhe der Neustädter Kirche (Apostelkirche) befindet. – Auf der unteren Karte ist die Wiedersbacher Straße mit dem Goldberg in einem vollkommen unbebauten Gebiet zu sehen. Rechts unten kann man die Speicher der Gasanstalt in der Coburger Straße sehen.
20. Dezember 1900
Einweihungsfeier für das repräsentative Hotel Burghof, in der heutigen Friedrich-Rückert-Straße, Architekt und Baumeister ist August Berger.
Zwölfseitige Einladung (Büttenkarton) zur Einweihung des Burghofs Hildburghausen mit Zeichnungen von Lilie, 20. Dezember 1900. Format: 24 cm x 32 cm
Sammlung Hans-Jürgen Salier
Der Festsaal des Hotels „Burghof“
Sammlung Hans-Jürgen Salier
Lithographie des 1900 eröffneten Burghofs.
Verlag „Burghof“, Hildburghausen.
Sammlung Hans-Jürgen Salier
1900 – 1905
Die durchschnittliche Kindersterblichkeitsrate beläuft sich 40 zu 51 Erwachsenen (einschl. der Gemeinde Wallrabs und Birkenfeld. Das Standesamt Hildburghausen erfasst die Sterbefälle der beiden Gemeinden nicht, aber die Eheschließungen und Geburten). Unberücksichtigt bleiben die Sterbezahlen im Kreiskrankenhaus und in der Irrenanstalt.
Hildburghausen vom Goldbach aus, um 1900. Foto von Gustav Meffert († 1911).
Deutlich ist zu erkennen, dass der Stadtberg nur wenig bewaldet ist. Dort befindliche Bäume
entstammen meist aus Mitte des 19. Jahrhunderts eingerichteten Gartenanlagen.
Sammlung Hans-Jürgen Salier
16. Februar 1901
Bekanntgabe, dass der Magistrat einstimmig der Meinung ist, dass die Separation weiter vorangebracht wird. 230 Bürger sind damit einverstanden. Mit Flächenzusammenlegungen und Erarbeitung eines Bebauungsplans soll die Entwicklung der Stadt vorangebracht, vor allem die uneffektive Landwirtschaft gefördert werden.
Die hölzerne „Seufzerbrücke“ zwischen Werra und Kanal an der Südwestseite des Schlossparks um 1900. Später folgt ein Betonbauwerk, das 1997 aus Sicherheitsgründen eingelegt worden ist.
Seit 1998 überspannt eine moderne 34 Meter lange Brücke die Werra.
14. bis 16. September 1901
5. landwirtschaftliche Ausstellung und Kreistierschau unter Vorsitz von Oberst v. Stieglitz.
1901
Bau eines Altersheims in der heutigen Dr.-Wilhelm-Külz-Straße. Der Bau ist heute Teil der Henneberg-Kliniken, zu DDR-Zeiten ist das Gebäude zeitweise als Isolierhaus des Kreiskrankenhauses genutzt worden.
1901
Der alte Häselriether Friedhof wird wegen Platzmangels eingeebnet und ein neuer am heutigen Standort angelegt, Weihe am 26.02.1902.
Häselrieth von den Werrawiesen aus, um 1900.
Foto von Gustav Meffert († 1911)
8. Oktober 1901
† Ernst Rittweger, Hildburghausen (Geh. Hofrat, Prof. Dr. phil.)
* 03.12.1820, Häselrieth
Gymnasialdirektor, Ehrenbürger der Stadt Hildburghausen
Nach Besuch des Gymnasiums Studium in Leipzig, Lehrer in Saalfeld, dann in Hildburghausen am Gymnasium Georgianum, ab 1896 Direktor. Lehrer der Prinzen Ernst und Friedrich v. Sachsen-Meiningen-Hildburghausen, Rittweger unterhält enge Kontakte zu Herzog Georg II.
4. Dezember 1901 bis 1920
Kirchenrat Dr. jur. et phil. Lic. theol. Rudolf Armin Human (1843 – 1923) ist Superintendent des Kirchenkreises Hildburghausen.
1901
Das Beamtenhaus der Landesirrenanstalt (am Eingang Eisfelder Straße, heute Ärztewohnhaus) wird bezogen.
Hildburghausen vom Häselriether Berg aus, vor 1900.
Foto von Gustav Meffert († 1911)
1901
Straßenweise Nummerierung der Häuser.
1901 – 1914
Kirchenrat Johann Nikolaus Karl Liebermann (1847 – 1914) ist in der Freimaurerloge Carl zum Rautenkranz Meister vom Stuhl. Ab 1893 ist er Pfarrer in Häselrieth.
Kirchenrat Johann Nikolaus Karl Liebermann ist auch Verfasser zweier bedeutsamer Schriften:
„Im Wandel der Zeiten. 125 Jahre der Loge ‚Karl zum Rautenkranz‘ in Hildburghausen 1787 – 1912 und „Großherzog Karl von Mecklenburg, Stifter der Loge ‚Karl zum Rautenkranz‘ zu Hildburghausen“, 1913.
Sammlung Bastian Salier
1901
Die Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde in Hildburghausen (Baptisten) begeht das 50-jährige Gemeindejubiläum im „Kaisersaal“. Seit der Gründung 1850/51 gibt es inzwischen eine gewisse Akzeptanz von Kirche und Bevölkerung zu dieser Gruppierung.
1902
Der Kreis Hildburghausen hat bei 10.148 Schülern 169 Lehrerstellen.
1902/03
Am Gymnasium werden preußische Lehrpläne übernommen, das führt zur Reduzierung der Unterrichtsstunden in den alten Sprachen und in Mathematik, insgesamt ist die Reform jedoch fragwürdig.
1902
Häselriether Kirche „St. Wigbert“ wird saniert.
14. September 1902
Das 1. Stirnbergfest (Birkenfeld) findet statt. In den folgenden Jahren stehen auch Fußballvergleiche im Mittelpunkt.
(s. auch 12.08.1906)
19. Oktober 1902
Enthüllung des Herzog-Georg-Brunnens an der Nordostseite des Marktplatzes, gestiftet von dem in Eisfeld geborenen und in London und Kapstadt lebenden Geschäftsmann und Ehrenbürger der Stadt Hildburghausen, Dr. Max Michaelis (Sohn des Rechtsanwalts David Michaelis und Bruder des Justizrats Dr. Oskar Michaelis).
Die Festreden halten Dr. Oskar Michaelis und Oberbürgermeister Ernst v. Stocmeier. Entwurf und Ausführung: Prof. Adolf v. Hildebrand, München, Fundament und Ausführung der Aufstellung: Architekt August Berger; Material: Muschelkalk aus Bayern.
Die Stadt besitzt damit das einzige Denkmal des regierenden Herzogs. 1977 wird es vor dem Theater aufgestellt, seit 1997 ist der Brunnen auf der NO-Seite des Marktplatzes wieder funktionsfähig. (s. auch 1977), danach gibt es noch eine grundlegende Sanierung.
3,75 m hohe Säule (Gesamtschnitt 1,14 . 0,75), mit Blattwerk verzierter kartuschenartiger Steinblock. Vorderseite erhabenes Relief mit Wappen des Herzogtums Sachsen-Meiningen, auf Rückseite Wappen der Stadt Hildburghausen. Die dem Markt zugewandte Seite trägt das Brustbild Herzog Georgs II. Auf dem Säulenschaft findet sich zur Marktseite über aus Stein gehauenen Blumenfestons „Herzog Georg II.“, auf der Rückseite die Widmungsinschrift: „Seiner Vaterstadt gewidmet von Max Michaelis im Jahre MDCCCC.“ Dem Markt vorgelagert ist ein Wasserbassin von 6,20 x 2,55 m und einer Tiefe von 80 cm, Fassungsvermögen von 12 m³. Zwei Tiergestalten (halb Pferd, halb Fisch) speien das Wasser aus zwei Amphoren in das Bassin.
Ende des 19./Anfang des 20. Jh. gibt es eine Vielzahl Stiftungen vermögender Bürger der Stadt vor allem im sozialen Bereich. 1905 beträgt das Kapital der Stiftungen für Kranke und Arme 286.320 M. Zu den herausragenden Persönlichkeiten gehört Max Michaelis, der am 30.05.1900 anlässlich des 70. Geburtstags seiner Mutter die für damalige Verhältnisse horrende Summe von 150.000 M stiftet: 40.000 M für Reisezwecke der Lehrer, 50.000 für Armen- und Krankenzwecke, 50.000 M für Verbesserung der Wohnbedingungen der Arbeiter und 10.000 M für den Herzog-Georg-Brunnen.
Marktplatz mit Herzog-Georg-Brunnen.
Grundhafte Sanierung und Bau einer Brunnenstube zur Neugestaltung des Marktplatzes, 2008..
Verlag Reinicke & Rubin, Magdeburg, 1904
1902 – 1906
Neuordnung der städtischen Feldmark durch Landmesser Wömpner (Preußische Spezialkommission Schleusingen), Beginn 25.03.1902. Die komplizierte Grundstückszusammenlegung bei oft unklaren Erbpachtverhältnissen wird auf städtischer Seite juristisch von Dr. Oskar Michaelis begleitet.
„... die einstigen ca. 300 Erbpachtparzellen auf Stadt- und Krautberg hat die Stadt möglichst erworben, um sie aufzuforsten. Ferner sicherte sie dieselbe den Vorteil einer für absehbare Zeit ausreichenden Ausdehnungsmöglichkeit durch Gewinnung von 50000 qm Bebauungsterrain für Villen und Fabriken gegen Landhingabe im Wert von M 7200; weiter wurde sie Eigentümerin aller Straßen und des gesamten Quellengebietes und vieler zur Anlage von Obstplantagen geeigneten Grundstücke im Georgental. Die Römersbachanlage wurde in vollem Umfang der Stadt ausgewiesen, so daß sie jetzt am Lohmühlenteich 5 ha zusammenhängendes Gelände besitzt. Vor der Separation besaß sie 130 ha, von welchen 40 von der Zusammenlegung ausgeschlossen wurden; für die verbleibenden 90 ha erhielt sie 81,39 in 83 Planstücken, wovon u.a. 45 ha Äcker, 23 ha Wiesen und 6 – 7 ha Unland. Für das Wegenetz in der ganzen Flur wurden 50 ha Bodenfläche in Anspruch genommen; die Grenzregulierung mit den Nachbargemeinden ist abgerundet und vereinfacht. Von 1672 ha 75 a 11 qm Gesamtflur wurden bei der Separation 567 ha 87 a 62 qm an außerhalb der Stadt liegenden Häusern und Gärten ausgeschlossen, so daß 1104 ha 90 a 49 qm separiert wurden. Vor der Separation bestanden, soweit sie im Verfahren lagen, 2871 Parzellen, seit der Separation finden sich 1221 Planstücke, so daß bei einer Zahl von 604 Beteiligten das Verhältnis der Zusammenlegung 2,35 : 1 ist; die Kosten (Hauptregulierungs-, Folgeeinrichtungs- und Nebenkosten) betrugen M 53000 p. ha M 95; der Rezeß wird 1909 abgeschlossen und den Beteiligten zur Anerkennung vorgelegt."
(Human: Chronik der Stadt Hildburghausen. – 1908, S. 41)
Coleurkarte der Eisenbahn-Techniker des Technikums Hildburghausen aus dem Jahr 1902.
Sammlung Hans-Jürgen Salier
1903
Das Gymnasium Georgianum wird von 127 Schülern besucht.
1903
In Häselrieth wird ein Obst- und Gartenbauverein gegründet, ca. 2.000 Obstbäume werden gepflanzt.
6. bis 9. August 1903
25-Jahrfeier des Technikums. Enthüllung einer Gedenktafel mit Reliefporträt Harmsen Wilhelm Rathkes an der Ostseite des Alten Technikums (Baugewerksschulgebäude). Ausstellung mit Arbeiten der Studenten. Die Gedenkplatte wird gestaltet von Dozent Ludwig Eckardt (späterer Möbelfabrikant in Hildburghausen), auf dem Friedhof wird von Schülern und Freunden ein Grabdenkmal errichtet. Das Reliefporträt stammt ebenfalls von Eckardt.
1. Oktober 1903 bis 31. März 1921
Der Fuhrunternehmer Liborius Weiß in der Bahnhofstraße ist Posthalter.
25. November 1903
Dr. R. A. Human begründet eine Reihe Historische Abende und ruft zur Gründung einesStädtischen Museums auf. Gesammelt werden vor allem Belegstücke zur Geschichte der Stadt und zur Volkskunde.
1903/04
Die Georgenhalle der Landesirrenanstalt wird erbaut.
„Georgenhalle“ auf dem Gelände der Herzoglichen Landesheilanstalt.
Verlag unbekannt, um 1910.
Sammlung Hans-Jürgen Salier
1904
In der Landesirrenanstalt wird zwischen dem Zentralgebäude und Belvedere ein Lazarettgebäude für 49 Kranke und Sieche errichtet.
1904
Der ehemalige Flugzeug- und Luftschiffmechaniker der kaiserlichen Marine und Teilnehmer am Boxeraufstand, Paul Horn, erweitert in der Bahnhofstraße 8 seine Mechanische Werkstatt (Handel und Reparatur technischer Konsumgüter wie Nähmaschinen, Schreibmaschinen, Fahrräder, Zentrifugen u. a. landwirtschaftliches Gerät) und etabliert das 1. Hildburghäuser Autohaus.
In den 30er Jahren wird unter Automobil-Haus Paul Horn firmiert. Neben der Vertretung für renommierte Firmen (Adler, Auto-Union) entwickelt sich die Werkstatt zur größten und modernsten der Region, ferner gehören dazu eine Großgarage für 25 Kraftfahrzeuge, die Firma besitzt 2 Busse, 2 Lkw, 3 Pkw, 1 Abschlepp- und 1 Leichenwagen.
Wache an der Schloss-Kaserne. Garnison der 95er, 1900
Sammlung Hans-Jürgen Salier
Das herzogliche Schloss, das zum Zeitpunkt Kaserne des II. Bataillons des Infanterie-Regiments Nr. 95 ist, von der Südseite. Aus: Aufnahmen aus Alt-Hildburghausen. Heft 4, Technikum Hildburghausen.
1904Die Verwaltung des Straßennetzes kommt an den Kreis.
11. Januar 1904
† Heinrich Vogel (* 1818). Er besucht Kunstschulen in München, Leipzig und Berlin, lebt und wirkt längere Zeit in Rom, Neapel und Sizilien. Einige seiner Werke sind im Stadtmuseum zu sehen. Der Rat stiftet sein Vermögen (ca. 1,25 Mio. M) zur Unterstützung für durch Krankheit oder Alter in Not geratene Kunstmaler (Seraphine-Vogel-Stiftung). Sein villenartiges Haus, einst im Besitz des Dunkelgrafen, erwirbt Vogel nach dessen Tod, befindet sich bis zum Abriss 1912 auf dem gegenüber liegenden Parkplatz der Hauptgeschäftsstelle der Kreissparkasse in der Rückertstraße.
1904
Das Stadtmuseum wird erstmals im Jahresbericht des Vereins für Sachsen-Meiningische Geschichte und Landeskunde erwähnt. 1904 gilt als das Gründungsjahr. Das Museum ist mit der Bibliothek des Sachsen-Meiningischen Geschichtsvereins im 2. Stock des Rathauses untergebracht.
1904
Bau des zweiten neuen Schulgebäudes in Häselrieth mit zwei Schulsälen und zwei Lehrerwohnungen, die am 02.02.1905 übergeben wird (an der heutigen B 89).
(s. auch 1883/84)
1985 wird die Einrichtung als polytechnische Oberschule geschlossen, die Schüler werden im Neubau in der Reinhold-Huhn-Straße (Wallrabs) beschult, seit 1998 Staatliches regionales Förderzentrum. (s. auch 17.02.1998)
Nach 1985 wird sie für andere Bildungseinrichtungen genutzt (bes. außerschulischer Bereich), nach 1990 als Teilstandort des Förderzentrums.
1904
Bau eines Kindergartens in Bürden.
8. Mai 1904
Hoftheaterdirektor Otto Winzer, zum Zeitpunkt Leiter des Stadttheaters zu Ratibor (heute: Polen), gastiert ab 04.05. mit seiner 32-Personen-Gesellschaft für 8 bis 10 Vorstellungen im Stadttheater. Er führt am 08.05. Maxim Gorkis 1902 erschienenes Drama Nachtasyl auf und am 22.05. Björnsons Kapitalismuskritik Über unsere Kraft.
15. Juni 1904
Adelinde Dietrich aus Hildburghausen kommt mit vier Kindern beim Brand des amerikanischen DampfersGeneral Slokum ums Leben.
27. September 1904
Die Höhere Fachschule für Maschinenbau, Elektrotechnik und Bauwesen wird von der Stadt übernommen, vom Staat beaufsichtigt und finanziell weitergeführt. Damit sind die Besoldung und Pensionsfrage der Professoren gelöst.
Das städtische Technikum gliedert sich in vier Abteilungen:
Maschinen-Ingenieurschule, Elektro-Ingenieurschule, Hochbauschule, Tiefbauschule. Die Studiendauer beträgt fünf Semester, zusätzlich gibt es noch eine Werkmeisterschule (Ausbildung: zwei Semester).
Dem Vorstand gehören der Bürgermeister, der Vorsitzende des Gemeinderats, der Direktor des Technikums und vier vom Gemeinderat gewählte Mitglieder an.
Im Sommersemester studieren noch 355 Schüler. Ursachen für den Rückgang der Studierenden sind in der Vielzahl der inzwischen von Preußen eröffneten Maschinenbauschulen zu sehen, ferner die gestiegenen Anforderungen und die strengen Regeln am Technikum.
26. bis 28. Oktober 1904
Vor der 1. Strafkammer des Landgerichts in Meiningen wird gegen 29 Studierende bzw. jetzige Techniker wegen Landfriedensbruchs und Aufruhrs verhandelt. Es werden Geldstrafen verhängt.
Ursache ist die katholische Studentenverbindung Unitas, die von der herzoglichen Regierung nicht zugelassen worden ist. Trotz aller Verbote erfreut sie sich jedoch eines großen Zuspruchs. Die Abende werden meist als Kegelabende, wissenschaftliche Vorträge o. ä. getarnt. Die Unitas wird erst 1921 als 10. Verbindung anerkannt.
1904
Nachdem in den letzten beiden Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts die Wasserversorgung weitestgehend neugestaltet worden ist (täglicher Wasserverbrauch: 350 m³, Eisenbahn = 150 m³; Jahresverbrauch = 150.000 m³), bestehen öffentliche Brunnen noch am Salzmarkt, in der Knappengasse, in der Bahnhofstraße und in der Weitersrodaer Straße.
1904
Der Staatsanwaltschaft werden Anzeigen zur Bestrafung übergeben: 521 Übertretungen, 153 Vergehen und Verbrechen, darunter 63 Diebstähle, 1.254 Requisitionen (Beschlagnahmungen) der Staatsanwaltschaft, der Gerichte und auswärtiger Polizeibehörden.
1904 – 1907
Vom Schützenhof werden bis zum Stadtwald Anlagen und ein Promenadenweg geschaffen (Stadtbaumeister Adolf Schwarz) und 350 Ahorn- und Lindenbäume gepflanzt (Oberförster Curt v. Fischern), der Lohmüllersteich ausgehoben und darunter zwei neue kleinere Teiche angelegt.
1905
Die jüdische Synagoge wird renoviert.
1905
Die Feuerwehr Hildburghausen besteht aus 41 Chargierten und 320 Mannschaften.
1905
Die Werrabrücke (Theaterbrücke) in der Coburger Straße wird generalrestauriert.
(s. auch 1852)
1905
An der Bürgerschule werden 862 Schüler von 17 Lehrern unterrichtet.
1905
Zum Handwerk resümiert OB Ernst v. Stocmeier:
„Was den Handelsverkehr hiesiger Stadt anlangt, so ist eben auch zu beobachten, daß die Reichsgesetzgebung über Freizügigkeit und Gewerbefreiheit ihren Einfluß in nicht allenthalben gewünschter und beabsichtigter Weise geltend gemacht hat. Wird im allgemeinen durch die Freizügigkeit der Zufluß der Bevölkerung nach den Städten, besonders den Fabrikstädten, vermehrt und die Lasten infolge des Unterstützungswohnsitzes erheblich vermehrt, so macht sich infolge der Gewerbefreiheit auch im Handelsgewerbe eine unliebsame, nicht immer mit löblichen Mitteln arbeitende Konkurrenz bemerkbar. Ist dem kaufenden Publikum einesteils größere Auswahl und Bewegungsfreiheit geboten, so ist auf der anderen Seite doch zu befürchten, daß bei dem durch die Konkurrenz gebotenen Wettstreit in der Preisminderung der Ware die Güter dieser Einbuße erleiden muß. Aehnlich verhält es sich bei dem Handwerk. Der solide fleißige Handwerker wird durch die fabrikmäßige Herstellung seiner Produkte, denen er die Spitze nicht zu bieten vermag, geschädigt und das Publikum, welches mehr auf das in die Augen fallende äußere Ansehen Gewicht legt, als auf die Solidität des Erzeugnisses, ist ebenfalls benachteiligt. Die guten alten Zeiten, wo die Kleider durch Generationen vererbten, sind geschwunden, die wechselnde Mode verlangt schon ein schnelleres Aufbrauchen des Gewandes. Dazu kommt, daß die Gewerbefreiheit dem seßhaften Handwerker durch Einführung seiner Ware von auswärts, wie dies z. B. beim Bäckerei- und Schlächterei-Handwerk der Fall ist, Abbruch tun.
Auch durch die übertriebenen Reklamen und Anpreisungen in der Presse und Ueberschwemmung des Publikums durch Postkarten lassen viele sich meist zu ihrem eigenen Nachteil verleiten, Waren von auswärts zu beziehen. Wir sind durch langjährige Erfahrung zu der Ueberzeugung gelangt, daß die alljährlich wiederholten Aufforderungen: Kaufet am Platz! sich im recht befinden und daß man hier alles haben kann, was zum Leben und zum Wohlbefinden erforderlich ist. Nur ganz wenige Ausnahmen erscheinen zulässig.“
(v. Stocmeier: Rückblick, 1906. – S. 34 f.)
1905
Das Postamt Hildburghausen beschäftigt 16 Beamte und 25 Unterbeamte.
Pferdegespann vor dem um 1900 vom Baumeister und Architekten August Berger im neogotischen Burgenstil errichteten Haus des Hofphotographen Ferdinand Zinck in der Oberen Allee nahe dem heutigen Goetheplatz.
Sammlung Hans-Jürgen Salier
1. April 1905
Anlässlich des 90. Geburtstags des Reichskanzlers und Ehrenbürgers der Stadt, Fürst Otto v. Bismarck (1815 – 1898), wird der Stadtbergturm als Bismarck-Turm geweiht.
11. April 1905
Wahl von Ing. Paul Zizmann zum Direktor, er führt das Technikum bis zum Sommersemester 1925.
9. Mai 1905
Schiller-Feier anlässlich des 100. Todestages im Stadttheater, ausgerichtet vom Verein für Sachsen-Meiningische Geschichte und Landeskunde.
Der Historiker und Superintendent Dr. R. A. Human hält die Festrede zu Schillers nationaler und weltgeschichtlicher Bedeutung. Oberschulrat Dr. Otto Rückert spricht über Schillers Aufenthalt in Bauerbach. Die Feier wird ausgestaltet von der Meininger Hofkapelle und vom Hildburghäuser Gesangverein.
11. Juli 1905, vormittags
Wilhelm Ziegler erschießt seine Frau Anna Pauline, seine 4 Kinder (5 Monate, 4, 5, 6 Jahre) und sich durch Kopfschuss am Stadtberg (Meyersberg).
23. bis 31. Juli 1905
II. Gewerbe- und Industrieausstellung in Hildburghausen.
Das Hildburghäuser Kreisblatt wird bei Gadow & Sohn auf einer Rotationsmaschine der Frankenthaler Schnellpressenfabrik gedruckt.
Neben der Druckerei stellt der Verlag (Volksschulbücher-Verlag) einen wichtigen Hauptgeschäftszweig dar. Es werden anerkannte Pädagogen gewonnen, ferner werden technisch und inhaltlich vorzügliche Lehrmittel hergestellt, z. B. der von Dr. Kühner begründete Thüringer Kinderfreund, die Fibel Der kleine Kinderfreund, das Liederbuch der Volksschule (3 Teile), Kleine Gesangschule.
Erfolgreiche Säulen der Verlagstätigkeit sind die Edition heimatgeschichtlicher Literatur und der sog. Kalenderverlag. Einen hervorragenden Ruf erwirbt sich der Musikverlag mit der Produktion von Schulliederbüchern sowie dem Notensatz und -druck.
Gewerbe- und Industrieausstellung in Hildburghausen.
Königliche Universitätsdruckerei von H. Stütz, Würzburg, 1905
1. Juli 1905
Das Bankhaus B. M. Strupp mit Stammsitz in Meiningen (in Hildburghausen befindet sich seit 1866 eine Filiale) wird in eine Aktiengesellschaft unter dem Namen Bank für Thüringen vorm. B. M. Strupp Aktiengesellschaft umgewandelt. Das Bankhaus befindet sich in der Unteren Marktstraße (heute: Commerzbank).
1905
Der bedeutende Kupfer- und Stahlstecher Richard Schmidt gründet an der Häselriether Straße eine Kupferstichanstalt (Kupferdruckerei und Galvanoplastik). Vor allem topografische Landkarten und Seekarten werden hergestellt. Hauptauftraggeber ist das Deutsche Reich, aber auch ausländische Ministerien (Niederlande, Schweden), beschäftigt werden sieben Kupferstecher.
1905
Das Stadtgebiet umfasst folgende Flächen:866,55 ha Wald, 385,62 ha Ackerland, 151,12 ha Wiesen, 27,69 ha Ödland, Weide, 2,96 ha Wasser, 61,85 ha Wege, Straßen, freie Plätze, 53,26 ha Gärten, 42,53 ha Hofraum.
Im Besitz der Stadtgemeinde befinden sich folgende Gebäude:
Rathaus, Altes Technikum, Neues Technikum (1896 erbaut), Theater, Bürgerschule, Schlachthofgebäude (1887/8 erbaut), Friedhofshaus, Schafhaus, Vorratshaus, Schäfereigebäude (Armenhaus), Vogels Wohnhaus, altes und neues Jägerhäuschen, Stadtbergturm, Kanalhäuschen, Fallmeisterei.
1905 – 1907
Der deutsche Philosoph, Literaturkritiker und Übersetzer der Werke von Balzac, Baudelaire und Marcel Proust Walter Bendix Schoenflies Benjamin (1892 – 1949) ist Schüler der Hermann-Lietz-Schule Haubinda. Engen Kontakt pflegt er zu dem Lehrer Gustav Wyneken, der ihn für die Arbeit in der Jugendbewegung motiviert. B. schreibt in „Samen meines spätren Lebens“ über die Zeit.
Übergabe der Fahnen an den Kommandeut des 95. Infanterieregiments in der heutigen Friedrich-Rückert-Straße.
Verlag Siegfried Caspary & Co.
Hildburghausen als Feststadt. Vermutlich handelt es sich um ein militärisches Ereignis.
Verlag unbekannt, 1905, postalisch verwendet
1905
Häselrieth zählt 1.252 Einwohner, davon 605 männl. und 583 weibl. ev.-luth. Glaubens, 29 männl. und 14 weibl. röm.-kath., 625 männl. und 584 weibl. Reichsangehörige und 9 männl. und 13 weibl. Österreicher und Ungarn (Beschäftigte in der Glashütte).
2. Dezember 1905
Ernst v. Stocmeier (s. 09.12.1915) wird zum Geheimen Regierungsrat und Ehrenbürger von Hildburghausen ernannt.
Partie am Hirschplatz (heute: Puschkinplatz) mit dem Palais der Herzogin Paul (Charlotte).
Verlag Heinrich Reissig, Hildburghausen, um 1905.
Sammlung Hans-Jürgen Salier
1. Januar 1906
Der Friedhof der Landesirrenanstalt mit Kapelle wird eingeweiht.
7. Februar 1906
† Johannes Niemann
* 24.09.1853
Direktor des Technikums Hildburghausen
16. Februar 1906
Die Gebrüder Strupp (Bankhaus Strupp) schenken anlässlich der Auflösung der Firma B. M. Strupp zu Meiningen der Stadt 20.000 M, die als Unterstützung armer Wöchnerinnen sowie zur Erziehung und Bildung verwahrloster ausgesetzter Kinder verwendet werden sollen (ohne Unterschied der Konfession).
1906
Beginn der Chronikaufzeichnungen der katholischen Pfarrgemeinde in Hildburghausen. Von 02.01.1905 bis 07.04.1911 ist Dr. Kilian Meisenzahl Pfarrer in Hildburghausen. Das Klima zwischen den Konfessionen entspannt sich unter dem bedeutenden Seelsorger. Erstmals seit der Reformationszeit besucht ein katholischer Bischof wieder die Stadt.
Dr. Kilian Joseph Meisenzahl (1876 – 1952) hat mit dem Würzburger Bischof Ferdinand von Schlörz (1839 – 1924) gute Beziehungen sowie zu den beiden protestantischen Herzögen Sachsen-Meiningens: Georg II. und Bernhard III. Meisenzahl wird später u. a. päpstlicher Hausprälat und Domkapitular in Würzburg.
1906
Brand der Bürdener Schule, anschließend Wiederaufbau.
1906
Kammerherr v. Ried und Kantinenpächter H. Röder gründen mit 72 Mitgliedern einen Verein für weidgerechte Jagd, Förderung des Jagdschutzes und Züchtung reiner Hunderassen für Südthüringen und Franken.
1906
Im Englischen Hof am Markt gründet der Thüringerwald-Verein, Gruppe Hildburghausen, die erste Studenten- und Schülerherberge in Thüringen, die im Schloss (Kaserne) untergebracht ist.
7. Juni 1906
Feierliche Einweihung des Dreistromsteins (Dreikantpyramide mit für jeweilige Stromgebiete [Wasserscheide]) typischen Steine: Weser [Grauwacke], Elbe [Granit], Rhein [Quarz], wichtiger hydrografischer Knotenpunkt Mitteleuropas. Gegenüber steht der Dreiherrnstein (Staaten Schwarzburg-Rudolstadt, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Hildburghausen), zwischen Friedrichshöhe und Siegmundsburg.
Nach einem Beschluss des Rennsteigvereins (1903) wird das Projekt Dreistromstein von Prof. Dr. Ludwig Hertel und Constantin Kümpel (beide Hildburghausen) geplant und organisiert. Die Herzogliche Oberförsterei Steinheid beschafft die Quarzsteine, die Herzogliche Oberförsterei Sachsendorf bereitet das Baugelände vor, die Porzellanfabrik Limbach kommt für die Sandsteinpyramide auf, die Porzellanfabrik Rauenstein bezahlt die Goldschrift, die Aktienbrauerei Hildburghausen kommt für den Transport der Granitsteine und der Pyramide von Hildburghausen zum Bauplatz auf. Zum Vorhaben gibt es überdies Geldspenden.
(1995 lässt die Gemeinde Siegmundsburg [Lkrs. Sonneberg] den Dreistromstein fachgerecht durch den Steinacher Steinmetz Otto Schramm restaurieren.)
1906
Das Vereinswesen steht in der Stadt in hoher Blüte, es existieren 60 Vereine.
1906
Oberbürgermeister v. Stocmeier schreibt u. a. zum Armenwesen:
„Aus Stadtmitteln sind zwei Armenärzte angestellt, welche in Krankheitsfällen die Armen behandeln.
Außerdem hat die Stadt noch die ihr nach dem Landesgesetz vom 19. August 1899 über die Zwangserziehung, die wegen strafbarer Handlungen minderjähriger Kinder angeordnet wird, zukommenden Lasten zu tragen.
Daneben ist ein Erziehungsverein unter Leitung des Herrn Schulrat Albert Heyl bemüht, aus privaten Sammlungen Kinder, deren Verwahrlosung droht, rechtzeitig zu entziehen.
Das am Goldbach gelegene Armenhaus ist zumeist voll besetzt von Familien, die sich wohl auf anständige und ehrliche Weise durchzubringen vermöchten, denen es aber an gutem Willen und Ehrgefühl fehlt.“
16. Juli 1906
Im Restaurant Jägerhaus in der Schleusinger Straße wird eine Ballspielvereinigung gegründet, Vereinslokal wird der Thüringer Hof. Die Mannschaft trainiert und spielt zielbewusst, pflegt vor allem auch leichtathletische Disziplinen. BCH (Ballspiel-Club Hildburghausen) wird 1908 – 1910 Meister der Thüringisch-Fränkischen Ballspielvereinigung und des Verbandes Thüringer Ballspielvereine. Der Sportplatz befindet sich anfangs im Irrgarten. Vier Spieler werden für die Gauauswahl nominiert.
Der heutige Fußballverein Hildburghausens nennt sich in Erinnerung an die Vereinsgründung FSV 06 Hildburghausen.
12. August 1906
Anlässlich des Stirnbergfests 1. Fußballvergleich in Hildburghausen gegen den SC Barchfeld, 5 : 0 für Hildburghausen. Die Fußballbegeisterung hält lange an. Weitere Mannschaften gibt es im Lehrerseminar und im TFC, der Spielbetrieb ist noch unorganisiert.
1906
Paul Rudolf Scheller jun. (* 17.10.1866, Hildburghausen – † 08.09.1943, Hildburghausen) verlegt die Suppenproduktion in ein neu errichtetes Fabrikgebäude (Standort späteres Finanzamt, Wiesenstraßes) verbunden mit einer Trocknungsanlage für Dörrgemüse und -obst.
1906
Beginn der schriftlichen Aufzeichnungen über das Leben der katholischen Pfarrgemeinde Hildburghausen.
1906
Kreiswinterschule für Landwirtschaft unter der Direktion von Friedrich Gaul (1920/21). 114 Schüler, vorwiegend aus dem Südthüringer Raum.
1906
In der Zeit wird die Aufschließung der Stadtwaldungen durch ein planmäßig ausgebautes Waldwegenetz mit festem Unterbau und normalen Steigungen vorangetrieben. Die Wirtschaftlichkeit des Waldes erhöht sich wesentlich. Insgesamt sind es 14,049 km², Kosten: 26.000 Mark.
9. Januar 1907
† Königin Maria v. Hannover, geb. Prinzessin v. Sachsen-Hildburghausen
* 14.04.1818, Tochter des Prinzen Joseph v. Sachsen-Hildburghausen, später Herzog v. Sachsen-Altenburg, Gemahlin des Königs Georg V. v. Hannover.
(s. 18.02.1843)
In einem Nachruf heißt es:
„So leuchtet ihr Charakterbild in der Geschichte unseres lieben Heimatlandes und in der Weltgeschichte als das einer lebendigen Zeugin von der Herrlichkeit des Herrn und von der Realität unseres Christenglaubens und unserer Christenhoffnung und als das einer Märtyrerin für Recht und Gerechtigkeit, Wahrheit und Freiheit, für diese hohen idealen Güter unseres Volkslebens.“
1907
Ca. 20 Handwerker, Arbeiter und Meister gründen in der Gaststätte Tivoli (spätere Etikettenfabrik Kuss & Co.) die Ortsgruppe Hildburghausen der Sozialdemokratischen Partei. Ins Vereinsregister wird sie als Arbeiterbildungsverein Hildburghausen eingetragen. Die führende Rolle in der Sozialdemokratie spielt auch in den nachfolgenden Jahrzehnten August Wichtendahl.
August Wichtendahl schreibt über diese Zeit:
1907 erste Versammlung im „Tivoli“ – Wirt war gekündigt. Daselbst SPD gegründet, wenige Mitglieder. In den „Zollhof“, da „Tivoli“ weggenommen. Auch hier hat der Besitzer dem Pächter das Lokal wegen uns wieder abgenommen. Ins Lokal ‚Zum Lamm‘ gezogen. Militärverbot! Nun „Jägersruh“ in Wallrabs. Das war den Mitgliedern zu weit, und endlich für immer im „Thüringer Hof“. Also von einem in das andere Lokal gejagt. Inzwischen eine Flut von anonymen Anzeigen ... Langsam aber sicher gelang es, die Reihen zu stärken ...
1907
Das Elisabethfest der katholischen Kirchgemeinde wird zur 700-Jahrfeier der heiligen Elisabeth eingeführt.
1907
Pfarrer Liebermann gründet in Häselrieth die Junge Gemeinde, für die Jugend des Ortes und von Ebenhards.
15. April 1907
Der später in Königstein/Taunus lebende Pädagoge und Maler Albert Kerber, wird als Sohn des Hildburghäuser Bahnhofsvorstehers geboren.
Sein Alterswerk ist der Bau der Friedenskapelle in Grigoria auf Kreta nach Plänen von K., die zur Versöhnung und zum Frieden beitragen soll. Die Wandbilder unter der Thematik Leid und Erlösung werden von ihm und seiner Frau Hilde in dreijähriger Arbeit gemalt. Die Kapelle wird 1992 eingeweiht.
1907
Dem täglich erscheinenden Hildburghäuser Kreisblatt (außerhalb des Kreises Vertrieb alsTägliche Nachrichten) kommt die Beilage Das Sachsen-Meiningische Kirchenblatt als landeskirchengeschichtliches Repertorium hinzu.
1. Juni 1907
Die Geldzustellung der Reichspost für die Innenstadt wird eingerichtet.
15. Juni 1907
Gewerkschaftskartell, vorwiegend bestehend aus Einzelgewerkschaften: Buchdrucker (53), Metallarbeiter (27), Holzarbeiter (7), Glasmacher (19) unter August Wichtendahl, Max Bauer und Ernst Adelmann wird in der Wallrabser Gaststätte Jägersruh gegründet. In den Folgejahren bilden sich weitere Einzelgewerkschaften, die ebenfalls Mitglied werden. Das Kartell hat im Gründungsjahr 106 Mitglieder und erreicht mit dem Beitritt von Mitgliedern aus dem Kreisgebiet im August 1914 ca. 500.
Oktober 1907
In den Sauren Wiesen am Hechtteich kommt zur Trinkwasserversorgung ein Bassin für 100 m³ hinzu. Hier wird das Wasser von 22 Quellen des Hechtteichs, der Gemauerten Teiche und der Sauren Wiesen erfasst. Bei Wasserknappheit wird das Wasser per Benzinmotor in das Bassin im Heiligen Grund gepumpt.
Der 0,22 ha große Hechtteich (unterhalb der Gemauerten Teiche) ist 1896 ausgeschachtet worden und dient als Zuchtteich für den Fischereiverein.
1907
Gründung des Arbeiter-Turn- und Sportbunds e.V.
1907
Die Sommerfrische Hildburghausen wird von 497 Personen besucht.
Gasthof zum „Goldenen Hirsch“ und „Kaisersaal“ (heute: Ecke Puschkinplatz/Dr.-Wilhelm-Külz-Straße.
Verlag Ernst Sternberger, Themar, 1907
1808 – 1908
Im Zeitraum begehen 164 Personen in Hildburghausen Selbstmord: 62 Erhängen, 39 Ertränken, 10 Vergiften, 36 Erschießen, 15 Durchschneiden von Hals- oder Pulsader, 2 Überfahren durch die Eisenbahn.
3. Januar 1908
Volksschulgesetz in Sachsen-Meiningen – völlige Trennung von Kirche und Staat. Der Kirche werden die Aufsichtsrechte entzogen. Das Gesetz erregt Aufsehen in Deutschland.
Es wird eine Zwangsfortbildungsschule für Knaben und Mädchen nach der Entlassung aus der Volksschule gefordert (4 Stunden wöchentlich über einen Zeitraum von 2 Jahren).
Am Gymnasium Georgianum kommt es zu baulichen Veränderungen und Modernisierungen sowie zur besseren Ausstattung mit Lehrmitteln.
1. März 1908
Unter Leitung von August Wichtendahl wird der Konsumverein gegründet.
Erste Verkaufsstelle ist in der Unteren Braugasse gegenüber dem Thüringer Hof. Erster Geschäftsführer ist der Gastwirt Joseph Wilpert, kurze Zeit wird Wichtendahl mit der Aufgabe betraut, Aufsichtsratsvorsitzender wird der Schriftsetzer Ernst Adelmann.
Eine Konsum-Verkaufsstelle wird im Hauckschen Haus am Markt (Nord-Ost-Seite, ehemals Markt 19) errichtet. Bald gibt es im Kreis 14 Läden, und eine Dampfbäckerei kann eingerichtet werden. Das Papendieksche Grundstück in Wallrabs wird gekauft, auf ihm wird 1915 das Verwaltungsgebäude erbaut. Zwischen 4 und 7 % werden an die Mitglieder Rückvergütungen gezahlt.
- Adelmann gründet die gewerkschaftlich-genossenschaftliche Versicherungs-AktiengesellschaftVolksfürsorge.
1908
Häselrieth erhält eine Schwesternstation.
1908
Der Krankenhausverwalter Th. Eckert legt am Poststück eine Laubenkolonie für 30 umzäunte Grundstücke an (141 m² Fläche, Jahrespacht 15 M).
6. März 1908
Nach der Brandkatastrophe am Meininger Theater wird die Spielzeit Theater abgeschlossen. 1908/09 wird wechselweise in Coburg und Hildburghausen gespielt sowie eine Gastspielzeit in Gotha begonnen.
17. Juli 1908
Das Nonnesche Institut feiert im Stadttheater das 100-jährige Jubiläum.
1908
Der jüdische Unternehmer Gassenheimer kauft das Gelände der ehemaligen Wiesenmühle (1717 erbaut, zur DDR-Zeit auch Gelände des VEB Schrauben- und Normdrehteilewerks) auf und entwickelt einen holzverarbeitenden Betrieb, später kommt ein Werkteil zur Herstellung und Reparatur landwirtschaftlicher Maschinen hinzu, um 1930 ca. 40 Beschäftigte. Verarbeitung von jährlich ca. 2.000 fm Rundholz, u. a. auch für Lohnschneiden (Eröffnung am 04.01.1909).
1. September 1908
Der verdienstvolle Kammerherr und Geheime Regierungsrat Ernst v. Stocmeier wird als Erster Bürgermeister in den Ruhestand versetzt. Nachfolger wird Gerichtsassessor Dr. Ottomar Benz.
2. September 1908
Feierliche Enthüllung des von Prof. Ferdinand Lepcke, Berlin, geschaffenen Bismarck-Reliefs aus Bronze für den Stadtbergturm (Bismarck-Turm). Lepckes Mutter stammt aus Hildburghausen.
1908
Erweiterungsbau des Postgebäudes auf der Südwest-Seite (01.10. Paketannahme, Packkammer und 01.11. Telegraphen- und Fernsprechzimmer).
Um 1908 – 1910
Hinter dem Burghof wird auf einem Steinplattenplatz von Architekt August Berger ein Tennisplatz angelegt.
1. Januar 1909
Nach dem Tod von Dr. v. Ried, (02.10.1908) des letzten Mitbegründers der Häselriether Glashütte, Mitbesitzer und Geschäftsführer ist seit 1897 Willy Götting, geht sie in den Oldenburgischen Glashüttenwerken (Aktiengesellschaft) auf und wird in der Flaschenverschlussproduktion weiter modernisiert. Nach dem Weltkrieg, bedingt auch durch die Krisensituation in der Glasindustrie, kommt es zu einem drastischen Personalabbau, ca. 40 Leute werden noch beschäftigt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wird die Glashütte geschlossen, nachdem sie bereits 1937 stillgelegt worden ist. Das Gelände kommt teils zur Deutschen Reichsbahn, zur Gemeinde Häselrieth und zum Sägewerk.
1909
Taubstummenschule. 34 Schüler, davon 22 Jungen. 2 Taubstummenlehrer, 1 Hilfslehrer, 1 Taubstummenlehrerin. Die Schulpflicht wird von 6 auf 8 Jahre erhöht.
1909
Die Häselriether Chronik verzeichnet, dass es zur furchtbarsten Überschwemmung seit Menschengedenken gekommen sei. Die beiden Ebenhardser Brücken seien durch die Wassermassen und die Eisblöcke beinahe zerstört worden.
1909
Das Herzogliche Lehrerseminar hat 211 Schüler (1914/15 = 223, Parallelklassen werden eingerichtet), die neben dem Direktor von 13 Lehrern (1913/14 = 15) unterrichtet werden. Die Übungsschule in Wallrabs hat 134 Schüler (4-klassige Schule, die sich aus Kindern verschiedener Klassen zusammensetzt). Die Seminaristen werden nach preußischen Lehrplänen unterrichtet, das Seminar selbst bleibt nach sächsischem System organisiert.
In der „Stadt der Schulen“ kommt es vom 5. bis 7. Oktober 1909 zur 50-jährigen Jubiläumsversammlung des Lehrervereins des Herzogtums Sachsen-Meiningen.
Das Herzogliche Lehrerseminar und die Taubstummenanstalt,
heute: Staatliche Regelschule Joliot-Curie.
Heliocolorkarte Ottmar Zieher, München, um 1900.
Sammlung Hans-Jürgen Salier 1909
1909
Die beiden evangelischen Gemeinden der Stadt werden zu einer verschmolzen und ein gemeinsamer Kirchenvorstand wird gebildet.
1909
Bau eines Trinkwasserortsnetzes in Bürden, sie ist damit die 4. Gemeinde im Territorium mit einem Trinkwasserortsnetz des heutigen Landkreises.
15. April 1909
† Ferdinand Nonne, Hildburghausen
* 03.01.1845, Hildburghausen, Enkel Dr. Carl Ludwig Nonnes
Großkaufmann
Mitbegründer des Verschönerungsvereins, der kaufmännischen Fortbildungsschule, des Köhlerschen Gesangvereins. Mitglied des Gemeinderats und des Kirchenvorstands.
1. Mai 1909
Einrichtung einer Fortbildungsschule für 18 Schüler aus Wallrabs unter Seminarlehrer August Eichhorn, aus gemischten gewerblichen Klassen, besondere Zeichenabteilung. Lehrerseminaristen aus dem 1. Studienjahr sind Hospitanten.
Juni 1909
Das Technikum erhält auf der allgemeinen Bauartikelausstellung in Leipzig die Ehrenurkunde für die Aufnahmen althennebergischer Holzbauten und altbäuerlicher Gehöfte (unter Leitung des Architekten C. Ebeling).
31. Juli 1909
Reifezeugnisse Baugewerk- und Tiefbauschule werden auf ministeriellen Erlass denen der preußischen Baugewerkschulen gleichgestellt.
1909
Stadtbaumeister Heller wird beauftragt, einen Werraübergang (Holzsteg) an der Südwestseite des Irrgartens zu planen. Die Holzbrücke wird später durch ein Betonbauwerk ersetzt, die im Juli 1997 wegen Baufälligkeit eingelegt wird. Die Brücke ist im Volksmund Seufzerbrücke genannt worden.
(s. auch 16.05.1998)
15. Oktober 1909
Werraeisenbahn-Teilstrecke Eisfeld – Effelder (Eisfeld – Sonneberg) wird eröffnet.
15. November 1909
Der sozialdemokratische Arbeiter-Gesang-Verein Morgenrot wird gegründet. Erster Vorsitzender ist Ernst Adelmann, Vereinslokal ist der Thüringer Hof. Seit 1912 hat der Gastwirt Erich Mitzenheim das Dirigat, 1920 kommt ein Frauenchor hinzu. Mitte der 20er Jahre hat der Verein ca. 100 Mitglieder.
17. Dezember 1909
Nach Wiedereröffnung des Meininger Theaters nach dem großen Brand prägt ab Herbst 1909 bis April 1913 der große Theatermann Max Grube das Profil des Meininger Theaters und damit auch seiner Spielstätte Hildburghausen.
1909/10
Die Schülerzahl am Gymnasium Georgianum überschreitet erstmals die Zahl 200.
1909 – 1911
Mit Stiftung von 30.000 M von Herrmann Julius Meyer, Chef des Bibliographischen Instituts in Leipzig, wird ein maschinentechnisches Laboratorium am Neuen Technikum erbaut (140 m² Grundfläche, Wolfsche Heißdampfmaschine mit Pumpe und einer nachgeschalteten Wasserturbine mit Versuchskanal).
Michaelis-Villa und Blick zum Stadtberg
Verlag Heinrich Reissig, Hildburghausen, 1910
6. März 1910
Die Baptistengemeinde Coburg – Hildburghausen mit Eisfeld als Station wird als separates Gemeindegebiet gegründet, sie hat 53 Mitglieder.
19. April 1910
† Ludwig Hertel (Prof. Dr.), Hildburghausen
* 28.06.1859, Gräfenthal
Gymnasialprofessor, Heimatforscher, Schriftsteller, Übersetzer
2. Juli 1910
† Karl Metzeroth, Hildburghausen
* 15.10.1838, Hildburghausen
Kupferstecher, Kartograf
K. M. ist mit seinem Bruder Robert (* 04.01.1836) im Bibliographischen Institut unter Herrmann Julius Meyer (wesentliche Mitarbeit an Brehms Tierleben) tätig, dann bei Ravenstein in Frankfurt/M., anschließend in der Graphischen Anstalt von Julius Perthes in Gotha. 1875 mit Hugo Petters Gründung des Kartographischen Instituts, dessen alleiniger Inhaber er von 1898 – 1908 ist. Er beschäftigt in dem von R. Scheller erworbenen Fabrikgebäude 30 Mitarbeiter. Kupferstecherei, Kupferdruckerei, elektrisch betriebene Galvanoplastik- und Kopieranstalt, Fertigung von Generalstabskarten, Messtischblätter für die Königliche Landesaufnahme, für das Reichs-Marine-Amt in Berlin, für ausländische Behörden, Stadtpläne, Touristenkarten usw. 1906 Goldene Verdienstmedaille für Kunst und Wissenschaft. Seit 1908 Kupferstichanstalt im Besitz von Franz Doelecke (heute: Gebäude Polizeiinspektion, D.-Dr.-Moritz-Mitzenheim-Straße).
Stadttheater vom Südwesten, um 1910.
Sammlung Hans-Jürgen Salier
1910
Am heutigen Puschkinplatz 1 eröffnet Moritz Weißmann (jüdischer Herkunft) ein repräsentatives Kaufhaus (Konfektions- und Kurzwaren, Schmuck, Glas- und Porzellanwaren u. a.), Besitzer des Hauses ist Armin Scheller, Inhaber eines Kolonialwaren- und Delikatessengeschäfts. W. muss sein Warenhaus am damaligen Hindenburgplatz 5 während der Nazizeit aufgeben, es wird zwangsversteigert. Das Haus kommt in jener Zeit in den Besitz der Vereinsbank Hildburghausen e.G.m.b.H. Das Haus wird weiterhin als Wohn-, Geschäfts- und Warenhaus mit unterschiedlicher Nutzung bis zur Gegenwart betrieben.
Partie an der Werra (Teil der heutigen Gerbergasse)
Hofkunstanstalt Löffler & Co., Greiz, um 1910
28. August 1910
Weihe der Friedhofskapelle. Die Festrede wird von Dr. R. A. Human gehalten. Bauplanung: Architekt und Technikumslehrer Alfred Müller; Bauausführung: August Leffler unter Aufsicht des Stadtbaubeamten Julius Heller. Baukosten: 45.221,77 M. Leichenkammern und Sezierraum befinden sich im Norden, die Wohnung des Friedhofswärters im Süden.
Die drei Motive der von der Siegmund-Leffler-Stiftung finanzierten Buntglasfenster in der Friedhofskapelle, die die christlichen Symbole „Glaube – Liebe – Hoffnung“ zeigen.
Sie stammen aus der Werkstatt W. Franke, Naumburg.
Um 1910 herrscht reges geschäftliches Treiben in der Unteren Marktstraße.
Links das im Besitz von Braumeister Gehring (Spitzname „Eskimo“) befindliche Hotel-Restaurant Eskimo.
30. Oktober 1910, 10.15. Uhr
Aufstieg des Ballons Thüringen der thüringischen Luftschifffahrtsgesellschaft auf der Kanalwiese, Landung bei Saalfeld (15.30 Uhr). Oberleutnant Riemann hält am Vorabend im Kaisersaal einen Vortrag zum Stand der Luftschifffahrt.
Verlag Heinrich Reissig, Hildburghausen, um 1910
Sammlung Hans-Jürgen Salier.
1. Dezember 1910
Volkszählung im Herzogtum.
Gesamteinwohnerzahl: 278.762, im Kreis Hildburghausen 61.495, davon 30.273 männl., Amtsgerichtsbezirk Hildburghausen: 18.484 Einwohner = 116 Ew./km², 358 Juden.
In der Landdiözese Hildburghausen leben 11.821 ev. Bürger (Hildburghausen 7.316); kath. Einwohner: Hildburghausen – 263, Bedheim – 7, Birkenfeld – 4, Friedenthal – 1, Häselrieth – 71, Leimrieth – 1, Roth – 3, Stressenhausen – 1, Streufdorf – 2, Veilsdorf – 4, Kloster Veilsdorf – 3, Wallrabs – 22;
Juden 105, davon: Bedheim – 3, Ebenhards – 1, Häselrieth – 5, Simmershausen – 18, Streufdorf – 3, Wallrabs – 3;Baptisten: Hildburghausen – 24, Wallrabs – 1, Zeilfeld – 1.
Einwohnerzahlen von Hildburghausen zwischen 1880 und 1905:
1880 5.433
1885 5.473
1890 5.958
1900 7.501
1905 7.456
1910 – 1912
Architekt August Berger, Hildburghausen, errichtet in Coburg ein monumentales Doppelwohnhaus, Bahnhofstraße 10/12 (ausgereifter geometrischer Jugendstil, Fassadengestaltung nach dem Vorbild der Darmstädter Schule).
Bahnhofstraße.
Verlag Paul Horn, Hildburghausen, Autovermietung und Fahrradhandlung, um 1910.
Sammlung Hans-Jürgen Salier
Bahnübergang in der Coburger Straße.
Verlag unbekannt, um 1910.
Sammlung Hans-Jürgen Salier
1910 – 1913
Umfassende Restaurierung der katholischen Kirche Hildburghausen.
1910 – 1912
Im Zeitraum werden u. a. in der Landesirrenanstalt errichtet: Frauenhaus II, Damenvilla, Belvedere II, Belvedere III. 1910 betreuen 6 Ärzte, 49 Pfleger und 48 Pflegerinnen 780 Patienten, 26 Kranke befinden sich in Familienpflege.
1911
Die Witwe Kommerzienrat Ferdinand Nonnes, Klara N., stiftet für die Südseite des Kanals eine Brücke, die noch heute im Volksmund Nonne(s)-Brücke genannt wird.
1911
Der Kirchenchor der katholischen Pfarrgemeinde tritt erstmals in der Öffentlichkeit auf. Vom 23.05.1911 bis zum 01.05.1918 ist Heinrich Schwab Pfarrer.
März 1911
Herzog Georg II. verpflichtet für die Meininger Hofkapelle den Dozenten, Pianisten und Komponisten Max Reger (1873 – 1916). R. hat in dieser Eigenschaft u. a. auch die Aufgabe, die Musikprüfungen am Lehrerseminar Hildburghausen abzunehmen.
Seit 01.12.1911 ist Reger Hofkapellmeister in Meiningen (vorher hat er bereits für Meiningen gearbeitet). Nach Auftreten gesundheitlicher Probleme tritt er im März 1914 als Hofkapellmeister zurück.
Max Reger urteilt nach Abnahme der ersten Prüfung in einem Schreiben an Georg II.:
„Ich war auf das Höchlichste u. Angenehmste überrascht, wie vorzüglich der Chor des Seminars zwei so rasend schwere Chöre wie z.B. Totenvolk von Heger und Hochsommernacht von Reger sang; auch das Schülerorchester selbst errang meine vollste Zufriedenheit durch ebenso exakten wie intonationsreinen Vortrag von Ballettmusik von Schubert und Sinfonia aus Bach's Weihnachtsoratorium.
Der Chor sang zum Schlusse noch vierstimmig ein Volkslied – ebenso prächtig. Ich habe dann jeden Schüler einzeln in Gesang, Orgel- und Violinspiel geprüft, auch die Aufgaben in Harmonielehre alle durchgesehen. Auch hier war ich mit den Leistungen sehr, sehr zufrieden; ich weiß sehr wohl, was man von den Schülern eines Lehrerseminars an musikalischen Kenntnissen und Fertigkeiten verlangen darf u. kann und es freut mich, E. w. Hoheit unterthänigst melden zu können, daß der Musikunterricht am Seminar in Hildburghausen in den Händen der Herren Geuther u. Johne bestens aufgehoben ist. Nach meinem Dafürhalten sind die beiden genannten Herren sogar fast zu streng in der Zensur.“
Auch über die sonstigen Leistungen von Hildburghäuser Chören und über die Musikszene schlechthin urteilt R. überaus positiv und gibt Hildburghausen im Vergleich mit Meiningen jedesmal den Vorzug. Auch der Herzog bemerkt: „In Hildburghausen kommt mir vor, ist man für gute Musik empfänglicher als in der Residenz, wo zu viel fade Geselligkeit herrscht.“
April 1911
Auf Vermittlung des Chefs der Dorfzeitung, Paul v. Petrovics, übermittelt der bayerische Prinzregent Luitpold (Sohn Thereses), die Schreibmappe der Königin Therese an die Stadt Hildburghausen, die heute vom Stadtmuseum aufbewahrt wird.
3. Januar 1912
Westthüringische Landräte tagen in Hildburghausen zu Maßnahmen zur Bekämpfung der „Zigeunerplage“ und Forderungen nach reichsgesetzlichen Regelungen.
1912
Nachdem bereits 1890 der erste Stammtisch ehemaliger Studierender in Hildburghausen in Berlin gegründet wird, existieren 1912 bereits 34, z. B. in Alexandrowsk (Russland), 5 in Berlin, in Braunschweig, Bremen (2), Breslau, Darmstadt, Düsseldorf, Duisburg, Erfurt, Essen (2) Frankfurt/M. (4), Halle/S., Hannover, Kassel, Kiel (2), Köln, Magdeburg (2), Mülheim-Ruhr, München, Nürnberg, Saarbrücken, Solingen, Stettin.
1. Juli 1912
Der Arbeiter-Turnverein Wallrabs-Hildburghausen (auch als Arbeiter-Turnverein Freie Turnerschaft Hildburghausen bezeichnet) wird in der Gaststätte Zur Jägersruh in Wallrabs gegründet, der sich wie der Turnverein Germania Wallrabs dem Arbeiter-Turn- und Sportbund e.V. Leipzig anschließt. Der Verein wird im Februar 1933 verboten.
Festpostkarte zum hundertjährigen Jubiläum des Gymnasiums Hildburghausen, 1912:
Herzog Georg II. von Sachsen-Meiningen und die Direktoren: Friedrich Sickler (Mitte),
Kießling, Stürenburg, Doberenz, E. Rittweger, Heyn, K. Ritteger.
Verlag von Emmo Wittig, Hildburghausen/Druckerei der Dorfzeitung, Hildburghausen
Sammlung Hans-Jürgen Salier
1912 – 1933
In Leimrieth gibt es einen Turnverein.
3. Oktober 1912
Streik in der Schuhfabrik Amberg & Walling. Arbeiter fordern einen neuen Tarif und volles Koalitionsrecht. Nach Verhandlungen endet der Streik am 09.12. mit einem Erfolg der Beschäftigten.
Die Schuhfabrik Amberg wird um 1890 in der Bahnhofstraße 2 gegründet, und nach Eintritt von Heinrich Walling nennt sich die Firma Schuhfabrik Amberg & Walling, die Anfang der 20er Jahre ihren Standort nach Hamburg-Wandsbek verlagert. Ihr Produktionsprogramm wird unter der Marke Helios vermarktet, vor allem Fußballstiefel, Sandalen, Berg- und Skistiefel, Sportschuhe allgemein.
3. November 1912
300-Jahrfeier der Pfarrei Pfersdorf – Leimrieth – Friedenthal, in Verbindung mit der Kirchenvisitation. Herzog Georg II. spendet 3.000 M für die Kirchenrenovierung.
Feier zum Jahrestag der dreihundertjährigen Pfarrei Pfersdorf-Leimrieth.
Lithographie der Hofbuchdruckerei F. W. Gadow & Sohn, Hildburghausen
Sammlung Hans-Jürgen Salier
6. Dezember 1912
† August v. Loesecke, Hildburghausen
* 10.09.1837, Osnabrück
Apotheker, Gemeinderatsvorsitzender, Fachschriftsteller, Ehrenbürger
1867 kauft der aus Osnabrück stammende L. die Neustädter Apotheke. Er ist ein hervorragender Fachwissenschaftler und Autor mehrerer pharmazeutischer Werke, Mitverfasser des Büchnerschen Pilzwerks (s. 12.05.1867). Er schreibt eine vielbeachtete Arbeit über die Trinkgewässer des Herzogtums und ist Gründer des naturwissenschaftlichen Vereins. L. wird zum Hofrat ernannt.
12. Dezember 1912
† Prinzregent Luitpold v. Bayern, München
* 12.03.1821, Würzburg, Sohn des bayerischen Kronprinzen Ludwig und Therese, geb. Prinzessin von Sachsen-Hildburghausen.
1913
Der Verein für Sachsen-Meiningische Geschichte und Landeskunde, dessen Vorsitzender von 1895 – 1923 Dr. R. A. Human ist, schenkt seine Sammlung zur Stadtgeschichte (Stadtmuseum) im 2. Obergeschoss des Rathauses der Stadt.
16. Juni 1913
50-jährige Jubelfeier des Henneberger Sängerbundes unter Direktion des Seminarlehrers Heinrich Mitzenheim im Stadttheater.
Wenige Tage später begeht der Verein „Liederkranz“ seine Jubelfeier.
Die Schloss-Kaserne vom Südwesten mit der als Allee angelegten Charlottenstraße
(seit DDR-Zeit Clara-Zetkin-Straße).
1913
Für die katholische Kirche St. Leopold wird ein Hochaltar der Stiftskirche in Aschaffenburg/Main umgesetzt (ein Geschenk der Kirchengemeinde Haibach), Monstranz und Taufbecken stammen aus Aschaffenburg. – Das an der Decke befindliche Gemälde Die Verklärung des Herrn von Max Georg Rossmann wird vollendet (1991 restauriert).
31. Dezember 1913
Die Vereinsbank e.G.m.b.H. Hildburghausen verfügt über ein Eigenkapital von 550.000 Mk., davon 150.000,- Reserven bei fremden Mitteln von 1,25 Mio. Nach Ausbruch des Weltkriegs werden Kriegsanleihen in Höhe von 2 Mio Mk. für eigene und fremde Rechnung gezeichnet.
1914
Errichtung der Bauberatungsstelle am Technikum zur Herbeiführung heimatlicher Bauweisen.
13. Februar 1914
Max Reger dirigiert in Hildburghausen sein letztes Anrechtskonzert (u. a. die Ouvertüre zu Smetanas Die verkaufte Braut, Werke von Liszt, Mozart und Mendelssohn-Bartholdy), am 28.02. erleidet er einen gesundheitlichen Zusammenbruch.
An den Oberbürgermeister Dr. Müller schreibt Max Reger am 13.05.1914 u. a.:
„Sie dürfen überzeugt sein, daß ich das so unendlich kunstliebende und so sehr dankbare Publikum der Hildburghäuser Konzerte der Meininger Hofkapelle stets in bestem dankbarsten Andenken behalten werde. Für mich war es jedesmal ein Vergnügen und eine Freude aufrichtiger Art, in Hildburghausen dirigierend – weil man von den Beifallsbezeugungen des stets so zahlreich versammelten Publikums entnehmen konnte, mit welch vorbildlicher Aufmerksamkeit, mit welch wirklich großem Interesse unseren Darbietungen gefolgt wurde.“
1914
Der Militärübungsplatz im Irrgarten wird als Sportplatz für die Jugend umgebaut.
1. April 1914
Hildburghausen gehört zu den ersten Kreisen im Deutschen Reich mit Landverkraftung der Reichspost (Einsatz von Automobilen), Probefahrt 31.03. Einrichtung von Kraftposten Hildburghausen – Römhild – (Königshofen); Hildburghausen – Rodach mit 18-sitzigen Postkraftfahrzeugen.
Bis zum Zeitpunkt bestehen nach Römhild und Rodach Postkutschenverbindungen. Das Postamt Rodach von 1929 – 1931 den Werbestempel „Benutze die Kraftpost Rodach – Hildburghausen“,das Postamt Römhild „Benutze die Kraftpost Hildburghausen – Römhild“.
Posthaltereibetrieb beschränkt sich auf die Besorgung des Postversands zwischen Postamt und Bahnhof und Paketzustellung in der Stadt (bis 1935). Es wird nur noch ein Postillon mit einem Pferd benötigt.
1914
Auf der Hauptstrecke der Werrabahn verkehren täglich 20 Personenzüge, auf der Nebenbahn Hildburghausen – Heldburg – Lindenau/Friedrichshall 10 Personenzüge. In Hildburghausen werden 200.620 Fahrkarten verkauft, im Stückgutverkehr 4.040 t entladen und 3.046 t nach auswärts versandt, an Wagenladungen werden 48.090 t entladen und 17.693 t versandt, an Großvieh 849 Stück entladen und 1.830 versandt, Kleinvieh 630 entladen und 735 versandt.
Juni 1914
Gründung des Pfersdorfer Kindergartens, geleitet von M. Krech (im Haus Krech); seit 1903 Kinderstube in der Gaststätte Heim.
25. Juni 1914
† Herzog Georg II. von Sachsen-Meiningen, Bad Wildungen, Bestattung am 28.06. in Meiningen.
1914
Bürden erhält Anschluss an das Fernsprechnetz.
1914 – 1918
Regierungszeit Herzog Bernhard III. v. Sachsen-Meiningen (* 01.04.1851 – † 16.01.1928)
1. August 1914
Die Mobilmachung wird im Deutschen Reich befohlen.
2. August 1914
Weltkrieg. Deutschland tritt in den Krieg ein. Eine Welle nationaler Begeisterung und des Chauvinismus entsteht. Zivile Behörden werden dem Militär unterstellt.
1914
Wegen der Einberufungen in den Weltkrieg macht sich eine Neugliederung der Freiwilligen Feuerwehr erforderlich (585 Einberufungen). 16- bis 18-Jährige treten freiwillig bei (vorwiegend Schüler des Gymnasiums und der Aufbauschule), der Mitgliederstand der Feuerwehr beläuft sich auf 170 Mann. 52 Feuerwehrkameraden fallen im Weltkrieg.
1914
Nach Kriegsbeginn stellt die Glashütte in Häselrieth kurzzeitig die Produktion ein.
18. Oktober 1914
Ordination Moritz Mitzenheims durch KR Dr. R. A. Human in der Neustädter Kirche. Später ist er Pfarrer in Saalfeld und Eisenach, Leiter der Bekennenden Kirche in Thüringen und später (nach 1945) Bischof der Thüringischen Landeskirche.
27. Oktober 1914
Gedenkfeier für den verstorbenen Herzog Georg II. im Stadttheater. Es wird u. a. Kleists Prinz Friedrich von Homburg aufgeführt. Darsteller sind die Hofschauspieler, gespielt wird nach dem von Georg II. geprägten Stil.
Nach Kriegsbeginn wird den Schauspielern und der Hofkapelle des Meininger Theaters von dem nicht sonderlich kunstbegeisterten Herzog Bernhard III. gekündigt. Man überlässt der Truppe unter Otto Osmarr das Theater und den gesamten Fundus, um auf eigene Rechnung zu spielen. Der Hildburghäuser Magistrat stellt das Stadttheater für Aufführungen kostenfrei zur Verfügung. Max Reger bittet beispielsweise am 01.09.1914 den Bürgermeister, den beschäftigungslosen berühmten Musikern der Meininger Hofkapelle die Möglichkeit für Konzertaufführungen in der Stadtkirche zu geben.
Osmarr verzichtet auf die Aufführung „patriotischer“ Stücke, und konservative Pädagogen in Hildburghausen wollen nur noch die Schüler in das Theater gehen lassen, wenn klassische Werke gespielt werden. Osmarr droht, die Aufführungen einzustellen. Trotzdem gibt es in den Folgejahren Aufführungen moderner Dramatiker mit gesellschaftskritischen Stücken (Strindberg, Dreyer, Sternheim, Bahr u. a.).
Marktplatz. Zeichnung O. Thomasczek, 1915
Sammlung Hans-Jürgen Salier.
August 1915
Bei der Ausschachtung eines Brunnens am Stadtberg in der Gemarkung Wallrabs wird ein Flachgrab mit Skelett, Bekleidungsresten, eiserner Fibel und Grabbeigaben (Lanzenspitze) gefunden. Ca. 400 v. Chr. – Jüngere Eisenzeit – La-Tène-Zeit.
1915
Die Zahl der Studierenden am Technikum fällt dramatisch ab, bedingt vor allem durch die Kriegsereignisse.
1915
Der Güterbahnhof Hildburghausen wird erweitert, deshalb werden Wiesen am Bahndamm und an der Talseite in Häselrieth enteignet.
9. Dezember 1915
† Ernst v. Stocmeier, Hildburghausen
* 10.06.1844, Einöd bei Heldburg
Kammerherr, Oberbürgermeister, Landtagspräsident, Ehrenbürger Heldburgs und Hildburghausens
Studium in Heidelberg und Jena. 1872 Landtagsabgeordneter, 1875 Kammerherr, 1878 Vizepräsident des Meininger Landtags, 1889 – 1899 Landtagspräsident. 02.12.1880 I. Bürgermeister in Hildburghausen, engagiert sich für die Schmalspurbahn Hildburghausen – Heldburg/Friedrichshall. 1896 Oberbürgermeister (bis 1908). 1905 Geh. Regierungs-Rat. 1898 Komturkreuz II. Klasse des Sachsen-Ernestinischen Hausordens. S. entwickelt Hildburghausen zu einer modernen Stadt.
Schriften
Kämmereikasseetat der Stadt Hildburghausen 1883 – 85, Alphabetischer Wegweiser in die Gesetzgebung des Reichs und des Herzogtums Meiningen, Rückblick auf 25 Jahre in der Verwaltung der Stadt Hildburghausen 1880 – 1905.
14. Dezember 1915
Die Chronik der katholischen Pfarrgemeinde berichtet, dass bisher 240 Mann Opfer des Kriegs geworden sind, es gibt 7 Lazarette (z. B. im ehemaligen Hotel Burghof und in der Heilanstalt), in denen ca. 100 Katholiken sind. Vereinslazarette bestehen in Eisfeld und Themar.
8. Februar 1916
† Gustav Falke, Großborstel (heute zu Hamburg gehörend)
* 11.01.1853, Lübeck
Buchhändler, Klavierlehrer, Dichter, Schillerpreisträger
März 1916
Kriegsbedingte Schließung der Bau- und Tiefbauschulen am Technikum.
1916. Das Hauptgebäude der Firma Gadow & Sohn in der Schlossgasse 6 im Jahr 1916. Das Gebäude hat bis zum Zeitpunkt eine überaus bedeutsame Geschichte. In der Residenzstadt Hildburghausen wurde es als Landschaftshaus genutzt. Hier hatten die Hildburghäuser Landstände ihren Tagungsort. Von 1714 bis 1729 war es Domizil des „Gymnasiums Academicum“ (auch „Ritterakademie“ genannt), zeitweise bewohnte es Prinz Eugen von Sachsen-Hildburghausen, der Gründer der Veilsdorfer Porzellanfabrik. Es war auch Sitz des von Dr. Carl Ludwig Nonne geleiteten Lehrerseminars. Seit 1817 führte Friedrich Wilhelm Gadow, später sein Sohn Fr. H. Emil Gadow, einen Verlag mit Druckerei. Der Besitz geht dann an Heinrich Wilhelm Gadow, bis dann am 1. September 1878 der Buchhändler Paul Friedrich Maultzsch die Firma übernimmt und zeitweise mehr als 50 Personen beschäftigt.
Sammlung Hans-Jürgen Salier
1916
Am Lehrerseminar wird ein dreijähriger Kurs für Lehrerinnen eingerichtet, 1919 werden 19 Lehramtskandidatinnen für den Schuldienst übernommen, die Einrichtung wird 1919 geschlossen.
1916
Der Posaunenchor der evangelisch-lutherischen Kirchgemeinde wird gegründet.
6. bis 8. April 1916
Gründung der USPD in Gotha. Der linke Flügel steht unter Liebknecht, Luxemburg, Mehring und bildet den Spartakusbund, der 1920 zu den Kommunisten übertritt. Das politische Leben beginnt sich zu radikalisieren. Auch in Hildburghausen formiert sich eine kleine USPD-Ortsgruppe, die aber relativ unwirksam bleibt.
Sommerhalbjahr 1916
Auf Beschluss des Landtags werden für das Lehrerseminar besonders befähigte Schüler aufgenommen, auch einige wenige leistungsstarke Mädchen (die Mädchen erhalten auch Ausbildungsbeihilfen) werden in die gemischten Klassen aufgenommen.
1. Juli 1916
Ein Zeppelin fährt über das Stadtgebiet.
21. Juli 1916
Überführung der bedeutsamen Sammlung von Steinsburgfunden des Technikumslehrers Constantin Kümpel (1856 – 1942) an den Hennebergisch alterthumsforschenden Verein (12.500 Mark), die Sammlung wird im Meininger Museum zwischengelagert.
Nach Auseinandersetzungen zwischen Kümpel, dem Freistaat Meiningen, dem Thüringerwald-Verein und dem Magistrat von Hildburghausen gelingt es, die Kümpelsche Sammlung am 18.02.1920 nach Hildburghausen zu bringen und auszustellen. Sie geht mit über 1.000 Fundstücken 1927 komplett (ausgenommen das Modell der Steinsburg) vom Stadtmuseum Hildburghausen an das Steinsburgmuseum bei Römhild.
30. Juli 1916
† Plato Ahrens, Hildburghausen
* 03.11.1827, Augsburg
Kupferstecher, Mitarbeiter am Bibliographischen Institut, Pädagoge, Förderer der Stadtentwicklung
Gerhard Steiner: „Stille Dächer – zarte Liebe. Die Jugendzeit des Dichters Gustav Falke in Hildburghausen“–
Verlag Frankenschwelle Hans J. Salier, Hildburghausen. 1994
August bis Oktober 1916
Unzureichende Ernährung in den thüringischen Staaten. Der Hungersnot fallen ca. 4.500 Bürger zum Opfer.
1916
In den Beiträgen zur Ortsgeschichte Häselrieths heißt es zum Jahr:
„Durch weitere Einziehungen wird die Heimarbeit, die schon fast nur von Frauen, Greisen und Kindern mit gelegentlicher Zuhilfenahme von Kriegsgefangenen geleistet wird, stark erschwert. Die Ausgabe von Lebensmittelkarten soll die gleichmäßige Versorgung aller Staatsangehörigen sichern; im Herbst übernimmt die Verwaltung auch die Regelung der Kartoffelversorgung, das hindert aber nicht, daß Epidemien ausbrechen, die manches Opfer verlangen. Eine Goldankaufstelle wird eingerichtet, um Mittel zum Aushalten zu beschaffen. Wer goldne Wertsachen abliefert, bekommt dafür eiserne.“
In der Landwirtschaft fehlt es an Arbeitskräften, während die Industriearbeiter unter Arbeitslosigkeit leiden, ausgenommen Rüstungsfirmen.
1916/17
Hungersnot in Deutschland, sog. „Kohlrübenwinter“.
1916
Im Dampfsägewerk Mohr & Co. kommt es zu einem Großbrand, die Ursachen bleiben ungeklärt. Das Werk wird anschließend wieder aufgebaut und erweitert.
Blick vom Stadtberg auf Häselrieth mit Industriegebiet, um 1917.
Sammlung Hans-Jürgen Salier
24. Juni 1917
Abschiedsfeier für die zwei zu Rüstungszwecken beschlagnahmten Glocken: „Hohle“ (1838),„Kleine“ (1781) – Stadtkirche; „Kleine“ (1836) – Neustädter Kirche. Ferner werden Messinggerät und Orgelpfeifen zum Einschmelzen abgegeben.Am gleichen Tag werden zwei Glocken in Häselrieth zerschlagen und das Material der Rüstung zugeführt.
2. Oktober 1917
70. Geburtstag von Paul v. Beneckendorff und v. Hindenburg (1847 – 1934), Generalfeldmarschall. Er wird in 83 thüringischen Städten, so auch in Hildburghausen, mit großangelegter vaterländischer Propaganda zum Ehrenbürger ernannt.
31. Oktober 1917
Feier zum 400. Jahrestag der Reformation in Hildburghausen, in der Georgstraße (heute: Geschwister-Scholl-Straße und D.-Dr.-Moritz-Mitzenheim-Straße) wird eine „Luther-Linde“ gepflanzt. Die Weiherede hält Oberpfarrer Michael.
1917
Das Hotel Burghof stellt während des Weltkriegs den Hotelbetrieb ein und wird als Reservelazarett genutzt. Nach dem Krieg vermietet der Inhaber und Architekt des Hauses, August Berger, das Gebäude an die Fa. Herzer GmbH in Coburg als Geschäfts- und Lagerhaus.
Der Burghof, das Nobel-Hotel Hildburghausens, wird im Weltkrieg Reservelazarett.
Nationalistischer Habitus und das Eiserne Kreuz helfen sicherlich nicht über Elend und Leid hinweg.
Sammlung Hans-Jürgen Salier
1917
Das Gymnasium Georgianum gehört zu den wenigen Einrichtungen seiner Art in Deutschland, in denen trotz der allgemeinen Mangelsituation ein kontinuierlicher Schulbetrieb – wenn auch unter erschwerten Bedingungen – durchgeführt wird. Die Turnhalle und Teile des Hauses werden nach Umbauten als Lazarett genutzt.
30. Januar 1918
Die Abhängigkeit der kirchlichen Gesetzgebung vom Landtag wird aufgehoben.
20. März 1918
Kirchenrat Dr. Rudolf Armin Human wird als Ehrenbürger der Stadt Hildburghausen geehrt.
1918
Die Kreissparkasse hat bei Kriegsende 16.300 Sparkonten.
Das Gebäude der „Dorfzeitung“ in der Georgstraße (später Geschwister-Scholl-Straße),
Gebäude des späteren Druckhauses „Offizin Hildburghausen GmbH“ und Verlag Frankenschwelle.
Aus: „100 Jahre Dorfzeitung – 1818 – 1918“.
Sammlung Hans-Jürgen Salier
29. Mai 1918
Pfarrer Weber ist bis 06.03.1922 katholischer Pfarrer in Hildburghausen.
1918/19
Gründung der Ortsgruppe der SPD.
9./10. November 1918
Abdankung des deutschen Kaisers Wilhelm II. Am 10.11. kommt es in der Residenzstadt Meiningen zu Unruhen (Rätebildung, Streiks, Demonstrationen).
Herzog Bernhard III. dankt am 12.11. auf Forderung des Soldatenrats ab.
1918
Besondere katastrophale Auswirkungen hat der Weltkrieg auf das Lehrerseminar. Es gibt Zeiten, in denen nur ein bis drei Schüler die Klassen besuchten, insgesamt nehmen 218 Seminaristen am Fronteinsatz teil, 50 von ihnen fallen.
12. November 1918
Bildung eines Arbeiter- und Soldatenrats in Hildburghausen unter Führung des Sozialdemokraten August Wichtendahl.