Gleichbergregion
Zeitzeugenbericht Heinz Frank, Milz
Das Ende der NS-Zeit in der Gleichbergregion
In den ersten Apriltagen 1945 näherte sich die US-Armee auch unserer engsten Heimat und unsere Sorge mit dem, was nun kommen wird. In der Nacht zum 1. April mussten auch fünfzehnjährige Burschen sich zum „Abmarsch in sichere Gebiete“ Richtung Thüringer Wald aufmachen. Wir Milzer verbrachten aber die Nacht auf unserem Dorfplatz, sahen vorbeifahrende Wehrmachtsfahrzeuge und hofften, dass es nicht zu Kampfhandlungen kommen wird, da sie weiterfuhren.
Gegen Morgen kam vom Bürgermeister der Befehl, uns gen Hildburghausen in Marsch zu bringen. Beim Abzweig zum Dörflein Roth machten wir erst mal Frühstück und da kam per „Sachs-Motorrad“ ein NS-Führer und mahnte zum Weitermarsch. Nach rechter Überzeugung siegte der Verstand und wir gingen heimlich durch den Wald wieder heim, auch zur Freude unserer Angehörigen. Andere aus Mendhausen, Römhild, Hindfeld und der Gleichbergregion mussten teils bis Saalfeld, wo sie dann doch noch heimlich entwichen und wieder ihre Heimatdörfer erreichten.
Es war der 8. April, wo wir vom westlichen Dorfrand zwischen Irmelshausen und Königshofen US-Fahrzeuge sahen und ältere Leute baten, die in Milz noch weilenden Soldaten, die ein paar Geschütze in Stellung bringen wollten, zur Weiterfahrt, um unser Milz nicht zu gefährden. Ihre Munition ließen sie teils in einem kleinen Steinbruch nahe der Hauptstraße nach Eicha liegen, die acht Tage später fünf meiner Schulkameraden beim Auffinden und „herumhantieren“ durch Explosion das Leben kostete. Am Abend des 8. April kamen drei US-Panzerspähwagen nach Milz, das eine weiße Fahne am Kirchturm zeigte, fuhren bis zur Brücke an der Milz und kehrten wieder um nach Römhild. Am 9. April fuhr nachts eine Panzereinheit durch unser altes Torhaus gen Hindfeld-Gleichamberg und weiter. Zwei Panzer blieben am Torhaus und an der Friedhofsmauer, richteten die Geschütze zum Gleichberg und wir bekamen Ausgangssperre, nach zwei Tagen nur noch nachts. Jagdgewehre, Ferngläser und Fotogeräte mussten wir abgeben, sie wurden an der Hauptstraße verbrannt. Wir bekamen kleine Ausweise. Auf meinem stand: „Farmer Assistent“!
Für den Besuch der Nachbarorte wurden Genehmigungen verlangt. Im Juli kamen dann Soldaten der Roten Armee, die ein paar Häuser beschlagnahmten und als Quartiere einrichteten. Wir mussten uns aus dem Wald Grenzpfähle beschaffen und an der Grenze zum Bayernland unter Aufsicht der russischen Soldaten aufstellen. So kam es zur „Demarkationslinie“, die so allmählich von deutschen Grenzern bewacht wurde und später zur Staatsgrenze wurde.
Nach: Danny Kambach und Marco Seeland:
Die Besatzung des Landkreises Hildburghausen im Jahre 1945. – a. a. O., S. 21 f.