Königin Luise von Preussen
Brief an ihre Nichte, Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen
Potsdam, den 11. Mai 1810
Liebe Therese! Deine treue Tante und Freundin ** gemeint ist Bayern *** Putzmacherinnen Biografisches zu Königin Luise Auguste Wilhelmine Amalie von Preußen * 10.03.1776, Hannover, Tochter des Großherzogs Carl II. Ludwig Friedrich von Mecklenburg-Strelitz und Schwester der Herzogin Charlotte von Sachsen-Hildburghausen, verheiratet 1793 mit dem späteren preußischen König Friedrich Wilhelm III. Sie ist die Mutter der späteren Herrscher König Friedrich Wilhelm IV. und des deutschen Kaisers Wilhelm I. (* 22.03.1797 – † 09.03.1888) † 19.07.1810, Schloss Hohenzieritz bei Neustrelitz. 1797 – 1810 ist sie Königin von Preußen. Luise ist von Mitte Oktober 1792 bis Frühjahr 1793, Dezember 1793 sowie 1799, 1803 und 1805 Gast am Hildburghäuser Hof. Zeit ihres Lebens ist die Königin Hildburghausen eng verbunden, vor allem zu ihrer Schwester, Herzogin Charlotte, und deren Tochter Therese, der nachmaligen Königin von Bayern, hat sie ein herzliches Verhältnis. Luise betreibt 1805 die Annäherung Preußens an Russland. Nach der Niederlage Preußens bei der Schlacht von Jena und Auerstedt flieht sie nach Königsberg/Ostpreußen und Memel. Sie bemüht sich 1807 in Tilsit im Gespräch mit Napoleon, die Friedensbedingungen für Preußen zu mildern. Sie unterstützt und treibt die Reformen Steins und Hardenbergs voran. Ihre bescheidene Lebensweise, ihr politisches Engagement hat eine große moralische Vorbildwirkung vor allem im Widerstand und bei den späteren Kämpfen gegen Napoleon. Um ihr Leben gibt es sehr viele (teils) ins Nationalistische verklärte Legendenbildungen.
Ich gratuliere Dir von Herzen zu Deiner bevorstehenden Verbindung und wünsche aufrichtig, daß sie sich zu Deinem Glück schließen möge. Viel, ja sehr viel wird dabei auf Deine Aufführung ankommen. Liebe und besonders der Rausch der Liebe kann nicht immer dauern, aber Freundschaft und Achtung kannst Du verdienen, wenn Du rein und unbescholten dastehst und wenn Klugheit Deine übrigen Schritte in die Welt leitet. Dazu gebe Dir Gott Kraft und Willen! Er leite Dich auf ebener Bahn und segne Dich und sei Dir nahe mit seinem Geist und seiner Gnade! Amen. Dieses sind die aufrichtigen Wünsche meines Herzens für Dich, liebe Therese! Ich kann Dir keine großen Beweise meiner Liebe geben, ich schicke Dir hierbei eine Eventaille* mit meinem Namen in bunten Steinen. Sie ist ganz einfach ohne Juwelen, wie die Zeit es mit sich bringt. Kommt sie mal besser, so bekommst Du noch etwas. Noch vor einer Sache warne ich Dich. Lasse die Eitelkeit, die Klippe der Jugend, nicht überhandnehmen. Bedenke, daß Du in ein gänzlich ruiniertes Land** kommst, wo eine allgemeine Drangsal das Volk erdrückt. Bestrebe Dich, Gutes zu tun und Wohlthaten zu streuen, damit die Unglücklichen Deinen Namen segnen und nicht die Marchandes de mode*** Dich loben. Dies kommt Dir vielleicht jetzt lächerlich vor, daß man zwischen den beiden Wegen nur wählen könne. Doch wirst Du recht wählen, dafür birgt mir Dein Herz und das Beispiel Deiner unvergleichlichen Mutter; aber in Gefahr wirst Du noch einmal kommen, wo Kopf und Herz nicht einig sein werden. Behalte diesen Brief und kommen solche Gelegenheiten, so denke Deiner Tante, die durch Unglück und Trübsal der großen Bestimmung entgegenreifte. Adieu, gute, liebe Therese! Der Himmel sei bei Dir, um Dich, mit Dir!
Behalte fest Deine Grundsätze und laß Dich nicht wanken in dem was Du einmal für Recht erkannt hast!
Louise.
* Fächer