Hildburghausen Scheler
1945 – Schule in der Schulstadt Hildburghausen
Der bedeutende aus Veilsdorf stammende Universitätsprofessor Prof. Dr. Manfred Scheler (* 1926), der die Staatliche Oberschule Hildburghausen (Gymnasium) von 1937 bis 1946 absolvierte, beschäftigte sich nach seiner Emeritierung auch intensiv mit der Schulgeschichte Hildburghausens und veröffentlichte einige wichtige Arbeiten. So trat er 1997 als Herausgeber und Autor der von der „Südthüringer Rundschau“ verlegten Publikation „Schulstadt Hildburghausen – Ein Ausflug in die Schulgeschichte unserer näheren Heimat unter besonderer Berücksichtigung des Gymnasiums Georgianum“ hervor. Im Teil I der Schrift veröffentlicht er auf 35 DIN A 4-Seiten den fundierten Aufsatz „Das Hildburghäuser Gymnasium im Rahmen der Schulgeschichte unserer Heimat“. Daraus sei nachfolgend zitiert (S. 37 f.):
Luftschutzübungen, die im Frühjahr 1939 in den Kellerräumen der Oberschule durchgeführt wurden, deuteten auf das Ende der Friedenszeit. Am 1. September 1939 brach der Zweite Weltkrieg aus. Eine Kriegsbegeisterung wie 1914 gab es nicht. Seit dem Kriegsbeginn gegen die Sowjetunion 1941 mehrte sich die Zahl der Gefallenen, immer häufiger wurden die Schüler in der Aula zusammengerufen, um gefallener Schulkameraden zu gedenken. Es gab Umstellungen und Kürzungen im Lehrplan, u. a. in den Fächern Musik und Zeichnen. Die Klassen der Oberstufe wurden während der Ferien- und Schulzeit in der Landwirtschaft eingesetzt, so während der Erntezeit auf dem Mönchshof bei Römhild, in Billmuthausen und zum Flachsraufen in Gompertshausen. Je weiter der Krieg voranschritt, desto jünger waren die Eingezogenen, nicht wenige von ihnen hatten sich freiwillig als Offiziersbewerber gemeldet, viele verließen die Schule vorzeitig mit einem „Reifevermerk“. Seit dem Herbst 1943 wurden die 11. Klassen der Ober- und Aufbauschule zum Luftwaffenhelferdienst in Leipzig herangezogen, der Unterricht wurde dort behelfsmäßig neben der militärischen Ausbildung und dem Dienst an der Flugabwehrkanone (Flak) aufrechterhalten, gegen Kriegsende zog man sogar 15-jährige Schüler zum „Volkssturm“ heran. Seit dem Frühherbst 1944 wurden Räume der Aufbauschule, seit Anfang 1945 auch der Oberschule als Lazarett genutzt, der Unterricht konnte in den letzten Kriegsmonaten nur noch behelfsmäßig aufrechterhalten werden. … Nach dem Einmarsch amerikanischer Truppen im Raum um Hildburghausen zwischen dem 5. und 10. April 1945 endete der verhängnisvolle Krieg. Anfang Juli 1945 wurde Thüringen russisches Besatzungsgebiet. Die Studienräte Dr. Hintz, Dr. Uehling, Möbus und Eisenhut wurden von der sowjetischen Geheimpolizei (NKWD/MWD) verhaftet. Dr. Hintz kam im sowjetischen „Sonderlager“ Buchenwald um, Dr. Uehling starb in der Sowjetunion, Möbus und Eisenhut wurden nach einigen Jahren in Buchenwald bzw. der Sowjetunion in ihre Heimat entlassen.
Nach halbjähriger Pause wurde der Schulunterricht auf Befehl der russischen Militäradministration Anfang Oktober 1945 wieder aufgenommen. Die Oberschule richtete einen halbjährigen Abiturientenkurs mit 38 Schülern ein, fast ausschließlich Kriegsteilnehmer im Alter von 18 bis 24 Jahren. Kommissarischer Schulleiter war Dr. Staude aus Themar, der zuvor am Schleusinger Gymnasium unterrichtet hatte. 1946 wurden, bedingt durch die Versäumnisse während der letzten Kriegsjahre, insgesamt vier Abiturientenprüfungen abgehalten, im März, Juni, Oktober und Dezember. Noch vor Schuljahresbeginn im Herbst 1947 waren die meisten Lehrer aus dem Dienst entlassen worden, die Mitglieder der NSDAP (der „Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei“) gewesen waren. Nur wenige Lehrkräfte der alten Ober- und Aufbauschule blieben in ihrer Stellung, nur unvollkommen füllten Lehrer aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten östlich von Oder und Neiße die Lücken, hinzu kamen die ersten in 8 bis 10 Monaten ausgebildeten „Neulehrer“ und Schulhelfer, ehemalige Abiturienten, die an pädagogischen Kurzkursen teilgenommen hatten. Lehrer mit Universitätsausbildung nach 1945 ersetzten erst seit den 50er Jahren die meisten der notdürftig ausgebildeten Junglehrer. Die Mängel an schulischer Ausbildung glich der Wille der jungen Kriegs- und Nachkriegsgeneration aus, allen Schwierigkeiten zum Trotz, beruflich voranzukommen.
In der Funktion als (kommissarische) Schulleiter wechselten sich von 1945 bis 1951/52 Dr. Zobel, Dr. Staude, Herr Hippel, Dipl.-Ing Euterneck, Dipl.-Ing. Opitz, Wilhelm Mühlfeld, Dr. Paul Lunderstedt und Horst Weigelt ab. Als Kreisschulrat, bereits von den Amerikanern vorgesehen, fungierte in den ersten Jahren nach 1945 Realoberlehrer Kurt Wiegand von der Oberschule Hildburghausen. Russischer „Bildungsoffizier“ bei der Sowjetischen Militäradministration im ehemaligen Finanzamt in der Schleusinger Straße war Major Iwanjakow, im Zivilberuf Leiter einer Mittelschule in Saratow …