Eine Seite für Hildburghausen

NEWS Archiv 2017

23. Dezember 2017
Frohe Feiertage
„Das Geheimnis des Glücks liegt nicht im Besitz, sondern im Geben.
Wer andere glücklich macht, wird glücklich.“

(André Gide)




Wir wünschen unseren Leserinnen und Lesern ein frohes und besinnliches Weihnachtsfest.
Die Weihnachtszeit ist eine Zeit, einmal innezuhalten - Zeit für einige Tage dem
hektischen Alltag zu entfliehen und friedliche Stunden im Kreise der Familie zu genießen.
Sie gibt neue Kraft, um die Dinge wieder von der richtigen Perspektive zu betrachten.


In diesem Sinne frohe Feiertage, Ihre Frau Schildburg und Herr Hausen


6. Oktober 2017
Als 1988 die Dänische Botschaft besetzt wurde

 Zum Tode Wolfgang Mayers am 2. Oktober 2017

Dr. Wolfgang Mayer, Diplom-Lehrer und Politikwissenschaftler, der am 9. September 1988
mit 17 ausreisewilligen DDR-Bürgern aus Ilmenau in Thüringen die Dänische Botschaft
in Ostberlin besetzt hat, ist am 2. Oktober in Speyer/Rheinland-Pfalz seinem langjährigen
Krebsleiden erlegen.

Geboren am 20. Januar 1950 im Vogtland als Sohn aus dem Sudetenland geflüchteter
Eltern, erwarb er 1968 an der Erweiterten Oberschule „Fritz Heckert“ in Zeulenroda das
Abiturzeugnis und zugleich den Facharbeiterbrief als Maschinenbauer. Danach arbeitete
er als Postangestellter und verrichtete seinen „Ehrendienst“ bei der „Nationalen
Volksarmee“ im Nachrichtensektor.

Von 1970 bis 1975 studierte er Pädagogik an der Martin-Luther-Universität in
Halle-Wittenberg, das er mit dem akademischen Grad eines „Diplom-Lehrers“
abschließen konnte. Anschließend war er bis 1986 in Ilmenau und in der Kreisstadt
Hildburghausen/Thüringen als Lehrer in den Fächern Mathematik und Polytechnik
eingesetzt. Ein Antrag, in Afrika als Entwicklungshelfer arbeiten zu können, wurde
vom Ministerium für „Staatssicherheit“ abgelehnt.

Am 10. März 1987 stellte Wolfgang Mayer für sich, seine Frau und die beiden Kinder
einen Ausreiseantrag mit der Bitte, in die Bundesrepublik Deutschland übersiedeln zu
dürfen, was mit der fristlosen Entlassung aus dem Schuldienst, also mit Berufsverbot,
beantwortet wurde, sein Personalausweis wurde eingezogen und durch ein
Ersatzdokument ersetzt. Von 1987 an bildeten Wolfgang Mayer und eine Reihe
Ausreisewilliger in Südthüringen eine oppositionelle Gruppe, die am 9. September 1988
die Dänische Botschaft in Ostberlin besetzte, weil vier Tage später Dänemarks
Ministerpräsident Poul Schlüter zu einem Staatsbesuch erwartet wurde. Botschafter
Erich Krog-Meyer verständigte daraufhin die DDR-Regierung, die in der Nacht um 2.30 Uhr
zwei Dutzend MfS-Leute in das Botschaftsgelände, das exterritoriales Gebiet war,
eindringen und die DDR-Leute verhaften ließ. Die 13 Erwachsenen wurden zwölf Stunden
lang verhört, die fünf Kinder in ein Heim der „Staatssicherheit“ verbracht. Später wurden
die Flüchtlinge zu mehrjährigen Gefängnisstrafen „auf Bewährung“ verurteilt und durften
am 22. März 1989 ausreisen.

Wolfgang Mayer nahm seinen Wohnsitz in Cochem an der Mosel und verarbeitete seine
Erfahrungen mit der Ausreise in den beiden Büchern „Dänen von Sinnen“ (1990) und
„Die mit dem Storch zogen“ (1992) und zog nach Bonn, wo er 1995/98 bei Prof.
Dr. Hans-Helmuth Knütter Politikwissenschaft studierte und mit einer Arbeit „Flucht und
Ausreise“ (Buchausgabe 2002) in der Beurteilung „magna cum laude“ promoviert wurde.
Inzwischen war er auch, nach fünfmonatigem Sitzstreik vor dem Erfurter
Kultusministerium, wieder in den Thüringer Schuldienst eingestellt worden.

Wolfgang Mayer war einer von uns, der als Referent durchs Land reiste und die
unwissenden Westdeutschen in Vorträgen und Podiumsdiskussionen über DDR-Zustände
aufklärte. Deshalb gründete er auch 2007 im INTERNET das Diskussionsforum „Flucht
und Ausreise“ mit Hunderten von Beiträgen, das jetzt von seiner Frau Marika
weitergeführt wird.

Dr. Jörg Bernhard Bilke Coburg, 5. Oktober 2017


Lieber Dr. Jörg Bernhard Bilke,

der Tod von Dr. Wolfgang Mayer berührt mich sehr, nicht nur, weil ich ihn aus seiner
Lehrertätigkeit im Kreis Hildburghausen gekannt habe, sondern weil er ein Patriot war
und er mit seinem Wirken am Zusammenbruch des menschenfeindlichen
Arbeiter-und-Bauern-Staates einen Anteil hatte. Ihnen sei gedankt für Ihre Annotation
in diesen traurigen Tagen.

Ihren Text veröffentlichen wir auf unseren beiden Homepages

www.dunkelgraefinhbn.de
und www.schildburghausen.de

Herzlichst
Ihr Hans-Jürgen Salier


5. Oktober 2017

HILDBURGHÄUSER FREUNDSCHAFTSBUND
(HFB) Ingenieur-Verbindung HILDBURGIA


Ansprache von Martin Leidinger am 3. Oktober 2017
zur Wiedereinweihung der Gedächtnisbrücke am Neuen Technikum


Sehr geehrte Frau Landtagsabgeordnete Kristin Floßmann, sehr geehrter Herr
Bürgermeister Holger Obst, sehr geehrte Frau Schulleiterin Corinna Müller, sehr
geehrte Gäste dieser Einweihungsfeier!


Ich spreche heute im Namen der Verbindungen des Hildburghäuser Freundschaftsbunds,
in denen, wenn auch inzwischen an anderen Orten, die Ideale der Verbindungen
weitergelebt werden, die dieses Bauwerk initiiert und seine Errichtung finanziert haben.

Ich hatte das persönliche Vergnügen, mich intensiver mit der Geschichte des
Hildburghäuser Technikums und seiner Studentenverbindungen beschäftigen zu dürfen.
Und dabei bin ich auch auf andere thüringische Technika aufmerksam geworden, die es
ab Ende des 19. Jahrhunderts in größerer Zahl gab. Aber ich habe kein Technikum
gefunden, dass so fest in seiner Heimatstadt verwurzelt war wie dieses. Und daran hat
sicherlich die Tatsache erheblichen Anteil, dass über das gemeinsame Fest zu Pfingsten
jedes Jahr bis 1936 auch ehemalige Studierende des Technikums in großer Zahl wieder
an den Ort ihrer Jugend und Ausbildung zurückkehrten und ihre Verbundenheit im
sprichwörtlichen Hildburghäuser Geist lebten.

Diese Verbundenheit hat auch das Ende des Technikums 1946 und die deutsche Teilung
überlebt, denn der Gedanke wurde in den Verbindungen im Hildburghäuser
Freundschaftsbund, CStV. Unitas Hildburghausen zu Wuppertal, TV Bauhütte zu Kassel
und I.V. Hildburgia zu Coburg sowie der L! Rhenania zu Friedberg und dem Verein
Ehemaliger Studierender Hildburghausens VEStH in der damaligen Bundesrepublik
Deutschland konsequent gepflegt und nach dem Fall der Mauer wieder an den Ort
seines Entstehens zurückgebracht. Erfreulicherweise wurde diese Verbundenheit auch
von der heutigen Berufsschule und ihrer Leitung, der Stadt, ihrer Bürger und mehrerer
ihrer Bürgermeister sowie dem Landkreis und seinem Landrat freundlich erwidert.
Und daraus konnte viel Positives entstehen, und deswegen stehen auch wir heute hier.
Und danken allen Genannten herzlich dafür.

Für die Verbindungen und ihre Angehörigen hat dieses Bauwerk in seiner nun fast
100-jährigen Geschichte aber auch eine Wandlung seiner Bedeutung erfahren.

Ab dem Herbst 1914 wurden unzählige Menschen in Europa und davon die meisten
junge Männer Opfer eines damals noch allgemein gültigen Gedankens, nämlich mittels
eines Krieges Ziele zu erreichen, wo die Diplomatie versagte. Daher wurde von drei
Monarchen und ihren Regierungen und Militärs den Völkern Europas dieser Krieg
aufgezwungen, den die wenigsten dieser Völker wollten.

Allerdings war man in Deutschland seit fast 40 Jahren im Geist eines Staates erzogen
worden, der seine Gründung dreier solcher Kriege verdankte und somit einen solchen
Angriffskrieg als Normalität betrachtete, ja sogar jährlich verherrlicht hatte.

Und so fanden sich viele junge Männer plötzlich nicht mehr in der gefeierten Erzählung
ihrer Väter und Großväter über die Kriege 1866 – 1871 wieder, sondern im
industrialisierten Gemetzel der Schlachtfelder in Frankreich, Belgien, Holland und Russland.
Und keiner der Verantwortlichen erklärte sich nach 1918 in Deutschland bereit, eine
Schuld für die Toten des Krieges und die körperlich und seelisch verwundeten Heimkehrer
auf sich zu nehmen, ja man beschuldigte am Ende andere für die Niederlage und
verhinderte eine konsequente Aufarbeitung der Ursachen dieses Krieges.

Die Überlebenden wollten einen Ort, um der Freunde, die das größte Opfer gebracht
hatten, in Würde zu gedenken.

Dieser Gedanke entstand bereits in den ersten Jahren nach dem Krieg. Aber erst 1925
konnte er konkretisiert werden. Und dann ging es für heutige Zeiten unglaublich schnell.

Ich muss an dieser Stelle aber auch erwähnen, dass es neben einer gemeinsamen Idee
der ehemaligen Studierenden auch vieler Unterstützer am Technikum und in der Stadt
Hildburghausen zur Realisierung bedurfte. Und wie meistens einer kleinen Gruppe von
Idealisten, die mit Beharrlichkeit und erheblichem persönlichen Einsatz das Werk
betrieben, allen voran mein verstorbener BB Ochsenkopf.

Die Idee der Brücke stammte von Studienrat Schumann, Dozent am Technikum.
Er wollte, dem damaligen Ideal der Technik folgend, auch einen Nutzen für die Stadt
und das Technikum, indem der damalige Irrgarten auch von dieser Seite erschlossen
werden sollte.

Allerdings legte das damalige Thüringische Rentamt da einige Steine in den Weg,
mit den Bedingungen, dass keine Fahrräder und Handwagen diesen Zugang nutzen
durften – also zwei Treppen - und auch der Irrgarten nicht zum zweiten Pausenhof
des Technikums werden durfte.

Als alle diese Schwierigkeiten überwunden waren, wurde 1927 ein Wettbewerb zur
Gestaltung der Brücke ausgeschrieben und aus der Kombination von zwei Entwürfen
die endgültige Gestaltung erarbeitet.

Dabei wurden Entwürfe kombiniert, die durch einen Verzicht auf martialische
Verherrlichung des Krieges mit überdimensionalen steinernen Stahlhelmen oder
Eisernen Kreuzen bewusst verzichteten. Und Einigkeit und Recht und Freiheit in einem
Brückenpfeiler steht, statt Deutschland, Deutschland über alles.

Gleichzeitig wurde eine Finanzierung realisiert, die nicht unerheblich war.
Und so konnte im Frühjahr 1928 das Bauwerk in dreieinhalb Monaten trotz schwieriger
Witterungsbedingungen errichtet und zu Pfingsten mit allem in der damaligen Zeit
üblichen Feierlichkeit eingeweiht werden.

Dazu wurden auch zeitübliche vaterländische Reden gehalten und in einer damaligen
Version einer Inschrift sollte weiterhin die Welt am deutschen Wesen genesen.

Es wäre mehr als anmaßend, aus heutiger Sicht den Stab über die damals Handelnden
zu brechen. Denn es bedurfte einer zweiten, noch größeren Katastrophe, die elf Jahre
später von deutschem Boden ausging, um auch diese Lektion zu lernen.

Und erst mit dem Glück der Wiedervereinigung in Folge der Friedlichen Revolution in der
damaligen DDR und dem Zerfall des sog. Ostblocks scheint die Gefahr, dass noch einmal
ein solches Denkmal errichtet werden muss, gebannt.

Daher ist der 3. Oktober als symbolisches Ende der Zeit, in der sich europäische Mächte
und ihre Verbündeten waffenstarrend gegenüberstanden und in einen Krieg gegeneinander
zu ziehen, der beste Tag, dieses Denkmal wieder einzuweihen.

Es war nach seiner Errichtung als Geschenk an die Stadt Hildburghausen übergegangen.
Und damit auch die Kosten seiner Unterhaltung. Und für die Restaurierung zum Erhalt
für die nächsten hoffentlich friedlichen 100 Jahre danken wir an dieser Stelle allen
Beteiligten nochmals auf das Herzlichste.

Für die heutigen ehemaligen Hildburghäuser Verbindungen hat es weiterhin eine
große Bedeutung.

Es ist für uns heute das Mahnmal für alle Opfer der zwei Weltkriege.
Es ist für uns heute das Mahnmal für alle ehemaligen Hildburghäuser Studierenden
und Dozenten, die von ihren Regierungen dem Wahnsinn dieser Kriege geopfert wurden.

Es ist ein Mahnmal für die Verteidigung einer freiheitlichen und friedlichen Demokratie,
die solches für alle Zeit unmöglich machen soll.

Und es ist der Ort des Gedenkens für alle ehemaligen Studierenden und Dozenten dieses
Technikums, die im Frieden verstorben sind und gemäß einem ab den 1960er Jahren
geflügelten Wortes ihren letzten Weg über die Gedächtnisbrücke gegangen sind.

Ich danke ihnen für ihre Aufmerksamkeit und bitte um ein kurzes Gedenken an alle diese
Toten.

„Chargen chargiert!“



29. September 2017

Unschuldige Spießgesellen und
der raue Ton des Pöbels


In einer Tageszeitung der Region findet sich eine Einschätzung der
Bundestagswahl des Herrn Genossen Kummer, einst Unteroffizier des
Stasi-Wachregiments:


„Platz drei im Landkreis ist für uns eine sehr schwierige Entwicklung, die mich
befürchten lässt, dass der Umgangston in der Politik in der nächsten Zeit immer
rauer wird und die Aggressivität, die im Wahlkampf zu spüren war auf die Gesellschaft
niederschlägt“, sagt MdL Tilo Kummer. „Ich mache mir ziemliche Sorgen, wenn man
erlebt, wie eine Bundeskanzlerin und ein Außenminister bedroht werden, da bilden
sich für mich historische Parallelen aus. Die anderen Parteien müssen sich gründlich
überlegen, wie sie darauf reagieren.“


Am 28. September 2017 lesen wir im Netz eine Pressemitteilung der AfD von
Corinna Herold, die wir nicht weiter kommentieren wollen, sie spricht für sich:

Strafanzeige gestellt: Harzer (Linke) bedrohte AfD-Abgeordneten Kießling
Nach Schluss der Plenarsitzung vom 27. September 2017 befanden sich die
AfD-Abgeordneten Olaf Kießling und Stefan Möller auf dem Weg vom Plenarsaal
zum Abgeordnetengebäude. Im Verbindungsgang beschimpfte der Linke-Abgeordnete
Steffen Harzer die beiden als „Nazis, Faschistenpack, Dreckfressen“. Zusätzlich drohte
er Kießling mit „Halt deine Fresse, ich hau dir gleich aufs Maul“, weil Kießling ihn
gebeten hatte, sich an die Umgangsformen eines Landtages zu halten. Die Drohungen
mit körperlicher Gewalt erfolgten mehrfach. Der Abgeordneten der Grünen,
Roberto Kobelt, der Harzer begleitete, war sichtlich peinlich berührt, schritt aber nicht
ein. Die AfD-Fraktion hat gegen Harzer Strafanzeige gestellt.

Dazu sagt Olaf Kießling, stellvertretender AfD-Fraktionsvorsitzender: „Herr Harzer hat
sich völlig niveaulos verhalten. Das war mehr als parlamentsunwürdig. Der Vorfall
ist typisch für das Verhalten von einigen linken Abgeordneten im Landtag. Ihnen gehen
in der Diskussion mit uns regelmäßig die Argumente aus, dann werden sie persönlich
und beleidigend. Mehr haben diese verbohrten Ideologen nicht zu bieten.“


14. September 2017

Das Naivchen aus dem Taunus
Eva Rupperts Briefe an Erich Honecker

Im ehemaligen Ostberlin steht die DDR-Nostalgie-Industrie in voller Blüte! Ein rundes
Dutzend einstiger DDR-Verlage verbreiten in Memoiren prominenter DDR-Rentner und
angeblichen Aufklärungsschriften ein derart geschöntes Bild des SED-Staates, dass man
heute noch bedauert, dort nicht gelebt zu haben! Wenige Wochen, nachdem am 6. Mai
2016 im fernen Santiago de Chile die frühere DDR-Volksbildungsministerin Margot
Honecker (1927-2016) gestorben war, erschien in der „edition ost“ ein umfangreicher
Band „Post aus Chile“ (336 Seiten) mit dem Untertitel „Die Korrespondenz mit Margot
Honecker“, deren Empfänger und zugleich Verleger des Buches Frank Schumann war,
als Pfarrerssohn 1951 in Torgau geboren, auch bekannt als „inoffizieller Mitarbeiter Karl“
der „Staatssicherheit“.


Nun gibt es, unter dem Titel „Liebe Eva“, eine zweite Sammlung solcher Briefe, die der
Verlag als „Zeugnisse von zeitgeschichtlicher Bedeutung“ anpreist. Die Empfängerin der
Briefe von Erich und Margot Honecker, Dr. Eva Ruppert, ist 1933 im Saarland geboren
und war bis 1999 Lehrerin für Latein und Griechisch an zwei Gymnasien im hessischen
Bad Homburg vor der Höhe. Sie ist freilich eine Revolutionstouristin besonderer Art. Als
Erich Honecker am 13. März 1991 von Berlin nach Moskau geflohen war und dort in einem
Krankenhaus wegen seines Lebertumors behandelt wurde, fuhr sie mit einem Taxi von
Klinik zu Klinik, um ihn, den sie überhaupt nicht kannte, ausfindig zu machen. Als sie im
Sommer 1992 von einer Kubareise zurückflog und in einer Zeitung las, er wäre am 29. Juli
an Deutschland ausgeliefert worden, war sie „entsetzt“ über die Verhaftung dieses
Politikers, von dem man in Moskau „mit respektvoller bis zu bewundernder Anerkennung“
spräche. Also beschloss sie, ihn am 25. August 1992, seinem 80. Geburtstag, in
Berlin-Moabit zu besuchen, wo er „schon bei den Nazis gesessen“ hätte.


Nach diesem Besuch, an dem auch drei westdeutsche Kommunisten beteiligt gewesen
waren, fasste sie Mut, dem gescheiterten Erich Honecker, der seinen Staat 1989 in den
Abgrund gefahren hatte, Briefe ins Gefängnis zu schicken. Wie man beim Lesen dieser
Briefe erfährt, schrieb sie ihm ungleich häufiger als er ihr. Man hat den Eindruck, dass
sie förmlich nach Anerkennung durch einen im „Klassenkampf“ erfahrenen Genossen
lechzte. Als er sie einmal „querida companiera“ (liebe Genossin) nannte, war sie außer
sich vor Freude. Dem Leser kommt sie in ihrer aufdringlichen Verehrung manchmal vor
wie Diederich Heßling aus Heinrich Manns Roman „Der Untertan“ (1918), der atemlos
dem Zweispänner nachhechelt, mit dem Kaiser Wilhelm II., huldvoll grüßend, durch
Rom fährt.


Man fragt sich, was diese biedere Lehrerin aus dem Taunus mit ihren Briefen an einen
abgehalfterten Politiker erreichen wollte, der in Berlin wegen Totschlags vor Gericht stand,
weil er Hunderte von DDR-Flüchtlingen an der innerdeutschen Grenze hatte erschießen
lassen. Von den schlimmen Zuständen im SED-Staat, in dem sie nie hatte leben müssen,
hat diese glühende Verehrerin eines kommunistischen Diktators bis heute keine Ahnung.
Wenn sie, wie sie bekennt, als Touristin durch die DDR-Provinz gefahren ist, hat sie nur
„freundliche, aufgeschlossene, hilfsbereite Menschen“ getroffen, so hätte sie nur
„positive Eindrücke von diesem Land“ gewonnen. Nein, es war ihr nicht gegeben, hinter
die Kulissen zu schauen. Sie sah nur die Fassade, die Lobreden, die Aufmärsche, aber
nicht die Wirklichkeit dahinter, und hielt das, was sie sah, für die „größte Errungenschaft
der deutschen Arbeiterbewegung“. Man fragt sich nur, warum dann im Herbst 1989 die
Berliner Mauer gefallen ist.

Auch der verhaftete und in Berlin-Moabit einsitzende Organisator des Mauerbaus von
1961 zeigte weder Einsicht noch Lernfähigkeit! Für ihn wie für seine inzwischen an der
Karl-Liebknecht-Schule in Leverkusen marxistisch geschulte Briefpartnerin war der über
Nacht erfolgte Bau des „antifaschistischen Schutzwalls“ eine politische Notwendigkeit,
weil es sonst Krieg gegeben hätte. Diese wahnwitzige These vertrat auch sein
Gesinnungsgenosse Heinz Kessler (1920-2017), von 1985 bis 1989
DDR-Verteidigungsminister, der noch heute von Eva Ruppert als „Genosse, Vorbild
und Freund“ verehrt wird, in seinem Buch „Ohne die Mauer hätte es Krieg gegeben“
(2011). In seinem Brief vom 24. Januar 1991 aus dem sowjetrussischen Militärhospital
in Beelitz/Mark an die „lieben Genossen aus der saarländischen Heimat“, eine Art
Vorspann zur Korrespondenz mit Eva Ruppert, beklagte „Genosse Erich“, sich selbst
im finsteren Keller Mut zusprechend, die „zeitweilige Niederlage des Sozialismus“ und
den „Verlust der DDR“ und verschloss sich damit der Erkenntnis, dass der
Marxismus-Leninismus höchst untauglich war, den Verlauf der Geschichte zu erklären.
Sollte nicht, wie uns im Zuchthaus Waldheim beigebracht wurde, nach Feudalismus und
„Kapitalismus“ der Sozialismus kommen und danach die „klassenlose Gesellschaft“?
Dann aber stürzte die Mauer ein, und die Geschichte lief rückwärts, denn der
„Kapitalismus“ kam zurück. Der starrköpfige Staatsratsvorsitzende, der von der
„deutschen Klassenjustiz…nichts“ erwartete, saß nun verbittert in seiner Moabiter
Einzelzelle, und die hessische Genossin bestärkte ihn in seinen abwegigen Ansichten.

Verglichen mit den Zuständen im Zuchthaus Waldheim in Sachsen 1962/64 lebte Erich
Honecker 1992 im Gefängnis Moabit wie im Luxusknast. Er hatte eine geräumige
Einzelzelle, während wir Waldheimer jahrelang zu viert auf 9,2 Quadratmetern hausen
mussten, wobei noch zwei Doppelpritschen den Raum zusätzlich einengten. Während der
einstige Staatsratsvorsitzende eine Toilette mit Wasserspülung benutzen konnte, hatten
wir in Waldheim nur einen stinkenden Kübel in der Zelle, der morgens um 4.00 Uhr, nach
dem Wecken, geleert wurde. Der Kommunist Erich Honecker durfte im Gefängnis des
„Klassenfeinds“ einige Stunden länger schlafen.


Über mangelnde Post konnte sich „Genosse Erich“ auch nicht beklagen: Die „Genossin
Eva“ aus dem Taunus überschüttete ihn derart mit Briefen, dass er kaum nachkam, sie
zu beantworten. So erhielt er im August 1992 von ihr sieben Briefe. In Waldheim durften
wir im Monat einen Brief von 20 Zeilen schreiben und bekommen. Dazu kamen noch die
vielen Bücher und Musikkassetten, die sie ihm schicken oder mitbringen durfte. In
Waldheim wäre das unmöglich gewesen! Und dann die Besuche: In Waldheim durfte man
einmal im Vierteljahr einen Verwandten für eine halbe Stunde sprechen. In Moabit bei
Erich Honecker gaben sich ausländische Kommunisten gegenseitig die Klinke in die Hand.
So sprach im Herbst 1992 der Sandinist Daniel Ortega aus dem mittelamerikanischen
Nikaragua in Moabit vor. Auf DDR-Verhältnisse angewandt, hätte dann auch „Staatsfeind“
Gerhard Zwerenz aus Köln, der im Sommer 1957 aus Leipzig hatte fliehen müssen, seinen
Freund Erich Loest im Zuchthaus Bautzen besuchen dürfen.


Die Korrespondenz zwischen Erich Honecker in Moabit und Eva Ruppert begann am
7. August 1992 und endete am 22. Dezember. Am 12. Januar 1993 wurde der todkranke
Erich Honecker entlassen und durfte nach Chile ausreisen, wo er am 29. Mai 1994 starb.
In den 139 Tagen seiner Moabiter Haft hat er Eva Ruppert 13 Briefe nach Bad Homburg
geschickt, von ihr ist leider nur einer abgedruckt, sodass man nie weiß, worauf er reagiert
hat. Aber zunehmend mischte sich auch Margot Honecker aus dem fernen Chile ein und
schrieb drei Briefe an die „Genossin Eva“, wobei sie immer, nicht gerade geschichtskundig,
von „Großdeutschland“ sprach, wenn sie den am 3. Oktober 1990 gegründeten Staat
meinte. So schrieb sie am 8. Oktober 1992, dass am Tag zuvor in Santiago mit ehemaligen
DDR-Emigranten, chilenischen Kommunisten also, die nach 1973 im SED-Staat Zuflucht
gefunden hatten, den „Tag der Republik“ (7. Oktober) gefeiert hätten, und sie fügte dann
an: „Das Schlimmste ist, dass der Revisionismus in die eigenen Reihen eingebrochen ist.“


Der Leser merkt deutlich, dass Eva Rupperts Briefe auf den einstigen
Staatsratsvorsitzenden eine besänftigende, wenn nicht therapeutische Wirkung ausübten
und die innere Verkrampfung lösten (5. Oktober: „Deine Briefe bereichern meine
Gedanken und Gefühle.“). Von der Starrheit und Unbelehrbarkeit in seinen politischen
Aussagen, wie sie beispielsweise in seiner Verteidigungsrede vom 3. Dezember 1992 vor
dem Kammergericht Berlin-Moabit zum Ausdruck kamen, war hier nichts zu spüren. Aber
auch hier bedauert man, dass Eva Rupperts Briefe an Erich Honecker nicht mitabgedruckt
wurden, vermutlich deshalb, weil sie in ihrer Aufdringlichkeit einfach nur peinlich waren!


Nachdem der auf dem Gnadenweg am 13. Januar 1993 freigelassene Gewaltverbrecher
(Totschlag in 68 Fällen!) nicht mehr juristisch zu belangen und nach Chile ausgeflogen
worden war, übernahm Margot Honecker zunehmend die Federführung in dieser
Korrespondenz, während Erich nur noch unterschrieb. Nun wurden auch die Antwortbriefe
an Eva Ruppert spärlicher, und die Fristen zwischen Brief und Antwort vergrößerten sich,
zumal nach Erich Honeckers Tod, auf bis zu einem Vierteljahr.


Margot Honecker gebärdete sich in ihren Briefen wie ein lebender Leitartikel der
SED-Zeitung „Neues Deutschland“. Sie war keineswegs Anhängerin von Gregor Gysis
noch im Dezember 1989 gegründeten SED-Nachfolge-Partei PDS, für sie fast schon
eine Variante der „Konterrevolution“, sondern Verfechterin der Interessen einer politischen
Sekte, der stalinistischen DKP mit 2017 nur noch 3500 Mitgliedern. Diese „Partei“ gewann
1983 bei der Bundestagswahl 0,2 Prozent der Stimmen, seitdem wurden keine Angaben
mehr gemacht, vermutlich weil die Wählerzahlen gegen Null tendierten.


Die in den Briefen aus Chile verbreiteten Tiraden Margot Honeckers, einer abgrundtief
gescheiterten DDR- Kommunistin, zeigen in erschreckender Deutlichkeit den moralischen
Verfall einer politischen Kaste, die, streng abgeschirmt vom Volk, behauptete, im Auftrag
des Hegelschen Weltgeists zu handeln, wofür ihr jedes Mittel bis zum Mord recht war. In
Wirklichkeit aber ging es nur um Erhaltung und Ausbau der Machtpositionen der
herrschenden Klasse, deren oberstes Organ das in seinen Beschlüssen unfehlbare Politbüro
war.


Margot Feist, so der Geburtsname, die als Tochter eines kommunistischen Schusters in
Halle/Saale seit 1945 immer nur in Klassenkampfkategorien dachte, sprach auch in ihren
Briefen aus Chile immer nur von „Konterrevolution“, wenn der Mauerfall vom 9. November
1989 gemeint war, und vom „Wiedererstehen Großdeutschlands“, wenn es um die
Wiedervereinigung vom 3. Oktober 1990 ging. Die Berliner Prozesse wegen Totschlags
gegen mehrere Mitglieder des Politbüros waren in ihrer ideologischen Verblendung
„Klassenjustiz“. Obwohl der Sozialismus weltweit abgewirtschaftet hatte, sprach sie noch
am 13. Dezember 2015 vom „verfaulenden imperialistischen System“.


Manchmal sind in diesem Buch die Fußnoten, die Frank Schumann verfasst hat, weit
aufschlussreicher als die Briefe selbst. So liest man auf Seite 116, dass die beiden
NVA-Generäle Heinz Kessler und Fritz Streletz sowie Hans Albrecht, der SED-Vorsitzende
des Bezirks Suhl, die vom Landgericht Berlin wegen Totschlags am 16. September 1993
zu hohen Gefängnisstrafen verurteilt worden waren, dagegen Widerspruch beim
Bundesgerichtshof in Karlsruhe eingelegt hätten, der freilich am 26. Juli 1994 die Urteile
bestätigte. Das muss man sich vorstellen: Drei im „Klassenkampf“ ergraute Funktionäre
rufen das oberste Gericht des „Klassenfeinds“ an, den sie 40 Jahre lang verachtet und
bekämpft haben, und winseln um Gnade! Und es kommt noch schlimmer: Während Erich
Honecker 1990 bei der Evangelischen Kirche, bei Pfarrer Holmer in Lobetal/Kreis Barnim
bei Berlin, vorübergehend Unterschlupf fand, lebte NVA-Generaloberst und
DDR-Verteidigungsminister Heinz Kessler, der noch 2009 DKP-Mitglied geworden war,
zuletzt im Seniorenstift St. Antonius in Berlin-Karlshorst, einem Altenheim der
Katholischen Kirche.


Eva Ruppert „Liebe Eva. Erich Honeckers Gefängnisbriefe“, Verlag edition ost, 176 Seiten,
9.99 Euro, Ber
lin 2017 


Dr. Jörg Bernhard Bilke                           
Coburg, 12. September 2017



9. August 2017

Gratulation!

Unser alter Herr Hausen (Hans-Jürgen Salier) hat so ganz „nebenbei“ ein inhaltsreiches
Buch geschrieben, das zum Brauhausfest am 20. August 2017 in Dingsleben nach 12 Uhr
Premiere hat. Dort können die Bücher signiert werden.
Sicherlich freuen sich auch unsere Leser auf das Ereignis.

Auf ein Wiedersehen,

Ihre Frau Schildburg 


Hans-Jürgen Salier

Auf dem Weg zum Erfolg.
Die Privatbrauerei Metzler in Dingsleben.
Eine Familien- und Firmengeschichte.


Gebundene Ausgabe August 2017 Preis: EUR 24,90

Im Jahre 1895 begann August Metzler in seinem Südthüringer Heimatdorf Dingsleben erstmals Bier zu brauen. Dies war der Beginn einer außerordentlichen Erfolgsgeschichte. Die Privatbrauerei Metzler wird heute in fünfter Generation geführt. Alle Irrungen und Wirrungen der Geschichte hat die Familie mit großem Fleiß und Zusammenhalt, einer guten Portion Wagemut und Erfindergeist gemeistert. Die Dingslebener Bierspezialitäten und ein großes Sortiment an alkoholfreien Getränken sind weit über die Landesgrenzen hinaus beliebt. Hans-Jürgen Salier schlägt mit seinem Buch eine Brücke von den Anfängen des Unternehmens über unglaubliche Geschichten aus einem versunkenen Land bis hin zu dem heute hochmodernen Betrieb der Privatbrauerei Metzler GmbH & Co. KG in Dingsleben.
Produktinformation
Gebundene Ausgabe: 
160 Seiten
Format:
21,5 x 2,0 cm x 24,4 cm
Gewicht:
 790 g
Verlag:
 Salier Verlag
1. Auflage:
 August 2017
Sprache:
 Deutsch
ISBN-10:
 3943539784
ISBN-13:
 978-3943539783



27. Juli.2017
Die Unglaubwürdigkeit der Linksregierung
Liebe Leser,
Auf unseren Seiten gibt es keine Parteienunterstützung, aber in diesem Falle geht es um Wahrheit und Demokratie gegen die Lügen der Nachfolge-SED.
Ihre Frau Schildburg und Herr Hausen


Sehr geehrte Damen und Herren, 

bereits im Mai 2016 habe ich die Landesregierung um eine Bewertung bezüglich der
Tatsache gebeten, dass immer häufiger Rechtsrockkonzerte unter dem Deckmantel
der politischen Kundgebung stattfinden. Auf einer analytischen Aussage aufbauend,
hätten rechtzeitig Gegenmaßnahmen abgeleitet werden können. Im Vorfeld meiner
Anfrage (2016) hatte ein Hasskonzert mit 3500 Teilnehmern in Hildburghausen
stattgefunden. Im Jahr davor (2015) waren es bereits 1500 Teilnehmer.


Als Antwort auf diese Frage (Frage 4, Dokument beigefügt) erhielt ich von
Innenstaatssekretär Götze (SPD) den Hinweis, dass dies eher eine Behauptung sei.


Warum? Wollte die Linksregierung nicht handeln? Warum wurde keine Auswertung der
beiden Veranstaltungen hinsichtlich Eintrittsgeldern, dem Anteil von Musik – und
„Unterhaltungs“beiträgen, dem Tragen verfassungsfeindlicher Symbole und Zeichen
vorgenommen? Bis heute liegt mir keine Einschätzung der Landesregierung bezüglich
der Hass-Konzerte von 2015/2016 vor.


In diesem Jahr nun geht der Ministerpräsident der Linken persönlich mit dem Gedanken
umher, das Versammlungsrecht zu überprüfen. Vor Ort wird zudem nicht gespart mit
Vorwürfen gegen CDU-Politiker, denen man Fehler in der Vorgehensweise unterstellt.


Ist das der krampfhafte Versuch, von eigenen Fehlern abzulenken. Oder wollte man
die politische Diskussion im Jahr der Bundestagswahl (2017) führen? Das wäre nicht
nur heuchlerisch, sondern man hätte die Bürger vor Ort, die sich ehrlichen Herzens gegen
diese Hasskonzerte einsetzten, bewusst missbraucht für politischen Stimmenfang. Es
scheint offensichtlich, dass beide Extremrichtungen sich gegenseitig bedürfen, um ihre
Daseinsberechtigung zu unterstreichen.


Für emotionale Reaktionen habe ich dabei allergrößtes Verständnis. Von politischen
Entscheidungsträgern erwarte ich aber eine nüchterne, sachliche und vor allem neutrale
und ehrliche Darstellung des gesamten Sachverhalts. Die vermisse ich.

Die Unglaubwürdigkeit der Linksregierung hat einen neuen Höhepunkt erreicht.

Mit freundlichen Grüßen


Kristin Floßmann









31. März 2017

Die Beschäler aus der Normannenstraße

Der Westeinsatz von Romeo-Agenten

Wenn ein Westregisseur einen DDR-Film dreht, weiß man, was dabei herauskommt: nur
Unsinn! Auch an dem Stasi-Dreiteiler „Der gleiche Himmel“, der am 27., 29. und 30. März,
jeweils um 20.15 Uhr, vom ZDF ausgestrahlt wurde, konnte man wieder einmal erleben,
dass dem Filmemacher an einer authentischen DDR, die eine blutige Diktatur war,
überhaupt nicht gelegen war, sondern nur an Versatzstücken aus der DDR-Requisite,
die Spannung in die Handlung bringen sollten. Ob das nun alles auch plausibel war und
der historischen Wahrheit entsprach, interessierte den 1957 in Hamburg geborenen Oliver
Hirschbiegel mitnichten, es ging ihm lediglich um die Einschaltquote.

Schon der Filmtitel ist eine Anleihe an den 1963 erschienenen Roman „Der geteilte Himmel“
von Christa Wolf und dem danach gedrehten Film von 1964. Aber während Christa Wolf
ihren Staat bis ins Detail kannte, schwelgt Oliver Hirschbiegel in tiefer Ignoranz. Er greift
sich einige DDR-spezifische Vorkommnisse heraus, die einst, auch schon vor dem
Mauerfall, Aufsehen erregten bei westdeutschen Beobachtern, und baut sie in die
Spielszenen ein. Da gibt es eine versuchte Tunnelflucht; eine junge Schwimmerin, die
zum Doping-Opfer wird; einen Homosexuellen, der nach Westberlin fliehen will; und
einen Inzest zwischen einem Zwillingspaar. Man wundert sich nur, dass nicht auch noch
die Zwangsadoptionen irgendwo skandalträchtig untergebracht wurden.


Richtig: Um Spionage ging es auch noch. Dazu werden junge, durchtrainierte MfS-Kader
eingesetzt, die zuvor an der „Flirtschule“ der Staatssicherheit im märkischen Belzig
ausgebildet wurden. Nur: Diese „Flirtschule“ gab es nicht, sie ist eine Erfindung Oliver
Hirschbiegels, der die kriminellen Machenschaften von Erich Mielkes Westagenten neu
erfindet. Frauentypen im Westeinsatz des MfS brauchten keine spezielle Ausbildung,
die „hatten das drauf“. Wenn sie an der Goldküste in Bulgarien Bonner Sekretärinnen,
die dort Urlaub machten, ins Bett geredet hatten, und wenn später die ersten
Geheimdokumente aus dem NATO-Hauptquartier übergeben worden waren, hatten sie
leichtes Spiel, denn dann konnten sie immer mit Enttarnung und nachfolgender
Gefängnishaft drohen.

Am Rathausplatz in Bonn war bis 1989/90 das Café Langhard ein Tummelplatz für
konspirative Anbahnungen. In der Bundeshauptstadt Bonn gab es zwischen 1949 und
1989 Hunderte einsamer Sekretärinnen, die in den Vorzimmern ihrer Chefs ausharrten
und Zugang hatten zu Dokumenten, die die Auswerter der Staatssicherheit brennend
interessierten. Wie das alles ablief, kann man in Elisabeth Pfisters Buch „Unternehmen
Romeo. Die Liebeskommandos der Stasi“ (2000) und in Mirjam Houbens Aufsatz
„Agentinnen der Liebe“ (2003) nachlesen.

Der Film „Der gleiche Himmel“ bezieht seine Spannung aus den Bettszenen zwischen
dem 25jährigen Westagenten Lars Weber, der im Westberliner Einsatz aber „Matthias
Cramer“ heißt, und zwei Mitarbeiterinnen des britischen und des amerikanischen
Geheimdienstes. Zuerst wird er auf Lauren Faber (43) angesetzt, eine geschiedene Frau,
in deren Wohnung noch der 16jährige Sohn lebt. Lars Webers Führungsoffizier Ralf Müller,
ein schmieriger Typ, hervorragend gespielt von Ben Becker, lebt in Westberlin und leitet
seinen Zögling beim Bespringen von Frauen an. Mehr noch: Er sitzt in seinem Lieferwagen
vor dem Haus, hat eine Abhöranlage in der Führerkabine und schneidet genüsslich die
Lustschreie mit. Dass ein MfS-Offizier in dieser Funktion in Westberlin wohnt und mit
seinem Zögling auf Parkbänken und an Restauranttischen offen über seinen Einsatz
spricht, ist wiederum eine Erfindung Oliver Hirschbiegels: Wie sich eben der kleine Olli
aus Hamburg die böse Stasi vorstellt!


Als Lauren Faber nach dem Orgasmus in ihrer Wohnung kollabiert und ins Krankenhaus
eingeliefert wird, ist sie, die im Wachkoma im Bett liegt, dem MfS nicht mehr von Nutzen.
Ralf Müller schleicht sich ins Krankenzimmer, manipuliert an den Schläuchen herum und
bringt sie um: Herzstillstand! Dass dieser Tod völlig überflüssig ist, sinnlos, weil sie bis zu
ihrer Ohnmacht nicht einmal weiß, dass Lars Weber Stasi-Agent ist, geschweige denn,
dass sie Dokumente geliefert hätte, passt nicht ins Drehbuch, da muss es brutal zugehen:
Wie sich eben der kleine Olli aus Hamburg die böse Stasi vorstellt! Der Mord war nicht nur
überflüssig, sondern auch gefährlich, es hätte nur eine Krankenschwester ins Zimmer
treten müssen, und Ralf Müller wäre erwischt worden beim Töten!


Aber nun ist sie tot, die Stasi schaltet um und setzt „Matthias Cramer“ alias Lars Weber
auf Sabine Cutter (25) an, die, was er nicht weiß bis zum Ende des Films, seine
Ostberliner Zwillingsschwester ist. Mutter und Schwester sind nämlich nach Westberlin
geflohen vor Jahren und dann nach Amerika ausgewandert, dort hat die Mutter Dagmar
Cutter einen amerikanischen Sicherheitsoffizier geheiratet, der jetzt in Westberlin arbeitet,
in seiner Abteilung auch seine Tochter Sabine. Sie soll nun zum neuen Objekt der
Begierde gemacht werden. Dumm ist nur, dass sich Lars Weber in sie verliebt. Als sie
miteinander im Bett liegen und sich ihre gegenseitige Liebe eingestehen, hört
MfS-Spanner Ralf Müller im Führerhaus alles mit und fängt wie wild an zu hupen. Das ist
wieder so eine Erfindung Oliver Hirschbiegels. Der widerliche Stasi-Offizier Ralf Müller
müsste doch eigentlich wissen, dass es zur Tarnung gehört, Liebe zu heucheln. Und er
müsste wissen, dass sein langes Hupen die Polizei herbeirufen könnte, die dann im
Führerhaus die Abhöranlage fände!


Auch die Nebenstränge zur Haupthandlung sind höchst fragwürdig. Es gab einen einzigen,
von Ostberlin nach Westberlin gegrabenen Tunnel, das war am 9. Januar 1972. Hier im
Film entzweit sich Tobias Preuss, einer der Tunnelbauer, mit seinen nachts in einer
stillgelegten Bäckerei grabenden Kollegen und verrät alles der Stasi. Die rückt nachts an,
umstellt das Haus und lässt alle Tunnelbauer bis auf einen entkommen. Wie blöd war denn
nur, in Oliver Hirschbiegels Vorstellung, die Stasi? In Kürze werden sie doch von dem
verhafteten Tunnelbauer die Namen der anderen erfahren. Zu denen gehört auch der
schwule Physiklehrer Axel Lang, der sich regelmäßig an abgelegenem Ort mit einem
schwulen Engländer trifft. Beim ahnungslosen Publikum wird hier der Eindruck erweckt,
Homosexualität wäre in der DDR strafbar gewesen, war sie aber nicht, der Paragraf 175
im Strafgesetzbuch wurde 1957 für Erwachsene aufgehoben.


Bleibt noch der DDR-Hochleistungssport, der nach einem ausgeklügelten Doping-System
dem SED-Staat Olympiamedaillen einbringen sollte. Der Preis dafür war, dass der Körper
der 15jährigen Schwimmerin Klara Weber zunehmend männliche Merkmale wie Haarwuchs
an Brust und Rücken aufwies. Als der entsetzte Vater gegen den Willen der Mutter den
Schwimmunterricht aufkündigt, wird ihm bedeutet, dass dann die ältere Tochter, die
Klassenbeste ist, nicht wird studieren dürfen.


In diesem Film stecken einige Wahrheit und viel Unsinn! Die DDR und ihre Organe wie
Volkspolizei, Grenztruppen und Staatssicherheit haben ungeheuerliche Verbrechen
begangen, die seit Jahren bekannt sind. Das wäre ein unerschöpfliches Arsenal für
authentische DDR-Filme. Oliver Hirschbiegel freilich ist an solchen Filmen nicht interessiert,
wichtig ist ihm nur die Einschaltquote!

Jörg Bernhard Bilke


26. Februar 2017
Folge 6
Das wirkliche Grab der Dunkelgräfin

Am Grab der Dunkelgräfin mit Blick nach Eishausen

Wie zu Beginn der ersten Folge angedeutet, braucht so manches mysteriöse Geheimnis auch eine mysteriöse Aufklärung. Mancher Leser wird jetzt mit dem Kopf schütteln, weil das Ergebnis nicht „wissenschaftlich“ begründet ist. Es ist eine rein logische Schlussfolgerung aus bisher unzählig vielen Fakten, Belegen und Indizien, die im Laufe von mehr als einhundertsiebzig Jahren zusammengetragen wurden. Unser gedankliches Modell, dass es sich bei der Dunkelgräfin um Madame Royale handelt, bleibt zweifelsohne bestehen und muss am Ende nur den neuen Kenntnissen und Erkenntnissen angepasst werden. Für eine endgültige Bestätigung habe ich mich einer Methode bedient, die im heutigen Informationszeitalter selbst für Kriminalisten und Juristen durchaus üblich ist und kein mittelalterliches Flair besitzt. Sie hängen es nur meist nicht an die „große Glocke“.
Versetzen wir uns in das Todesjahr der Madame Royale nach Eishausen und in die Gedanken- und Handlungswelt des Leonardus Cornelius van der Valck alias Vavel de Versay:


Eishausen, (Zeitraum) 16. – 22. Oktober 1837
Steinigen Hindernissen ausweichend, rollt der Graf mit äußerster Vorsicht eine zweirädrige Holzkarre durch den unterirdischen Gang des Schlosses. Er will möglichst jede auch nur geringe Erschütterung vermeiden. Der Gang, etwa einen Meter zwanzig breit und mannshoch, führt vom Schloss vielleicht fünfhundert Meter Richtung Stressenhausen. Seine Fracht, nicht mal ein Zentner schwer, lastet umso schwerer auf seinem Herzen. Erst vor ein paar Tagen ist die zu Beschützende beim Spaziergang vor Schwäche im Garten zusammengebrochen und hat sich nicht mehr erholt. Seine Begleiterin schläft inzwischen den ewigen Schlaf. Im Tod hat sie ihren inneren Seelenfrieden gefunden, sanft und würdig ist sie eingeschlafen. Es ist der letzte Weg, den er gemeinsam mit ihr geht, ein Weg des Abschieds für immer. Fast vierzig Jahre hat er sie begleitet und beschützt. Egal, wie mühevoll manche Tage auch gewesen sind, nicht einen einzigen möchte er missen.
Nur eine Fackel leuchtet, mehr nicht, ausreichend, um die den Weg begrenzenden Umrisse zu erahnen. Inzwischen kennt sich der Schlossherr in dem finsteren Gewölbe aus. Mehrmals hatte er in den vergangenen Tagen den Gang durchschritten, um die letzte Ruhestätte für seine langjährige Gefährtin vorzubereiten. Still ist es, ganz still. Das Rumpeln der Räder und das Rauschen der in der Nähe fließenden kleinen Rodach kann man hören. Am Ende des Wegs auf einem kleinen Hügel fand er schon vor einiger Zeit den geeigneten Ort für ihre letzte Ruhestätte. Seit ihrem Tod verbrachte er hier täglich viele Stunden, das Erdloch mit einer Schippe auszuheben. Sogar ein schreinartiges Gehäuse konnte er vor einigen Monaten sicherstellen. Es ist nicht besonders schön, aber zweckmäßig, um ihren zarten Körper vor der kalten, feuchten Erde zu schützen. Zu groß wäre die Gefahr gewesen, einen Sarg in Auftrag zu geben, das hätte sich bei der Neugier der Dorf- und auch der Stadtbewohner herumgesprochen. Nichts darf nur den geringsten Verdacht erregen. Behutsam gibt er ihr einen letzten innigen Kuss auf die Stirn, bevor er ihren Kopf so sanft wie möglich auf ein Kissen in den Schrein bettet. Tränen des Abschieds stehen ihm in den Augen, nochmals ein zärtliches Streicheln über die Wange, das ist, was er ihr geben kann. Vorsichtig schließt er den Deckel und beginnt bedächtig langsam, dann immer schneller werdend, das Grab mit Erde zu überhäufen, und er betet kniend ein Vaterunser.
So in etwa könnte sich die eigentliche Beerdigung der Dunkelgräfin zugetragen haben, die der fast siebzigjährige Graf allein bewältigt. Und wer genau gelesen hat, dem ist sicher aufgefallen, dass das ursprünglich angenommene Todesdatum nicht mit dem übereinstimmt, was bisher alle geglaubt haben. Aber das ist sein Plan, ein genialer Plan, worauf Leonardus Cornelius van der Valck, ein Meister der Täuschung, schon lange vor dem Ereignis hingearbeitet hat.
Die Dunkelgräfin stirbt eben nicht am 25. November 1837 gegen 22.00 Uhr, wie überall beschrieben, sondern schon fünf Wochen vorher. Am Schulersberg lässt er eine andere Frau in seinem von ihm geplanten und in Auftrag gegebenen Grabmal bestatten.
Nun ergeben auch die merkwürdigen Handlungen des Grafen nach ihrem Tod einen Sinn: Gleich am nächsten Morgen, in aller Frühe des 26. November 1837, bricht der Dunkelgraf mit der Kutsche nach Meiningen auf, um sich vom Herzoglichen Konsistorium die Genehmigung zu holen, seine Lebensgefährtin an ihrem angeblichen „Lieblingsort“, dem Berggarten am Stadtberg, zu begraben. Der eigentliche Grund ist jedoch, eine weibliche Leiche zu beerdigen, von der man ihn erst am Abend zuvor benachrichtigt hat und die van der Valck den Behörden anstelle seiner Lebensgefährtin präsentieren wird. Sie muss nur annähernd die Größe haben und dem Alter entsprechen.
Nach seiner Rückkehr aus Meiningen wird die Verstorbene von den Dienern in das Erdgeschoss des Eishäuser Schlosses zur allgemeinen Leichenschau getragen. Erst danach kann der Leichnam vom Chirurgen J. Bachmann untersucht werden, der eine natürliche Todesursache feststellt und ihr Alter auf etwa sechzig Jahre schätzt.
Am 27. November bereitet der Totengräber Knoll im Auftrag von Bürgermeister König die Grube für das Grab am Schulersberg. Der Sarg wird am selben Tag von Carl Kambach aus Hildburghausen nach Eishausen ins Schloss geliefert. Schon bei der Umbettung der Leiche in den Sarg lässt sich der Graf nicht mehr sehen.
Schließlich zieht am 28. November 1837 frühmorgens um vier Uhr ein Trauerzug vom Schloss über Steinfeld und Sophienthal zum Stadtberg nach Hildburghausen, begleitet von sechs Fackelträgern. Dem Leichenwagen folgt eine Kutsche, in der die Diener Johann und Simon Schmidt sowie eine Totenfrau sitzen. Gegen sechs Uhr wird der Sarg von den Fackelträgern in den Berggarten gebracht und dort zunächst unter den Arkaden des Gartenhauses abgestellt. Zur Überraschung aller Anwesenden öffnet Diener Simon Schmidt auf eine vorher vom Grafen gegebene Anweisung nach einem angeblich bourbonischen Brauch den Sargdeckel. Die Tote ist ganz in Weiß gekleidet. Die Anwesenden sind im Fackellicht von ihrer Schönheit ergriffen. Außer den Dienern, der Totenfrau und sechs Fackelträgern sind noch der alte Bedienstete Schmidt und der Schneider Marr anwesend. Schließlich trägt man den Sarg zum vorbereiteten Grab und versenkt ihn nach einem kurzen Vaterunser in die Grube.
Nur einen Tag später, am 29. November, erscheint eine Gerichtsdeputation aus Hildburghausen im Schloss zu Eishausen. Die befragte Dienerschaft erklärt, dass die Dame an allgemeiner Schwäche verstorben sei. Die Sonderkommission vor Ort besteht hartnäckig auf Preisgabe der Identität der Verstorbenen, die der Graf über Vermittlung seiner Dienerschaft konsequent verweigert, denn er liegt krank darnieder. Der Nachlass der Verstorbenen wird versiegelt. Darüber schreibt der Graf später in einem Brief an Witwe Kühner: Ich habe immer, wie mit religiöser Scheu, ihre vielen Kommoden betrachtet, nie sie berührt; ich wusste nicht, wie viel schöne, ihr aufgedrungene Sachen sie enthielten.“ Wie pietätlos mag also dem Grafen eine solche Maßnahme vorgekommen sein. Er zollt zeit seines Lebens der Dame Ehre und Respekt, und die Behörden wagen es, sich an ihren persönlichen Sachen zu vergreifen! Schließlich trägt er sich mit dem Gedanken, das Land zu verlassen. Erst eine Beschwerde seines Kommissionärs Heinrich Andreä an das Oberlandesgerichtskollegium stimmt ihn um, in der wiederum bestätigt wird, dass dem Grafen eine Sonderstellung zukommt und er nach wie vor unter hohen Schutz des einstigen Herzogs von Sachsen-Hildburghausen steht. Aber seitens der Kirchenbehörde muss es eine Legitimation geben und dem Grafen gelingt es, sich mit Oberkonsistorialrat Dr. Ludwig Nonne zu einigen, dem er ein versiegeltes Schriftstück überlässt, das erst nach seinem eigenen Tod geöffnet werden darf und die Personalien seiner Gefährtin offenbaren soll. Auch Nonne weiß, dass der Graf weder die Wahrheit sagen kann, noch will und vermerkt nach dessen Tod zu seiner Lebensgefährtin in das Totenregister der Hofkirche von Hildburghausen: „Sophia Botta, bürgerlich, Westphalen, Eishausen, 58 Jahre alt, gestorben 25. November 1837, begraben 28. November.“ Das ist das bekannte Ende der mysteriösen Geschichte am Schulersberg – bis zum Sommer 2014.
Der sogenannte Interessenkreis „Madame Royale“ hat nach dem mdr-Wissenschaftsprojekt nichts Eiligeres zu tun, als sich in Interessenkreis „Dunkelgräfin“ umzubenennen und startet auf der Suche nach einer „Sophia Botta“ eine europaweite Kampagne. Der Nachname, vermutlich aus Italien stammend, versetzt viele Leute, die „Botta“ heißen, in helle Aufregung. Für manche ist es unvorstellbar, was sie plötzlich mit einer französischen Königstochter zu tun haben können. Letztendlich war es eine lächerlich sinnlose Aktion, denn Historiker haben das längst vor ihnen herausgefunden. Für mich stellt sich allerdings hier die Frage, inwieweit das Interesse dieser Gemeinschaft überhaupt ging, tatsächlich nachzuweisen, ob Madame Royale in Hildburghausen/Eishausen lebte, denn zu viele unhaltbare Argumente erwecken vielmehr den Eindruck, es liegt ihnen mehr daran zu behaupten, bei Madame Royale handelt es sich niemals um die Dunkelgräfin? Anders weiß ich es nicht zu verstehen.
Als manche Experten aus Hildburghausen vor der Exhumierung zum Grab der Dunkelgräfin ihre Zweifel hegen, um auch die Bürgerinitiative zu unterstützen, hat man sie nur mitleidvoll belächelt. Ich erinnere mich noch zu gut an Hans-Jürgen Salier, der kurz vor dem Bürgerentscheid auf der Pressekonferenz von „Freies Wort“ mit dem mdr und den Filmemachern im Rathaussaal zum „Für und Wider der Exhumierung“ sehr treffend bemerkt„Ich glaube nicht, dass die Dame dort oben am Schulersberg liegt.“ Doch wer wollte das schon in der damaligen Zeit hören, so unscheinbar und weltfremd kam vielen Leuten die Aussage vor, nur ein Kopfschütteln ging durch den Rathaussaal. Diese Aussage hatte mit Fortschritt nichts zu tun, bemerkte man. Aber letztendlich, wie recht hatte er! Auch das ist vorbei, manche Dinge brauchen eben ihre Zeit und dieses Rätsel ganz besonders.
Kommen wir zu den Ereignissen, die sich tatsächlich im Hintergrund abgespielt haben und zu Schlussfolgerungen, wer dem Grafen bei der Beschaffung der Leiche geholfen haben könnte.
Herzog Bernhard II. Erich Freund von Sachsen-Meiningen kann sicher ausgeschlossen werden, jedoch trägt er an der außergewöhnlichen Genehmigung des Grabes am Schulersberg einen entscheidenden Anteil.
Bei genauer Betrachtung spielen die Freimaurer beim Schutz der Prinzessin immer eine sehr wichtige Rolle, die sich wie ein „roter Faden“ durch das Leben der mysteriösen Geheimnisvollen zieht.
Carolin Philipps schreibt in ihrem Buch: „... sie und alle anderen, die in den nächsten Jahren den Schutz der Prinzessin übernahmen, waren als Freimaurer der Menschlichkeit und der Verschwiegenheit verpflichtet, auch wenn sich der Passus der Verschwiegenheit verpflichtet vor allem auf die Logenarbeit bezog. Immer wieder werden wir … auf einen Eid stoßen, der geschworen wurde mit dem Ziel, das Geheimnis zu bewahren.“
Herzog Friedrich von Sachsen-Hildburghausen, der den Grafen stets unter seinen Schutz stellt, ist Freimaurer. Seine beiden Söhne Joseph und Georg ebenfalls. Nach dem Teilungsvertrag von Hildburghausen verlässt der Herzog am 17. November 1826 mit dem größten Teil seines Hofstaates das Land und übernimmt das wirtschaftlich besser dastehende Sachsen-Altenburg. So scheint es kein Zufall zu sein, dass durch die Neuordnung der sächsischen Herzogtümer Dr. phil. Johann Wilhelm Roux kurz darauf 1827 nach Meiningen versetzt wird. Roux, 1777 geboren, gehört zunächst seit 1809 der Loge „Ernst zum Kompaß“ in Gotha an. 1828 tritt er in die Meininger Loge ein und ist zum Zeitpunkt des Todes der Dunkelgräfin für kurze Zeit dort Meister vom Stuhl. Nachdem für van der Valck durch den Wegzug des Herzogs nach Altenburg ein wichtiger Beschützer in weite Ferne rückt, bekommt er durch ihn mit großer Wahrscheinlichkeit einen neuen Verbindungsmann an die Seite gestellt. Der beigeordnete Meister, Friedrich Ferdinand Franz Schmid, geboren 1790, geheimer Justizrat und Kreisgerichtsdirigent, wird 1817 in die Loge „Karl zum Rautenkranz“ in Hildburghausen aufgenommen und affiliert (wechselt, d. Verf.) 1834 nach Meiningen. Es bleibt zu vermuten, dass beide an der Beschaffung eines weiblichen Leichnams mitgewirkt haben. Bemerkenswerterweise verlässt Roux kurz nach der offiziellen Beerdigung der Dame am Schulersberg die Meininger Loge, denn sein „Auftrag“, der Schutz der Prinzessin, hat sich für ihn erledigt. Allerdings muss diesem Aspekt noch etwas tiefgründiger nachgegangen werden.
Wer nun die bestattete Dame am Stadtberg ist, bleibt vorerst ungelöst. Eines scheint jedenfalls sicher, weder der vorgefundene Schädel noch die Oberschenkelknochen passen zu der dort ursprünglich begrabenen Leiche und stammen sehr wahrscheinlich von einer Person aus Hildburghausen. Laut Stabs- und Bataillonsarzt Dr. v. Mielecki waren „besonders die Zähne gut erhalten“. Die erste Graböffnung wird am 8. Juli 1891 von Human, Mielecki und einem Totengräber vorgenommen. So bleibt nur zu vermuten, dass Human und Mielecki nach der Exhumierung die Schließung des Grabes nicht bis zum Ende verfolgen, sondern dem Totengräber vertrauen. Damals ist man in Hildburghausen mehr als heute überzeugt, dass es sich bei der Dame um die französische Königstochter handelt. Der Totengräber jedenfalls hat alle Möglichkeiten, ein paar Knochen als „Trophäen“ auszutauschen, vielleicht ließe sich ja damit später Geld verdienen. Der Zugang zum damaligen Hildburghäuser Beinhaus, in dem ausschließlich die größten Knochen eines Skeletts aufbewahrt werden, war für ihn kein Problem. Zumindest würde es den fast zahnlosen Schädel und die dilettantisch gelegten Oberschenkel erklären, denn einem Human oder Mielecki wäre das mit Sicherheit nicht passiert.
Passen wir weiter dem bestehenden Modell die neue Erkenntnis an, dass die Dunkelgräfin fünf Wochen früher als angenommen stirbt, werden auch andere verwirrende Tatsachen verständlich.
Der Graf ist bei der offiziellen Bestattung am Schulersberg nicht anwesend, und das ist ungewöhnlich! Nach allem, was wir über ihn wissen, hätte ihn selbst die schlimmste Krankheit nicht abhalten können, die Dame auf ihrem letzten Weg zu begleiten. Den Sargdeckel nach einem angeblichen bourbonischen Brauch öffnen zu lassen, den es nachweisbar nie gab, hätte er bei der richtigen Dame niemals geduldet!
Auch ein weiterer Aspekt erklärt sich. Kühner schreibt: Als er (der Graf, d. Verf.) später den Garten (am Schulersberg, d. Verf.) durch seinen Agenten in einer gerichtlichen Schenkung an den jüngeren Schmidt abgab, ließ er die Bedingung niederschreiben: dass ihm selbst sein Grab an der Seite der Dame bereitet werde und dass bis auf zehn Jahre nach seinem Tod der Garten zu keinem öffentlichen Vergnügungsort, was er früher gewesen war, benutzt werde.“
Das Dienerpaar Schmidt hätte dem Grafen sicher diesen letzten Wunsch erfüllt oder sich zumindest dafür eingesetzt, wenn die echte Gräfin tatsächlich am Schulersberg liegen würde. Zeit ihres Lebens waren die Schmidts schon durch ihre Eltern zu tiefer Dankbarkeit und Treue dem Grafen verpflichtet. Trotzdem pflegen sie das Grab pietätvoll viele Jahre. Der Graf besucht es nur im Frühjahr darauf ein einziges Mal.
Weiter müsste ein kleiner Aspekt aus Kühners Schrift korrigiert werden: „Im Herbst des Jahres hatte der Graf, in einem Briefe an seine langjährige Korrespondentin (Witwe Kühner, d. Verf.), gegen die er noch nie eine Äußerung von der Anwesenheit einer Dame im Schloss hatte fallen lassen, zum ersten Mal ꞌseine Lebensgefährtinꞌ erwähnt und zugleich mit Besorgnis von der Abnahme ihrer Kräfte gesprochen. Es sah aus wie eine Vorbereitung auf den Fall, der wenige Tage später eintrat und freilich das längere Ignorieren der Gräfin unmöglich machte.“ Natürlich können weder Karl Kühner noch seine Mutter wissen, dass die Dame bereits tot war. Der Graf spricht demzufolge niemals vor ihrem Tod von seiner Gefährtin.
Außerdem bleibt der Kauf des Grundstücks am Schulersberg, das der Graf im Jahr 1833 erwirbt. Bis zum Tod der Dame sind es nur noch vier Jahre, und vielleicht drei- bis viermal im Jahr hält sich das Paar dort auf. Der Lieblingsplatz dient nur dem Mittel zum Zweck, denn der Kauf erfolgt in weiser Voraussicht und dient der Vorbereitung seines Plans.
Das trifft auch auf die plötzliche Entlassung der Köchin Johanna Weber im Jahr 1835 aus einem nichtigen Grund zu. Immerhin hat sie dem Grafen sechsundzwanzig Jahre treu gedient. Ihre neue Stelle in Hildburghausen, im „Sächsischen Haus“, ist dem Grafen wegen möglicher Indiskretionen zu gefährlich, und er empfiehlt sie der Familie v. Fischern auf Schloss Eyba bei Saalfeld. Die Köchin weiß einfach zu viel, und nachdem sich abzeichnet, dass die Gräfin stetig schwächer wird und der Graf sie überlebt, wird sie zum Risiko für seinen Plan, den er mit rücksichtsloser Konsequenz verfolgt. Plötzlich überflüssig, kommt die Köchin zu einer Herrschaft, die ohnehin wegen der engen Verbindung zum Hildburghäuser und Meininger Hof von allem Kenntnis hat, was später aus Korrespondenzen von Caroline v. Fischern geb. v. Stocmeier, eine Verwandte zum herzoglichen Hof von Sachsen-Hildburghausen-Altenburg, mit Herzogin Antoinette von Württemberg geb. Prinzessin von Sachsen-Coburg-Saalfeld, eine Schwester des damals regierenden Herzogs von Coburg ersichtlich ist. Für Johanna Weber wird Schloss Eyba zu einer notwendigen Verbannung. Caroline v. Fischern bekommt sie vom Grafen wie ein Vermächtnis“ anvertraut, sogar eine umfangreiche Akte führt man über sie, die sich zunächst auf Schloss Eyba, später im Saalfelder Heimatmuseum und heute im Thüringischen Staatsarchiv Schloss Heidecksburg in Rudolstadt befindet. Eine Akte über Bedienstete in damaliger Zeit ist äußerst ungewöhnlich. Bis zu ihrem Tode zahlt der Graf ein reichliches Weihnachtsgeld als Entschädigung, denn er muss sich ihres Schweigens sicher sein. Es dürfte feststehen, dass die Köchin die Dame wohl häufiger unverschleiert sah, als sie später zugibt. Zwar hat der Graf ihre Dienste außerordentlich geschätzt, aber sein Auftrag bleibt oberstes Ziel. Die Köchin stirbt am 24. Februar 1845 qualvoll an Magenkrebs, fünf Wochen vor dem Grafen. Sie darf Schloss Eyba nicht mehr verlassen und sich in die Pflege ihrer Tochter Dorothea Schmidt begeben, die damals bereits das Haus am Schulersberg bewohnt.
Mit dem Tod der französischen Prinzessin ist nun eigentlich auch die Lebensaufgabe des Grafen erfüllt. Viel hat er für sie geopfert – ein ganzes Leben. Im hohen Alter, er bereut nichts, auch wenn ursprünglich alles einem Eid, den Charles-Maurice Talleyrand, damals französischer Außenminister und ein genialer Staatsmann, der in allen Regimen Frankreichs stets die höchste Ämter begleitet, geschuldet war.
Kühner zitiert den Grafen aus einem Brief an seine Mutter: Meine Zurückgezogenheit war lange eine gezwungene; in letzter Zeit aber war sie freiwillig“.
Leonardus Cornelius van der Valck hat zeit seines Lebens unendlich viele falsche Fährten zur Sicherung und Wahrung des Inkognitos der Dame gelegt, und so kann er nach seinem Tod davon ausgehen, dass es keine einheitliche Meinungsbildung über ihn geben wird. Auch das trägt entscheidend zum Schutz der Dame bei. Wer sich sachlich der Dunkelgrafenliteratur nähert, merkt sehr schnell, dass alle Autoren von unterschiedlichen Standpunkten in der Beurteilung des Handelns und des Charakters des Grafen ausgehen. Er hat seinen „potenziellen Enttarnern“ ein unlösbares psychologisches Glanzstück vorgelegt. Trotz vieler sachlicher Analysen ist lange Zeit kein Mensch in der Lage, das Geheimnis zu lüften, denn er hat es selbst mit ins Grab genommen.
Keine Macht der Erde soll mir mein Geheimnis entreißen, ich nehme es mit ins Grab!“, sagt der Graf und lange, lange wird er damit recht behalten. Im Jahr 2017 begeht die Dunkelgräfin immerhin ihren 180. Todestag.
Nachdem wir sicher wussten, dass die Dunkelgräfin wesentlich früher gestorben sein muss und das Grab am Schulersberg nur eine Alibifunktion besitzt, habe ich mich an Wahrsagerin Silvi aus Hildburghausen gewandt. Ihre Gabe wird von Polizei und Staatsanwaltschaft auch außerhalb des Freistaates Thüringen sehr geschätzt und ist bei schwierigen Ermittlungen durchaus üblich. Mit ihr gemeinsam, Roland Eyring und mir, ist es gelungen, das Grab der Dunkelgräfin auf den Quadratmeter genau zu finden. Es liegt bei Eishausen, in der Nähe vom Ausgang des unterirdischen Ganges, der im ehemaligen Schloss zu Eishausen seinen Anfang nimmt.
Bei einigen Persönlichkeiten möchte ich mich bedanken, die mitgeholfen haben, das Rätsel zu lösen. Zu allererst bei meinen besten Freunden: Sabine Rühle v. Lilienstern und Hans-Jürgen Salier, die immer daran geglaubt und mich ermutigt haben. Roland Eyring vom Heimatverein Eishausen, der mir noch so vieles über das Dunkelgrafenpaar berichten konnte, mehr als in der Literatur zu finden ist. Bei Wahrsagerin Silvi, für die tolle Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Sie hat mir sogar ziemlich genau den Zeitraum des Todes der Dame benennen können, ohne dass sie sich vorher mit dem Thema beschäftigt hat. Weiterhin beim Vereinsvorsitzenden des Heimatvereins Eishausen Bernd Hofmann, der uns den Zugang zu den Kellerräumen des Verwaltungsgebäudes vom Schloss ermöglichte. Der Historikerin und Schriftstellerin Carolin Philipps, die mir immer wertvolle Tipps und viele Fragen beantwortet hat. Prof. Dr.-Ing. habil. Berthold Knauer, ein Nachfahre der Herren zu Heßberg, zu denen das Eishäuser Schloss gehört und deren Recherchen hierzu noch nicht abgeschlossen sind. Vielen Dank an Dr. med. habil. Horst-Dietrich Otto für seine hoch interessanten Ausführungen zum Skelett am Schulersberg sowie seinem Bruder Hans-Georg Otto, der akribisch bei Madame Royale aus Überzeugung immer am Ball geblieben ist. Außerdem Frau Moczarski vom Kreisarchiv Hildburghausen, Frau Andrea Jakob – Museumsleiterin in Meiningen und ganz wichtig die Freimaurerloge Georg Liberalitas e.V. in Meiningen, die mir im Laufe der Zeit viele Einblicke in die Freimaurerei ermöglicht hat. Im Museum im Schloss Elisabethenburg kann man übrigens noch bis 1. Mai 2017 eine sehr interessante Ausstellung über „275 Jahre Freimaurerei in Meiningen“ besichtigen.


Ines Schwamm, Hildburghausen


verwendete Literatur :

Béarn née de Tourzel, Pauline de: Souvenirs de quarante ans (1789 – 1830). Récits d’une dame de Madame la Dauphine. – Jacques Lecoffre, Paris, 1861
Blond, Elisabeth Le: The Mystery of Eishausen. A secret of the Bourbons. In: The Nineteenth Century and After. Bd. 72 (Juli – Dezember 1912), S. 1168 – 1174
Boehmker, Richard: Das Geheimnis um eine Königstochter. Die Lösung des mehr als hundertjährigen Rätsels von Hildburghausen. Ausführlichstes neuestes Forschungswerk auf Grund einschlägiger Literatur und historischer Daten. – F. W. Gadow & Sohn Hildburghausen und Helinghsche Verlagsanstalt, Leipzig, 1937
Buff, Albert: Die Dunkelgräfin, Teil I. In: Heimatbuch für das obere Werratal und die angrenzenden Gebiete, Heft 1. – Hildburghausen, 1925
Buff, Albert: Die Dunkelgräfin, Teil II. In: Heimatkundlicher Lesebogen des Kreises Hildburghausen, Nr. 9. – Hildburghausen, 1946
Daehne, Paul: Das Geheimnis der Dunkelgräfin. – Max Beck GmbH, Leipzig, 1933
Human, Rudolf Armin: Der Dunkelgraf von Eishausen. Erinnerungsblätter aus dem Leben Eines Diplomaten. Teil I 1883, Teil II 1886. – Kesselring’sche Hofbuchhandlung, Hildburghausen
Human, Rudolf Armin: Chronik der Stadt Hildburghausen, der Diözese und des Herzogtums. – Hildburghausen: 1886. – Reprint. Herausgeber: Hans-Jürgen Salier. – Hildburghausen: Verlag Frankenschwelle KG, 1999
Human: Chronik der Stadt Hildburghausen II. In: Heft 65 der Schriften des Vereins für Sachsen-Meiningische Geschichte und Landeskunde. – 1912.
Interessenkreis „Dunkelgräfin“ (Thomas Meyhöfer), Gedenkschrift 2014
Kühner, Karl: Die Geheimnisvollen im Schlosse zu Eishausen. Anonym. In: Bülau, Friedrich: Geheime Geschichten und rätselhafte Menschen. – Brockhaus Leipzig, 1852. Nachdruck Reclam (Universal-Bibliothek Nr. 2959), Leipzig, o. J. (1920). – Verschiedene Nachdrucke.
Lannoy, Maria de: Madame Royale. – 3 Bände: I. Het Spinnweb II. Gouden Horizont III. Het Droomhuis (Romantrilogie). – Verlag Callenbach, Nijkerk, 1960
Lannoy, Mark: Das Geheimnis des Dunkelgrafen. War Prinzessin Marie Thérèse Charlotte de Bourbon. – Books on Demand GmbH, Norderstedt, 2007
Maeckel, Otto Victor: Das Rätsel von Hildburghausen. Ein hundertjähriges Geheimnis im Lichte der neuesten Forschungen. – F. W. Gadow & Sohn, Hildburghausen, 1926
Maeckel, Otto Victor (with the collaboration of Mrs. Aubrey le Blond): The Dunkelgraf Mystery. – Hutchinson & Co., London, 1929
Marie-Thérèse-Charlotte de France. Mémoire sur la Captivité des Princes et Princesses ses Parents depuis le 10 aout 1792 jusqu’à la mort de son Frère arrivée le 9 juin 1795. Publié sur le manuscrit autographe appartenant à la Duchesse de Madrid. – Librairie Plon, Paris, 1892
Philipps, Carolin: Die Dunkelgräfin -Das Geheimnis um die Tochter Marie-Antoinettes, Piper-Verlag 2012
Rühle v. Lilienstern, Helga und Salier, Hans-Jürgen: Das große Geheimnis von Hildburghausen – Auf den Spuren der Dunkelgräfin, Salier – Verlag 2008
Sachsen-Altenburg, Friedrich Ernst von: Das Rätsel der Madame Royale – Marie Thérèse Charlotte von Frankreich (bearbeitet von Marianne Eichhorn). – Verlag Frankenschwelle Hans J. Salier; Hildburghausen, 1991
Wikipedia – die freie Enzyklopädie
http://www.zeit.de/1948/14/das-aufgehellte-naundorff-raetsel
http://www.focus.de/politik/deutschland/geschichte-das-herz-eines-koenigs_aid_182902.html
http://carlosmundy.com/?p=222 New DNA tests prove that the descendants of Naundorff are Bourbons!



19. Februar 2017

Die Vegetarier sind auch Mörder oder
die seltsamen Essgewohnheiten der Umweltministerin
Barbara Hendricks (SPD)


Frau Schildburg:
 Samstag, das Haus blinkt reinlich, die Woche geht zu Ende. Der große Topf mit selbstgemachtem Sauerkraut und die Bräter mit Schweinekrustenbraten und Kassler stehen auf der Herdplatte bzw. in der Röhre. Essen kann so schön sein! Ruhe ist angesagt. Der Kamin ist angeworfen, die Beine sind hochgelegt, und jetzt die atemberaubende Meldung am 18. Februar 2017 auf t-online, die mich nicht zur Ruhe kommen lässt. Gottlob habe ich nichts mit der immer etwas vergrämt schauenden Umweltministerin Barbara Hendricks zu tun und bin auch nicht zu einem Empfang in die Hauptstadt geladen. Das hätte mich heute sowieso verkniffen. Die Ministeriums-Gäste werden dort auf Steuerkosten nur noch vegetarisch verköstigt. Von diesem Ministerium habe ich die Vermutung, dass da so mancher mit einem muskelbetriebenen Dreirad mit 5 km/h an einen ideologischen Pfosten gerast ist. Und aus dem notgedrungen gelassenen Furz stieg eine Feinstaubwolke auf. Vorsicht! Die Menschheit gerät in Gefahr. Ohne eine Plakette geht hier gar nichts mehr! Der erfolgreich und der Rechtschreibung unkundige Shitstormproduzent Trump erwägt schon eine Sammelklage gegen Old-Germany

Herr Hausen:
 Na, prima! Und ich sage auch auf die Gefahr eines Shitstorms hin: Vegetarier sind auch Mörder! Wissenschaftler haben errechnet, dass pro Kilo nutzbaren Proteins fünfundzwanzigmal mehr fühlende Wesen sterben müssen als durch die nachhaltige Fleischproduktion. Der Mensch ist nun mal ein Allesfresser. Welche Gesundheitsschäden sich die modernen Apostel, die sich Vegetarier und Veganer nennen, zufügen, sollte mal durchgerechnet werden. Die unschuldigen Zahler der Gesundheitskassen müssen wegen des Solidaritätsprinzips für die Mangelernährung der Gesundheitsgeschädigten richtig Geld blechen. Darüber wird nicht geredet, nicht über die unseligen Monokulturen, die einen ungesunden Lebensraum für die Erzeugung vegetarischer „Lebensmittel“ entstehen lassen. Ergo: Wer kein totes Tier auf dem Teller hat, schont die Natur nicht. Im Gegenteil. Aber, das ist ein abendfüllendes Vortragsprogramm. Die Wahrheit steckt sicherlich mal wieder in der Mitte und die Dame Hendricks sollte sich mal wissenschaftlich beraten lassen und solche schrägen Gedankenführungen den Karnevalisten überlassen, denn es gibt keine absolute Wahrheit. Übrigens, beim Essen hat immer einer das Nachsehen! Auch die Frutarier stören das Ökosystem. Selbst meine Tante Elfriede gehört zu den Störenfrieden des empfindlichen Ökosystems, wenn sie im Herbst Hiften für Mus sammelt. Die Hiften aus Eishausen und Umgebung haben schon unserer Madame Royale, also der Dunkelgräfin, so wunderbar geschmeckt. Meine ehrenwerte Tante nimmt nämlich einigen Vögeln die Beeren weg. Das ist schlimm, und das darf nicht sein, Frau Ministerin. Greifen Sie ein! Über die 95 im Jahr 2016 in Deutschland durch Windräder geschredderte Fischadler wollen wir hier nicht reden, ratz – fatz. Wieviel Dummheit regiert die Welt?



17. Februar 2017

Folge 5

Die Dunkelgräfin und Ludwig XVII.

Louis Charles, der Dauphin, mit seiner Schwester Marie Thérèse Charlotte de Bourbon. Gemälde von Ludwig Guttenbrunn (1750 - 1819), österreichischer Porträtmaler

Es gibt zwei Arten von Weltgeschichte. Die eine ist die offizielle, verlogene, für den Schulunterricht bestimmte, die Geschichte ad usum Delphini. Die andere ist die geheime Geschichte, welche die wahren Ursachen der Ereignisse birgt, aber auch die Schändlichkeiten ...“

Mit den Worten des großen französischen Romanciers Honoré de Balzac endet der Report 2008 des Ausstattungsbandes „Das große Geheimnis von Hildburghausen – Auf den Spuren der Dunkelgräfin“ von Helga Rühle v. Lilienstern und Hans-Jürgen Salier.
Das Zitat findet heutzutage mehr denn je seine Berechtigung, denn ich habe Zweifel, ob alle sogenannten Forscher und Akteure von Wissenschaftsprogrammen tatsächlich an der Lösung des Rätsels interessiert sind. Der Film des mdr aus dem Jahr 2007 „Die vertauschte Prinzessin“ oder das jüngste mdr-Wissenschaftsprojekt 2014 haben immerhin eine gewisse Einseitigkeit bestätigt. Vielleicht müssen wir uns auch mit der Zeit abfinden, dass es immer wieder Personen geben wird, die uns das Wissen um Madame Royale in Hildburghausen/Eishausen streitig machen. Dabei scheint es egal, wie viele Beweise, Fakten und Belege bisher zusammengetragen worden sind, die normalerweise in einem Indizienprozess vor jedem Gericht der Welt standhalten können. Es findet sich vermutlich auch immer wieder jemand, der mit haltlosen Argumenten versucht, das bisher bestehende Modell zu verwerfen. Doch wir, liebe Leser, brauchen uns in Zukunft nicht mehr davon beeinflussen zu lassen.
Bevor wir im nächsten und letzten Artikel zu einer ganz logischen Lösung finden, ist es mir noch wichtig, ein weiteres Mysterium kurz zu beleuchten. Es ist sogar mit dem unseren verwandt, und obwohl offenbar längst gelöst, wird es womöglich niemals seine beglaubigte Anerkennung finden.
Wir beschäftigen uns mit dem Bruder von Madame Royale, Louis Charles de Bourbon. Er wird als zweiter Sohn von König Ludwig XVI. und Marie Antoinette am 27. März 1785 geboren und ist durch den Tod seines älteren Bruders 1789 Dauphin geworden. Nach der Hinrichtung des Königs ist er berechtigter Thronfolger und damit Ludwig XVII. Gerade mal acht Jahre ist er alt, als er im Juli 1793 seiner Mutter im Temple entrissen wird. Ein Revolutionsrat übergibt ihn zur angeblichen Erziehung dem Jakobiner und Schuster Antoine Simon, der ihn im Stile eines revolutionären Kerkermeisters zu einem „guten Bürger“ ausbilden soll und will. Nach dem Sturz und der Hinrichtung Robespierres im Juli 1794 erhalten beide Königskinder Hafterleichterung. Aber im Temple findet man einen verwahrlosten und kränklichen Knaben vor, der schließlich am 8. Juni 1795 an Skrofulose (Haut- und Lymphknotenerkrankung bei Kindern, d. Verf.) im Alter von erst zehn Jahren stirbt. – So die offizielle Version der verlogenen Geschichte, an die sich von Anfang an lebhafte Zweifel legen. Immerhin sterben der berühmte Arzt Dr. Desault und sein vertrauter Freund und Apotheker Choppard kurz nach der Behandlung des Knaben auf mysteriöse Weise, denn sie kannten den Dauphin vom königlichen Hof. Unmittelbar nach dem Tod des Prinzen kursieren Gerüchte, dass er aus dem Temple längst entkommen und ein untergeschobener Junge gleichen Alters an seiner Stelle gestorben sei. Viel zu schnell wird er in einem Massengrab verscharrt. Zuvor schneidet der Arzt Philippe-Jean Pelletan, der den Jungen vorher nie gesehen hat, das Herz heraus und konserviert es in Alkohol. Selbst das französische Regierungsblatt „Mouiteur“ behandelt Ludwig XVII. noch viele Monate nach seinem angeblichen Tod als eine noch lebende Persönlichkeit. Gründliche Untersuchungen und Nachforschungen der Zusammenhänge haben im Laufe der Zeit mehr Beweise angehäuft, die dafür sprechen, dass der Prinz tatsächlich dem Gefängnis entronnen sei, auch wenn zunächst ungeklärt bleibt, was aus ihm geworden ist.
Mit dieser Angelegenheit beschäftigen sich später viele namhafte Schriftsteller und Journalisten. Paul Daehne berichtet in seinem Buch „Das Geheimnis der Dunkelgräfin“ (1933) von Gräfin dꞌ Adhémar, einer ehemaligen Palastdame der Königin Marie Antoinette, die in ihren Memoiren mit besonderem Nachdruck schreibt: „Ich bezeuge bei meiner Seele, dass der junge Ludwig XVII. nicht im Kerker gestorben ist. Cambacérès, der Mann der Revolution, weiß mehr darüber.“
Da ist Jean-Jacques Régis de Cambacérès, französischer Staatsmann, Rechtsgelehrter und Anwalt der verwaisten Königskinder, bei ihm tun die Bourbonen alles, um sich seines Schweigens sicher zu sein und lassen nach seinem Tod den ganzen Nachlass versiegeln.
Wer ist es nun, der am 19. Juni 1794 den kleinen Dauphin im Waschkorbe der Schustersfrau Marie Jeanne Simon heimlich aus dem Temple rettete? Witwe Simon starb am 10. Juni 1819 unerschrocken und furchtlos. Im Hospital Rue de Sévres, zwischen Invalidendom und Palais Luxembourg, beichtete sie den barmherzigen Schwestern: man habe einst ein stummes krankes Kind im Rumpfe eines Schaukelpferdes als Stellvertreter für den Dauphin in die dämmrige Kerkerzelle gebracht.
Das Geständnis ward lebhaft besprochen. Die Bourbonen waren wütend, glaubten aber den Fall mit ein paar Scherzen über die Kopie des trojanischen Rosses abtun zu können. Die Witwe sei verrückt. Doch die störrischen Barmherzigen Schwestern behaupteten aus Überzeugung: „Nein, sie ist nicht verrückt!“
Weiterhin schreibt Daehne über den General La Rochejaquelin, der am Sterbebett der Herzogin von Angoulême weilt, die ihm in den letzten Minuten zuflüstert: „Mein Bruder ist nicht im Temple gestorben; das ist der Alpdruck meines Lebens! Suchen Sie ihn auf! Frankreich wird nicht glücklich sein, solange er nicht den Thron seiner Väter einnimmt.“
Selbst eine Geheimklausel im Pariser Friedensvertrag vom 30. Mai 1814 deutet darauf hin, wie groß die Ungewissheit doch ist, ob nun der kleine Prinz tot sei oder nicht: „Wenn auch die hohen Vertragsmächte keine Gewissheit bezüglich des Todes Louis XVII. haben, erfordern doch die Lage Europas und die öffentlichen Interessen, dass sie, Ludwig-Stanislaus-Xaver, den Grafen von Provence, mit der Regierung in Frankreich betrauen. Sie behalten sich aber für die nächsten zwei Jahre das Recht vor, sich jede Gewissheit über die Tatsache zu verschaffen, die später entscheiden soll, wer der wahre Beherrscher von Frankreich sein soll.“ Spätestens hier dürfte klar sein, dass die thronlüsternen Gestalten seiner Verwandten nicht das geringste Interesse daran haben, den wahren Thronnachfolger wieder zum Leben zu erwecken.
Kurz nach dem angeblichen Tod Ludwigs XVII. im Temple spalten sich die Royalisten in Frankreich in zwei Gruppierungen in Anhänger von Ludwig XVII.“ und „Anhänger von Ludwig XVIII.“ Die ersteren, die Königstreuen, viele von ihnen, selbst der hingerichtete König (seit September 1775), sind Freimaurer und gewähren der Prinzessin nach dem Verschwinden aus der Öffentlichkeit Schutz, bis sie schließlich im Herbst 1799 von Leonardus Cornelius van der Valck übernommen wird.
Natürlich weiß auch Marie Thérèse Charlotte, dass ihr Bruder noch lebt. Nach der Hafterleichterung im Temple darf sie in ihn trotz flehentlicher Bitten niemals besuchen. Als ihr kleiner Bruder stirbt, hätte man sie zur Identifizierung hinzuziehen können, denn wer wäre dazu besser in der Lage gewesen? Doch man tut es nicht! Die Besichtigung des kleinen Leichnams wird von vier angesehenen Ärzten und respektablen Chirurgen vorgenommen, die Herren Dumangin, Pelletan, Jeanroy und Lassus. Keiner hat den kleinen Prinzen je gesehen, geschweige untersucht. In ihrem Protokoll sagen sie ausdrücklich und in auffälliger Weise: „Sie hätten auf einem Bette die Leiche eines Kindes gefunden, was ihnen als ungefähr zehnjährig erschienen wäre, von welcher Leiche ihnen die Kommissäre gesagt hätten, daß sie die des Sohnes des verstorbenen Ludwig Capet [Ludwig Capet war der von den Revolutionären verbürgerlichte Name Königs Ludwigs XVI., d. Verf.] gewesen sei, und worin zwei von ihnen das Kind erkannt hätten, was ihn seit einigen Tagen behandelt.“
Das königliche Paar leben ihren Kindern immer vor, wie wichtig der Zusammenhalt in der Familie ist. Im Abschiedsbrief, den Marie Antoinette an ihre Schwägerin Madame Elisabeth kurz vor ihrer Hinrichtung schreibt, wird es sehr gut herübergebracht: „Möge mein Sohn hinwieder alle Fürsorge und alle Dienste erweisen, die sich aus der Freundschaft ergeben. Mögen sie endlich beide fühlen, dass sie in jeder Lage ihres Lebens nur durch Eintracht wirklich glücklich sein werden. Mögen sie sich uns zum Beispiel nehmen! Wie viel Tröstung hat uns unsere Freundschaft in unseren Leiden verschafft! Und das Glück genießt man doppelt, wenn man es mit einem Freunde teilen kann. Wo aber kann man einen zärtlicheren, innigeren Freund finden als in der eigenen Familie? Möge mein Sohn niemals die letzten Worte seines Vaters vergessen, die ich mit Vorbedacht wiederhole: Möge er niemals danach trachten, unseren Tod zu rächen! Ich liebe ihn ...“
Marie Thérèse Charlotte befindet sich schon in dem Alter, es zu verstehen, allerdings der sieben Jahre jüngere Bruder ist dafür sicherlich noch zu klein. Nachdem wir Madame Royale nun kennen und ihr nur der kleine Bruder geblieben ist, wird sie noch viele Jahre ihres Lebens auf der Suche nach ihm gewesen sein, denn sie fühlt sich für ihn verantwortlich. Anfänglich gelingt es ihr, mit der Unterstützung der noch verbliebenen treuen Verbündeten ihres Vaters Informationen zu bekommen, später mit van der Valcks Beziehungen von höchster Stelle und immer in dem Netz der Freimaurer. Die Suche erweist sich jedoch als äußerst schwierig, denn gleich zu Anfang verliert man den kleinen König durch unglückliche Umstände aus den Augen, dann spürt man ihn wieder auf, aber das erweist sich als Irrtum. Erschwert wird die Suche außerdem durch das Gerücht vom entflohenen Prinzen aus dem Temple, denn Anfang des 18. Jahrhunderts geben sich viele Hochstapler als Ludwig XVII. aus. Mindestens dreißig sind überliefert, bei manchen Autoren geht die Schätzung sogar auf hundert. So mancher Abenteurer wird als Betrüger entlarvt und bekommt von der französischen Regierung den Prozess gemacht. Nur eine bemerkenswerte Ausnahme gibt es bei diesen vielen „falschen Ludwigs“, es ist der Uhrmacher Karl Wilhelm Naundorff, der seit 1810 ein bürgerliches Leben in Spandau/Berlin und später in Brandenburg führt. Das preußische Königshaus weiß sehr wohl, mit wem sie es bei diesem Bürger zu tun hat. Doch als König Ludwig XVIII. einen Infarkt bekommt und ein Jahr später Karl X. den Thron besteigt, wird der Uhrmacher zur Gefahr für sich selbst und die Sicherheit des Landes Preußen. Ein Vorwand ist schnell gefunden, und man sperrt ihn wegen des Verdachts auf Brandstiftung und danach wegen Geldfälschung ins Gefängnis. Bei letzterem erhält er erst nach zwei Jahren den Prozess, aber die Vorwürfe erweisen sich als haltlos. Auch der nächste Grund ist naheliegend, denn man will verhindern, dass er nach dem Tod seines Onkels nach Frankreich geht. Letztendlich wirft man ihm seinen falschen Namen vor und dichtet ihm eine Identität an, die wenig stichhaltig ist. So wird seine Schuld wahrscheinlicher. „Eine endlose Reihe von Gerichtsverhandlungen zieht an den Nerven Naundorffs. Von den beleidigenden Unterstellungen des Richters kommt sein königliches Blut in Wallung, und er schreit in den überfüllten Saal, er ist nicht das uneheliche Kind eines trunkenen Soldaten und einer Marketenderin und hat auch noch nie in den Armeen Napoleons gedient. Alles Lügen und der Richter weiß es. Nun würde er sagen, wer er ist. Er ist der Sohn des ermordeten König Ludwig XVI.! Dauphin Ludwig Charles, Herzog der Normandie und durch Gottes Gnade Erbe des französischen Throns! Schließlich erlaubt man ihn zu wählen: ꞌSchweigen oder weiterhin Gefängnis!ꞌ Daraufhin gibt der Prinz sein königliches Wort und würde schweigen. Er erhielt Gnade, wurde freigelassen und bekommt das Bürgerrecht von Grossen. Dort soll er sich niederlassen, denn in Brandenburg kann er nicht bleiben, wo jeder von seiner Verurteilung weiß.“ Seine Frau und die Kinder des rechtmäßigen Königs von Frankreich lernen, während er im Gefängnis sitzt, die bitterste Armut kennen, damit der Frieden zwischen Preußen und Frankreich gewahrt bleibt! Sicher ist auch van der Valck im Laufe der Zeit über viele Vorgehensweisen des eigentlichen Ludwigs XVII. informiert und unterstützt ihn vermutlich sogar finanziell über einen Anwalt in Berlin, aber er kann nichts riskieren, wenn er seine große Aufgabe, den Schutz der Dame, erfüllen will. Man kann zumindest davon ausgehen, dass die Prinzessin, wenn auch nur oberflächlich, über ihren Bruder stets auf den Laufenden gehalten wird, allerdings nur über die schönen Seiten seines Lebens. Beispielsweise gründet er mit einer Bürgerlichen Frau eine Familie, lebt nahe bei Berlin unter Obhut des preußischen Königs, führt dort sein eigenes Leben als Uhrmacher und hat inzwischen viele Kinder. Letztendlich kann van der Valck aber nicht wagen, sein eigenes Domizil aufs Spiel zu setzen und auch nur die kleinste Verbindung zu Hildburghausen/Eishausen heraufbeschwören. Wie das Leben so manchmal spielt, nicht alles lässt sich planen und entwickelt sich oftmals anders, als man denkt. Schließlich geht Naundorff erst im Jahr 1833 nach Frankreich, um sich als berechtigter Thronerbe auszuweisen, denn er glaubt, unter der Regierung von Louis Philippe I. kann er sich gefahrlos dahin begeben. In Paris wird er von mindestens noch zwanzig lebenden Ministern und Hofbeamten des hingerichteten Königs erkannt, vor allem von seiner Kinderfrau, Madame de Rambaud, als echter Ludwig XVII. identifiziert. Seine Kinderfrau gelobt mehrfach, sie habe den ihr damals anvertrauten Prinzen an bestimmten Zeichen, besonders an einem untrüglichen Muttermal und einer kleinen Narbe an der Lippe zweifelsfrei wiedererkannt. Die bourbonische Königsfamilie aber weigert sich, Naundorff zu prüfen, denn die Sache dürfte ihnen keinesfalls angenehm sein. Während seines Aufenthalts verübt man in Paris sogar zwei Anschläge auf ihn. Trotzdem drängt er darauf, dass auch ihm der Prozess gemacht wird, um die Berechtigung seiner Ansprüche zu beweisen. Doch sein Antrag wird trotz der Befürwortung hochangesehener Personen abgelehnt, und er muss schließlich Frankreich verlassen. Daraufhin sucht er den Kontakt zu seiner Schwester, der Herzogin von Angoulême. Von einer Vertauschung konnte er nichts wissen! Also reist er 1834 mit seiner Kinderfrau Madame de Rambaud zur Herzogin nach Prag. Sie empfängt ihn nicht und lässt beide sogar über die Polizei ausweisen. Als er sie im Jahr 1835 erneut aufsuchen will, diesmal kündigt er seinen Besuch vorher an, flüchtet die Herzogin sogar aus Pillnitz bei Dresden. Wie groß muss für ihn damals die Enttäuschung gewesen sein, sogar von der Schwester verleugnet zu werden. Anschließend geht er nach Holland, dort gelingt es ihm, seine Abstammung nachzuweisen, und er darf sich wenigstens Prinz de Bourbon nennen. Am 10. August 1845 stirbt er in Delft und auf seinem Grab steht: „Hier ruht Ludwig XVII. König von Frankreich“. Seine Nachkommen führen bis zum heutigen Tag den bourbonischen Titel.

Auch wenn Naundorff zwangsläufig durch unglückliche Umstände auf sich allein gestellt war, vielleicht sogar einige Zeit in Amerika gelebt hat, entgeht ihm das falsche Spiel seiner Verwandten nicht. Schließlich taucht er freiwillig in die Anonymität und Bürgerlichkeit ab, bis er 1833 erneut den Mut findet, sich auf seine Herkunft und seine Rechte zu besinnen. Sein Kampf allerdings bleibt vergeblich, denn auch bei Ludwig Philipp I. ist er unerwünscht. Wie anders wäre vielleicht die Weltgeschichte verlaufen, wenn 1815 anstatt des unfreundlichen Ludwigs XVIII. der wahre Thronerbe Ludwig XVII., der Nachfolger Napoleons, geworden wäre? Vielleicht hätten ihn der Zar Alexander, der König von Preußen und der österreichische Kaiser dabei unterstützt, aber nachdem er aus dem Temple verschwand, war er eine Zeit lang unauffindbar und zu viele Jahre auf sich allein gestellt. Man konnte ihn nur schwer einschätzen. Das Risiko war einfach zu groß. Niemand ist sich sicher, ob er überhaupt in der Lage wäre, den Thron Frankreichs würdig zu übernehmen. – So die inoffizielle Geschichte.

Fast hundert Jahre später, Anfang 1944, während des Zweiten Weltkrieges, wird die Nachricht bekannt, dass es Professor Edmond Locard in Lyon gelungen ist, einen sicheren Nachweis der Identität Karl Wilhelm Naundorffs mit dem angeblich im Juni 1795 im Temple verstorbenen König Ludwig XVII. zu erbringen. Locard ist zum Zeitpunkt Leiter einer polizeitechnischen Untersuchungsstelle, einer der bekanntesten und erfahrensten Kenner krimineller Untersuchungsmethoden. André Castelot, ein französischer Historiker und Schriftsteller, der sich viel mit den beiden Rätseln und dem französischen Königshaus beschäftigt hat, findet bei seinen Recherchen im Tagebuch von Marie Antoinette, das sie im Gefängnis führte und nach ihrem Tod zunächst Robespierre zugestellt wurde, eine Haarlocke des unglücklichen kleinen Dauphins. Diese legt Castelot zur vergleichenden Untersuchung Locard vor, denn er hat auch von dem 1845 in Delft verstorbenen Naundorff Haare beschafft.
1944 ist es allerdings noch schwer vorstellbar, wie man herausfinden will, dass die Haare eines etwa achtjährigen Knaben mit denen eines mit sechzig Jahren verstorbenen Mannes verglichen werden können, um nachzuweisen, dass es sich um dieselbe Person handelt. Auch ist es den Schrecken des Krieges geschuldet, dass man von solch einer Meldung kaum Notiz nimmt, denn die deutsche Geschichtswissenschaft hat die Echtheit Naundorffs stets bezweifelt und ihn zu den Betrügern gezählt. Das Gutachten Locards zum Ergebnis der Haaruntersuchungen besagt jedenfalls folgendes: „Die mir übergebenen neuen Haare, die von Louis XVII. herstammen, weisen eine außerordentlich seltene, sehr charakteristische Eigentümlichkeit auf: die in ihrer Marksubstanz enthaltender Kanal liegt ungewöhnlich deutlich exzentrisch. Dieselbe Besonderheit findet sich genau ebenso bei den von Naundorf stammenden Haaren ... Die genannten, Feststellungen beweisen mit völliger Gewissheit, dass die beiden geprüften Haarlocken von der gleichen Person stammen ...“
Im Jahr 2000 versucht man das Blatt wieder zu wenden. Bernd Brinkmann, Leiter des Münsteraner Instituts für Rechtsmedizin, vergleicht die DNA eines Kinderherzens, das man angeblich dem kränklichen Jungen nach seinem Tod im Temple herausgeschnitten hat. Jedenfalls weist die Erbsubstanz die gleichen Merkmale wie die von zwei lebenden Verwandten Marie Antoinettes, Anna von Rumänien und André de Bourbon Parme. Weil dieser DNA-Typ nur sehr selten vorkomme und vom belgischen Experten Jean-Jaques Cassiman betätigt wird, sei dies nun ein deutlicher Verwandtschaftsbeweis. Das kleine Herz bekommt eine Ehrennische in der Königsgruft der Basilika von Saint Denis, und Naundorff wird erneut als Betrüger bezichtigt.
Verschrumpelt, hart und trocken wie Leder liegt das kleine Herz in einer edlen Kristallurne. Schon die Art der Aufbewahrung gleicht eigentlich dem Herz des älteren Bruders, Louis Joseph, der 1789 mit sieben Jahren stirbt. Lange Zeit befand es sich in der Val-de-Grâce-Kirche ebenfalls in einer Urne, während der Leichnam in Saint Denis bestattet wurde. Eines Tages ist es aus der Kirche einfach verschwunden und bleibt über Jahrzehnte verschollen. Wir erinnern uns, bei dem kränklichen Jungen aus dem Temple handelt es sich um ein in Alkohol konserviertes Herz, aber hier scheint das nicht der Fall gewesen zu sein! So bleibt nur zu hoffen, dass sich das Herz des älteren Prinzen wiedergefunden hat und endlich in Saint Denis vereint in der Nähe der dazugehörenden Gebeine seine Ruhe findet.
Im März 2014 veröffentlichen Gerard Lucotte, Genetiker und Anthropologe, und der französische Historiker Bruno Roy-Henry eine neue Studie. Es sind die Ergebnisse einer neuen DNA-Analyse auf Marker des Y-Chromosoms von Hugues de Bourbon, einem Nachkommen Naundorffs, mit einem haploiden Genotyp aus dem Hause der Bourbonen. Beide Forscher kommen zu dem Ergebnis, dass Naundorff Teil der Familie der Bourbonen ist.
In einer zweiten Expertise verkündet Lucotte am 28. Juli 2014, übrigens genau am selben Tag flimmert das Wissenschaftsprojekt des mdr über den Bildschirm, dass das Haar von Naundorff durch einen Abgleich mit dem genetischen Material der Anna von Rumänien die Zugehörigkeit zu den Habsburgern zweifelsfrei bestätigt.
Hugues de Bourbon, von dem die DNA stammt, starb bereits im Jahr 2008. Sein Sohn Charles Louis Edmond de Bourbon erhebt keinen Anspruch mehr auf den Thron von Frankreich und sagt: „Ich will ganz normal leben, wie ich es tue. Ich stimmte diesen Analysen aus Interesse an der Geschichte zu, um zu helfen, ein großes Rätsel zu lösen, mehr nicht.“
Auf der französischen Internetseite Wikipedia über Karl Wilhelm Naundorff berichtet man einige Monate über die neuesten Forschungsergebnisse, dann werden sie wieder gelöscht. Selbst wenn der Anspruch auf den französischen Thron heute nur noch einen symbolischen Wert besitzt, sind neben der historischen Wahrheit die Anstrengungen und Leidenschaften angesichts der wirtschaftlichen Interessen nach wie vor außergewöhnlich hoch und die Geschichte ad usum Delphini bleibt bestehen. Wie viele wissenschaftliche Beweise will man noch erwarten?
Beruht die Wissenschaft eigentlich nicht auf der Gesamtheit von Erkenntnissen und Erfahrungen? Nur scheinen dabei die psychoanalytischen Aspekte auf der Strecke zu bleiben, dabei sind sie mindestens genauso wichtig, denn sie bilden die Grundlage für einen letztendlich wissenschaftlichen Beweis. Vielleicht hätte man sich mehr mit der Psyche, dem Denken, den Gefühlen und dem sich daraus ergebenden Handeln der Geheimnisvollen beschäftigen müssen. Dann wäre man spätestens bei der forensischen Gesichtsrekonstruktion darauf gekommen, dass hier etwas nicht stimmen kann.
Also längst nicht nur die Wissenschaft allein ist in der Lage, die zur Klärung und Lösung eines Mythos führen, sondern es benötigt auch ein wenig Menschenkenntnis, um sich in die Hauptpersonen hineinzuversetzen und ihr Verhalten zu verstehen.
Das, liebe Freunde und Interessierte des Themas „Dunkelgräfin“, habe ich versucht, in meinen Beiträgen zu vermitteln, ob es mir gelungen ist, vermag ich nicht einzuschätzen. Wenn auch meine Ausführungen manchmal etwas Romanhaftes, aber niemals Märchenhaftes an sich haben, denn dafür ist die Sache zu ernst, sollen sie nur dem besseren Verständnis dienen. In meinem nächsten und letzten Artikel werden wir auf jeden Fall zur Lösung kommen, vielleicht ahnen es manche schon.

Ines Schwamm, Hildburghausen


15. Februar 2017
Das ist kein Lebenszweck:
Hundekacke und Zigarettendreck

Frau Schildburg: Nach langer Zeit war ich mal wieder in meiner alten Joseph-Meyer-Schule in der Oberen Marktstraße 44. Schmuck sieht sie aus, nicht mehr so trist wie anno dunnemals, und da fallen mir unendlich viele historische Daten ein. Auch sie ist wie unser Historisches Rathaus eine steinerne Chronik. Das Gebäude könnte nach dem großen Stadtbrand von 1779 eine Menge erzählen: Brunnquellsches Haus – Erbprinzenpalais – das weltbekannte Bibliographisches Institut unter Minna und Joseph Meyer – das Technikum unter Harmsen Wilhelm Rathke – Kaiserliche Reichspost bis 1892 – Zentralschule, später Joseph-Meyer-Oberschule und Staatliche Regelschule – grundlegende Sanierung: Post, Postbank, Staatliche Musikschule „Carl Maria von Weber“, Kreisvolkshochschule und, und, und.
Beim Betreten des Innenhofes war ich entsetzt. Hundekacke über Hundekacke, vor allem um das attraktive Joseph-Meyer-Denkmal herum, selbst die Sitzgelegenheit war ausreichend gepolstert. Der weggetaute Schnee macht jeden Haufen sichtbar, dazu Hunderte herumliegende Zigarettenkippen, nicht weil der Geistesgigant Joseph Meyer Nichtraucher war und er jeden Mitarbeiter aus seinen Unternehmungen raus warf, der zum Tabak griff.


Herr Hausen:
 Mit deutscher Leitkultur hat das wenig zu tun, denn die Gäste haben keine Hunde, die da gekommen sind, weil ihr Leben bedroht war, die keine Lebenschancen mehr sehen oder die ganz einfach besser leben wollen. Die Hundebesitzer sind Deutsche, unverbesserliche. Wir brauchen keine neuen Gesetze und Verordnungen in Hildburghausen oder sonst wo, wir benötigen nur eine konsequente Anwendung. Und in Deutschland kann man aber einige Dinge über Geld regeIn, das funktioniert. Ja, ich weiß, jetzt kommen wieder die gut denkenden Menschen (Gutmenschen sollte man nicht mehr sagen), die uns dann wieder predigen, dass doch die gesellschaftlichen Verhältnisse daran schuld seien, Frau Dr. Merkel beispielsweise und die anderen Bösen, es trifft dann wieder die Kleinen. Man kennt das ideologische geistige Trallala der Entrechteten.
Mit einer Klappe könnte man aber zwei Fliegen schlagen. Die Kreisvolkshochschule bietet neue Kurse an, z. B. wie man einen Hundekotbeutel nutzt oder wie man Zigarettenkippen fachgerecht entsorgt. Da hätte man doch einen guten Beitrag zur Integration von Deutschen in Deutschland und wie man im Ernstfall noch mit Zigarettenkippen umgehen kann …








10. Februar 2017
Folge 4
Die Dunkelgräfin – Wesen und Verhältnis zum Grafen

Schloss Eishausen 1845

Nachdem ich im letzten Beitrag von den Hintergründen berichtet habe, die zum einsamen Leben führten, ist es wichtig mehr über den Charakter der Dame und ihre Beziehung zum Grafen zu erfahren. Immerhin bildet diese die Hauptfigur in unserem mysteriösen Geheimnis.
Aus der Kindheit ist über die Prinzessin noch einiges überliefert. So erwähnt die Erzieherin der Königskinder Madame de Tourzel in ihren Memoiren die enge Beziehung des Vaters zu seiner Tochter: „Der König hatte für sie eine ganz besondere Vorliebe und ließ keine Gelegenheit aus, um die Zärtlichkeit erkennen zu geben, die er für sie spürte.“ Zu ihrer Untergouvernante Marie-Angélique de Mackau (1723-1801) pflegt Marie Thérèse ein sehr inniges Verhältnis und nennt sie liebevoll „Maman Mackau“. Baronin Oberkirch, Freundin der Erzieherin, trifft bei ihren Besuchen die Königstochter häufig und beschreibt sie als „Wunder an Schönheit, Geist, frühreifer Würde. Madame Royale ist so schön und voll von bewundernswerten Neigungen. Sie verspricht so viel Glück, Intelligenz und Charakter! Ah, was für eine Prinzessin sie werden wird.“ Von den meisten Zeitgenossen wird sie als sehr sanft, sensibel, leicht melancholisch beschrieben. Sie sei immer etwas ernst und nachdenklich und spiele wenig.“ Im Allgemeinen aber gilt sie als liebenswürdig und anhänglich. Als Marie Thérèse in den letzten Monaten der Gefangenschaft die Gesellschaftsdame Hilaire Canterenne an ihre Seite bekommt, entwickelt sich daraus bald ein enges freundschaftliches Verhältnis, und die Prinzessin vertraut ihr sogar vor der Abreise das von ihr im Temple geschriebene Tagebuch an. Madame de Chanterenne hat von der damaligen Regierung in Paris, dem Komitee, den Auftrag erhalten, sie soll die Prinzessin auf ihr künftiges Leben vorbereiten und schreibt über sie an das Komitee folgenden Bericht: „… vom ersten Augenblick an schmeichle ich mir, Erfolg mit meiner Fürsorge zu haben; jetzt wage ich zu versichern, dass dieser (Auftrag d. Verf.) meine Hoffnungen übertrifft; ich verdanke dies dem glücklichen Naturell meiner Gefährtin; ich kann es nur unterstützen, um es zu loben, die schätzenswertesten Tugenden haben ihr Alter überflügelt. Die liebenswürdigen Eigenschaften und Talente brauchen nur entwickelt und ausgeübt zu werden. Sie vereinigt mit einer rührenden Sensibilität des Herzens die Festigkeit und Tatkraft der Seele; eine sanfte und freimütige Höflichkeit, sogar Fröhlichkeit, haben die Stelle des ernsten und gezwungenen äußeren Wesens eingenommen, das sie gewöhnlich hatte … ihre Gesundheit ist vollkommen, seit sie mehr körperliche Bewegung hat und ihre Gedanken sie weniger auf traurige Dinge bringen.“
Später, in Hildburghausen/Eishausen ist über die Dame im Gegensatz zum Grafen nur sehr wenig bekannt. Sie ist überaus ängstlich und schreckhaft, sein, was sich durchaus auf ihre traumatischen Erlebnisse zurückführen lässt. Frau Radefeld hört sie häufig weinen. Kühner beschreibt: „ ...eine leise Schwermut schien mir eine ursprünglich lebensfrische Natur zu umhüllen.“ Und ist der Ansicht: „ so habe man an allem gesehen, dass sie die Vornehme sei: der ꞌgnädige Herrꞌ habe ordentlich wie ihr Untergebener ausgesehen.“ Letzteres bestätigen auch mehrfach Dienstpersonal und andere Personen. Eine besondere Vorliebe aber hat sie zu Tieren. Mit dem Dunkelgrafen besucht sie gern bei Spaziergängen die Schafe auf der benachbarten Weide oder füttert Vögel, Katzen und Hunde. Sie mag die Musik, spielt in den ersten Jahren im Schloss selbst Klavier oder Drehorgel und singt im zunehmendem Alter melancholische Weisen.
In der deutschen Literatur erfährt man nicht viel über die Dame in der Abgeschiedenheit, dabei wäre gerade diese Zeit äußerst interessant. So beziehe ich mich auf die flämische Schriftstellerin Maria de Lannoy, die 1959/60 in ihrer Trilogie „Madame Royale - De prinses in de Schaduw“ das Leben der Prinzessin sehr wahrheitsgetreu nachzeichnet. Es sind angeblich die Memoiren der Madame Royale, basierend auf einem mehr als hundert Jahre alten Manuskript. Ein sonderbarer Onkel übergibt es ihren Eltern mit der Anweisung, es erst hundert Jahre nach dem Tod der Herzogin von Angoulême zu veröffentlichen. Und das tut sie!
Nachdem das Paar auf dem Schloss zu Eishausen eine dauerhafte Bleibe findet, schreibt die Dame in dem Buch folgendes:

Eishausen, 22. Oktober 1810

Es regnet. Den ganzen Morgen Regen. Ich bin nicht in der Lage, in den Garten zu gehen. Wie langsam doch die Stunden verrinnen. Und wie einsam und ruhig es hier ohne meinen guten Grafen Vavel ist. Ein Ehepaar sind wir nicht, aber es gibt eine wachsende Vertrautheit zwischen uns, die mein Leben wertvoller macht. Ich kann nicht mehr erwarten, und ich will es auch nicht. Meine Heiterkeit habe ich in den Palästen, in denen ich lebte, für immer verloren. Meine kindliche Unbekümmertheit blieb in Trianon, und den Rest ließ ich in Versailles. In den Tuilerien habe ich die Schrecken und die Demütigungen manchmal beim Spielen vergessen können, aber meine Maman-Reine brachte mir schlagartig den Teil der allgegenwärtigen Gefahr in mein Bewusstsein zurück. Liebe Maman! Arme Königin! Wenn wir als Kinder in ihr Zimmer traten, zeigte sie stets ihr freundlichstes Lächeln. Sie tat ihr Bestes, um ihre Sorgen vor uns Kindern zu verbergen. Doch ich fühlte mehr, wenn ich sie sah. Hinter ihrem liebevollen Lächeln fühlte ich Aufruhr und Trauer.
In den Tuilerien ließ ich mein Kinderglück zurück. Als wir von dort weggebracht wurden, war alles vorbei. Ich habe die ersten Tage nicht einmal daran geglaubt, dass Mamans Freundinnen, unsere Gouvernante sowie einige Kammerfrauen und Diener, uns in die Gefangenschaft folgen dürfen. Ich begann zu verstehen, dass sie uns verlassen müssen, denn die Gefängniswärter nahmen uns dort den letzten Stolz und die Würde.
Meine Eltern und unsere Tante, Madame Elisabeth, gaben sich viel Mühe, um es uns in der Bedrängnis so leicht wie möglich zu machen. Beinahe vierzehn Jahre war ich alt und verstand schon eine ganze Menge. Ich sah die drohenden wilden Blicke einiger Wachen und hörte die Schreie des Hasses hinter den Mauern unseres Gefängnisses. Jeden Morgen bemerkte ich trotz sorgfältig aufgetragenem Puder die rotgeweinten Augen meiner Mutter. Ich sah viele vertraute Menschen fortgehen, einer nach dem anderen. Sie kehrten nicht zurück, denn sie fürchteten um ihr Leben. Als Mädchen mit fünfzehn Jahren war ich allein, allein mit meinen Erinnerungen und Wünschen, allein mit meiner Trauer und Verzweiflung. Alle meine Lieben hatten etwas von meiner Hoffnung mitgenommen, bis es keine mehr gab. Ich wusste, ich würde nie wieder jemanden von ihnen treffen. So war es das Einzige, das ich mir wünschen konnte, die Erlaubnis zu haben, in einem ruhigen, abgelegenen Haus im Schatten hoher Bäume und einem Garten mit Blumen und frei fliegenden Vögeln mit etwas Sonne zwischen den Blumenbeeten, zu leben.

Aber ein Fremder ist mein einziger Freund: Graf Vavel de Versay, mein lieber Ludwig! Er schenkte mir das Haus der Ruhe, das ich mir immer gewünscht habe. Und noch mehr. Er schenkte mir seine ganze Persönlichkeit, seine Hingabe und Loyalität, aber auch den Schutz seiner starken Arme. Er war ein Ritter ohne Furcht und Tadel. Doch das Beste, was er mir gab, war immer noch sein gutes, vertrautes Gesicht. Ich weiß, ich kann mich absolut auf ihn verlassen, auch gerade jetzt in der Zeit, wo er nicht hier ist. Das geschieht auch nur, wenn er in meinem Interesse verreist. Wie ich ihn dann vermisse! Wir haben nicht viel miteinander zu bereden, doch seine Präsenz ist für mich sehr wichtig. Wenn wir einander gegenüber sitzen und er in seine für mich schwer verständlichen historischen oder akademischen Forschungen vertieft, dann ist alles in Ordnung. Es kann auch sehr ruhig sein, aber es ist nie diese fesselnde und angstmachende Einsamkeit. Nur wer lange Zeit eingesperrt war, wird verstehen, wie grausam Einsamkeit sein kann. Wenn ich daran denke, muss ich das durchdringende Schweigen verjagen. Musik könnte ich an einem Tag wie heute nicht ertragen, auch Singen nicht.
Ich glaube, der Regen kommt als Bote des Unheils. So regnete es, als sie kamen, um Tante Elisabeth zu holen. Es regnete am nächsten Tag, als ich auf sie wartete und sie nicht wieder kam. Die Einsamkeit und der Regen, das ist der Temple, das Gefängnis unserer Familie und vieler Vertrauter! Aber ich will nicht wieder in den Bann der schrecklichen Ereignisse geraten. Ich muss mich losreißen und flüchten, weit weg von der Vergangenheit, von den Tuilerien, von Versailles, von Trianon …
Wäre Vavel jetzt hier, würde ich ihm von der Vergangenheit erzählen, bevor mich meine Gedanken und Sorgen wieder nach unten ziehen. Er hört mir geduldig zu, liebe- und verständnisvoll. Dabei sieht er mich beinahe wie Ami an, wenn sich mein Hund mit seinem schönen Kopf auf meine Knie legt und ich ihn streichele.
Es ist wirklich eine Schande: Entschuldige Graf Vavel, mein einziger Beschützer, der du meinem ganzen Leben die Ruhe und Sicherheit gibst, mir deinen ganzen Reichtum zur Verfügung stellst: Ich vergleiche dich mit meinem Hund. Mein Ami ist ein außergewöhnliches Tier: lieb, treu und klug. Wie viele Menschen wären es denn wert, mit ihm verglichen zu werden? Beide, Ami und auch Vavel, würden für mich, wenn nötig, ihr Leben geben. Das weiß ich. Ein würdiger Vergleich wäre vielleicht mit Graf Hans Axel von Fersen angebracht, er war ohne Berechnung, ohne Hoffnung auf ein Vermögen. Seine Sicherheit und sein Prestige-Schleier galten nur der Rettung meiner Mutter. Auch für sie war ein Fremder gekommen, um alles zu wagen und sein Leben einzusetzen. In ihrer Glanzzeit, als Prinzessin und als Königin, hatte Marie Antoinette keinen Mangel an Freunden. Die meisten französischen Adligen buhlten um ihre Gunst und hielten Fürbitte. Als sich ihr Schicksal drehte und sie nichts mehr zu geben hatte, wurde den meisten der Boden in Versailles und Paris in der Nähe der Königin unter den Füßen zu heiß. Doch der schwedische Staatsmann von Fersen war immer für sie da. Dass er sie nicht retten konnte, war sicher nicht seine Schuld. Was wurde meine Mutter für diese Liebe ohne alle Aussichten diffamiert! Also werde ich auch verteufelt werden oder vielleicht Vavel? Hat man nicht bereits erzählt, dass er mich hier einsperrt, rein aus Eifersucht? Dass er wie ein orientalischer Pascha, nicht will, wenn andere Männeraugen mein Gesicht sehen? Lieber, guter Vavel! Er lächelt darüber, und er duldet es. Er duldet alles, außer, dass mir jemand zu nahe kommt. Er kann wütend werden, wenn man mich erschreckt und danach seine Forderung energisch durchsetzen. Dann ist er ein anderer Mensch, nicht mehr der sanfte Kerl, der meine Einsamkeit erträglich macht, der rettende Engel, der meine Hand hält, wenn alles um mich herum zusammenbricht. Ich frage mich oft, ob ich jemals in der Lage sein werde, ihm ein bisschen von allem zurückzugeben, was er mir gegeben hat. Ich, die nichts mehr besitzt von all den Schätzen, zwischen denen ich aufgewachsen bin. Mehr noch, ich kann keine Liebe mehr geben, nach den törichten Jungfrauen habe ich das Öl schon einmal verschwendet. Mein Herz ist leer gebrannt wie eine Lampe, die nie wieder aufgefüllt werden kann. Vavel weiß das, aber das ändert nichts an seiner Liebe und Verehrung. Mit ebenso wenig Erwartung hatte Axel von Fersen meiner Mutter gedient, aber sie war Königin. Er kam in ihrer glanzvollen Zeit und lernte sie kennen und lieben. Vavel fand mich wie ein armer verfolgter Hund, irgendwo kauernd in einer Ecke, wartend auf die Schlacht, die letzte, die tödliche. Er verhinderte, dass ich fiel. Doch zu welchem Preis? Dass ich jetzt noch als Prinzessin leben kann, eine Prinzessin im Schatten, aber immerhin eine Prinzessin. Das verdanke ich ihm!
Jahre sind wir von Haus zu Haus gezogen, bis er dieses sichere Zuhause für mich fand, endlich, fernab von der Heimat und vom Verkehr, anscheinend von allen vergessen. Es ist kein Versailles, sondern ein Haus voller Ruhe und Frieden, mit einem Garten und einem Park, wo die Vögel singen und die Tiere leben. Ich brauche frische Luft, viel frische Luft, die ich atmen und in der ich mich bewegen kann. Es ist wirklich das Haus, wovon ich so oft in meiner Gefangenschaft geträumt habe, denn inmitten des königlichen Prunks meiner Kindheit würde ich nicht mehr leben wollen und nicht mehr leben können. In jedem der Spiegel würde mich die Leere, die alle meine Lieben hinterlassen haben, anschauen. Es klafft eine Lücke, die nie gefüllt werden kann. So ist es gut. Das Haus hat keine Vergangenheit und keine Zukunft für mich. Hier kann ich die wertvolle Ruhe genießen, die das Leben trotz allem immer noch zu bieten hat: Sonne, Wind und Schnee, Bäume, Blumen und Vögel, einen gemütlich beheizten Raum mit Musik und Büchern, doch das Kostbarste von allem ist die unbegrenzte und unbestechliche Freundschaft.
Die Freundschaft von Vavel! Ich wage fast nicht zu zeigen oder zu sagen, wenn ich mir etwas wünsche, denn ein paar Tage später finde ich es in meinem Zimmer. Und er weiß, dass er nie, niemals belohnt werden wird. Ich bin ärmer als die ärmste Emigrantin, eine ausgeführte Exil-Waise. Selbst meine Eltern wurden ihrer Kleidung beraubt. Für ein sauberes Hemd, das meine Mutter, die Königin von Frankreich, zum Sterben haben wollte, musste sie fragen, ob sie eins bekommen könnte. Man ließ es zu, und sie bedankte sich, weil es ihr nicht gehörte. So habe ich auch keine innere Stimme in meinem Körper, die ich rufen kann. Alles bekomme ich von Vavel, sogar ein paar Andenken an meine Mutter.
Ist es nicht ein Hohn, dass Dutzende von Hemden meiner Mutter, Hemden aus feinstem Leinen und mit Lilien bestickt, erst von Hand zu Hand gingen, bevor ich sie erhalten habe? Keiner von ihnen mochte sie behalten, und ich werde sie nie tragen. Aber ich bin glücklich, dass ich sie besitze und vor allem froh, dass einige verlassene Freunde durch den Erwerb so vieler gestohlener Erinnerungen, ihre Treue bewiesen. Es war vielleicht auch der einzig mögliche Weg. Sie wissen, dass mich ihre kostbaren Geschenke erreichen, obwohl sie nicht meine Zuflucht kennen. Die Gefahr ist noch nicht vorbei und wird vielleicht auch nie verschwinden. Es ist denjenigen, die die Macht haben, nicht genug, dass sie die Eltern töteten, nun sollen die Kinder als Schachfiguren im politischen Spiel sowohl von der einen wie auch von der anderen Partei benutzt werden. Daher werden sie immer noch wie edles Wild von großem Wert gejagt … für sie.
Nein, Vavel wird nicht gewinnen, weil er mich in seine Obhut nahm, vielleicht eine Menge genau wie Graf Fersen verlieren. Doch mein großer Freund will nichts davon hören, er wünscht sich nichts zurück. Ich muss einfach ruhig und glücklich in seiner Nähe sein und natürlich versuchen, die grausame, hässliche Erfahrung, die ich durchgemacht habe, zu vergessen. Dann ist er genug belohnt, versichert er. Aber wie kann ich das vergessen?
Vielleicht fällt es mir leichter und wäre auch ein angenehmer Zeitvertreib, wenn ich alles aufschreibe, woran ich mich erinnern kann. In den letzten Monaten meiner Gefangenschaft habe ich im Auftrag meines Onkels, meine Erinnerungen an unsere Erlebnisse im Temple aufgeschrieben. Es war ein übereilter und wenig darstellender Bericht geworden. Meine Gefühle kamen nicht einmal zu Wort, jede Seite wurde mit meinen Tränen bedeckt. Ich wagte nicht, das Manuskript mitzunehmen, da ich nicht wusste, ob nicht mein Körper einer Kontrolle unterzogen wird, wenn ich das Gefängnis verlasse. Und was hätte ich mit den Erinnerungen tun sollen, da für mich bereits feststand, aus der Öffentlichkeit zu verschwinden. Für immer?
Die Zeit wird kommen und die ganze Welt erfahren, wie das französische Volk seinen König und seine Königin behandelte. Aber jetzt … Meine guten und würdigen Eltern drängten in der Tat in mein Herz, nicht unseren schlimmsten Feind zu hassen. So schwierig es manchmal war, doch mein Vater, meine Mutter und meine Tante bestiegen das Schafott mit dem Wunsch, keine Rachegedanken zu hegen. Was kann ich also anderes tun, als mich dem zu beugen und mir diesen Wunsch anzunehmen? Ich mag nicht an den Tag denken, als mein Vater geholt wurde, um nie wieder zurückzukehren … am Abend, als mein kleiner Bruder zu mir kam. Er war damals schon im Bett und schlief. Wie sehr hat er geschrien, bis Maman ihn in die Arme nahm! Und wie sehr hat Maman in dieser Nacht geweint! Später wurde sie selbst geholt, danach Tante Elisabeth. Ich blieb allein, Tage, Wochen, Monate … darauf wartend, bis auch sie mich holen kommen. Mit welchem Ziel?
Nein, nein, ich kann unmöglich wieder dorthin zurück, nie wieder! Es wäre zu schrecklich! Immer wieder muss ich dann an das Grölen der Mörder denken, als sie uns mit Gewalt den abgetrennten Kopf der reizenden Prinzessin Lamballe gezeigt haben. Nein, nein, jetzt bin ich hier nicht ganz allein, wenn der Regen so stark gegen die Fenster schlägt. Hier kann ich besser darüber schreiben. Wenn ich in das vertraute Gesicht meines Freundes Vavel sehe, kann ich auch wieder zu mir selbst finden. Das ist alles vorbei. Ich kann jetzt an etwas anderes denken, an etwas Schönes und Lustiges, an die Zeit, als ich noch ein glückliches Kind war. An Versailles möchte ich denken, an Trianon, als wir in der Sonne spielten und uns Maman-Reine oft lächelnd mit ausgebreiteten Armen aufgefangen hat … unsere schöne Maman in ihren hellen, weißen Kleidern und einer einzigen frisch gepflückten Rose an ihrem Mieder. In diesem Licht fand ich ihre einfachen Musselin-Kleider viel schöner als ihre wertvollsten Toiletten aus Samt und Seide. Es gab oft Beschwerden, dass die vielen Missstände, die man meiner lieben Mutter anlastete, durch das Tragen dieser kostbaren Gewänder hervorgerufen wurden. Musselin, Tüll und Gaze-Gewebe kamen wahrscheinlich alle aus dem Ausland. Hatte die Königin einmal diese Stoffe getragen, wollten sie alle Damen haben, und die Hersteller aus Lyon und Marseille blieben auf ihren schweren Samt und der Seide sitzen. Die Fabrikanten wollten sich nicht anpassen, indem sie versuchten, selbst so feine und luftige Stoffe auf den Markt zu bringen. Sie machten eine Offensive gegen die exotische Gefahr und finanzierten eine Hetzkampagne gegen „die Österreicherin“, die den Wohlstand des Landes angeblich gefährdete. Die von Selbstsucht angetriebenen Seidenfabrikanten waren leider nicht die einzigen, die eine unauslöschliche Blutschuld auf sich geladen haben.
Aber ich möchte jetzt nicht darüber nachdenken. Alle meine Erinnerungen will ich so aufschreiben, dass sie schön, charmant und sonnig sind. Erinnerungen für meinen guten Freund, für später. Das ist das einzige, was ich ihm geben kann. Meine Erinnerungen kann mir keiner nehmen. Ich weiß, es wird ihn später vielleicht trösten, wenn er auch einsam ist und diese Schrift findet. Er wird fühlen, dass ich immer noch in seiner Nähe bin …
Kann man eigentlich die Beziehung des Paares zueinander besser darstellen? Und wenn, muss man sich doch sehr in das Wesen der Dame hineinversetzen, was fast unmöglich scheint, oder es bedarf tatsächlich einer wirklich ausgezeichneten Vorlage, am Besten von der Person selbst.
In ihrer Einleitung erklärt Maria de Lannoy: „Die Memoiren der Frau sind in einer kleinen, feinen, aber unregelmäßigen Handschrift, der begleitende Text hat sehr schöne, energische, maskuline Schriftzüge und wurde durch weitere Brief- oder Tagebuchformen ergänzt. Das Papier und das Futteral stammen aus der Zeit des Wechsels vom 18. zum 19. Jahrhundert.“
Zwar ist es ein Roman, aber letztendlich so beeindruckend und überzeugend, dass sich der Dunkelgrafenforscher Marc de Lannoy nach dem Originalmanuskript erkundigt hat. Der Sohn des Callenbach-Verlags bestätigt Ende der fünfziger Jahre eine Kiste aus Palisander, in der sich das Skript befand, gesehen zu haben. Leider gerät es durch „unangenehme Familienangelegenheiten“ der Autorin nach England und ist seitdem verschollen. Wie so vieles, was mit diesem Schicksal im Zusammenhang steht!
Dass zwischen dem Paar kein intimes Liebesverhältnis bestand, ist offensichtlich und das bestätigt auch van der Valck nach dem Tod der Dame in mehren Briefen an Witwe Kühner „Sie war eine arme Waise, die alles, was sie besaß, mir verdankte, aber mir das tausendfach vergolten hat… Meine Verbindung mit ihr hatte etwas Romantisches, einer Entführung Ähnliches … Meine Lage wird immer unerträglicher; es ist keine getrennte Ehe; es ist eine Zerreißung eines zusammengewachsenen Geschwisterpaares, das eine kann nicht ohne das andere fortleben.“
Auch in dem Geburtstagsbrief der Dame an den Grafen vom 22. September 1808, „... Lieber guter Ludwig, es sind schon so viele Geburtstage, die ich bei dir erlebe, ach lieber guter Ludwig, der Himmel segne dich für alles, was du schon an mir getan hast ...dein arme Sophie ...“, da kommt genau diese emotionale Dankbarkeit zum Ausdruck, die sich später in tiefe geschwisterliche Zuneigung entwickeln wird. Bemerkenswerterweise sind die Pseudonyme der Vornamen, Ludwig und Sophie, mit den ersten Vornamen der jüngeren Geschwister von Madame Royale, nämlich Ludwig Carl und Sophie Hélène Béatrice wie zum Nachweis auch noch identisch.
Selbst wenn aus verzweifelter Notwendigkeit Leonardus Cornelius van der Valck die Dame im Herbst 1799 durch einen Auftrag von höchster Stelle anvertraut bekommt, bildet sich im Laufe der Jahre ein starkes Gefühl tiefer und inniger Verbundenheit und nur mit einer Geschwisterliebe vergleichbar!


9. Februar 2017 Der Trumpismus lässt grüßen  

Frau Schildburg: Aus der Ferne kann wohl keiner so richtig Trump analysieren, vor allem weil so viel an Obama schöngeredet wurde, aber seine Selbstbestimmtheit, seine Selbstherrlichkeit lassen mich nicht ins Grübeln kommen. Solche demokratisch gewählten Gegenspieler sind immer willkommen, hat doch endlich die Menschheit wieder einen Typen, für den sie dankbar, höchst dankbar ist, weil man im eigenen Filz eine Figur hat, an der man alles Leid und Elend der Menschheit festmachen kann. Wie armselig sähen doch zig Talkrunden aus oder zehntausende Tonnen nicht bedrucktes Papier. Mich treibt allerdings in allernächster Nähe um, wie angeblich demokratische Parteien mit Steuermitteln und vor allem mit der Glaubwürdigkeit umgehen, wie sie willkürlich und je nach Bedarf mit der Demokratie spielen und immer im Recht sind, juristisch gesehen. Moral spielt schon längst keine Rolle mehr.

Herr Hausen:
 Ich ahne, liebe Schildburg, was dich in früher Morgenstunde umtreibt. Die rot-rot-grüne Unfähigkeitsregierung hält mit ihrem SPD-geführten Innenministerium unter seinem Vorsteher Poppenhäger eine Umfrage zur Gebietsreform unter Verschluss. 32.573 EURONEN soll der Spaß gekostet haben. Und die gefällt den Regierenden wohl nicht. Dass eine alte Frau für diesen Betrag ziemlich lange stricken muss, kann man durchaus vermuten. Dann ist sie noch nicht einmal genehm, das ist höchst unangenehm. Und die böse Opposition vermutet auch noch, dass zwei Umfragen in Auftrag gegeben und mit SteuerCents beglichen worden sind. Peinlich!
Wahrheit tut eben manchmal weh, da ist der Drang zur Manipulation drängend. Da bleibt eigentlich nur eine vernünftige Frage, ab sich kein Linker, Sozialdemokrat oder Bündnis-Grüner als anständige Persönlichkeit findet und diesem üblen Treiben entgegen tritt. Anstand und Demokratie sind gefragt. Man stelle sich nur vor, die CDU hätte eine Gebietsreform geplant, da wäre das linke Lager reichlich mit Statements, Debatten, Protestversammlungen und Demos beschäftigt gewesen. Der Trumpismus lässt grüßen.
Übrigens, nicht die Politik ist eine Hure und verdirbt den Menschen, sondern Menschen verderben die Politik und huren mit ihr umher.


8. Februar 2017

Keine demokratische Einbahnstraße

 

Frau Schildburg: Da droht einer Sonneberger Dame Zwangsvollstreckung, wegen
70 Euro, weil sie unerlaubt eine Demo gegen rechts organisiert hat. Nun will sie nicht
bezahlen, auch wenn sie schon zwei Tage im Knast war, die Ärmste, Diplom-Ingenieurin
für Maschinenbau ist sie und Linken-Kandidatin 2014 für den Kreistag. Aber die lieben
Linken, die Robin Hoods der Gegenwart, die Kümmerer, werden da schon für
Gerechtigkeit eintreten. Ich weiß eigentlich gar nicht, wen das interessiert, mich nicht,
wenn die Dame vielleicht des Lesens nicht kundig ist und keine Regeln einhalten kann,
muss sie schon ein wenig an ihrer Persönlichkeit arbeiten und geistige Plattheiten
vermeiden. Die Linken wettern ja schon in rülpsig-klassenkämpferischem Stil (Man kann
es im Netz nachlesen): „Schluss mit der Kriminalisierung von Antifaschisten.“

Herr Hausen: Ich plädiere für Zwangsvollstreckung. Die Frau hat sich nun mal an Gesetze zu halten, und da gibt es in der Demokratie keine rechten und keine linken Gesetze.
Nun, stell‘ dir mal vor, du organisierst eine Demo gegen Die LINKE., die sich als Partei „Demokratie pur“ apostrophiert, Nachfolger der einstigen staatstragenden Partei der demokratischen Deutschen Demokratischen Republik, denn die wissen als einzige politische Kraft in Deutschland, was Demokratie ist. Wenn die in Deutschland an der Macht wären, käme man mit zwei Tagen nicht hin, einige Jahre wären es geworden, und die Menschen hätte man auch noch gebrochen. Auf welche Idee käme Die LINKE? Du bekämst unverzüglich eine Zwangsvollstreckung. Demokratie ist nicht parteilich interpretierbar. Die Demokratie hat nun mal Regeln, und an die muss man sich halten. Mit der leichtfertig propagandistischen Aussage von der Klassenjustiz hat das nichts zu tun. In der Demokratie gibt es keine Einbahnstraßen, hier ist Gegenverkehr angesagt. Wie sagte doch der israelische Satiriker Ephraim Kishon: „Die Demokratie ist bekanntlich das beste politische System, weil man es unbestraft beschimpfen kann.


2. Februar 2017
Folge 3

Die Dunkelgräfin – 
Hintergründe für die Wahl ihres einsamen Lebens


Medaille geprägt um 1800, Auftraggeber König von Preußen

Marie Thérèse Charlotte von Frankreich muss sich zeit ihres Lebens der Intrigenmacht beugen und sich tödlichen Gefahren aussetzen. Sie wurde Opfer der Unmenschlichkeit revolutionärer Eiferer, aber auch der angeblich mit ihr verbundenen Familien, den macht- und geldsüchtigen Habsburgern und den Bourbonen. Sie wählte in Zurückhaltung die Einsamkeit, treu bewacht und umsorgt von einem charakterfesten wahren Mann, Leonardus Cornelius van der Valck. Über ihren Tod hinaus bleibt sie weiter Opfer von teils niederen Instinkten, Spekulationen und Profilierungssüchten, vor allem gepaart mit provinziellem Kleingeist. Selbst im demokratischen Zeitalter, im 21. Jahrhundert, wird sie verkannt, ihr Andenken gedemütigt.
Meine Worte sind keineswegs überzogen, sondern sie sind realistisch, sonst wäre in gemeinsamer Anstrengung das große europäische Rätsel längst gelöst, denn dass es sich bei der Dunkelgräfin um Madame Royale handelt, besteht längst kein Zweifel mehr.
Friedrich Ernst Prinz von Sachsen-Altenburg (1905 – 1985), Sohn des letzten Herzogs Ernst II. (1871 – 1955), veröffentlicht 1954 sein Buch „LꞌÉnigme de Madame Royale“ bei Flammarion in Paris. Es basiert auf umfangreich zusammengetragenem Material des größten Dunkelgrafenforschers Otto Victor Maeckel (1884 – 1939) und wurde durch weitere Recherchen des Prinzen ergänzt, der als studierter Historiker und Archäologe das wissenschaftliche Arbeiten beherrschte. Mit seinem Tod im Jahr 1985 bleibt Friedrich Ernst eine Publikation trotz größter Bemühungen in deutscher Sprache versagt. Auch in der DDR bestand aus ideologischen Gründen nur sehr wenig Interesse. Im Jahr 1991 erscheint im Verlag Frankenschwelle Hans-Jürgen Salier in Hildburghausen „Das Rätsel der Madame Royale Marie Thérèse Charlotte von Frankreich – Ein zweihundertjähriges Geheimnis im Licht neuerer Forschungen“, eine Überarbeitung und Übersetzung aus dem Französischen der aus Sonneberg gebürtigen Marianne Eichhorn, einer engen Mitarbeiterin des Prinzen und exzellenten Kennerin der deutschen und französischen Adelsgeschichte. Als 1954 das Werk des Prinzen in einer Auflage von 5.000 Stück erscheint, ist es nur für wenige Stunden käuflich zu erwerben, dann ist der Buchmarkt wie leergefegt, der größte Teil der Auflage wird schlagartig aufgekauft, vermutlich vom Grafen von Paris (d’Orléans). Das beweist, wie viel Gewissheit darin steckt und wie groß nach mehr als einhundert Jahren das Interesse immer noch ist, die Wahrheit zu verbergen.
Bereits in diesem Buch ist die Identität der Dunkelgräfin zweifelsfrei geklärt worden. Hierzu sind nur einige Fakten zu nennen: Im Jahr 1929 meldet sich bei Maeckel ein eingeheirateter Verwandter des Dunkelgrafen, Dr. Brinkhaus. Er berichtet ihm, dass er schon seit 1871 in das Familiengeheimnis eingeweiht worden sei. Sein Urgroßvater, Dr. Katzenberger, der berühmte Leibarzt des preußischen Königshauses, behandelte die Dame 1806 wegen eines schweren Leidens in Holland. Dafür nimmt er sogar die zusätzliche Promotion zum holländischen Doktor in Kauf, denn nur so kann er als Arzt in diesem Land praktizieren. Brinkhaus erklärt glaubhaft, dass Königin Luise von Preußen, Schwester der Hildburghäuser Herzogin Charlotte, dem geheimnisvollen Paar die Empfehlung für den Hof Sachsen-Hildburghausen gab und Katzenberger diesen Vorschlag überbringt. Das Paar bewohnte dort in strengster Abgeschiedenheit ein Schlösschen in der Nähe von Leiden. Im Sommer 1806 steht Holland allerdings ein Machtwechsel bevor. Die Batavische Republik, ein französischer Satellitenstaat, wird in ein Königreich umgewandelt, denn Napoleon hebt seinen Bruder Louis auf den niederländischen Thron. Das Paar muss Holland verlassen.
Zudem offenbart August Schmitz, Sohn des Großonkels Piet Schmitz, dem Erben des Dunkelgrafen, Brinkhaus im Jahr 1871, dass sein Vater 1865 im Testament eine versiegelte Kiste hinterließ, die seinem Vetter übergeben werden solle. Nach dem gemeinsamen Öffnen enthält die Kiste nichts wichtigeres als den Inhalt der „beweiskräftigen Urkunden, dass die Gefährtin des Leonardus van der Valck die Tochter Ludwigs XVI. und Marie Antionettes war ... "August Schmitz versichert Dr. Brinkhaus ehrenwörtlich, „diese Dokumente gesehen und gelesen zu haben, diese wurden aber, dem ausdrücklichen Wunsch seines Vaters entsprechend, im Einverständnis mit seinem Vetter noch im selben Jahr vernichtet."
Außerdem gibt es noch eine letzte Mitwisserin des Geheimnisses der Familie Sachsen-Altenburg, Königin Marie von Hannover, eine Enkelin von Friedrich und Charlotte von Sachsen-Hildburghausen. Sie wurde im Jahr 1818 als Tochter von Herzog Joseph von Sachsen-Altenburg noch in Hildburghausen geboren und stirbt fast neunzigjährig. Die Palastdame der Königin von Hannover, Frau von Heimbruch, soll für ihren Neffen, Baron von Gross aus Weimar, herausfinden, der an dem Geheimnis sehr interessiert ist, wer die Dame auf dem Schloss zu Eishausen gewesen sei. Lange Zeit versucht es Frau von Heimbruch vergeblich, denn die Königin ist abgeneigt, über diese Angelegenheit zu sprechen. Nach langem Zögern, vielleicht wurde ihr auch bewusst, dass wirklich nun nichts mehr davon abhängen kann, sagt sie wörtlich: „Meine Großeltern, die die Prinzessin mehrmals besuchten, und mein Vater und ich haben stets geglaubt, dass sie die richtige Tochter Ludwigs XVI. gewesen ist.“ Wie ängstlich muss man also noch viele Jahre danach gewesen sein, dass ja kein falsches Wort an die Öffentlichkeit dringt. Prinz Friedrich Ernst fällt bei seinen Recherchen eine weitere Merkwürdigkeit auf, von der er berichtet: Seine „beiden Urgroßmütter, Marie von Sachsen-Altenburg, Gemahlin des Herzog Georgs, und Marie von Sachsen-Meiningen, Gemahlin des Herzogs Bernhard Erich Freund, führten hauptsächlich in den Jahren 1830 – 1862, einen lebhaften Briefwechsel. Alle diese Briefe waren nach einzelnen Jahrgängen geordnet und nummeriert in großen Umschlägen im Besitz meines Vaters. Von dem geheimnisvollen Paar ist in der ganzen Korrespondenz nicht die Rede. Dagegen konnte man die sehr merkwürdige Beobachtung machen, dass gerade die Briefe, in denen man zeitlich gesehen eine Erwähnung hätte erwarten können, z. B. bei dem Tode der Dunkelgräfin 1837 und ihrem Gefährten 1845, entfernt worden sein müssen, was man am Fehlen der Nummern ersehen konnte. Und ebenso verräterisch ist auch die Tatsache, dass vielfach Absätze und einzelne Sätze in den Briefen herausgeschnitten worden sind, bei denen man den Zusammenhang nach vermuten muss, dass es sich darin um Bemerkungen über das Paar in Eishausen gehandelt hat. Es kann ja kaum ein Zufall sein, dass jedesmal vor den entfernten Briefstellen die Rede von Frankreich, der Revolution oder den Bourbonen ist.“
Der Kreis der fürstlichen Mitwisser des Geheimnisses ist sicher nur sehr begrenzt, und man ist stets ängstlich darauf bedacht, nicht durch eine geschriebene Zeile auch nur eine Kleinigkeit zu verraten. Der Vater und der Autor selbst haben aber danach die Lösung des Rätsels in keiner Weise mehr bezweifelt, obwohl sie selbst nicht mehr zu den Mitwissern gehörten.
Ziemlich genau auf den Tag, ein Jahr nach der Vertauschung von Madame Royale, schreibt Königin Luise am 25. Dezember 1796 an ihren Vater, Großherzog Carl von Mecklenburg-Strelitz: „Ich bin sicher, dass Sie, lieber Vater etwas wissen von der Angelegenheit, die uns noch frisch in der Erinnerung ist. Ich nenne keinen Namen, ich spreche darüber so wenig wie möglich, aber Ihnen sei gesagt, dass mir deswegen das Herz blutet. Sie haben keine Ahnung von den Gemeinheiten, die bei dieser Gelegenheit begangen wurden. Seien Sie so gütig, Großmama, der ich mich zu Füßen lege, zu sagen, dass ich mich um die Wertsachen der Emigrantin gekümmert habe, und dass ich hoffe, sie gut zu verkaufen. Haben Sie die Güte, nicht auf das mit der ‚Angelegenheit‘ zu antworten.“
Carl von Mecklenburg-Strelitz, Vater von Charlotte und Luise, wohnt seit der Hochzeit seiner Tochter mit dem Hildburghäuser Prinzen Friedrich 1785 acht Jahre in Hildburghausen, bis er schließlich eigene Regierungsgeschäfte in Neustrelitz übernimmt. Während der Zeit arbeitet er als Präsident der Kaiserlichen Debitkommission, die 1769 von Kaiser Joseph eingesetzt wurde, um die Finanzen des verschuldeten Fürstentums Sachsen-Hildburghausen zu ordnen und zu kontrollieren. Im Dezember 1786 stiftet er in Hildburghausen die Freimaurerloge „Carl zum Rautenkranz“, nach ihm wird die Loge auch benannt, und er ist bis zu seinem Tod 1816 ihr Meister vom Stuhl, außerdem ist er Provinzialgroßmeister der Provinzialgroßloge von Hannover. Die ersten „Arbeiten“ der Freimaurer erfolgen im Hildburghäuser Schloss, da die meisten Mitglieder aus dem Personal und der fürstlichen Familie stammen. Viele sind dort also der Geheimhaltung verpflichtet, welch bemerkenswerte Fügung!
Im 18. Jahrhundert breitet sich, ausgehend von England, ein Netz von Freimaurern in Frankreich und im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation aus. 1790 gibt es kaum eine größere Stadt ohne Freimaurerloge, manche Städte besitzen sogar mehrere, und beinahe jede steht mit den Nachbarlogen in Verbindung. Somit werden wir feststellen, dass die Freimaurer an der Seite der französischen Königstochter immer gegenwärtig sind und neben verwandtschaftlichen Fürsten- und Königshäusern ebenfalls eine wichtige Rolle spielen. Der angeführte Brief von Königin Luise an ihren Vater zeigt, wie schnell man für die damalige Zeit doch Kenntnis über die Angelegenheit der Vertauschung bekommen hat, und die Prinzessin kann sich ihrer Unterstützung sicher sein. Die Geschwister aus dem Haus Mecklenburg-Strelitz nehmen großen Anteil am Schicksal des französischen Königshauses, denn ihre Mutter und Tante, Landgräfinnen von Hessen-Darmstadt, verbindet zu Marie Antoinette schon seit ihrer Jugend eine innige Freundschaft. In einem ihrer letzten Verhöre vor der Hinrichtung wird Marie Antoinette nach zwei Miniaturen befragt. Beide gehören zu den wenigen Gegenständen, die ihr noch geblieben sind. Sie sagt: „Es sind die Bilder meiner Jugendfreundinnen, der Landgräfinnen von Hessen-Darmstadt.“ Man kann also davon ausgehen, dass die Freundschaft ihrer Mütter, auch die Töchter weiterführen werden. Es wird sogar vermutet, dass Luise über ihren Bruder, Prinz Georg von Mecklenburg-Strelitz, der Marie Antoinette übrigens sehr verehrte, einen Fluchtversuch organisieren lassen wollte, um die königliche Familie zu retten.
Ein weiterer Beleg, dass das Königshaus Preußen um das Geheimnis wusste, zeigt eine Medaille, die um 1800 von der Berliner Münze geprägt und mit Sicherheit vom König Friedrich Wilhelm III. in Auftrag gegeben worden ist. Auf der Vorderseite (Avers) sieht man die Kinder des französischen Königspaares, also Ludwig XVII. und Madame Royale. Die Rückseite (Revers) zeigt einen geschlossenen Vorhang mit der Schrift „QAND SERA-T-ELLE/LEVÉE?“ (Wann wird er gehoben werden?) Damals ist man noch davon überzeugt, dass über das Schicksal der beiden Kinder längst nicht das letzte Wort gesprochen ist. Keiner jedoch konnte auch nur erahnen, dass es über den Tod hinaus und viele Generationen bis heute andauern wird.
Beschäftigen wir uns zunächst mit Madame Royale selbst, um einige Zusammenhänge besser verstehen zu können, die zu ihrem Verhängnis führten. Marie Thérèse Charlotte de Bourbon wird am 19. Dezember 1778 geboren und verbringt die schönsten Jahre ihrer Kindheit unbeschwert in Versailles und Trianon. Ein Leben voller Reichtum und Luxus. Einerseits die mangelhafte Versorgung der Bevölkerung, hervorgerufen durch die katastrophale Finanz- und Wirtschaftslage im Land, auf der anderen Seite die Verschwendung und der pompöse Reichtum des Königshauses macht das Volk wütend. Angestachelt zum Teil von königlich verwandten Aristokraten, peitscht sich der Pöbel immer mehr auf und stürmt am 14. Juli 1789 die Bastille, das Staatsgefängnis in Paris. Im Oktober 1789 wird die königliche Familie durch Revolutionäre, getarnt als Fischweiber, gezwungen, in den alten tristen Tuilerienpalast umzuziehen. Auf den Weg dorthin werden sie von hysterischen Weibern begleitet, die auf einer Pike die Köpfe der königlichen Leibgarde vor sich her tragen. Spätestens da endet die kindliche Sorglosigkeit von Marie Thérèse, sie ist erst zehn Jahre alt. Anfänglich gelingt es zwar noch den Eltern, den wachsenden Druck und die unablässig größer werdenden Schwierigkeiten vor den Kindern zu verbergen, aber immer häufiger blickt Marie Thérèse in die verweinten Augen ihrer Mutter und das sorgenvolle Gesicht ihres Vaters. In den Tuilerien wird die königliche Familie mehr und mehr überwacht, mit jedem Tag wird Ihnen ein Stück ihrer Freiheit genommen. Im Juni 1791 gelingt ihnen kurzzeitig die Flucht. Sie werden aber kurz vor dem Ziel in Varennes gestellt, und es folgt eine demütigende Rückkehr nach Paris, bei der König und Königin den übelsten Beschimpfungen, Hohn und Spott von der stetig anwachsenden Menschenmenge ausgesetzt sind. Wieder in den Tuilerien angekommen, muss die Familie von ihrer ohnehin schon eingeschränkten Freiheit fast gänzlich Abschied nehmen. Zwar dürfen sie sich noch unter Bewachung im Garten aufhalten, aus dem Fenster sehen, in den Räumen und Sälen des Palastes umherlaufen, aber die Gelegenheit für Gespräche zwischen den Eltern wird immer schwieriger. Trotzdem geht das Leben im alten Palast weiter, man findet sich ab und passt sich an. Nach und nach verlassen bekannte Familien den Hof in Paris und emigrieren ins Ausland. Die königliche Familie erlebt Monate zwischen Hoffnung und Angst, wobei die Hoffnung stetig weniger wird und sie schließlich am 13. August 1792 nach dem Sturm auf die Tuilerien im Temple einquartiert wird. Dabei werden sie nur noch von wenigen Hofdamen und Kammerpersonal begleitet. Niemand weiß, wie lange sie dort ausharren sollen. Kurz darauf müssen auch die letzten treuen Personen, die nicht zur königlichen Familie gehören, den Temple verlassen, darunter Prinzessin Lamballe. Mitglieder der Kommunalen holen sie mitten in der Nacht aus dem Schlaf. Danach wird es still im dunklen Palast. Bei ihren täglichen Spaziergängen sind sie unter Bewachung im Garten des Temples übelsten Drohungen und Beschimpfungen ausgesetzt. In der Ferne hören sie die immer näher kommende Alarmtrommel schlagen und müssen erleben, wie eine grölende Menschenmasse den Kopf der besten Freundin ihrer Mutter, Prinzessin Lamballe, vor dem Fenster des Turms der königlichen Familie auf einer Pike präsentiert. Angst macht sich breit, der Pöbel wird nun auch den Temple stürmen, denn die verhasste Königin, die „Österreicherin“, soll das gleiche Schicksal erleiden. Weitere Gräueltaten folgen. Der Vater wird geholt und am 21. Januar 1793 guillotiniert, der Bruder, inzwischen Ludwig XVII., seiner Mutter zur „angeblichen“ Erziehung im Juli 1793 entrissen. Marie Thérèse muss mit ansehen, wie es der Mutter das Herz zerbricht. Wenig später, am 2. August 1793, entzieht man ihr die Mutter und schließlich die letzte Verwandte, Tante Elisabeth, im Mai 1794, die ihr noch bis zuletzt wertvolle Ratschläge geben kann. Mit fünfzehn ist sie im Turm dieses schrecklichen Temples völlig allein. Mehr als ein Jahr dauert die zermürbende Einzelhaft. Sie übersteht sie zwar, doch welche seelischen Folgen sie hinterlässt, müsste wohl für jeden nachvollziehbar sein. Nach dem Sturz von Robespierre am 10. Juni 1794 erhält sie Hafterleichterung. Dem Sprechen fast entfremdet, stellt man ihr eine Gesellschaftsdame, Madame de Chanterenne, an die Seite. Marie Thérèse erfährt vom Tod ihrer liebsten Angehörigen, der Mutter und Tante Elisabeth, die Opfer eines grausamen Terrors und unverantwortlichen Wahnsinns geworden sind. Eine letzte Hoffnung bleibt, ihr kleiner Bruder. Endlich darf sie im Temple Besuch empfangen. Durch ihre frühere Gouvernante, Madame de Tourzel und deren Tochter Pauline, offenbart sich ihr ein großer Teil der eigentlichen Wahrheit. Der Prinz von Provence, der jüngere Bruder ihres Vaters, ist nun für die Royalisten Ludwig XVIII. und Prinz de Artois, ihr jüngerer Onkel, der Dauphin! Ein Überleben des jungen Ludwig XVII. kommt für die Brüder niemals in Frage. Von der Familie ihres Vaters fühlt sich Marie Thérèse verraten, und es scheint ihr unmöglich, den Onkel als Nachfolger ihres Vaters zu akzeptieren, solange sie weiß, dass ihr Bruder noch am Leben ist. Ein großer Konflikt, dem sie sich psychisch nicht mehr gewachsen fühlt. Nicht nur von den Brüdern des Vaters wird sie enttäuscht, auch vom Neffen ihrer Mutter, Franz I., Kaiser von Österreich, dem einzigen Doppelkaiser der Weltgeschichte (bis 1806 als Kaiser Franz II. des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation). Er löst ein Feilschen um ihre Person aus, weswegen sie im Temple noch einige Monate länger bleiben muss. Immerhin geht es dabei um zwölf Revolutionsdeputierte, meist höhere Militärs, zwei Truhen voller Juwelen, um einen gigantischen Landbesitz (Lothringen) und obendrein um ihre Adoptivschwester, Mademoiselle Lambriquet. Über letztere allerdings kann sie selbst entscheiden. Aus verständlichen Gründen, emotional und nervlich mitgenommen, schreibt sie an die Wand im Temple: „Marie Thérèse ist die Unglücklichste aller Sterblichen.“ Der königliche Thron erscheint ihr nicht mehr als Geschenk, sondern nur noch als Fluch. Er hat ihr die gesamte Familie genommen, jeden einzelnen, nach und nach. Daraus ergibt sich nur der einzige Wunsch: Verschwinden aus der Öffentlichkeit, irgendwo leben, weit weg von Intrigen und Gefahr, in einem ruhigen Häuschen in „ländlicher Stille“, weit abgeschieden von ihrer Verwandtschaft, bei denen sie sich ohnehin nicht willkommen fühlt. Den damals politischen Mächten, Mitgliedern des Direktoriums, der französischen Regierung, kommt das natürlich sehr gelegen. Vielleicht will man ihr auch tatsächlich helfen und denkt schließlich über eine Vertauschung nach. Immerhin erhält man so einen Trumpf, von dem man zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen kann, ob man ihn jemals ausspielen wird oder nicht.
Am 26. Dezember 1795 wird in Hüningen, in der Nähe von Basel, die französische Prinzessin durch ihre Adoptivschwester Marie Philippine Lambriquet, genannt Ernestine, ersetzt. – Eine Zeit lang hielt man die zwei Jahre ältere Schwester Louise Catherine noch für eine mögliche Ersatzperson, aber solche Irrtümer passieren, wenn man sich auf Kopien verlässt, während im Original fein säuberlich radiert wurde. Das beweist, wie akribisch man doch versuchte, im Nachhinein alle Spuren zu verwischen.
Nach dem Austausch hält Marie Thérèse sich zunächst in der Umgebung von Basel, dem Schloss Heidegg in der Schweiz, dann in Straßburg und Le Mans auf. Die kommenden vier Jahre bieten ihr die Royalisten Schutz, aber nur diejenigen, die ihrem Vater einst treu ergeben und nicht an den Tod Ludwigs XVII., glauben. Viele davon sind Freimaurer. Bis dahin zeigt sie sich auch noch unverschleiert, hin und wieder mit einer Maske, aber stets zurückgezogen. Im Jahr 1799 werden die Karten neu gemischt. Am 10. Juni heiratet Ernestine den Herzog von Angoulême. Bei den Wahlen in Frankreich gewinnen die Jakobiner wieder an Boden. Die Freimaurer sind auf der Suche nach einem zuverlässigen Beschützer für die Prinzessin, denn die Situation in Frankreich spitzt sich zu und schiebt die Rückkehr der Bourbonen in weite Ferne. In Le Mans kann sie nicht bleiben und Leonardus Cornelius van der Valck, alias Ludwig Comté Vavel de Versay, übernimmt im Oktober die Prinzessin, kurz bevor sich Napoleon Bonaparte am 10. November durch einen Staatsstreich zum ersten Konsul wählen lässt und Frankreich wieder in eine Diktatur verfällt. Man muss bedenken, dass Napoleon auch den Herzog von Enghien ermorden ließ, er ist ein Cousin der Prinzessin, als sich das Paar zum Zeitpunkt in Ingelfingen aufhält. Das ist eine sehr ernste Warnung gegenüber den Bourbonen. Ab 1799 wird die Prinzessin von mehreren Seiten verfolgt, einmal durch Napoleon über den Polizeiminister Fouché mit seinen Agenten und den Häschern ihres Onkels Ludwig XVIII. Eine Rückkehr zu ihrer eigenen Identität ist nicht mehr möglich. Das wäre der größte politische Skandal aller Zeiten, wenn Frankreich zugeben müsste, man hätte die Habsburger zum Narren gehalten! Außerdem geht es den Bourbonen um Geld, um sehr viel Geld, um das Vermögen von Marie Antoinette, die Juwelen und ihre habsburgische Mitgift, von der man heute noch annimmt, sie wurde nur zu einem geringen Teil ausbezahlt und der Rest „eingefroren“. Kein Mensch der Welt wäre reicher gewesen als die Prinzessin. In Wien haben sie das Spiel längst durchschaut, aber die Blöße, sich zum Narren gemacht zu haben, will man nicht zugeben. Also wird die echte Prinzessin zum gejagten wertvollen Tier politischer Mächte und verwandtschaftlicher Gier. Stetige Wanderjahre beginnen und lassen darauf schließen, dass sich zunächst die Geheimnisvollen an das preußische Königshaus wenden. Bacher, verlängerter Arm des genialen französischen Staatsmanns Talleyrand (1754 – 1838), beide Freimaurer, signiert immer wieder die Pässe van der Valcks, sowohl unter seinem richtigen Namen als auch dem Pseudonym. Schließlich hält sich das Paar in den folgenden Jahren ständig auf der Flucht auf, meist in Gegenden, die den verwandtschaftlichen und freundschaftlichen Beziehungen zum Königshaus Preußen geschuldet sind. Also Gotha, Heidelberg, Schweinfurt, Ingelfingen, Gerlingen, sogar ein Treffen mit Zar Alexander bei Wien erfolgt. Zwischendurch muss der Graf nach Holland, um den Nachlass seiner verstorbenen Mutter zu regeln, und die Dame ist immer bei ihm. Dieses unstete Leben, denn nur der kleinste Vorfall gibt Anlass zur Flucht, ist auf Dauer nicht zu ertragen. Die Sehnsucht nach einem beständigen, abgelegenen Zuhause wächst, und das Paar gelangt schließlich in das kleine Residenzstädtchen Hildburghausen, wenig später ins Schloss zu Eishausen. Eines ist jedenfalls sicher, zu dieser Zeit kann niemand auch nur vorhersehen, dass dieses Versteckspiel ein ganzes Leben andauern wird.

Ines Schwamm, Hildburghausen


26. Januar 2017
Folge 2


Zum Charakter des Dunkelgrafen

Keine Macht der Erde soll mir mein Geheimnis entreißen,
ich nehme es mit ins Grab!“
spricht der Graf damals in großer Aufgeregtheit zu den Behörden, als sie ihn nach dem Tod der Dame 1837 auffordern, Auskunft über ihre Person zu geben und den Nachlass auszuhändigen.
Die Verstorbene war nicht meine Gemahlin, und ich habe sie nie dafür ausgegeben“, gesteht er in seiner Aufrichtigkeit. Dabei hätte er es sich einfacher machen und sie getrost dafür ausgeben können, vielleicht wäre man dann nachsichtiger mit ihm umgegangen. Er tut es nicht! Demzufolge muss die Dame eine sehr hochgestellte Person gewesen sein, denn sie als Gemahlin zu bezeichnen, wäre eine Anmaßung und gegen die Ehre und das Gewissen des Grafen gerichtet. Wollte er aber nun so kurz vor der Zielgeraden Gefahr laufen, sein Lebenswerk mit der Preisgabe des Geheimnisses zu gefährden? Den Behörden übergibt er die Madame Royale nicht, es gibt vermutlich einen höheren Auftraggeber, aber auch Moral und Gewissen. Ihre Ähnlichkeit mit Marie Antoinette ist von mindestens drei glaubwürdigen Personen, die sie ohne Schleier gesehen haben, bestätigt worden. Immerhin schreibt Mitte der zwanziger Jahre des 19. Jahrhunderts eine französische Gazette nach der Arbeit von Dr. Karl Kühner die Notiz: „Man habe in einem verborgenen Winkel von Thüringen die Spur einer längst verschwundenen französischen Prinzessin entdeckt, möge aber wohl Gründe haben, diese Spur nicht zu verfolgen.“ Wie hätte es dann nach deren Tod ausgesehen?
Der Graf hat Jahrzehnte Zeit, sich mit aller Konsequenz auf den Fall ihres Todes vorzubereiten. Bis ins kleinste Detail plant er ihr Leben, und den Tod überlässt er dem Zufall? Das ist keine Logik. Das passt nicht zum Wesen des Grafen, zu seinem Charakter und zu all dem, was überliefert worden ist schon gar nicht, auch nicht zu den gigantischen Geldsummen, die zu ihrem Schutz und zur luxuriösen Lebensführung ausgegeben worden sind. Auf heutige Verhältnisse sind es umgerechnet mindestens 20 bis 25 Millionen EURO. Darum scheint ziemlich sicher: Graf Leonardus Cornelius van der Valck hat einen Plan, der das Geheimnis über den Tod der Dunkelgräfin hinaus sichert. Genauso, wie er einen Plan hat, was passieren würde, wenn er vor ihr sterben sollte. Und auch der musste so sein, dass niemand ihre Identität erfährt. Dazu muss man folgendes bedenken: Am 6. November 1836 stirbt König Karl X. im Exil, der jüngste Bruder ihres Vaters, die Herzogin von Angoulême, die ausgetauschte Madame Royale, ist damit bis 1844 immerhin noch Titularkönigin von Frankreich. Talleyrand, der geniale französische Außenminister, dem der Graf einen Eid geschworen hat, stirbt erst ein Jahr später, 1838.
Ein Gerücht, in Sachsen-Meiningen sei die Tochter Marie Antoinettes gestorben, ausgelöst durch die Ähnlichkeit der Leiche, hätte nicht zu unterschätzende Folgen gehabt. Die Herzogin von Angoulême ist nicht umsonst bis zu ihrem Tode 1851 erpresst worden und hat ein Vermögen an Schweigegeldern an ihre Erpresser gezahlt. Selbst ihr Testament, das im Jahr 1951 im Vatikan eröffnet werden soll, ist seltsamerweise unauffindbar.
Was für ein Mensch ist der Graf, der so eisern und konsequent sein Lebenswerk verfolgt, dass es bis heute niemandem gelungen ist, sein Geheimnis zu enthüllen?
Über die letzten Tage vor dem Tod und dem Tod des Grafen selbst schreibt Kühner 1852 in der immer noch zuverlässigsten Quelle: „Die Tage vor seinem Tod brachte er in großer Unruhe zu. Möglich ist es, dass der Wunsch zu testieren, ihn beunruhigte; doch würde er eine solche Absicht wohl seinen Dienern, zu deren Vorteil er doch testiert hätte, mitgeteilt haben. Weit wahrscheinlicher ist es, dass er im Angesicht des Todes sich gedrängt fühlte, wichtige Enthüllungen über das Geheimnis seines Lebens und das seiner Lebensgefährtin zu geben, und dass er in der peinlichen Ungewissheit schwankte, ob der Moment, für den er diese Enthüllungen aufsparen wollte, nämlich sein Tod, wirklich schon in nächster Nähe sei. „Dass ich doch zu keinem Entschlusse kommen kann!“, hörte ihn seine Pflegerin einmal sagen. – Er ließ den einen der Schmidt'schen Söhne von Hildburghausen kommen, um ihm Aufträge an das Gericht zu geben und schickte ihn wieder fort, weil er zu keinem Entschluss kommen konnte.
Am Tag vor seinem Tode soll er noch viel und lebhaft, aber unverständlich, wahrscheinlich in fremder Sprache gesprochen haben. Wenige Stunden vor seinem Tode, so behauptet die Krankenwärterin, erhielt er sein volles Bewusstsein wieder. „Wenn ich sterbe“, soll er da zu seiner Dienerin gesagt haben, „wird man einen öffentlichen Aufruf erlassen; hierauf wird eine Dame kommen – denn der einzige männliche Verwandte, den ich habe, ist kürzlich verunglückt – dann werdet Ihr sehen, dass gut für Euch gesorgt ist.“
So schloss der Unbekannte sein großartiges und bemerkenswertes Einsiedlerleben im Dienste der französischen Königstochter, ein Leben von staunenswerter Konsequenz. – Keine befreundete Hand drückte ihm die Augen zu; kein Verwandter gab ihm das Grabgeleit. Aber in aufrichtiger Trauer geleitete die Gemeinde Eishausen, in der er fast vierzig Jahre gelebt, den Toten zum Grabe, den nur sehr wenige von ihnen im Leben erblickt hatten. Aber auch die Waisenkinder waren mit ihrem Lehrer von Hildburghausen herausgezogen und reihten sich nun um das Grab ihres Wohltäters. Neben dem Denksteine, den die edle Königin Therese von Bayern ihrem Lehrer, dem verstorbenen Geistlichen des Orts, errichtet hat, war dem Grafen sein Grab bereitet. „Er ruht nun neben seinem Freunde“, sagte der Pfarrer in seiner Grabrede.
Ich gebe auch diese Umstände, um anzudeuten, dass die öffentliche Meinung einstimmig darin war, es sei ein ehrenhafter Mann, den man dort begrub, und der dichte Schleier des Geheimnisses, der sein Leben verhüllt, berge ein großes Unglück oder ein Vergehen der Jugend, das nunmehr reich gesühnt sei, sicher aber nicht ein Verbrechen, vor dem die Moral zurückgehen müsse. Die Teilnahme für den Toten war allgemein.“
Die Eishäuser verehren den Grafen. Kühner meint, er ist ein „Feind aller Lüge“ und bezeichnet ihn in voller Pietät als „einen edlen Mann, dessen Weltanschauung vielleicht ein großes politisches Verhängnis, vielleicht aber auch eine bewundernswerte Aufopferung der Freundschaft, der Liebe oder des Patriotismus zu Grunde liege. Er nennt ihn eine außerordentliche Erscheinung, einen Mann von Geist und Welt.“
Die Dienstboten müssen ihm immer gerade ins Auge sehen, denn er kann keine „falschen Kreaturen, Händedrücker und Schmeichler“ leiden. Er muss sich auf seine Dienerschaft absolut verlassen können, er entlohnt sie dafür reichlich. Unregelmäßigkeiten kann er nicht dulden, Pünktlichkeit ist ihm wichtig. Was er verlangt, muss erledigt werden – nicht mehr und auch nicht weniger. Man sagt, er neige zu „übertriebener Reinlichkeit“er lese niemals eine Zeitung, die schon eine andere Hand berührt hat. Papiere, Briefe und dergleichen, die nach Tabak riechen, empfindet er als widerlich. Einmal beschwert er sich über die Unsauberkeit mit den Worten: „In meinem Schlosse daheim, auf den großen Marmortreppen, die zum Eingang führen, durfte nie ein Stäubchen liegen, hier finde ich selbst im Zimmer Staub.“
Ruhestörungen, besonders in der Nacht, versetzen ihn in Zorn, sogar der Nachtwächter darf sich nicht in der Nähe des Schlosses hören lassen. Hundegebell, Kindergeschrei scheinen ihm unerträglich. Den meisten Ärger verursacht das Neujahrsschießen, das einige Jahre andauert und nur durch Vermittlung von Pfarrer Heinrich Kühner zwischen dem Grafen und den Burschen des Dorfes mit einer jährlich beträchtlichen Geldsumme zur Kirchweih sowie einem Umtrunk zu Neujahr geschlichtet werden kann. Seine Reizbarkeit und anscheinend übertriebene Empfindlichkeit sind letztendlich auf die psychische und seelische Verfassung der Gräfin zurückzuführen, denn alles, was Lärm und Krawall betrifft, versucht er ihr zuliebe kategorisch zu unterbinden, was seinen Mitmenschen deshalb manchmal wunderlich und sonderbar erscheinen lässt. Von den Dorfbewohnern wird das sehr schnell akzeptiert, und man umgeht mit respektvoller Ehrfurcht das Schloss, denn offenbar stehen die geheimnisvollen Bewohner unter höchstem Schutz. Keiner wagt nach den Fenstern zu blicken, selbst Fuhrwerke und Gespanne bahnen sich bei Nacht behutsam den Weg durch die mit großen Kastanienbäumen umsäumte Schlossallee. Nur flüsternd spricht man über die mysteriösen Bewohner des Schlosses.
Grundsätzlich aber ist der Graf dem Land für seine Wohltaten bekannt. Regelmäßig gibt er Spenden an das Waisenhaus und die Taubstummenanstalt, die Armenkasse, er hilft Familien in Not, kleidet jährlich ein Dutzend Konfirmanden der Stadt, unterstützt Studierende, steht Notleidenden bei, sobald er davon erfährt. Zusammenfassend gibt es jedenfalls in Hildburghausen kein wohltätiges Institut, das den Grafen nicht zu seinen ausdauerndsten und freigebigsten Unterstützern zählt.
Tierquälerei verachtet er. Soweit sein Fernrohr reicht, darf sich kein Bauernbursche wagen, ein Vogelnest auszunehmen. Die Vögel werden im Winter auf den Blumenbeeten gefüttert, selbst fremde Hunde und Katzen werden aufs Beste versorgt.
Eines ist ihm dabei stets wichtig, er will nicht um etwas gebeten werden und möchte selbst entscheiden, denn „nur die freiwillige Gabe“ hat nach seiner Meinung Wert. Dankesworte lehnt er grundsätzlich ab, das verbitten ihm seine Ehre und sein Stolz.
Vielleicht mag der Graf manche seltsame Eigenschaft an den Tag legen, die in vielerlei Hinsicht seinem gutmütigen Wesen widersprechen, doch sind sie letztendlich nur dem Schutz und der Geborgenheit der Dame geschuldet, denn sie ist der eigentliche Grund für sein einsiedlerisches Leben.
Unmittelbar nach dem Tod des Grafen erscheinen demzufolge in einer Reihe von Tageszeitungen und Publikationen die widersprüchlichsten Hypothesen. Zweifel und Argwohn machen sich breit, schweben wie das Damoklesschwert pietätlos über der Grabstätte. Man wirft dem Grafen vor, er habe sich eines schweren Verbrechens schuldig gemacht. Manche behaupten sogar, er habe die Dame entführt und sich skurrilen Exzessen hingegeben. Woher manche Leute das wissen wollen? Das bleibt ein Geheimnis. Sie haben ihn weder gesehen, noch mit ihm Umgang gehabt. Von denjenigen, die ihn wirklich gekannt, selbst erlebt haben, fällt erstaunlicherweise kein negatives Wort. Es ist bedauerlich, dass spekulativen Deutungen bis in die heutige Zeit hineinreichen. In einer Denkschrift, erst 2014 nach dem mdr-Projekt entstanden, heißt es, und diese schrillen Gedanken kann man nur mit Kopfschütteln kommentieren„Der Dunkelgraf litt an manischer Depression gepaart mit einer bipolaren Persönlichkeitsstörung, die latent erblich vorhanden war und sich durch Erlebnisse während der Französischen Revolution und durch den Verlust der Bezugsperson (seiner Großmutter) entwickelt oder verstärkt hat. Der Dunkelgraf wollte nicht oder nur in geringem Maße seine Begleiterin schützen, sondern sich, seine Krankheit oder sein eigenes Handeln verbergen.“ Als Lösungsmöglichkeit soll nun „ein fiktiver Gerichtsprozess gegen den Dunkelgrafen wegen Nötigung, Freiheitsberaubung, Körperverletzung und fahrlässiger Tötung durch unterlassene Hilfeleistung“ angestrebt werden.
Unfassbar, wie man heute noch versucht, den Dunkelgrafen zu dämonisieren. Was man ihm anhängen will, ist einzig und allein nur der Versuch, von den bisherig nachgewiesenen Fakten und Indizien abzulenken. Vielleicht haben diese Personen oder selbsternannten Dunkelgrafenforscher oder Gründer von Interessengemeinschaften die Person selbst nicht verstanden und benötigen dringend einer Therapie. Solch gemeine und unqualifizierte Verleumdung lässt sich unmöglich mit dem vereinbaren, was tatsächlich von autorisierten und ernstzunehmenden Persönlichkeiten überliefert worden ist.
Beschäftigen wir uns mit den Persönlichkeiten, die den Grafen besser kennen und schon damals solche Schmähschriften nicht hinnehmen konnten. Am 10. Mai 1845, gut einen Monat nach dem Tod des Grafen, erscheint ein langer Artikel der Augsburger „Allgemeinen Zeitung“, den ich hier in gekürzter Form anführen möchte: „Über den zu Eishausen bei Hildburghausen verstorbenen Grafen Vavel de Versay, der auch andere Namen führte, sind in letzter Zeit so viele grundlose Gerüchte durch die Tagesblätter gegangen, dass man sich in der Lage sieht, diesen hiermit entgegenzutreten. Graf Vavel de Versay (so hieß er eigentlich nicht, obgleich er ein Recht auf diesen Namen hatte)wohnte früher nicht in den angegeben Orten, sondern zuerst in der Rheingegend, dann an einem anderen Ort, den anzugeben man nicht ermächtigt ist, und kam vor etwa vierzig Jahren in Folge von politischen Vorgängen nach Hildburghausen, um daselbst ruhig und unbekannt zu leben. Bald nach seiner Ankunft überreicht er der damaligen Herzogin von Hildburghausen ein Schreiben von sehr hoher Hand, teilte die Gründe mit, weshalb er ungekannt sein wollte, was die Fürstin gern gewährte, und stand später mit derselben hohen Frau noch lange in Korrespondenz. Letzteres dürfte in Hildburghausen wohl noch bekannt sein, weshalb es eine Verletzung der Pietät ist, wenn ein Zeitungskorrespondent vermutend ausspricht, der Graf habe der Fürstin etwas weiß gemacht. Ob der nachmalige Landesherr, der Herzog Bernhard von Sachsen-Meiningen, von den Verhältnissen des Grafen unterrichtet war, weiß man nicht anzugeben; aber er hatte jedenfalls Takt genug, den Grafen, der schon zwanzig Jahre im Lande lebte und so viele Wohltaten ausübte, in seiner Ungestörtheit zu belassen und bei einem gewissen Vorkommnis den Behörden deshalb Anweisung zu geben ... Diese Begleiterin vorzüglich ist es, welche leichtfertige Korrespondenzen zu Vermutungen veranlasste, die den Grafen als Verbrecher erscheinen lassen und Ursache dieser Zeiten sind. Die erwähnte Dame lebte durchaus ganz freiwillig bei dem Grafen in solcher Abgeschiedenheit, auch trug sie nie eine Larve, und nur, um den Blicken der Zudringlichen auszuweichen, ließ sie häufig den Schleier nieder ... Ein Verbrechen oder Vergehen liegt also überall nicht vor, und dass auch die Meiningische Regierung keinen Grund zu solcher Vermutung sah, beweist der Umstand, dass sie die ganze Zeit hindurch nicht in die Geheimnisse des Grafen einzudringen suchte, während sie sich doch wahrlich von dem Vorwurf frei halten musste, ein Verbrechen zu dulden und zu fördern ...“
Auch Kühner betont: „Ich muss übrigens ausdrücklich bemerken, dass damals die öffentliche Meinung nicht mit dem Verdacht eines Verbrechens um die verschlossenen Türen des Schlosses herumspürte, sondern den wunderbaren Einsiedler für einen hochstehenden ehrenhaften Mann hielt und als Wohltäter des Dorfes und der Umgegend verehrte und der leise Faden des Argwohns, der sich durch das Leben dieses Mannes zieht, erst gegen das Ende des Verlaufs deutlicher in die Erscheinung trat und beachtet wurde.“
Denken wir an die Zusicherung unseres Herzogs Friedrich von Sachsen-Hildburghausen vom 12. März 1824 in einem Brief: Wir werden den Herrn Grafen „beständig unter Unseren Schutz nehmen und nicht zugeben ... das ihm irgendeine Unannehmlichkeit zugefügt werde.“ Der Herzog weiß also sehr wohl, welches Geheimnis der Dunkelgraf in sich birgt. Nicht umsonst werden auch die Mitglieder der Familien der Herzöge Sachsen-Hildburghausen, Sachsen-Altenburg und Sachsen-Meiningen „durch einen Eid aufs Kreuz zum ewigen Schweigen verpflichtet.“ Einen „Eid aufs Kreuz“, bei dessen Bruch die Konsequenzen nur allzu klar sein dürften, schwören sie nicht, um auch nur das geringste Verbrechen zu schützen. Es geht um sehr viel mehr, um ein großes politisches Geheimnis! Man lässt also den Grafen gewähren, denn alles, was er will, in stiller Einsamkeit mit der Dame ein Leben führen, die man ihm einst durch traumatische Ereignisse tief depressiv an seine Seite stellt. Seine unverbrüchliche Treue kann man ihm nicht zum Vorwurf machen, sondern sie verdient den höchsten Respekt!


19. Januar 2017

Folge 1


Dunkelgräfin, dem bisherigen Modell angepasst

 


Madame Royale im Temple

Ein mysteriöses Geheimnis verlangt vielleicht auch eine mysteriöse Aufklärung. Ähnlich wie in einem Kriminalfall werden Fakten und Daten zusammengetragen und gesammelt, Geschehnisse analysiert, die Wahrheit von der Unwahrheit getrennt. Man schafft ein gedankliches Modell, das das Ereignis abbildet und das Geschehene nachvollziehbar machen lässt. Häufig beruht ein solches Modell auf Vermutungen und ist je nach Einzelfall zu verifizieren oder falsifizieren, wobei im Letzteren das Modell anzupassen oder gar zu verwerfen ist.
Seit dem Wissenschaftsprojekt der Exhumierung der Dunkelgräfin, das in der Dokumentation „Die Dunkelgräfin von Hildburghausen“ im mdr-Fernsehen am 28.07.2014 für einige Hildburghäuser einen enttäuschenden Ausklang fand, ist es still geworden. Aber die Recherchen laufen im Hintergrund weiter, zumindest bei denjenigen, die nach wie vor der Überzeugung sind, bei der Dunkelgräfin handelt es sich um niemand anders als Marie Thérèse Charlotte de Bourbon, um die Madame Royale, die Tochter des guillotinierten Königs Ludwig XVI. und dessen Gemahlin Marie Antoinette, Erzherzogin von Österreich.
Andere wiederum finden sich mit dem Ergebnis ab und glauben, auf dem Schulersberg wurde die Dunkelgräfin bestattet. Nun braucht es nur noch eine passende DNA zum Vergleich, denn die gefundene ist so außergewöhnlich, dass es mindestens zwei Jahre dauern wird, um den Leichnam zu identifizieren. Also Fehlanzeige! Der Termin ist abgelaufen.
Der einfältigste Satz ist nach meiner Meinung, den manche Befürworter der Exhumierung nach der Veröffentlichung des Films von sich geben, um vermutlich auch sich selbst zu trösten: „Wir haben zwar keine französische Prinzessin, doch Hildburghausen hat immer noch die Dunkelgräfin.“
Fakt ist nach der DNA-Untersuchung des mdr, dass die Frau, die im Grab liegt, nicht Marie Thérèse de Bourbon ist. Fakt ist aber auch, dass damit nicht zwangsläufig die Frau im Grab mit der Frau identisch ist, die als „Dunkelgräfin“ seit 1807 in Hildburghausen/Eishausen gelebt hat.
Das Geheimnis wurde also nicht gelüftet, und das Ergebnis wird von den Machern und Helfern des sogen. Wissenschaftsprojekts fehlerhaft interpretiert. Das Grab auf dem Schulersberg gilt zwar bis Sommer 2014 als offizieller Abschluss eines mysteriösen Schicksals, doch das interdisziplinäre Wissenschaftsprojekt bringt kein zweifelsfreies Ergebnis, aber einen weiteren wichtigen Baustein in der fast 200-jährigen Geschichte der Dunkelgrafenforschung.
So muss also das bisher bestehende, gedankliche Modell nicht verworfen, sondern nur den sich neu ergebenden Tatsachen angepasst werden!
In meinen weiteren Ausführungen, die ich nicht nur in einem Artikel kommentieren kann, denn mir liegt sehr viel daran, es möglichst den Lesern verständlich zu machen. Daher werde ich mich im Laufe der nächsten Wochen durch Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden Daten auf einen logischen Abgleich von Überlieferungen, Fakten und Indizien berufen, wobei ich mich besonders auf die Ausgangslage der geheimnisvollen Geschichte beziehen will.
Mir fällt es einfach schwer zu glauben, dass sich teils international bedeutende Persönlichkeiten bei der Lösung des Geheimnisses solchen Irrungen und Wirrungen ausgesetzt haben. Sämtliche logische Schlussfolgerungen werden mit einem Handstrich durch das mdr-Projekt zunichte gemacht.
Zweifel an der Analyse der sterblichen Überreste der Dunkelgräfin sind nicht nur genetisch, sondern auch anthropologisch durchaus berechtigt.
Kurz nach der Veröffentlichung des Films schrieb mir die bekannte Historikerin und Buchautorin Carolin Philipps, die mit „Die Dunkelgräfin – Das Geheimnis um die Tochter Marie Antoinettes“ (Piper Verlag, München und Zürich, 2012) ein kenntnisreich und geistreiches Werk verfasste: „Für mich wird die Geschichte jetzt noch einmal richtig spannend. Als das Gesicht der Frau aus dem Grab, das die Anthropologin aus dem Schädel wiederhergestellt hat, über den Bildschirm flimmerte, wurde mir klar, dass da etwas nicht stimmen konnte.“
Die Dunkelgräfin hat ein Gesicht“ lautet eine der unzähligen Schlagzeilen Anfang August 2014 in unseren Regionalzeitungen. Das Gesicht, derb, fast klobig, zeigt weit auseinander stehende Wangenknochen, ein abgeflachtes Kinn, eine gedrungene Nase und kann nicht mit dem übereinstimmen, was eigentlich überliefert ist. Schönheit ist sicher eine Frage des Geschmacks. Ich jedenfalls habe sie mir anders vorgestellt. Man sucht vergeblich eine Spur, ja nur einen Hauch von Ähnlichkeit mit Königin Marie Antoinette. Man sagte immer, dass ihre Schönheit auch die ihrer Tochter war. Sicher gibt es nicht viele Augenzeugen, schließlich hielt der Dunkelgraf die Dame fast ständig im Verborgenen. Aber es gibt sie, und man kann die Aussagen von Leuten, die sie tatsächlich gesehen haben, nicht einfach ignorieren!
Nur einige Fakten habe ich zusammengestellt, und Sie, liebe Leser, sollen selbst entscheiden: Die Dame galt als feenhaft und wird von der damals neunjährigen Tochter des Radefeld`schen Hauses „als jung und sehr schön geschildert, von Mittelgröße, graziösem Gang, lebhafter Bewegung, hoheitsvoller Haltung. Alles an ihr sei aristokratisch gewesen ...“
Nach einer Erinnerung schreibt Dr. Karl Kühner, der seriöse Begründer der Dunkelgräfinnenforschung, Sohn des Pfarrers Heinrich Kühner, der damals in leidenschaftlicher Korrespondenz zum Dunkelgrafen stand, unmittelbar nach dem Tod des Grafen: „Ich selbst habe die Gräfin, obschon ich 15 Jahre lang, teils ganz, teils in allen Ferien auf dem Dorfe lebte, überhaupt nur zweimal und nur ein Mal einigermaßen deutlich gesehen; dies letztere geschah aus einiger Entfernung mittels eines Glases. Es mag im Jahr 1818 gewesen sein. Die Gräfin stand am offenen Fenster und fütterte mit Backwerk eine Katze, die unter dem Fenster war. Sie erschien mir wunderschön, sie war brünett, ihre Züge ausnehmend fein; eine leise Schwermut schien mir eine ursprünglich lebensfrische Natur zu umhüllen; in dem Augenblick wo ich sie sah, lehnte sie in schöner Unbefangenheit im Fenster, den feinen Shawl halb zurückgeschlagen, wie ein Kind mit dem Tier unter sich beschäftigt. Ich sehe noch, mit welcher Grazie die schöne Gräfin das Backwerk zerbröckelte und die Fingerspitzen am Taschentuche abwischte.“
Nur ein paar Jahre später bezeugt ein ebenfalls zuverlässiger Beobachter, der Flurdiener Stang, in Hildburghausen: „Als ich einst vom Pfaffengrund heraufkam, sah ich den Grafen mit der Gräfin auf der Chaussee, sie gingen neben einander und hinter der Kutsche her. Die Gräfin hatte den Schleier zurückgeschlagen und ich kann nur sagen, dass sie mittlerer Größe und sehr schön gewesen ist. Als mich der Graf gewahrte, ließ er sofort den Kutscher halten, hob die Gräfin in die Kutsche, folgte und schlug den Schlag zu, worauf der Wagen über die Marienstraße nach dem Haus am Spital fuhr.“
Auch der Postillon Appitz von Eishausen, der damals das geheimnisvolle Paar oft kutschierte, bestätigte diese Aussage mit den Worten: „Die Gräfin war nicht zu groß und sehr schön.“
Die Erinnerung des Ratsherrn Vogel, dem späteren Inhaber des Stadthauses des Grafenpaares am Spital (heute: Parkplatz gegenüber der Kreissparkasse in der Rückertstraße, d. Verf.), beschrieb die Dame im Jahre 1832 als „zart an Gestalt und sehr schön. Sie saß im Garten des Stadthauses in sich versunken, während der Herr hochaufgerichtet mit verschränkten Armen am Gartenzaun auf und abwandelte; eine unheimliche Gestalt aber entschiedener Cavalier, der die Befehle der Dame erwartete.“
Nicht ignorieren lässt sich ebenfalls die Bemerkung des Geheimrates Carl Friedrich von Bibra, der sich selbst mit Ahnenforschung seiner Familie beschäftigt und eine verblüffende Ähnlichkeit der Dame mit der Königsfamilie von Frankreich feststellt, als er dem mysteriösen Paar in der Marienstraße begegnet und die Dame den Schleier zurückgeschlagen hat.
Außerdem wäre da noch die Tochter der langjährigen Köchin des Grafen zu nennen, Dorothea Nothnagel, die acht Jahre im Schloss lebt. Sie schildert die Gräfin folgendermaßen: „... als eine Dame von sehr vornehmer Haltung, mit etwas ganz besonders feinem in ihren Zügen und so vornehm im Gang, dass es niedriger Gestellte gar nicht nachahmen konnten ...“
Ein wichtiger Zeitzeuge ist auch der Sohn des Geheimrats Kraus aus Ingelfingen, der die Dame 1804 mit zurückgeschlagenen Schleier sieht und als er einige Zeit später das Porträt der französischen Königstochter in die Hand bekommt, das man überall im Land herumreicht, rief er erstaunt aus: „Das ist ja meine Gräfin Vavel!“
Ein Lehrling der Kesselring`schen Hofbuchhandlung namens Fischer, der damals in das Schloss Zeitschriften liefert, weil der Diener Scharre durch Krankheit verhindert ist. Er findet niemanden im Schloss, der ihm die Zeitungen abnimmt. So geht er in den ersten Stock, öffnet eine Tür, hinter der er Stimmen vernimmt und steht der Dame unvermutet gegenüber. Der Graf geht sofort dazwischen und befördert ihn auf den Gang. Der kurze Augenblick aber reicht, den jungen Mann von einer auffallenden Ähnlichkeit der Dame mit der Königin Marie Antoinette zu überzeugen, deren Bild weit verbreitet ist. Die Beobachtung teilt er sogleich seinem Chef mit, wird von diesem allerdings nur belächelt. In den späteren Jahren empfindet er es als Genugtuung, dass seine Behauptung vielleicht doch stimmt. So erzählt es im Jahr 1938 der Enkel des Lehrlings Fischer dem Dunkelgrafenforscher Maeckel.
Alle, die sie wirklich sahen, sprechen von der Schönheit der Gräfin und ihren feinen Zügen. Schlussfolgernd ergibt allerdings die Gesichtsweichteil-Rekonstruktion auf dem Schädel aus dem Grab, die auch mit viel Fantasie und modernster Computertechnik nicht zur Schönheit reichen wird, kein solches Bild.
Betrachten wir zunächst weitere Einzelheiten der Exhumierung, so weist der beschriebene Zustand des Gebisses große Auffälligkeiten auf. Lesen wir dazu den Bericht des Stabs- und Bataillonsarztes Dr. v. Mielecki, der gemeinsam mit dem Kirchenrat Dr. Rudolf Armin Human am 8. Juli 1891 die erste Graböffnung vornimmt: „Die Gruft wurde freigelegt, der Sarg war vermodert, das Skelett aber und besonders die Zähne gut erhalten.“ Bei der jüngsten Exhumierung allerdings ist der Oberkiefer zahnlos, dort befinden sich nur noch drei Wurzelreste. Der Unterkiefer enthält lediglich vier stark Karies befallene Schneidezähne. Was für ein Widerspruch! Das muss doch auffallen, denn bekanntlich verwesen Zähne kaum oder fast gar nicht! Zumindest werden sie nach dem Tod nicht mehr von Karies befallen, geschweige denn, sie hinterlassen tief in die Kieferknochen eingegrabene Abszesshöhlen. Auch ist kaum vorstellbar, dass Mielecki ein solches Gebiss, die Zähne als „besonders gut erhalten“ bezeichnet, sicher fänden diese bei ihm gar nicht erst Erwähnung. Dieser Aspekt lässt hier sogar die Frage entstehen: Handelt es sich bei beiden Exhumierungen, auch wenn 120 Jahre dazwischen liegen, tatsächlich um ein und dieselbe Person?
Ein weiterer sich fast gleichzeitig ergebender Fakt lässt Zweifel an der wissenschaftlich morphologischen Analyse der Gebeine der Person am Schulersberg aufkommen. Ich denke, es ist an der Zeit, eine weitere Ungereimtheit, die sich bei dem interdisziplinären Wissenschaftsprojekt ergab, offenzulegen. Der mdr hatte nun ausreichend Zeit, sein Versehen zu revidieren. Ich werde es nur grob und für jedermann verständlich beschreiben, denn ein Wissenschaftler oder Arzt bin ich nicht. Wir erinnern uns alle an die außergewöhnliche DNA, die aus einem der Oberschenkelknochen gewonnen wurde. Sehen wir jetzt mal von der Einzigartigkeit der Lage der Gebeine ab, die sich durchaus noch mit der ersten Graböffnung erklären lässt, weisen jedoch beide Oberschenkelknochen unterschiedliche Längen auf und passen anatomisch unmöglich zu den dort vorgefundenen Unterschenkelknochen. Sie sind dafür nämlich zu kurz. Es scheint sich um Gebeine von zwei verschiedenen Personen zu handeln. Eine Fortbewegung der Dame mit solch einem Skelett wäre demzufolge keinesfalls möglich gewesen, geschweige denn – ein graziöser Gang. Diesen Umstand kann und möchte ich hier nicht weiter kommentieren, es steht mir nicht zu und führt dann doch zu weit. Sicher gibt es auch dafür eine rein logische Erklärung, aber das hat mit unserem eigentlichen mysteriösen Geheimnis nur sehr wenig bis gar nichts zu tun.
Ich möchte Sie, liebe Freunde und am Schicksal der Dunkelgräfin Interessierte, in den nächsten Wochen auf eine Zeitreise einladen. Fakten und Indizien analysieren. So möchte ich Sie animieren, über einzelne Sachverhalte nachzudenken, denn immerhin liegt bei uns in Hildburghausen/Eishausen nach wie vor eine fantastische Geschichte im Verborgenen. In meinen nächsten Beiträgen werde ich mich hauptsächlich auf Fakten und Tatsachen beziehen, die ausschließlich auf historische Quellen zurückzuführen sind, und wir werden uns am Ende der Studien schrittweise dem bisherigen Modell anpassen, das mit hoher Wahrscheinlichkeit ein glaubwürdigeres Ergebnis widerspiegelt.

Ines Schwamm, Hildburghausen



„Irrtum“,sprach der Hahn und
stieg von der Ente

 


Dienstag, 17. Januar 2017

Leicht verwirrt bin ich. Las ich doch eben in t-online, dass der letzte Mensch auf dem Mond verstorben sei. Ich dachte immer auf dem Mond lebt nur der „Mann im Mond“. Unglaublich, wer mir bei meinem morgendlichen Spaziergang über den Marktplatz noch alles an Menschen begegnet ist, und die lebten alle, selbst ich. Einer fragte mich sogar, was ich davon hielte, dass ein Bürgermeister a. D. für eine historisch überholte Partei sein Geld bis zum Eintritt in das Vorruhestandsalter im ehemaligen Reichstag überwiesen bekommen soll, verdienen ist sicherlich sehr ungenau. Das ist mir eigentlich auch reichlich egal, Hauptsache, er ist weit weg. Ob er das allerdings mit einem Listenplatz schafft, wage ich zu bezweifeln.

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist demokratisch. Wer daran zweifelt, zweifelt selbst auch die Demokratie an, nicht wahr, Kabinett Merkel/Gabriel? Demokratie ist nicht nur, was einem zufällig in den Kram oder in die politische Strategie und Taktik passt. Ich habe einige Gründe, dass die Neonazis nicht verboten werden. Schlimm wäre es, wenn sie sich in den Untergrundkampf zurückziehen würden und Straßenkämpfe wie in der Weimarer Republik organisierten. Wenn die linken und die rechten Sozialisten wieder im Gleichschritt marschieren, ich brauche sie nicht. Deutschland braucht sie auch nicht. Nachdenkenswert ist aber, dass der Antragsteller für das Parteienverbot mit so leicht widerlegbaren Argumenten einstimmig verwiesen wurde. Aber die Regierung ändert gerne auch mal die Windrichtung und wundert sich, dass es Protest gibt, Populismus nennen sie das dann. Die obersten Richter unseres Landes haben die Demokratie verteidigt.


9. Januar 2017

In einer schlaflosen Frühstückspause
über die Servicewüste nachgedacht

  

Wie kann es eigentlich sein, dass in Hildburghausen in manchen Bereichen nichts passiert. Alles ist ein wenig schwierig, von der Zustellung der Werbeblätter bis hin zu …, auch lassen wir das. Bleiben wir mal konkret bei der kostenlosen „Südthüringer Rundschau“, die sich ausgezeichnet im Landkreis etabliert hat und nicht mehr wegzudenken ist. Sie informiert ausgezeichnet und hat auch wesentlich bei der Entwicklung unserer Heimat mitgeholfen. Seit Wochen bekomme ich sie nicht mehr, und wenn ich in der Verteilerstelle bei Meiningen angerufen habe, ist es ein Glücksfall, wenn ich sie die Woche darauf vor dem betreffenden Wochenende bekomme, halbgroßes Glück ist, wenn sie dann am Montag oder Dienstag, also nach dem Veranstaltungswochenende im Briefkasten klemmt. Vorbei, verweht, nie wieder! Ich könnte das Blatt im Netz lesen, sagt man. Ja, kann ich, kein Problem und die Werbebeilagen, die Angebote und Empfehlungen. Ich bin kein Schnäppchenjäger, kaufe mit Verstand ein, aber ich informiere mich auch gerne. Wir leben doch im Informationszeitalter.

Mindestlohn wird für die Zusteller bezahlt, wow, das ist ein gutes Zubrot für viele Menschen, da muss man sich nicht schämen – vom Schüler bis zum Rentner. Mitunter hat man Zusatzwünsche, da könnte ein wenig Geld angesammelt werden. Auch wenn es sarkastisch klingt. Es gibt genug Deutsche, die irgendwo herumhängen, im privat organisierten Biergarten im Schlosspark, und kalt ist es dort. Manchen ist sogar der Weg zur gefüllten „Tafel“ zu weit. Wenn ich da so sehe, wer in der Oberen Marktstraße mit gefüllten Taschen, Tüten und Beuteln aus dem Geschäft herauskommt, da denke ich in meiner Naivität, irgendwas stimmt hier nicht und läuft verkehrt. Wer so schleppen kann, dem dürfte es gelingen, ein paar Zeitungen in die Briefkästen zu stecken. Aber in Deutschland kann man sich schon sehr bequem als Gesunder bis ins Rentenalter ohne Arbeit durchmogeln, wenn man keine großen Ansprüche stellt.

Ja, ich weiß, jetzt kommt der Shitstorm der Entrüstung und dass ich menschenfeindlich bin. Antwort: Wer ordentlich leben will, muss auch etwas dafür tun. Ja, ich weiß, dass das eine reaktionäre Antwort von einer Ewiggestrigen ist. Wahrheiten sind momentan nicht erwünscht.

Und die Nachwuchsflüchtlinge, schick gekleidet und ausgestattet, nicht so geschmacklos wie viele Deutsche im ausgebeulten Jogginganzug oder insgesamt reichlich geschmacklos gekleidet. Mit modernster Kommunikationstechnik sind die meist jungen Leute ausgestattet, und mancher ist mehrfach angemeldet und kann trotz Fingerabdruck Leistungen in anderer Größenordnung beziehen. Toll! Viele sehe ich rauchend, und das ist nicht sehr billig, und auch mal eine Flasche Schnaps kaufend, aber Allah schaut nicht bis Hildburghausen. Man sagte mir, die können unsere Sprache nicht und dürften auch nach der Gesetzeslage nicht arbeiten. Ich sage darauf, wenn ich Monate in einem anderen Land bin, kann ich die Sprache einigermaßen, denn ich will mich integrieren und Bürger dieses Landes werden. Da kann ich auch Zeitungen verteilen, und Gesetze kann man ändern, auch wenn es im Deutschen Bundestag an Bedenkenträgern und Lobbyisten wimmelt. Integration ohne Arbeit, das geht nach meinem Menschenverstand überhaupt nicht. Und die Politiker haben wieder ein Problem. Die nächsten Wahlen stehen vor der Tür, und da darf man keine heißen Eisen anpacken. Man will ja gewählt werden. Übrigens, diese Politiker brauche ich nicht!

So, jetzt habe ich gewettert, meinen Frust abgelassen, aber vermutlich bekomme ich meine Zeitung weiterhin nicht. Irgendwas ist faul im Staate Deutschland! 


08. Januar 2017
Beim t-online-Lesen darüber nachgedacht 

T-online-Nachrichten. Wer kennt sie nicht? Herr Hausen liest sie regelmäßig. Politische Meinungsbildung für Millionen Kunden. Am heutigen Mittag (8. Januar 2017) kurz nach dem Mittagessen lese ich in einem Bericht, dass im Bremer Stadtteil Blumenthal Silvester ein fünfzehnjähriger Syrer von mehreren Personen angegriffen worden sei und er bei der Prügelattacke schwere Kopfverletzungen erlitten habe. Man hat ihn in einem Krankenhaus in ein künstliches Koma gelegt, trotzdem sei er verstorben. Der "Weser-Kurier" schrieb, dass die Staatsanwaltschaft berichtete, dass es keinen fremdenfeindlichen Hintergrund gegeben habe. Und dann kommt der ungeheuerliche Satz: "Es gebe keinen Hinweis darauf, dass Deutsche an der Tat beteiligt waren."

Als Leser schließe ich daraus, dass es Fremdenfeindlichkeit dort gibt, wo sich Deutsche befinden. Wenn ich etwas zu sagen hätte, würde ich den t-online-Redakteur rauswerfen und den Chefredakteur ein paar Gehaltsklassen runterstufen.

Eine Kommentierung des t-online-Beitrages im Netz war, vermutlich aus demokratischen Gründen, nicht möglich. Bei der volksdümmlichen Gleichgültigkeit interessiert das auch niemanden, vielleicht nur, wenn ein albernes Filmsternchen einen Furz lässt oder durch Silikondruck sich eine Bluse wundersam öffnet.

Nur eine Frage habe ich noch: Bin ich nach dem Schreiben dieses Textes ein Nazi? Heutzutage muss man unendlich viel bedenken, ehe man etwas sagt oder schreibt.


 
Es ist einfacher, Menschen zu täuschen, anstatt sie davon zu überzeugen, dass sie getäuscht worden sind.

Mark Twain, 1835-1910, amerikanischer Schriftsteller
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