Eine Seite für Hildburghausen

Mitzenheim, Moritz


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Moritz
Mitzenheim
Dr. theol., Dr. theol. h. c. (Jena 1947, Bratislava 1962, Warschau 1974)

 * 17.08.1891, Hildburghausen
† 04.08.1977, Eisenach



 

Theologe, Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche Thüringens

Ehrenbürger von Eisenach (1961) und Hildburghausen (1964)


Wladimir-Orden der russisch-orthodoxen Kirche (1959), Vaterländischer Verdienstorden in Gold (1961)

Sein Vater ist Heinrich Mitzenheim (1863 – 1941) Oberstudienrat, Organist und Chormeister sowie Ehrenbürger der Stadt Hildburghausen, seine Mutter Anna (1861 – 1943) ist die Tochter des Kantors Gottfried Luther in Veilsdorf.

Nach dem Besuch des Gymnasiums Georgianum seiner Heimatstadt Hildburghausen studiert er von 1911 bis 1913 Theologie an den Universitäten Leipzig, Heidelberg, Berlin und Jena. Am 18.10.1914 wird er von KR Dr. Armin Human in der Hildburghäuser Apostelkirche ordiniert. Er ist Vikar in Häselrieth (heute: Stadtteil von Hildburghausen) und in Graba (heute: OT von Saalfeld). Nach dem Vikariat wird er 1916 Pfarrer in Wallendorf und 1917 bis 1928 Diakon in Saalfeld. Hier beginnt seine Jugend- und Posaunenarbeit und seine Tätigkeit als Redakteur der Saalfelder Heimatglocken. 1925 wird er Thüringer Posaunenchorwart und nimmt 1926 an der Weltkonferenz Evangelischer Jungmännerbünde in Helsinki teil. Seit 1929 ist er Pfarrer in Eisenach und übernimmt die Schriftleitung des Gemeindeblatts „Aus Luthers lieber Stadt“, gibt seit 1930 Singhefte heraus und wird 1933 Landesobmann der Thüringer Kirchenchöre. Im Dritten Reich ist er „Bekenntnispfarrer“ und wird von den dem Nationalsozialismus nahe stehenden „Deutschen Christen“ angegriffen. Während des Kirchenkampfes ist er Sprecher der Lutherischen Bekenntnisgemeinschaft in Thüringen, deren 1. Vorsitzender er seit 1943 ist. Viele Proteste bringt er gegen das deutsch-christliche Kirchenregiment vor. Vor dem Einmarsch der Amerikaner hat der Kirchenpräsident Hugo Rönck (1908 – 1990, seit 1943 Nachfolger des Thüringischen Landesbischofs Martin Sasse) den Titel „Landesbischof“ angenommen. Mit weiteren Eisenacher Geistlichen fordert Mitzenheim dessen Rücktritt. R., einer der radikalsten Vertreter der „Deutschen Christen“, einer Kirchenbewegung, die dem Nationalsozialismus sehr nahe gestanden hat, ist seit 1925 NSDAP-Mitglied und später Träger des Goldenen Parteiabzeichens. Rönck wird von der US-amerikanischen Militärregierung verhaftet. Am 2. Mai 1945 wird ein neuer Landeskirchenrat gebildet. Mitzenheim wird Vorsitzender und nennt sich lt. Kirchenverfassung von 1924 „Landesoberpfarrer“, seit Dezember 1945 Landesbischof. 1946 erreicht er bei den Besatzungsbehörden das Wiedererscheinen des Thüringer Sonntagsblatts „Glaube und Heimat“.

Insgesamt ordnet M. den kirchlichen Wiederaufbau neu, verhandelt dabei mit den Organen der sowjetischen Besatzungsmacht und dem Thüringer Ministerpräsidenten Werner Eggerath (SED, der in der DDR Staatssekretär für Kirchenfragen wird). 1948 ist die Landeskirche der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) beigetreten, gleichzeitig zur Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) und dem Lutherischen Weltbund. Die Umbenennung der Landeskirche in „Evangelisch-Lutherische Kirche in Thüringen“ macht den Neubeginn deutlich. Unermüdlich wirkt er in den Gemeinden, aber auch beim Aufbau von Katechetenseminaren, einer Kirchenmusikschule, dem Religionsunterricht (Christenlehre) und der Diakonie, setzt sich u. a. für die „Junge Gemeinde“, für die Studentenarbeit und die „Bausoldaten“ ein. Sehr intensiv verhandelt er mit der Führung der DDR, mitunter auch in Alleingängen, vor allem um „Lebensraum“ für die Christen zu erreichen. Das bringt ihn erheblich in die Kritik. Zu wenig Kritik hat er jedoch selbst an den festgefügten politischen Rahmenbedingungen der von der SED beherrschten DDR geübt.

Sein ebenfalls in Hildburghausen geborener Bruder Edgar Mitzenheim, Pfarrer im thüringischen Eckolstädt (Weimarer Land) war verheiratet mit Käthe Meffert, der Schwester des Hildburghäuser Fotografen Rudolf Meffert. , will nicht den SED-Staat als Obrigkeit akzeptieren und beteiligt sich am 17. Juni 1953 am Volksaufstand und zerschlägt die dortige LPG. Er wird von der Volkspolizei unter Teilnahme sowjetischer Panzer verhaftet und im Juli 1953 in einem Schauprozess in Erfurt zu sechs Jahren Zuchthaus verurteilt. Sein Bruder Moritz, der Bischof, distanziert sich öffentlich von ihm und unternimmt trotz guter Beziehungen zur Staatsmacht nichts, um ihn aus der Haft zu befreien. Nach Verbüßung der Strafe versetzt ihn die Kirchenleitung in den Wartestand.

Mit dem Kommuniqué vom 21.07.1958 beginnt die Normalisierung des Verhältnisses von Staat und Kirche, zugleich ist das ein wichtiger Schritt zur Gründung des „Bundes der Evangelischen Kirche in der DDR. Der sogenannte „Thüringer Weg“ führte zu starken Spannungen sowohl innerhalb der Landeskirche als auch mit anderen Landeskirchen. 1955 bis 1961 gehört Mitzenheim dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) an. Nach dem Mauerbau erhält er von Walter Ulbricht den Vaterländischen Verdienstorden in Gold. Anlässlich seines 50. Ordinationsjubiläums 1964 verleiht ihm die Stadt Hildburghausen, der er sich immer sehr verbunden fühlt, die Ehrenbürgerwürde. Eine Straßenbenennung wird jedoch von der SED abgelehnt. – 1991 wird ein Teil der Geschwister-Scholl-Straße (Goetheplatz bis Kreuzung Schleusinger Straße) umbenannt in D.-Dr.-Moritz-Mitzenheim-Straße. 1970 übergibt er das Bischofsamt an seinen bisherigen Stellvertreter Ingo Braecklein.

Werke
Marthe Renate Fischer, ein Leben der Thüringer Heimatdichterin. – 1925

Wilhelm Köhler, Kantor zu St. Johannis in Saalfeld. – 1926

Die erste Kirchen- und Schulvisitation in Saalfeld im Jahre 1527. – 1927

Die zweite Kirchen- und Schulvisitation in Saalfeld im Jahre 1529. – 1927

Saalfelder Lutherbüchlein. – 1930

Geschichte der Familie Mitzenheim. 3 Teile, 1933, 1935, 1941

Gottes gute Gaben, die 10 Gebote Kindern erläutert. – 1951

Gottes wunderbares Wirken. Kinderbriefe über den christlichen Glauben. – 1963

Unser Martin Luther. – 1970

Diakonie. Reden – Erklärungen – Aufsätze 1946 – 1964, 1964, Teil II bis 1966. – 1967

Kundgebungen, Worte und Erklärungen der Evangelischen Kirche in Deutschland 1945 – 1959. – o. J.      (Darin befindet sich der Briefwechsel Mitzenheims mit Ministerpräsident Otto Grotewohl, 1958)

Ein Lebensraum für die Kirche. Die Rundbriefe von Landesbischof D. Mitzenheim. 1945 – 1970, herausgegeben von Th. Björkman. – 1991

 
Es ist einfacher, Menschen zu täuschen, anstatt sie davon zu überzeugen, dass sie getäuscht worden sind.

Mark Twain, 1835-1910, amerikanischer Schriftsteller
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