Chirotherium Kaupii
Nach den Chirotherium-Funden zwischen Heßberg und Weitersroda bei Hildburghausen hat der weitbekannte deutsche Lyriker, Erzähler und Übersetzer Eduard Mörike, der einen Hang zur Petrefaktenkunde (Versteinerungen) hatte, auf Bitten des Paläontologen Carl Albert Oppel (1831 – 1865), der in seiner Zeit eine Berühmtheit mit bedeutenden wissenschaftlichen Beiträgen zum erdgeschichtlichen Zeitabschnitt des Juras geworden ist, nachfolgendes Gedicht verfasst.
Eduard Mörike
Poetische Etikette zu
Chirotherium Kaupii
(aus den Heßberger Sandbrüchen)
Ob Riesenfrosch, ob Beuteltier
War leider noch nicht zu ergründen;
Die klare Fährte hätten wir,
Doch nur ein Oppel wird die Bestie selber finden.
Käm es zuletzt auf einen batrachum heraus,
So hieße er vielleicht nicht übel iambicus,
Denn wenn der Frosch nicht etwa springt, vielmehr nur geht,
Setzt er den kleinern Vorderfuß zuerst vor sich,
Den Hinterfuß der selben Seite setzt er nach,
Den ungleich größern, eben wie figura zeigt,
Und hat somit den regulären Jambengang.
Ein älteres Muster dieses Verses findet sich
Wohl schwerlich als in Heßbergs Steinkodizibus.
Die heut’gen Frösche weiß man, unsre dichtenden,
Bewegen sich aus angeborenem Instinkt
In diesen Maßen mit besondrer Leichtigkeit.
Ich meinesteils, Herr Doktor, gäbe ungesäumt
Für einen einzigen, nur zur Not erhaltenen
Antediluvianischen Batrachier
Von gegenwärtiger Spezies die ganze Schar
Des neuesten Diluvii, das de Parnaß
Vom Fuße bis zum Gipfel deckt, mit Freuden hin
Und meine Jamben billig alle obendrein.
Aus: Eduard Mörike: Sämtliche Werke. Zweiter Band: Gedichte-Nachlese, Idylle vom Bodensee, Wispeliaden. Herausgegeben vom Kunstwart durch Karl Fischer. Callwey-Verlag, München, um 1906. S. 125 f.