Weimarer Republik
1919 – 1933
1919
In der „St.-Michael-Kirche“ in Hellingen läuten wieder vier gusseiserne Glocken, die vier historischen Bronzeglocken (Gussdaten: 1774, 1786 und 1831) sind der Kriegsrüstung des Ersten Weltkrieges geopfert worden.
1919
In der dem heiligen Wolfgang geweihten Kirche in Heubach werden drei gusseiserne Glocken aufgehängt, da die drei historischen aus den Jahren 1702, 1862 und 1864 der Kriegsrüstung im Ersten Weltkrieg geopfert worden sind.
Zwei der drei Glocken 1857, 1867, 1886) der „St.-Oswald-Kirche“ in Schnett sind für die Kriegsrüstung im Ersten Weltkrieg entfernt worden und mit zwei gusseisernen ersetzt worden. Die dritte Glocke ist dem Zweiten Weltkrieg zum Opfer gefallen, sie ist 1950 ebenfalls mit einer Gusseisernen ersetzt worden.
1919
Im Jahr 1919 – noch mit Not und Elend der Nachkriegszeit belastet – ist das Jahr, in dem die meisten für die zu Waffen eingeschmolzen oft historisch wertvollen Glocken wieder beschafft worden sind. Ins Geläut kommen meist Gussstahlglocken. So auch in der „St.-Marien-Kirche“ zu Ebenhards. Die Originalglocken haben aus der Zeit der ersten Hälfte des 15., dem Ende des 15. und dem Beginn des 16. Jahrhunderts gestammt.
1920
Nach dem Beitritt der Kleinstaaten zum Land Thüringen wird die Thüringische Landeskirche (ohne die Herrschaft Schmalkalden und den Kreis Schleusingen) auf Synodalbasis gegründet. Der Sitz ist Eisenach. Im Oktober 1924 wird eine Kirchenverfassung verabschiedet.
Die Herrschaft Schmalkalden – einschl. der Stadt – gehört zur Landeskirche Kurhessen-Waldeck, der preußische Kreis Schleusingen zur Evangelischen Kirche Sachsen-Anhalt.
1920
Die Uhrenbauerfirma Saam aus Themar baut in die Kirche „St. Peter und Paul“ in Gerhardtsgereuth eine Turmuhr ein.
1. Januar 1921
Die Landeskirche geht in der „Thüringer evangelischen Kirche“ auf, gemeint ist die Evangelische Kirche des ehemaligen Herzogtums Sachsen-Meiningen. Die „Thüringer ev. Kirche“ vereint im Laufe der Zeit die Landeskirchen der Staaten, die später die politische Einheit „Land Thüringen“ bildet.
1921
In Themar wird die erste katholische heilige Messe gefeiert, das Bischöfliche Ordinariat genehmigt für 1922 vier Gottesdienste.
Themar an der Werra. Grafische Folge „Sachsen, Thüringen, Franken“.
Radierung (19,5 cm x 27,5 cm) von Artur Henne (1887 – 1963), ca. 1925
16. Januar 1921
Zwei Festgottesdienste in Hildburghausen für die vom Bochumer Verein für Bergbau und Gussstahlfabrikation gegossenen Gussstahlglocken, von denen die Christuskirche und die Neustädter Kirche je drei erhalten.
Man gedenkt der 64 im Ersten Weltkrieg gefallenen Kirchenmitglieder.
Christuskirche (b, des, e):
. B-Glocke (52 Zentner, 188 cm Durchmesser) „Christusglocke 1920“ – „Christus ist die Auferstehung und das Leben“;
. Des-Glocke (31 Zentner, 157 cm Durchmesser) „Christus ist die Auferstehung und das Leben“;
„Gedächtnisglocke 1920 – Unseren gefallenen Helden 1914 – 1918“ – Niemand hat größere Liebe denn die, denn daß er sein Leben lässet für seine Freunde;
E-Glocke (22 Zentner, 139 cm Durchmesser) „Lutherglocke 1920. Zum Gedächtnis der Reformation 1517 – 1917“ mit Inschrift „Eine feste Burg ist unser Gott“.
Das Geläut der Stadtkirche (Christuskirche) Hildburghausen ist eines der schönsten Geläute in Südthüringen.
Die Stadtkirche „Christuskirche“ Hildburghausen.
Foto: Bernhard Großmann, 2005
Neustädter Kirche (e, g, b):
Glocke für den Apostel Paulus mit der Aufschrift „Wachet, stehet im Glauben, seid männlich und seid stark“,
Glocke für Petrus mit der Aufschrift „Herr, wohin sollen wir gehen, Du hast Worte ewigen Lebens“,
Glocke für Apostel Johannes „Gott ist die Liebe“ – Die Glocke für Johannes ist eine Stiftung von Sophie Papendick.
Da die Kirchgemeinden nach dem Krieg nicht in der Lage sind, sich wieder komplette Bronzegeläute zu beschaffen und die beiden vorhandenen Glocken für das neue Geläut mit Stahlgussglocken klanglich nicht harmonieren, werden sie verkauft: die 6-Uhr-Glocke (1781 aus Resten der 1779 beim großen Stadtbrand zerstörten Glocken neu gegossen, wird nach Dienstedt b. Stadtilm veräußert, die 1707 gegossene aus der Neustädter Kirche nach Großneundorf b. Gräfenthal).
Da in der Neustädter Kirche die Holzstatuen Petrus und Paulus der 1847 geschlossenen Hofkirche im ehemaligen Residenzschloss aufgestellt werden, gibt man vermutlich dem Gotteshaus den Namen „Apostelkirche“. Die Statuen sind in der Holzschnitzerwerkstatt von Hermann Blechschmidt, Eisfeld, gefertigt worden.
Mit der Glockenweihe erhalten somit die beiden Kirchen auch neue Namen:
Stadtkirche = Christuskirche
Neustädter Kirche = Apostelkirche
Christus-Medaillon am Nordportal der Christuskirche Hildburghausen
Foto: Margareta Ritschel, 1995
6. Februar 1921
Die beiden Bronzeglocken der Kirche in Eichenberg müssen 1917 für Rüstungszwecke geopfert werden. In der Firma „Ulrich & Wenk Apolda-Bockenem“ werden 1920 zwei Eisenhartgussglocken gegossen, die feierlich geweiht werden. Die größere trägt die Inschrift „Zur Ehre Gottes“ und „Gewidmet von der Landgemeinde Eichenberg 1920“.
1921
Die Buntscheibenfenster der Kirche in Reurieth erinnern an die Gefallenen des Ersten Weltkriegs, die darunter befindliche Eichenplatte an die Toten des Zweiten Weltkriegs.
5. Juli 1922
Die Stiftung des in Großbritannien lebenden Deutsch-Österreichers Simon Harwarth ermöglicht es, dass in Eisfeld das Haus in der Coburger Straße 46 von der katholischen Kirchengemeinde gekauft wird, das spätere Pfarrhaus.
3. September 1923
† Human, Rudolf Armin, Hildburghausen
(Lic. theol. Dr. jur., Dr. phil., Dr. h.c.)
(* 09.11.1843, Schalkau)
Superintendent, Kirchenrat, Geschichtswissenschaftler, Chronist, Ehrenbürger Hildburghausens
Superintendent Kirchenrat Dr. Hanspeter Wulff-Woesten charakterisiert Humans Lebenswerk in seiner 1999 erschienenen Schrift „Bedeutende Protestanten in Hildburghausen. Ein Beitrag zum Jubiläum ‚675 Jahre Stadt Hildburghausen (1324 – 1999)‘“ mit den Worten:
„Er handelte zutiefst menschlich und war in Allem ‚human‘. Damit machte er seinem Namen alle Ehre. Human war ein scharfer philosophischer Denker, tiefer Theologe, frommer Christ, begabter Philologe, begehrter und gesuchter Seelsorger, guter Leiter und Organisator, sorgfältig recherchierender Historiker. ‚Glaube‘ und ‚Heimat‘ waren für ihn aufs Engste verbunden.“
1925
In einer frei gewordenen Wohnung im von der katholischen Gemeinde gekauften Wohnhaus an der Coburger Straße in Eisfeld wird ein Beetsaal eingerichtet. Die kirchliche Behörde erteilt am 5. Mai 1926 die Genehmigung, das Allerheiligste im Tabernakel aufzubewahren.
22. November 1925
In Bedheim wird an der Nordseite des Kirchenschiffs das Kriegerdenkmal geweiht.
Mai 1926
In der Chronik der katholischen Kirchengemeinde heißt es:
Hier wohnen seit dem 9. Mai 1926 drei Krankenschwestern (Ordensschwestern – die Barmherzigen Schwestern, Würzburg) zugleich mit noch fünf anderen Mietparteien und – dem göttlichen Heiland im Sakrament in der Hauskapelle. Als Hüterinnen des Heiligtums und Helferinnen in der Seelsorge walten die Schwestern ihres Amtes, 15 km von Hildburghausen entfernt. Der schönste Schmuck der Hauskapelle ist das Bild der heiligen Elisabeth vom gottseligen Frater Andreas Beer.“
Das 1907 erbaute Gebäude, das ab 1925 von der katholischen Kirchengemeinde in Eisfeld genutzt wird, auch als Pfarrhaus (Ecke Coburger Straße/Seeweg).
9. Mai 1926
Die Chronik der katholischen Gemeinde Eisfeld berichtet, dass das Ewige Licht nach 400 Jahren wieder in Eisfeld brennt. Barmherzige Schwestern der Kongregation des Allerheiligsten Erlösers sind die Hüterinnen des Lichts. Einzug hält außerdem ein Bild der heiligen Elisabeth, das von dem in Ägypten lebenden Franziskanerbruder Andreas Beer für die katholische Kirche seiner Heimatstadt gemalt und gestiftet worden ist.
27. Oktober 1927
Das städtische Krematorium südlich der Kapelle mit einem unterirdischen Gang auf dem Zentralfriedhof in Hildburghausen wird geweiht. Es handelt sich um die 81. deutsche und 16. thüringische Einäscherungsstätte. Es ist von dem drei Tage vorher verstorbenen Unternehmer Fritz Löffler gestiftet und erbaut worden. Die Stilllegung der Anlage, die vorerst auf Kohlebasis betrieben und später auf Stadtgas umgestellt wird, erfolgt aus technischen Gründen Ende 1992.
Dezember 1927 bis 1. Advent 1928
Die Kirchgemeinde Waffenrod-Hinterrod beschließt den Bau einer Kirche auf dem Friedhof. Am 17. Juni 1928 erfolgt die Grundsteinlegung, am 1. Advent 1928 wird sie geweiht. Der Achitekt Schwarz stammt aus Arnstadt. Es handelt sich um einen einfachen neoromanischen Bau aus Natursteinmauerwerk mit Rundbogenfenstern. Das Langhaus mit dem Satteldach hat an der Ostseite einen aufgesetzten quadratischen Kirchturm, der einen achteckigen Aufsatz mit Schweifkuppel trägt. Der Turm wird mit Turmzier mit einem Knopf und einem Kreuz abgeschlossen. Dach und Turm sind schiefergedeckt. Der Westseitenanbau beherbergt eine kleine Sakristei und den Chorraum. Die unter dem Altar befindliche Leichenhalle ist nur von außen zugänglich. Die Ausgestaltung des Innenraums mit einer Tonnendecke ist sehr schlicht gehalten, ein schmiedeeiserner Leuchter in Kirchenmitte ist ein gewisser Blickfang.
Die 1928 erbaute und 2004 geweihte „Christuskirche“
in Waffenrod (Waffenrod-Hinterrod)
Foto: Bernhard Großmann, 2005
10. Juli 1928
Die Kirche in Brattendorf im neoromanischen Stil mit großem Walmdach wird geweiht (Baubeginn: 1926). Ab dem Kirchenneubau in Brünn ist Brattendorf ein Filialort, vorher von Crock. Die bürgerliche Gemeinde begann mit dem Bau einer Kapelle nahe dem neu angelegten Friedhof. Die sehr großzügig gestaltete Kirche, deren Inneneinrichtung mit dem Baustil harmoniert, ist der 1930 selbstständig gewordenen Evangelischen Kirchgemeinde zur kostenlosen Nutzung mit entsprechendem Grundbucheintrag überlassen worden.
Kirche in Brattendorf, 1928 geweiht.
Foto: Bernhard Großmann, 2005
1930 – 1934
Das Reuriether Gotteshaus wird grundlegend renoviert. So wird beispielsweise im tiefer gelegenen Langhaus der Taufstein von 1587 auf einen Sockel gestellt. Hinter der Kanzel an der Südwand befinden sich fünf kleine aus Holz gefertigte sitzende Apostel aus hochgotischer Zeit, die von einem sehr alten Altarwerk stammen sollen. – Bei den Arbeiten wird eine alte Bemalung freigelegt. Zu sehen sind Ornamente der vier Evangelisten und pflanzliche Darstellungen. Die wissenschaftliche kunsthistorische Untersuchung ist daran nicht vorgenommen worden. – Die aus Holz gefertigten Apostelfiguren stammen vermutlich aus Kloster Veßra oder aus dem Kloster Trostadt.
1930 – 1945
Aus dem Zeitraum steht im Bereich der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde (Baptisten) Hildburghausen kaum archivarisches Material zur Verfügung. Aus Sicherheitsgründen sind vermutlich die Akten privat vom Gemeindeleiter Franz Otto aufbewahrt worden und sind kriegsbedingt verloren gegangen.
Die Dreifaltigkeitskirche in Eisfeld, 1931
Radierung von Rosso H. Majores (1911, Eisfeld – 1996, Dresden)
Sammlung Hans-Jürgen Salier
1931
Die Kirchgemeinde Hildburghausen erwirbt das Sendelbachsche Haus in der Oberen Allee, das als evangelisches Gemeindeheim genutzt wird, seit 1973 „Dr.-Elise-Pampe-Heim“, benannt nach der Lungenfachärztin und couragierten Landessynodalen Dr. Elise Pampe (06.11.1893 – 20.10.1973).
6. Juni 1932
Der Berliner Pfarrer Joachim Hossenfelder gründet mit Gleichgesinnten die nach dem Führerprinzip orientierte protestantische Glaubensbewegung „Deutsche Christen“ (DC) als innerevangelische Kirchenpartei für das Deutsche Reich. In ihren Richtlinien heißt es:
Wir sehen in Rasse, Volkstum und Nation uns von Gott geschenkte und anvertraute Lebensordnungen […] Daher ist der Rassenvermischung entgegenzutreten. […] Insbesondere ist die Eheschließung zwischen Deutschen und Juden zu verbieten.“
Die DC will eine „Reichskirche“ schaffen und die „Judenchristen“ aus der Kirche ausschließen. Unter „Judenchristen“ werden die zum Christentum übergetretenen, Also getauften , Juden verstanden. Diese „Entjudung“ bedeutet aber auch, dass eine Abkehr vom Alten Testament erfolgt, es zu einer gewissen Reduktion kommt und auch das Neue Testament in Teilen umgedeutet wird. Die DC fordern die „Reinhaltung der germanischen Rasse“ durch den „Schutz vor Untüchtigen“ und „Minderwertigen“. Zudem soll der „volksfeindliche“ Marxismus vernichtet werden.
Besonders aktiv werden die Deutschen Christen in Thüringen, Hitlers „nationalsozialistischer Trutzburg“.
1934 bildet sich die Bekennende Kirche heraus, die die Deutschen Christen als Häretiker betrachtet und aus der Kirchengemeinschaft ausgeschlossen hat, weil sie eine Lehre vertreten, die im Widerspruch zu einer vorherrschenden Auffassung steht. Die Bekennende Kirche hat sich als die wahre evangelische Kirche verstanden. Führende Mitglieder sind gewesen: Karl Barth, Dietrich Bonhoeffer, Helmut Gollwitzer und Martin Niemöller. – In der thüringischen Thüringen ist der führende Bekenntnispfarrer der aus Hildburghausen stammende spätere Landesbischof der Evang.-Luth. Kirche in Thüringen D. Dr. Moritz Mitzenheim.
Im folgenden Dritten Reich geht der Bruch auch mitten durch die Hildburghäuser Gemeinde. Hermann Thürmer hat sich zu den Deutschen Christen (Pfarrer der Christuskirche) bekannt, Ernst Köhler (Apostelkirche) zur Bekennenden Kirche.
Ein bedeutender Vertreter der Bekennenden Kirche ist der am 24. März 1902 in Birkenfeld (heute: Stadtteil von Hildburghausen) geborene Theologe Herbert Werner († 16.05.1992, Waldsolms). W. ist Verfolgter des Naziregimes und Universitätslehrer.
Nach seinem Theologiestudium ist er in das Vikariat der evangelischen Kirche übernommen worden und wird am 22.09.1929 zum Pfarrer ordiniert. 1934 erhält er eine Anstellung als Pfarrer in Kosma (seit 1996 Ortsteil von Altenburg) und schließt sich der Bekennenden Kirche („Dahlemitischer Zweig“) und dem Pfarrernotbund an. Zu seinen Freunden gehören Helmut Gollwitzer und Erwin Groß. In seiner Dienstzeit kommt es im nationalsozialistischen Thüringen zu ernsthaften Auseinandersetungen mit den Kirchenleitungen, eine Anstellung ist ihm verweigert worden. Nach 1939 geht er nach Württemberg und bekommt 1941 eine Pfarrstelle in Stuttgart-Zuffenhausen. Nach dem Zusammenbruch des NS-Regimes promoviert er zum Doktor der Theologie und wird zum Ordentlichen Professor für Evangelische Theologie und Didaktik der Glaubenslehre an der Universität Frankfurt am Main, Abteilung Erziehungswissenschaften, berufen. 1949 ist er Mitbegründer und Mitherausgeber der Zeitschrift der Bekennenden Kirche „Die Stimme der Gemeinde“. Er ist Autor und Mitautor theologischer Schriften.