Zeit des Grabfeldgaus
Frühes und Hohes Mittelalter
Die Zeit des Grabfeldgaus und
die ersten urkundlichen Erwähnungen
im Umfeld Hildburghausens bis 1300
7./8.Jahrhundert
Mit der von den Mainlanden ausgehenden fränkischen Staatskolonisation kommt es zur stärkeren Besiedlung der Region, vor allem im Umkreis der heutigen Städte Römhild, Themar und Hildburghausen.
Grabfeldgau
Fränkische Staatskolonisation. Schwach besiedelter Grabfeldgau (fränkischer Landschaftsname, größter ostfränkischer Gau), vermutlich abgeleitet aus dem Slawischen „krap“ = Hainbuche. Wird 738 erstmals erwähnt, ab Mitte des 11. Jh. wird das Grabfeld als Gau in den Quellen nicht nachgewiesen. Der Begriff dient nur noch als Landschaftsname. Der Grabfeldgau erstreckt sich zwischen Fulda und Schmalkalden, weiter entlang am Südwestrand des Thüringer Waldes (Rennsteig), bis in den Eisfelder Raum und weiter nach Gochsheim b. Schweinfurt, Münnerstadt bis Fulda. Politisch-militärische Gesichtspunkte spielen bei der Besiedlung eine Rolle.
Heute wird „Grabfeld“ eingeschränkt als Landschaftsbezeichnung für die Gebiete um Römhild und Bad Königshofen verwendet.
Der Grabfeldgau. Aus: Der Kreis Hildburghausen. – Heft 1, 1966
7. Jh.
In Thüringen erfolgt die Missionierung durch Angelsachsen. Im Grabfeldgau wirken fränkische Asketen und iroschottische Missionare. Fränkische christliche Siedler kommen ins Land, Einsiedeleien entstehen.
Ende 7./Anfang 8. Jh.
Bedeutende Missionare z. Z. des Herzogtums Würzburg sind Kilian (Franken) und Willibrord (Raum Erfurt, Arnstadt).
Die größte Wirkung geht von Winfried (Bonifatius) (* um 673 in Credition/Königreich Wessex) aus, der von Papst Gregor II. den Auftrag zur Missionierung der „wilden Völker Germaniens“ erhält. Er wirkt u. a. 719 in Thüringen, Friesland, Hessen, 722 erhält er die Bischofsweihe in Rom.
Ab 725 kommt es in Thüringen zu Klostergründungen (Ohrdruf), Bonifatius organisiert u. a. in Franken die Kirche neu. 732 wird er Erzbischof und gründet bayerische Bistümer. 741/42 Bistümer Würzburg, Erfurt (geht später im Bistum Mainz auf), Büraberg. 754 stirbt er als Märtyrer in der Friesenmission.
In Thüringen entsteht eine straffe kirchliche Organisation, im östlichen Franken und in Hessen; das Heidentum ist weitgehend überwunden.
Die Region gehört bis zur Einführung der Reformation großenteils zum Bistum bzw. Hochstift Würzburg.
742
Burchard wird von Bonifatius als Bischof v. Würzburg eingesetzt. Bis ins 10. Jh. entsteht ein Netz von Urpfarreien und Mutterkirchen.
Zeugnisse der frühen fränkischen Kolonisation sind die Peters-, St.-Kilian-, St.-Michael- und Johannes-Kirchen.
776
Westhausen steht mit Fulda (seit 765 Reichsabtei) im Lehenskonnex. W. ist Missionskirche für die Gegend.
Siedlungsnamen
Allgemein geht man davon aus, dass bestimmte Grundwörter der Siedlungsnamen den jeweiligen Jh. zugeordnet werden können, wobei gleiche Grundwörter auch bei Jh. später erfolgten Ortsgründungen beigegeben werden.
(Die nachfolgende Übersicht dient der Groborientierung, im konkreten Falle bedarf es grundlegender Forschungen)
-leben ab 5./6. Jh.
-heim ab 6. Jh.
-stat, -stedt ab 6./7. Jh.
-hausen ab 8. Jh.
-dorf, -feld, -bach ab 8. Jh.
-itz, -nitz, -titz, -witz ab 9. Jh. (slawische Ortsnamen)
-rod(e), -rieth, -reuth ab 9./10. Jh.
-hag, -hagen, -hain ab 11./12. Jh.
Der Anteil von Slawen an der Gesamtbevölkerung in der Region wird auf 25 % geschätzt.
25. März 783
Die fränkische Adlige Emhilt gründet in Milz eine Benediktinerinnen-Niederlassung, das ist die erste monastische (klösterliche) Einrichtung der Region. Das Kloster wird 799/800 des besseren Schutzes wegen mit 23 Nonnen an Fulda übergeben.
Um 802 bis 817
Urkundliche Ersterwähnung Veilsdorfs. Graf Erpho vermacht u. a. seine Besitzung „fiselesdorf“ an das Kloster Fulda unter Abt Ratgar (Codex Eberhardi, um 1160).
7. Oktober 814
Ersterwähnung Birkenfelds.
Der Edle Starkfried schenkt Fulda unter Abt Ratgar: „Ego Reginoldtrado in pago Grapfeld, in marcu Birchinafeldono in ipsis geminis campis.“ Zeugen sind: Reginolt, Engilperath, Fölmot, Swidger, Reginberath.
824
Historisch überlieferte Vermutung der Siedlungsgründung Hildburghausens durch die Edle Hiltiburg oder die Grafen v. Wildberg. Die Siedlung besitzt eine günstige Lage an Verkehrsstraßen zwischen Thüringen und Franken bzw. durch das Werratal.
Einige Quellen verweisen auf eine Siedlungsgründung Mitte des 6. Jh. Diese Aussage ist spekulativ und kann nicht belegt werden. Historiker vermuten, dass es sich bei Hildburghausen um eine relativ frühe Gründung handeln könnte. Urkunden gehen aber vermutl. beim Stadtbrand von 1388 od. einer anderen Katastrophe verloren. Andererseits gibt es bisher auch aus archäologischer Sicht keine Anhaltspunkte, dass Hildburghausen vor dem 12. Jh. gegründet worden ist.
860
Graf Erpho vermacht seine Besitzungen in Birchinafelde (Birkenfeld) ebenfalls an das Kloster Fulda.
9. – 11. Jh.
Am Fuß des Stadtbergs (Wallrabs) werden 1824 beim Bau der heutigen Marienstraße Gräberfelder slawischer Herkunft nachgewiesen.
9. Juli 908
Wallrabs wird erstmals in einer Urkunde als Walahrames winida erwähnt. Der benachbarte Flussübergang und die sich dort kreuzenden Straßen sind vermutlich mit einer Ansiedlung abgesichert worden.
Man geht davon aus, dass der fränkische Dienstadlige Walram unfreie Franken und Wenden angesiedelt hat. Trotz unterschiedlicher Besitzverhältnisse der Güter steht die Siedlung in den folgenden Jh. auch in kirchlicher Abhängigkeit zu Hildburghausen. Herzog Burchards (Thüringer Herzog, 908 gegen die Ungarn gefallen) Kaplan erhält von König Ludwig (d. Kind, 900 – 911, letzter Karolinger auf dem ostfränkischen Königsthron) den Ort mit den Einwohnern, Gütern, Äckern, Wiesen, Gewässern, Einkünften usw.
12. April 912
Ersterwähnung Pfersdorfs, nach Spangenberg Ersterwähnung 1302.
1096
Der Name Henneberg wird erstmals urkundlich erwähnt.
Die Herkunft der Henneberger ist in der Wissenschaft umstritten. Die Forschung geht davon aus, dass das Geschlecht von einer der Reichsabtei Fulda nahestehenden Familie abstammt.
In der Genealogie werden ausgewiesen: Gotebold II. (seit 1094 Nachfolger seines gleichnamigen Onkels, Gotebold I.), als Burggraf v. Würzburg; Poppo II. (Bruder Gotebolds II.).
Gotebold II. und Poppo II. stiften eigene Linien (Popponische, Goteboldische Linie).
Für die Geschichte des Gebietes des heutigen Landkreises ist die Entwicklung der Goteboldischen Linie bis zur Teilung von 1274 wichtig.
11. Jh.
Nach dem Investiturstreit zwischen kirchlicher und weltlicher Macht unter dem Salier-Kaiser Heinrich IV. (1056 – 1106) verschwindet das Reichsgut aus der politischen Landschaft des heutigen Südthüringens. Das Land wird an Parteigänger oder an die Kirche verschenkt bzw. widerrechtlich in Besitz genommen. Zu den um Hildburghausen herrschenden Zwergdynastien gehören u. a. die Herren v. Bibra, v. Sternberg, v. Heßberg, v. Schaumberg, v. Reurieth, die Grafen v. Botenlauben.
Die Rolle der territorialen Sammlungsmacht übernehmen die Henneberger.
12./13. Jh.
Auf dem Platz des Historischen Rathauses in Hildburghausen entsteht das Steinhaus od. die Kemenate (domus caminata) als Zentrum der mittelalterlichen Siedlung. Urkundliche Belege sind allerdings nicht vorhanden.
Die Ansicht einiger Historiker, es handele sich um eine alte Wasserburg, lässt sich nicht beweisen. Bauliche Untersuchungen nach 1990 haben ergeben, dass sich im Kellergeschoss noch Reste des Steinhauses erhalten haben. Ein spätromanisches Portal (13. Jh.) mit Toreinfahrt wird nachgewiesen, ferner ein sehr großer und ein kleiner spätromanischer Keller.
Um 1130
Das Bistum Würzburg wird in Archidiakonate und Landkapitel eingeteilt. Das Kapitel Coburg (einschl. Mellrichstadt und Geisa) gehört zum III. Archidiakonat.
1131 – 1135
Graf Gotebold II. v. Henneberg gründet das Prämonstratenser-Chorherrnstift in Veßra. Es wird dem Bistum Bamberg als Eigenkloster übergeben.
Gotebold II. erwirbt das Land im Tausch von der Reichsabtei Fulda. Der Machtschwerpunkt der Henneberger wird an die Untere Schleuse verlagert, um vor allem den Landesausbau (Rodungen) des bis dahin kaum besiedelten hennebergischen Besitzes voranzutreiben.
1153
Ersterwähnung einer kleinen Kapelle mit einem Benediktinerinnenkonvent auf dem Michelsberg in Veilsdorf.
1156
Erstmalige Erwähnung der Burg Straufhain.
1157
In einer Schenkungsurkunde Gräfin Berthas an das Kloster Veßra wird Elmutwinden erwähnt.
1168
Das Adelsgeschlecht v. Heßberg wird erstmals genannt. In den folgenden Jh. nimmt es einen bedeutenden Einfluss auf die Entwicklung der Region. Der Stammsitz befindet sich im gleichnamigen Ort.
1171
Windiskin-Rugerit (Reuriether Burg) wird erstmals erwähnt.
Um 1177
Gründung des Prämonstratenserinnen-Klosters Trostadt. Bis dahin ist das Prämonstratenser-Kloster Veßra von Frauen und Männern besetzt. Nach einem Brand im Nonnenkonvent (1175) werden die Nonnen nach Trostadt umgesiedelt. Stifter sind Graf Poppo VI. v. Henneberg und seine Mutter Bertha. Das Kloster steht unter Aufsicht des Veßraer Abts.
9. März 1181
Gerhardtsgereuth wird in einem Tauschvertrag zwischen dem Abt der Reichsabtei Fulda und Graf Poppo v. Henneberg erwähnt.
1189
Der Würzburger Erzbischof Gottfried bestätigt in einer Urkunde die Cella (Kapelle), die Magister Heinrich Käse (Henricus Caseus) auf dem Michaelisberg in Veilsdorf errichten lässt. Das Kloster wird auch St.-Michaels-Berg genannt. Die Nonnen des Benediktiner-Ordens behüten dort Reliquien des hl. Kilian. Ritter und Bauern sowie die Prämonstratenser-Mönche Kloster Veßras bedrängen die Nonnen in ihren Besitzrechten. Papst Coelestin III. (1195) befiehlt die Bestrafung. Papst Innozenz (1198, 1201) stellt Schutzbriefe für die Nonnen aus.
Das Kloster besteht bis 1525.
1195
Herren v. Veilsdorf werden erwähnt, ihr einstiger Sitz ist das Steinhaus im Süden des Dorfs Veilsdorf.
Es ist davon auszugehen, dass Hildburghausen einen großen Kirchenkreis besitzt (Parochialnexus), zu dem auch die Pfarrei Veilsdorf gehört. Das 1189 gestiftete Kloster hat keine Patronatsrechte über Hildburghausen gehabt.
Um 1200
Aus dieser Zeit sind östlich von Hildburghausen (Nähe Wiedersbacher Straße) auf dem terrassenförmigen Gelände Reste von Kleinsiedlungen nachgewiesen.
13.Jh.
Das Land ist durch viele Herrschaftsansprüche (z. B. Würzburg, Fuldaer Klosterbesitz usw.) zerrissen. Der Konzentrationsprozess zugunsten der Henneberger schreitet bis Ende des Jh. voran. Die Kleinherrschaften werden durch Fehden verdrängt bzw. aufgesogen. Eine Vielzahl Verwaltungssitze existiert, zumeist Burgen an strategisch wichtigen Stellen, die von den Herren selbst bewohnt oder von sog. Ministerialen verwaltet werden, z. B. Schaumburg b. Schalkau, Henneburg, Hartenburg b. Römhild, Bibra, Heldburg, Straufhain, Eisfeld, Heßberg, Hildburghausen, Osterburg b. Henfstädt, Bertholdsburg in Schleusingen, Marisfeld, Schwarza, Kühndorf.
„Das südthüringisch-hennebergische Land vorzustellen, ist keine leichte Aufgabe.
Im Gegensatz zu den Kernbereichen historischer und naturräumlicher Einheiten mit sehr konstanten spezifischen Wesensmerkmalen besteht die Besonderheit dieses Grenzgebiets zwischen den drei Großlandschaften Thüringen, Hessen und Franken darin, sowohl Brücke als auch Kampf- und Mischzone der angrenzenden Kraftfelder zu sein. Trotzdem ist die Identität dieser Gegend nicht nur das Produkt eines Schmelztiegels, sondern auch des Wirkens eines eigenen, wenn auch bescheidenen Kraftfeldes.
Aus: Wölfing, Günther: Kleine Henneberger Landeskunde – Südthüringen. – Verlag Frankenschwelle, Hildburghausen, 1995 u. 1997, S. 6
Um 1200
Graf Poppo VII. (Regierungszeit: 1190 – 1241/42) gelangt durch Heirat in den Besitz der Burg Struphe (Straufhain) und bekommt nach dem Tod Bertholds II. und Bertholds III. das Würzburger Burggrafenamt.
Poppo VII. gilt als der bedeutendste Henneberger der Zeit. Er ist Begründer des hennebergischen Territoriums, er verkörpert die politische Sammlungsmacht.
Es kommt zu ständigen Auseinandersetzungen mit dem Würzburger Hochstift. Der nach Norden gerichtete Expansionsdrang Würzburgs wird eingeschränkt. Poppo VII. soll 1222 das würzburgische Meiningen niedergebrannt haben. Höhepunkte sind die Fehden zwischen 1230 – 1239. Nach einem Schiedsspruch von 1240 verliert Poppo VII. die mit seinem würzburgischen Burggrafenamt verbundenen Lehen (Meiningen, Mellrichstadt, Stockheim), gewinnt aber anderes Land hinzu (Burg Steineck, Münnerstadt, Königshofen und Callenberg, Lauterburg). Er steht auf Seiten des Staufer-Kaisers Friedrich II., besitzt das Berg- und Salzwerksprivileg und baut Schleusingen als Residenz aus.
1226
Erstmalige Erwähnung des Wappens der Henneberger: (schwarze) Henne auf einem (grünen) Dreiberg im (goldenen) Feld. Die Tingierung (Farbgebung) ist erst aus dem 15. Jh. bekannt.
14.März 1234
Urkundliche Ersterwähnung Hildburghausens. Der Historiker Otto Dobenecker führt in seinem Werk Regesta diplomatica necnon epistolaria historiae Thuringiae (1869 – 1939) an, dass Graf Otto v. Botenlauben (* um 1175 – † um 1244) und Gemahlin Beatrix u. a. Güter zu „Hilteburghusin“ an das Stift Würzburg verkauft haben.
1242
Söhne Graf Poppos VII. v. Henneberg (Hermann und Heinrich) stiften nach seinem Ableben 2 Henneberger Linien:
Henneberg-Coburg (Hermann, Regierungszeit: 1242 – 1290) mit Besitzungen im Coburger Raum, Itzgrund, Lauterburg, Callenburg, Veste Heldburg sowie neuhennebergischer Streubesitz.
Althenneberger Lande (Heinrich, Regierungszeit: 1242 – 1262) mit Henneberg, Hartenberg (Römhild), Osterburg, Suhl, Schwarza, Benshausen, Hallenberg, Maßfeld, Wasungen, Aschach u. a. und gemeinschaftlicher Besitz mit Hermann I. (Henneberg-Coburg).
1250 – 1300
Gründung von Pfarreien in Eishausen, Ummerstadt, Bedheim, Hellingen, Hildburghausen und Veilsdorf.