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Meffert, Rudolf


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Rudolf Meffert


·        * 15. August 1907, Hildburghausen

† 15. April 1987, Hildburghausen

1934 mit Lieselotte („Lotti“) (1910 – 2013, Hamburg) verheiratet

 


Fotografenmeister


Rudolf Meffert wird als fünftes und jüngstes Kind des aus Salzungen (Bad Salzungen) stammenden Fotografen Gustav Meffert (1867 – 1911) geboren. Dessen Vater wiederum ist der Gastwirt und Bäcker Johannes Meffert (1838 – 1902). Gustav erlernt wie einer seiner Brüder das Fotografenhandwerk und lässt sich 1895 mit seiner Frau in Hildburghausen nieder. Dort erwirbt er das Anwesen in der Rosengasse 7.

Gustav Meffert entwickelte das „Atelier Meffert“ zum führenden Unternehmen in der Branche in Hildburghausen. Nach seinem frühen Tod 1911 übernimmt seine Frau Frieda das Unternehmen, bis die ältesten Töchter Käthe und Luise in das Geschäft einsteigen können, das mit Geschäftsführern betrieben wird. Tochter Luise, eine begeisterte Fotografin, stirbt bereits 1924 an einer Asthmaerkrankung. Die Mutter verfügt, dass ihr jüngster Sohn Rudolf die Ausbildung am Gymnasium Georgianum abbricht und eine Fotoausbildung aufnimmt. Sie beginnt im Atelier des bekannten Fotografen Thora Thomsen in Lübeck. Anschließend arbeitet er in Betrieben im Rheinland und in Halle/Saale. 1928 übernimmt er das elterliche Geschäft und absolviert eine Meisterausbildung, die er am 10. Mai 1932 abschließt.

Unter seiner Führung entwickelt sich das „Atelier Meffert“ zu einem der führenden Fotounternehmen in Südthüringen. Die große Bedeutung des Werkes von Rudolf Meffert wird erst nach der Deutschen Einheit erkennbar, nachdem die Fülle und Qualität des Materials erschlossen wird. Ein Großteil seiner Arbeiten wird nach 1945 vor allem aus „ideologischen“ Gründen nicht gezeigt und bleibt unter Verschluss.

Ende der dreißiger Jahre hat die Firma sechs Angestellte und bildet Lehrlinge aus. In seiner „Freizeit“ ist „Rudi“ mit Kamera, Stativ, Auto oder mit seinem „berühmten“ Motorrad unterwegs, um Menschen, Natur und Landschaft zu fotografieren, meist mit Knickerbocker oder Lederhose ausstaffiert. Er liebt seine Heimat und geht förmlich für sie auf. Zudem ist er begeisterter Segelflieger. Gleich zu Kriegsbeginn 1939 wird er mit seinem Auto für den Wehrdienst eingezogen, zu einer Pferdebeschaffungskommission. Im Herbst 1940 erhält er den Gestellungsbefehl zur Wehrmacht. Den achtwöchigen Grundwehrdienst absolviert er in der ihm vertrauten Schlosskaserne Hildburghausen. Sein Auto wird requiriert und kommt an die Stadt Hildburghausen. Im Kriegseinsatz ist er in Frankreich, auf der britischen Kanalinsel Guernsey sowie in Albanien und Italien, wo er nahe Venedig in amerikanische Kriegsgefangenschaft gerät. Seine Frau Lieselotte muss während der Zeit des Krieges und des Zusammenbruchs das Unternehmen führen und vor allem die fünf Kinder versorgen und erziehen.

Die sowjetische Besatzungsmacht gibt Lieselotte Meffert im Herbst 1945 die Genehmigung zur Wiedereröffnung des Ladens. Zu Ostern 1946 kommt Rudolf Meffert nach der Gefangenschaft wieder nach Hause und ist unablässig für seine Firma tätig und modernisiert die Fototechnik nach den in der SBZ bzw. DDR gegebenen Möglichkeiten.

Zur Besatzungsmacht und zur DDR zeigt er eine stets kritische und auch ablehnende Haltung. Er wird vom Staatsapparat und von der Geheimpolizei kontinuierlich überwacht. Die Situation verschärft sich, nachdem Ende der fünfziger Jahre zwei seiner Kinder in den Westen fliehen und sein Sohn Cornelius beim Hamburger Nachrichtenmagazin stern Karriere macht. Reiseanträge zum Besuch seiner Kinder sind selbst zehn Jahre nach seinem Eintritt in das Rentenalter von der Staatsmacht abgelehnt worden. Ein besonderes Dorn im Auge war den SED-Gewaltigen, wenn er seine Schaukästen und das Schaufenster in der Rosengasse mit Werken seines Sohnes von bedeutenden Ereignissen oder Reportagereisen gestaltete. Eines von vielen weiteren Beispielen sei auch erwähnt: Von der Stadtverwaltung bekommt er 1973 eine Berufung für das Festkomitee zur Vorbereitung der 650-Jahrfeier der Verleihung der Stadtrechte. Darauf freut er sich und sieht das als Herausforderung für sein Lebenswerk, auch wenn ihn wegen des gesellschaftlichen Zustandes Depressionen plagen. Nachdem die SED-Führung Kenntnis von der Zusammensetzung des Komitees erhält, werden sofort Maßnahmen ergriffen, ihn davon auszuschließen. Mit Eintritt in das Rentenalter übergibt er 1973 sein Geschäft der Fotomeisterin Marlies Kobel, die die Firma nicht vorteilhaft führt. Die Betreiberin selbst hatte auch einen Ausreiseantrag in die Bundesrepublik gestellt. – Rudolf Meffert stirbt am 15. April 1987 nach jahrelangen körperlichen und seelischen Leiden.

Nachdem der Ausreiseantrag von M. Kobel 1989 (gestellt 1985) von den Staatsorganen der DDR genehmigt worden ist, übernimmt die in der Meisterausbildung stehende Kerstin Neundorf das Atelier in der Rosengasse und führt es unter dem Namen „Atelier Meffert“ sehr erfolgreich fort und zieht dann Anfang der neunziger Jahre in das rekonstruierte Haus in der Oberen Marktstraße 29. Kerstin Neundorf übergibt am 1. Januar 2014 das Geschäft an ihre Tochter, die Fotografenmeisterin Eva Siebert, geb. Neundorf, die ihre Ausbildung ab 1998 in einem Studio für Industrie- und Werbefotografie in Bamberg begann und seit 2004 in der elterlichen Firma arbeitet.




Das Haus in der Rosengasse 7 ist 1994 eingelegt und auf dem Gelände eine Wohnanlage erbaut worden. Der sorgsam auf dem Boden gelagerte und über die Zeit gerettete Fotografie-Fundus wird von der in Berlin lebenden Tochter Barbara fachgerecht gesichtet sowie geborgen und kommt zu Cornelius Meffert nach Hamburg. Besondere Verdienste für die Pflege, aber auch Veröffentlichung der Werke Mefferts, hat sich das Stadtmuseum Hildburghausen erworben. Zur Museums-Neueröffnung in der Alten Post in der Apothekergasse wird die Ausstellung „Rudolf Meffert – Fotograf und Zeitzeuge, aus seinem Schaffen 1925 bis 1975“ gezeigt, die zum Besuchermagneten wird. Weitere Expositionen folgen. Nach einem Stadtratsbeschluss kann 1999 der fotografische Meffert-Nachlass von der Stadt für das Stadtmuseum käuflich erworben werden. Zu einem außerordentlich großen Erfolg wird die Ausstellung „Hildburghausen unterm Hakenkreuz – Versuch einer Dokumentation mit Fotos aus der ‚Sammlung Meffert‘. Nach der Ausstellung verfassen Michael Römhild und Hans-Jürgen Salier ein Buch mit dem gleichem Titel, das als Hartband und als Paperback 2005 erschienen ist.

Von seinen Kindern erhalten bei ihm drei eine fotografische Ausbildung, die zwei Mädchen werden Fotografenmeisterinnen. Tochter Barbara (1937 – 2014) entwickelt sich zu einer der profiliertesten Fotografinnen der DDR. Sie wird mit ihren Fotoreportagen und Porträtaufnahmen bedeutender Persönlichkeiten international mit Auszeichnungen und Ausstellungen geehrt. Erwähnenswert sind ihre beachtlichen Buchveröffentlichungen (Welt der Pantomime, 1984; Erlebnis Ballett oder Der anspruchsvolle Weg zum Tänzer; Theater in der Deutschen Demokratischen Republik [Bild]). Vorwiegend arbeitet sie für die auflagenstärkste DDR-Illustrierte nbi (Neue Berliner Illustrierte).

Der 1939 geborene Cornelius absolviert ab 1953 eine dreijährige Fotografenlehre im elterlichen Betrieb und flieht 1958 in die Bundesrepublik. Er macht sich dort als Fotograf einen Namen und arbeitet seit den 60er Jahren beim Hamburger Nachrichtenmagazin stern.

HILDBURGHAUSEN – EIN DEUTSCHER ZEITENSPIEGEL

Autoren: Hans-Jürgen Salier und Ines Schwamm, März 2015


Es ist einfacher, Menschen zu täuschen, anstatt sie davon zu überzeugen, dass sie getäuscht worden sind.

Mark Twain, 1835-1910, amerikanischer Schriftsteller
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