Fisch
Um leben zu können, musst du genießen können. Ich meine nicht die Genuss-Sucht, die viele Menschen krank und zu Sklaven macht, die so viele Menschen ins Unglück stürzt. Um genießen zu können, musst du frei sein. Frei von Gier, frei von Neid, frei von einer Leidenschaft, die dich zerreißt und zerstört.
Wenn du genießen kannst, kannst du lachen. Du freust dich. Du bist dankbar, dass jeden Morgen die Sonne für dich aufgeht. Du kannst selig sein über ein weiches Bett und über eine warme Wohnung. Du triffst freundliche Menschen. Die Freundschaft Gottes kommt dir entgegen in jedem Lächeln, in jeder Blume, in jedem guten Wort, in jeder hilfreichen Hand, in jeder Umarmung.
Wenn du kleine Dinge in aller Ruhe genießen kannst, dann wohnst du in einem Garten voller Seligkeit.
Wahres Glück ist kein extravaganter Luxusartikel, unerschwinglich teuer und unerreichbar fern. Dein Glück ist ganz nahe. Am Tage von heute blühen kleine Freuden an deinem Weg. Du musst sie nur entdecken und dafür dankbar sein. Hör auf, die Nöte von gestern wiederzukäuen. Mach dir keine sinnlosen Sorgen um die Zukunft. Wenn du heute nicht glücklich sein kannst, erwarte nicht, dass morgen ein Wunder geschieht.
Heute musst du glücklich sein. Es gibt keinen Fahrstuhl zum Glück. Man muss die Treppe nehmen.
(Phil Bosmans, 1922 – 2012, katholischer Geistlicher, Belgien)
Irgendwann sollten die braven Bürger mit einem Netz gefangen werden. Die DDR hatte eine der größten Fischfangflotten der Welt aufgebaut. Und dann begann in diesem Kampagnen-Staat die Werbung. Aber darüber findet der Leser etwas beim Kapitel Fisch. Wenn die Statistischen Jahrbücher stimmen, hatte sie 1971 gigantische 220.000.000 Kilogramm Fisch auf den Weltmeeren gefangen, das wären 13 Kilogramm pro Person, unglaublich! Dazu kam die Binnenfischerei. Mit überdimensionierten Summen auf Kosten der eigenen Existenz subventioniert. Der agitatorische Nimbus vom besten deutschen Staat verbreitete die Propaganda gebetsmühlenhaft. Nostalgiker fällt nur der Satz ein: „Es war nicht alles schlecht.“ HJS hält dagegen: “Die DDR hat sich diese DDR nicht leisten können.“ oder „An Mangel hat es nie gemangelt.“
Wie viel Fisch in die Töpfe und Pfannen kam, ist ungewiss, denn die Kühlkapazitäten reichten in der DDR bekanntlich nicht aus. Der Fischkoch Rudolf Kroboth wurde im Deutschen Fernsehfunk etabliert, Parolen auf farbigem Papier wurden an die Schaufensterscheiben geklebt, in den Auslagen standen ohnehin meist Grünzeug, verstaubte Kunstblumen oder Urkunden zu Heldentaten im sozialistischen Wettbewerb und simple Werbesprüche: „Frischen Fisch auf jeden Tisch“ und „Jede Woche zweimal Fisch, hält gesund, macht schlank und frisch“. Zumindest in jeder Bezirksstadt gab es auf Kroboths Initiative hin eine Gaststätte mit dem klangvollen Namen „Gastmahl des Meeres“. Der subventionierte Fisch war billig, spottbillig, so dass er auf seine Weise ein Sargnagel für die DDR wurde. Ein Kilo Hering kostete 1,02 Mark, der Kabeljau 1,56 Mark.
Die internationale Seerechtspolitik mit den Fischereischutzzonen zwang die DDR-Fischfangflotte hinter ihre eigenen Ufer und Grenzen. Wer in fremden Gewässern fischte, musste Devisen hinblättern. Dafür war die DDR zu klamm. Dienstags, vor dem Sandmännchen, war der Fischkoch auf dem Bildschirm inzwischen überflüssig. Der Familiensendeplatz wurde frei. Den Traumsand verstreute der Freund aller kleinen und großen Kinder. Die ökonomischen Träumereien hämmerte das Politbüro den Sozialismusgläubigen ein. Das Fischangebot wurde sichtbar knapper. Die verbliebenen Fische brachte man auch ohne Kampagne oder Werbung in die Töpfe und Pfannen, sie wurden knapper.
Große Binnenfischanlagen wurden erbaut, denn die Bäche und Flüsse taugten wegen der Umweltverschmutzung nicht viel.
Vom Deutschen Anglerverband (DAV) mit seinen über 500.000 (!) Mitgliedern, sicherlich waren auch einige Karteileichen dabei, wurden 1990 immerhin 37.145 ha Gewässerfläche genutzt. In Hildburghausen gab es sehr viel Engagement, aber nicht nur um die Nutzung, sondern auch um die Pflege der heimischen Gewässer. Die Einheit Deutschlands begann allerdings bei den Freizeitanglern und -fischern beinahe ein Vierteljahrhundert später. Erst im Jahr 2013 fanden sich die beiden Anglerverbände mehr oder weniger „zusammen“. Nach 1990 hatte der Deutsche Anglerverband (DAV) aus der einstigen DDR auch im Westen Landesverbände gebildet und der Verband Deutscher Sportfischer e.V. (VDSF) im Osten Deutschlands. Verhältnisse wie bei den zwei Königskindern, die nicht zusammenkommen konnten, weil das Wasser zu tief war. Hier waren es sicherlich die Befindlichkeiten und die Unseligkeiten der Vereinsmeierei.
Die Familie isst gerne Fisch, nur nicht den Fischmüll Pangasius oder Schlankwels aus der Familie der Haiwelse mit seinen zweifelhaften Zuchtmethoden im Mekong-Delta. Immerhin produzierte Vietnam 2007 eine Million Tonnen dieses geschmacklosen Ekelfisches (nein, das ist kein Schreibfehler), mit dem man gleichzeitig seine Antibiotika für die nächsten Monate einnehmen kann. Immerhin kann man in einem Kubikmeter 150 Tiere bis zu einem Schlachtgewicht bis ein Kilogramm aufwachsen lassen. In die Zwischenräume soll noch Wasser kommen, sagt man. Aber den Deutschen kann ja nichts billig genug sein. „That’s life!“ oder „C’est la vie!“
Zurück zur DDR. Irgendwann war die Fischkampagne in der DDR vorbei. Das Politbüro der SED und die eifernden Genossen der Staatlichen Plankommission um Dr. Gerhard Schürer stellten fest, dass Fisch die marode Devisensituation des Arbeiter-und-Bauern-Staates ein wenig linderte. Aus seinem Munde hörte man bis in die Herbsttage 1989 nur von glanzvollen Erfolgen der DDR. Heute dagegen erklärt er uns in Dokumentationen als „Zeitzeuge“ jovial die DDR-Welt neu. – Es ist hinlänglich bekannt, dass dank solcher genialer Manager wie Stasi-Oberst Dr. Alexander Schalck-Golodkowski so mancher Hochseetrawler oder manches Hochseeverarbeitungsschiff die Reise selten nach Hause antreten musste. Ein großer Teil der Hochseefänge wurde industriell auf dem Meer verarbeitet und irgendwo in der Welt gegen etwas anderes angeblich Lebensnotwendiges getauscht, manchmal auch verkauft. Ja, die Ware-Geld-Beziehung mit der nicht konvertierbaren DDR-Währung, am äußersten Rand des Warschauer Paktes, war den teuren Genossen im Tagesgeschäft abhanden gekommen. Über die Grenzen hinaus wollte niemand so recht dieses Geld. Im deutschen Teilstaat wurde der Mangel verwaltet. Der archaische Tauschhandel war längst Normalfall, auch in den zwischenmenschlichen Beziehungen. Man war zum Nachbar stets voller Harmonie, weil man nicht wusste, wann die Beziehungen zu ihm vorteilhaft waren, ob er Keilriemen, Fliesen, Bananen oder Westkaffee hatte oder für einen Urlaubsplatz nützlich war. – Und plötzlich gab es in der Deutschen Demokratischen Republik auch keine Fischwerbung mehr.
Die Fischversorgung im südlichsten Kreis der DDR, durch lange Transportwege vom Meer getrennt, war durchaus für die Verhältnisse bemerkenswert gut, gab es doch mit dem Fischverarbeitungsbetrieb in Veilsdorf, dem „Fisch-Ritter“, ein DDR-Vorzeigunternehmen. Zudem war Herr Ritter nicht nur weitbekannt, sondern weltbekannt mit seinen Patenten zur Fischräucherung, selbst in den feindlichen USA. – Auf dem Häfenmarkt war eine Außenstelle des Fischverarbeitungsbetriebes aus Floh-Seligenthal. Der um eine Generation ältere Heinrich Rüffer, ein Briefmarkenfreund von HJS, war dort Betriebsleiter. Wenn man ihn oft genug darauf ansprach, spendierte Heinrich hin und wieder einmal ein Glas mit Rollmöpsen oder Bratheringen. 1946 wurde die Firma von der Familie Hopf gegründet, die dann nach Reprivatisierung unter Thüringer Fischfeinkost Gebr. Hopf in Floh-Seligenthal firmierte. Die Produkte schmeckten damals gut, sie waren frisch, vor allem Hering in Gelee. Bei dem permanenten Mangel hielten sich die Erzeugnisse nicht lange in den Ladenregalen. Bei Meyers bekam man sie schon mal unter dem Ladentisch. Auf dem Markt, Marx-Engels-Platz hieß er damals, gab es auch immer ein passables Fischgeschäft. Es zahlte sich in der eigenen Küche aus, gute Kontakte zum Verkaufspersonal zu pflegen, denn auch Bücklinge gehörten zur Bückware. Die wurden immer knapper. Die beinahe zum DDR-Staatsfisch mutierte fette Makrele und die auch noch geräuchert, gab es reichlich. HJS erntete irgendwann zornige Blicke, als er im Gespräch äußerte, dass die Makrele noch im Staatswappen fehle. Inzwischen ist sie zur Verhinderung von Herzinfarkt und Schlaganfall zum Traumfisch aller Internisten geworden, auch wenn sie wegen zu starker Wurmbelastung arg ins Gerede gekommen war. Mittlerweile gibt es aber effektive Verarbeitungsmethoden, und sie ist kein Ekelfisch mehr. Aber in der DDR gab es ja keine Lebensmittelskandale. Vielleicht kann sich noch jemand an die teils grauenhaften hygienischen Verhältnisse in Nahrungsmittelbetrieben erinnern.
Mit der Verschlechterung der Versorgung der Bevölkerung mit Seefisch Anfang der siebziger Jahre und dem enormen Devisenmangel der DDR wurde die Binnenfischerei wesentlich gefördert. In den 80er Jahren wurden am Flusslauf der Werra zwei große Forellenanlagen in Trostadt und unterhalb der Mündung der Schleuse in die Werra nahe der B 89 vor Themar erbaut, die inzwischen privatisiert, ihren Ruf längst bestätigten. In Trostadt ist es die Forellenzucht Trostadt GbR von Kirsten und Alexander Tautenhahn. Alexander ist ein international bekannter und begehrter Forellenexperte. Man kennt sich, kauft dort ein oder verbleibt in dem kleinen Fischlokal auch zum Mittagessen. – Werra abwärts gibt es den ebenfalls bekannten Forellenhof b. Themar an der Werra.