Rhaw, Georg
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Musiktheoretiker, Komponist, Musikdrucker, Verleger, Pädagoge, Thomaskantor
Rhaw nennt sich „musicus et typographus“. Seinen Geburtsort bestätigt er selbst in dem „dem Bürgermeister und Rat der Stadt Esfelt“ 1544 gewidmeten Werk „Newe deudsche geistliche Gesenge ... für die gemeinen Schulen“. In seinem „Enchiridion utriusque musicae practicae“ nennt er sich „Georgius Rhav Esfeldensi“.
Rhaw muss in Eisfeld eine glückliche Jugend verbracht haben, denn er hängt mit großer Liebe und Dankbarkeit an seiner Vaterstadt. „So hab ich gleichwol meines lieben Vaterlandes/drinne ich geborn und ynn der Jugent erzogen nie vergessen“. Bereits von Kindesbeinen an („a pueritia“ – wie er im Vorwort zu „Postremum Vespert. Officii Opus 1544“ schreibt) hat er sich mit Musik beschäftigt und jedenfalls eine gute (schul)musikalische Erziehung genossen.
Ab 1508 studiert er an der Erfurter Universität und ab 1512 ist er Student („Baccalaureandus in artibus“) der Universität zu Wittenberg. Das Bakkalaureat ist die unterste Stufe der akademischen Bildung. Im Jahre 1514 erlangte Rhaw den akademischen Grad eines „Baccalaureus in artibus“. Er legt jedoch nicht die Magisterprüfung ab – dazu hätte er weitere eineinhalb Jahre studieren müssen – sondern erlernt in den folgenden vier Jahren in der Druckerei seines Verwandten Johann(es) Rhaw-Grunenberg in Wittenberg das Druckerhandwerk. Nebenbei betreibt er auch musiktheoretische Studien.
Im Jahre 1518 wird Georg Rhaw erneut Student, diesmal in Leipzig, aber bald schon als „Assessor“ habilitiert und in den Lehrkörper der „artistischen Fakultät“ aufgenommen, wo er die „Wissenschaft von der Musik“ lehrt. Noch vor seiner Ernennung zum „Assessor“ wird er zum Thomaskantor berufen. Rhaw ist der erste namentlich bekannte Thomaskantor. Er muss schon ein Meister seines Faches gewesen sein, wenn ihm ein solches Amt übertragen worden ist. Als einer der ersten Anhänger Martin Luthers muss er jedoch 1520 seine Ämter niederlegen (schon seit 1512 hat Rhaw Beziehungen zu lutherischen Kreisen).
Rhaw verlässt Leipzig und wird erst einmal Schulmeister („ludimagister“) in Eisleben und von 1520 bis 1522 in Hildburghausen, wo „er sich des größten Wohlwollens der anderen Lehrer wie auch rührender Anhänglichkeit seiner Schüler erfreute“. 1523 zieht es ihn wieder nach Wittenberg, wo er 1525 eine Druckerei eröffnet. In seiner Werkstatt druckt und verlegt er vor allem Werke frühprostestantischer Kirchenmusik, teilweise mit eigenen Sätzen, Gesangbücher, aber auch die Schriften von Luther, Melanchthon und Spalatin, auch die Confessio Augustana sowie Flugschriften und eigene musiktheoretische Werke.
Rhaw ist in erster Ehe verheiratet mit Anna, geb. Busse († 23.03.1534). Aus dieser Ehe gehen fünf Töchter und ein Sohn, Georg jun. († 06.07.1547), hervor. Die älteste Tochter Anna vermählt sich mit dem Coburger Schulrektor Magister Johann Weißgerber, der 1561 nach Hildburghausen als Pfarrer berufen worden ist, sein Amt aber nicht antreten kann, da ihn der Tod kurz vor Amtsantritt ereilt hat. Die zweite Ehe von Georg Rhaw wird 1538 geschlossen. Der Name der Ehefrau ist nicht bekannt. Sie stirbt am 28.09.1571. Das einzige Kind dieser Ehe, der Sohn Johann, ist bereits im Alter von 9 Jahren verstorben (27.08.1547).
1555 wird in Hildburghausen ein Martin Rhaw, vermutlich ein Verwandter von Georg Rhaw, als Pfarrer an der St.-Lorenz-Kirche genannt. Er erleidet 1559 einen Schlaganfall und stirbt 1561.
Eine jahrelange schwere innere Krankheit, die sich bereits 1537 bemerkbar gemacht hat, schwächt Georg Rhaw zusehends. „Steinschmerzen“, verbunden mit Atemnot und starkem Husten, zwingen ihn, sich in ständige ärztliche Behandlung zu begeben. Doch die Krankheit besiegt schließlich seinen Lebenswillen. Er wird am 6. August 1548 von seinen Leiden erlöst und mit großen Ehren und Glockenläuten zu Grabe getragen.
Georg Rhaw ist ein in Wittenberg angesehener Bürger gewesen. 1541, 1544 und 1547 ist er Ratsherr. Als Komponist ist er vor allem durch sein Werk „Enchiridion utriusque musicae practicae“ (2 Teile: „Musica plana“ 1517 und „Musica mensuralis“ 1520) hervorgetreten.
Nach: Ingward Ullrich: Hildburghäuser Musiker. Reihe: Schriften zur Geschichte der Stadt Hildburghausen, Band 4. – Verlag Frankenschwelle KG, Hildburghausen 2003 – 3-86180-129-9