Soleier
Soleier
Eine beinahe vergessene Köstlichkeit in zwei Varianten
Wenn sich HJS ein halbes Jahrhundert zurück erinnert, fallen ihm in seiner Heimatstadt Hildburghausen ein paar Bierkneipen ein, die kein großes Speisekartenangebot hatten. Da gab es vielleicht Bock- oder Fleischwurst, Hackepeter, einen Wurstteller oder eine Gulaschsuppe. Was eben so die paar privaten Wirtshäuser, die irgendwann HO oder auf dem Lande Konsum wurden, in der Bescheidenheit des Daseins zu bieten hatten. Was aber meist am Tresen stand, war ein großes Glasgefäß mit Eiern, die in eine Sole eingelegt wurden, eine Lösung von Wasser, Salz und auch mit Essig. Die aß man, vorausgesetzt, das wenige Taschengeld reichte, am Stammtisch, bei einer Skat- oder Doppelkopfrunde. Vielleicht hatte man auch zu viel Bier und Schnaps getrunken und brauchte jetzt etwas Festeres. Der heimische Brotkorb war so weit fort, und im „Bäämle“, „Thüringer Hof“ oder in der „Schwane“ war es so schön. – Soleier gab es, vielleicht abgeschaut von der Berliner Kneipenszene. Dort hatte beinahe jede Kneipe einen „Hungerturm“, das war eine mehrstöckige Glasvitrine, in denen allerhand Essbares feilgeboten wurde: eben auch Soleier, die berühmten Berliner Buletten, Rollmöpse, belegte Brote, Kartoffelsalat oder Schmalzstullen. In den vergangenen Jahrzehnten ist der einstige Kneipenklassiker, vor allem der einfachen Leute, in Vergessenheit geraten. HJS hat sie auch nirgendwo wieder gesehen, in Berlin erleben sie eine Wiederauferstehung, sicherlich noch keine Renaissance. Ein Tipp für Kneiper ist das aber allemal.
Alles, was man irgendwie und irgendwo zu Geld machen kann, bietet heutzutage die Lebensmittelindustrie, so auch die Märkte und Discounter. Nicht nur zu Ostern, sondern rund ums Jahr werden mehr oder weniger langweilig gefärbte gekochte Eier angeboten. Eier kann man selbst kochen, auch sehr wohlschmeckende Soleier.
Die gehobene Gastronomie hat inzwischen das Arme-Leute-Essen einer Kneipenzwischenmahlzeit wiederentdeckt. Die Soleier sind allerdings nicht mehr für einen Fünfziger zu erwerben. Gute Gewürze bestimmen inzwischen die Kochkunst. Und so in der zweiten Variante ein Rezept des aus Österreich stammenden Jahrhundertkochs Eckart Witzigmann und seines Meisterschülers Tim Mälzer vorstellen. Warum? HJS meint, dass niemand anders als der Jahrhundertkoch seit den siebziger Jahren die Kochkunst mehr geprägt hat. Nicht umsonst hat ihm beispielsweise die schwedische Universität Orebro die Ehrendoktorwürde verliehen und ihm den Titel eines Professeur de la Cuisine verliehen. Zu seinen Schüler zählen auch Lafer und Schuhbeck.
Eine solche Köstlichkeit kann man unter keinen Umständen seinen Lesern vorenthalten.
Variante 1:
Zutaten:
12 Eier (frische)
1 Glas (groß und verschließbar)
50 – 60 g Salz (je nach Sorte)
Gewürze/Kräuter
Pfeffer (frisch gemahlen), Kümmelkörner (1 TL), Zucker (1 EL), Pfefferkörner (6 – 10), Piment (5), Lorbeerblätter (1 – 2), Zwiebelschalen oder Rotkraut- bzw. Rote-Bete-Saft
Zubereitung
- Die Eier werden an der runden Eiseite angestochen und 10 – 12 min hart gekocht. Anschließend werden sie „angeknickt“, so dass die Eischale bricht, aber nicht einreißt.
- Die Eier werden in einem großen Glas geschichtet und der heiße Sud aus Wasser und Salz (je nach Rezept mit den Gewürzen oder natürlichen Farbstoffen) kommt darüber. Die Eier müssen vollkommen bedeckt sein. Das Glas wird verschlossen und man lässt es bis zu einer Woche ziehen.
- Bei einer Zwischenmahlzeit nimmt man ein Ei, schält und halbiert es der Länge nach, nimmt das halbe Eidotter heraus, würzt nach Geschmack mit Pfeffer, Essig, Öl und Senf, setzt das halbe Eidotter wieder darauf und isst es mit einem Biss.
Tipps
- Mit Rotkrautsaft im Sud können die Eier optisch wirkungsvoll gefärbt werden. Vor allem an den Schalenbruchstellen zeigen sie optisch wirkungsvolle Linien. Gibt man Zwiebelschalen in den Sud, ergibt sich an den Bruchstellen eine bräunliche Musterung.
- Für Genießer, die es herzhaft lieben, kann dem Sud auch noch eine scharfe Chilischote beigefügt werden. Bei weiteren Gewürzzutaten kommt es auf Versuche an.
Variante 2: Soleier nach Tim Mälzer und Eckart Witzigmann
(Nach: Zwei Köche – ein Buch)
Zutaten
8 Eier
2 Zwiebeln
200 ml Rote-Bete- oder Rotkrautsaft
60 g Zucker
60 g Salz
Gewürze/Kräuter
helle Senfsaat (1 EL), Kümmel (1 EL), schwarze Pfefferkörner (1 EL), rote Chilischote (1), Wacholderbeeren (3), Pimentkörner (3), Lorbeerblätter (3), 200 ml Weinessig, Bund Dill, Bund glatte Persilie, Schale einer unbehandelten Zitrone
Zubereitung
- Die Eier werden an der runden Eiseite angestochen und 10 – 12 min hart gekocht, mit kalten Wasser abgespült und gepellt. Die Zwiebeln Eier werden ungeschält halbiert und mit der Schnittfläche in einer nicht gefetteten Pfanne goldbraun geröstet.
- Reichlich 1 l Wasser wird mit den Zwiebeln, Zucker, Salz, Senfsaat, Kümmel, Pfefferkörnern, Chilischote, Piment, Lorbeerblättern, Rote-Bete-Saft oder Rotkrautsaft mit dem Weinessig aufgekocht. Wenn sich Salz und Zucker aufgelöst haben, lässt man den Sud ca. 5 min köcheln und zieht ihn von der Kochstelle.
- Dill, Petersilie, Zitronenschale und Eier werden in einem großen und gut verschließbarem Glas geschichtet. Der Inhalt wird mit dem abgekühlten Sud übergießen und lässt etwa 24 Stunden alles ziehen. Die Soleier sind eine Woche haltbar.
Tipp
- Vorschlag zum Essen der Soleier: Das Ei wird halbiert und das Eigelb herausgehoben. In jede Eiweißhälfte Salz, Pfeffer, Essig, Öl und Senf geben. Das Eigelb hineinsetzen und genießen.
- Variante: Eigelb aus den Eihälften herausheben. Eigelbe mit Salz, Pfeffer, Essig, Öl und Worcestershiresauce würzen und mit Schneebesen oder Handrührgerät cremig rühren. Die Eiweißhälften mit der Eigelbmasse füllen und mit frischer Kresse bestreuen.