Sitte und Brauch an den großen Festen des Jahres
Albert Buff
„Frühling lässt sein blaues Band wieder flattern durch die Lüfte!“ Nach langen düsteren Wochen mit Regen- und Schneeschauern endlich sonnige Tage. Rasch trocknet der laue Wind die Straßen, und in den Ackerfurchen schwindet das Wasser. Die Kinder, die das unfreundliche Wetter so lange in der dumpfen Stube festhielt, stürmen jubelnd ins Freie. Wo sie ein trockenes Plätzchen erspähen, da werfen sie den Ball oder schieben Märbel. An den Südfronten der Häuser schaukeln schon die leuchtenden Blüten der Schneeglöckchen und prangen die bunten Krokusbecher. Die Palmkätzchen lugen vorwitzig aus ihren Hüllen, überall sprießt es und drängt zum Licht. Draußen im Wald lässt ein früher Kuckuck seinen Ruf ertönen.
Da soll man sich auf die Erde werfen und den Leib an die Scholle schmiegen. Nach altem Glauben strömen von der mit Wachstumstrieb geladenen Erde heilende Kräfte in den menschlichen Körper über. Wer an Kreuzschmerzen leidet, tut gut, sich auf den Rücken zu legen.
Frühlingszeit – – – Osterzeit!
Der Gründonnerstag zeichnet mit zum festlichen Kreis, obwohl er nicht als Feiertag gilt. Die Kinder allerdings sehen ihn als solchen an, beschert er doch die schönen bunten Eier mit den drolligen Bildchen. Die Kleinen gehen mit Eifer an die Suche, spähen in jedem Winkel der Wohnung, durchstöbern den Stall und die Hecke im Garten. Jubelrufe künden, dass ihre Bemühungen Erfolg haben. Wer hat nur die Eier an den verborgensten Stellen versteckt? Natürlich der Osterhase oder der „Grüne Hase“, wie man bei uns in Südthüringen sagt.
Der Osterhase – ein Freund der Kinder
Im Grabfeld westlich der Gleichberge legt sie der Storch, in der Salzunger Gegend der Kuckuck. Das Ei ist das Sinnbild der Fruchtbarkeit, in ihm liegt der Keim eines neuen Wesens. Es hat also seine Bedeutung, wenn man Ostern mit dem Ei in Verbindung bringt. Zu Ostern erneuert sich die Natur, sie schüttelt die Winterstarre ab und schickt sich an zu neuem Sprießen und Blühen. So ist Ostern das Fest des erwachenden Lebens. Früher legten die Bauern ein Ei in die Ackerfurche und pflügten es ein, um ihr Feld fruchtbar zu machen. Zum Osterei essen die Leute gern etwas Grünes, ist man doch nach der langen Winterzeit hungrig nach frischer Naturkost. Sie suchen die zartesten Blättchen vom Löwenzahn, Rapünzchen, nehmen aus dem Garten Petersilie oder vom Mistbeet den ersten grünen Salat. Danach hat wohl der Tag seinen Namen, „Gründonnerstag“.
Osterfeuer werden in unserer Gegend nicht angezündet, aber das andere große Element der Natur, das Wasser, gehört zum Brauchtum. Das Wasser hat eine belebende, erhaltende und verjüngende Kraft. Daher schöpfen die Mädchen am Karfreitag oder in der Osternacht vor Sonnenaufgang fließendes Wasser aus dem Bach. Diese Handlung muss in aller Heimlichkeit geschehen. Niemand darf sie sehen oder gar ansprechen, soll das Wasser seine Zauberkraft behalten. Bringen sie es wirklich unberufen nach Hause, so besitzen sie einen Jungbrunnen für das ganze Jahr. Wer sich damit wäscht, bleibt jung und schön. Der Karfreitag gilt als Unglückstag, ist doch da der Heiland am Kreuz gestorben. Die Bauern wünschen sich am Karfreitag Regen, damit die Feuchtigkeit während des Jahres in der Erde bleibt.
Mit dem Wonnemonat Mai beginnt der Volksmeinung nach erst der eigentliche Frühling, wenn ihn auch der Kalender früher anzeigt. In der Nacht zum 1. Mai, der Walpurgisnacht, sind alle bösen Geister noch einmal am Werk, den Anbruch der schönen Zeit zu verhindern. Lärm können die Dämonen nicht vertragen, daher sucht man sie durch Peitschenknallen zu verscheuchen. Je lauter das Knallen ertönte, um so erwünschter war es, denn soweit man es hörte, erfror das Korn nicht (Pfersdorf).
Am „Walpertag“ hat auch das Wasser wieder belebende und verjüngende Kraft. Daher wuschen sich ehemals die Mädchen an diesem Tag im Dorfteich, um schön zu werden und schön zu bleiben. Selbst der Tau, den nach dem Glauben unserer Vorfahren der Wettergott Donar vom Himmel fallen ließ, hat zu dieser Zeit eine besondere Wirkung. Es soll heute noch vorkommen, dass am Walpermorgen früh vor Sonnenaufgang alte Leute aufs Feld gehen und ein wenig Tau sammeln. Damit bestreichen sie im Stalle ihr Vieh gegen die Blähsucht mit den Worten:
„Ich streich mei Vieh mit Walpertaa,
was ich streich, das soll net blah.“
Der Himmelfahrtstag ist Vorbote des Pfingstfestes. An diesem Tage erfolgten einst die Flurbegehungen, bei denen von den Vertretern angrenzender Gemeinden die Marksteine nachgeprüft und, wenn nötig, richtig gesetzt wurden. Die christliche Kirche richtete Bittgänge ein. Alle Dorfbewohner zogen unter Begleitung des Geistlichen hinaus in die Flur, um die Gottheit um Schutz gegen Hagel und Sturm anzuflehen. Dass Himmelfahrt auf den Donnerstag, dem Donnergott Donar geweiht, gelegt wurde, gibt zu denken. Jedenfalls haben wir zu diesem Zeitpunkt schon oft schwere Gewitter erlebt. Die Menschen hüten sich, den Zorn des Wettergottes heraufzubeschwören, und unterlassen an Himmelfahrt mancherlei Arbeiten. Vor allem dürfen die Frauen nicht nähen.
Pfingsten, „das liebliche Fest“, rückt heran. Es ist eine allgemeine Sitte, Kirchen und Häuser mit dem Maibaum, dem Sinnbild des erwachten Lebens, zu schmücken. Zum mindesten werden in die Stube Zweige der zarten jungfräulichen Birke gestellt. Da und dort ziert man auch die Laufbrunnen und Brunnentröge mit Maien.
Für den Tanz, der zu Pfingsten stattfindet, sichert sich jeder Bursche sein Mädchen. Er pflanzt ihr in der Nacht vorher ein Birkenbäumchen vor dem Fenster. Die Dorfschönen legen darauf großen Wert, zeigt sich doch mit dieser Handlung, dass sie begehrt sind. Unbeliebte Mädchen können allerdings zu ihrem Schrecken am Pfingstmorgen vor ihrer Tür eine Schandmaie vorfinden, d. h. einen Dornbusch.
In Rauenstein bei Schalkau wird die Kirmes in der Pfingstwoche gefeiert, Eisfeld begeht am 3. Pfingsttag das sog. „Kuhschwanzfest“. Am Morgen veranstalten die Eisfelder eine große Feuerwehrübung, am Nachmittag zieht die alte Bürgerwehr in prächtigen Uniformen auf. Der merkwürdige Name kann als Anhängsel der Pfingstfeiertage gedeutet werden. Mir will eine andere Erklärung alter Eisfelder glaubwürdiger erscheinen. Nach ihrer Aussage haben früher die Zünfte am Umzug teilgenommen. Dabei hätten die Gerber eine Kuhhaut mit baumelndem Schwanz als Symbol ihrer Arbeit getragen. Wie dem auch sei, die Bezeichnung „Kuhschwanzfest“ ist in der Umgebung Eisfelds volkstümlich geworden.
Wenn die Ernte eingebracht und die Herbstbestellung vollendet ist, kann die bäuerliche Bevölkerung nach Monaten rastlosen Schaffens vom frühen Morgen bis in die Nacht hinein ein wenig verschnaufen. Die Mühe und Arbeit des Landmanns ist belohnt worden, zumal wenn der Himmel durch günstiges Wetter seinen Segen dazu gespendet hat. Daher ist dem Allmächtigen der Dank abzustatten, und das geschieht zum Erntedankfest. Es wird heute oft mit der Kirmes vereinigt. Alt und Jung zieht am Erntesonntag in die Kirche, deren Altar mit Feldfrüchten aller Art belegt ist. Vielleicht haben die Schnitter nach dem Abernten des letzten Getreideackers einen Kranz aus Hafer- und Roggenhalmen gebunden und daheim im Hausflur aufgehängt. Sonst sind heute bei uns wenig Bräuche mehr zu beobachten. Früher war das anders. Da sammelten z. B. die Schnitter und Schnitterinnen die seltenen Halme mit zwei Ähren, nahmen sie mit nach Hause und steckten sie hinter den Spiegel. Ein solches Haus war vor Blitzschlag gesichert. Jetzt mäht man das Getreide fast überall mit der Maschine ab. Als die Leute noch mit Sichel und Sense hantierten, achteten sie auf die letzten Halmbüsche. Entweder ließ man sie als Zufluchtsort des Korngeistes oder der Roggenmuhme, d. h. des Wachstumsgeistes stehen, oder man fing den Geist durch rasches Abschneiden des Restes. Es konnte wohl auch geschehen, dass die letzten Halme über Kreuz gelegt und in dieser Form in die Garbe eingebunden wurden. Diese Garbe war mit besonderer Segenskraft ausgestattet und eignete sich am besten zum Erntekranz. Den letzten Tag der Einfuhr beschloss der Erntetanz. Während sich Burschen und Mädchen im Regen drehten, schauten die Frauen zu und stellten Betrachtungen darüber an, wer sich wohl von den jungen Leuten zusammenfinden werde. Die Männer saßen bei Bier und Tabak und frönten dem Kartenspiel.
Der Christbaum für alle vor dem Hildburghäuser Rathaus
Weihnachten ist das schönste Fest des Jahres, das ureigenste deutsche Familienfest. Schon aus dem Klang des Wortes weht uns ein heimatlicher Zauber an, und es ist zu verstehen, dass es jeden in der Fremde Lebenden zu dieser Zeit mit allen Fasern heimwärts zieht. Weihnachten spannt seinen Bogen weit bis zum Anbruch der Adventszeit. Da wird in jedem Hause der Adventskranz aufgehängt, geschmückt mit Flitter und vier Kerzen. In manchen Orten holen in den ersten Adventstagen die Leute Reiser vom Flieder, Kirschbaum oder von der Kastanie, stecken sie ins Wasser und lassen zum Fest Blätter und Blüten austreiben.
Der 6. Dezember ist der Nikolaustag. Da stapft der Herrscheklas oder der Rupperich im langen Bart, eingehüllt in Pelzmantel und Pelzmütze, bewaffnet mit Sack und Rute, von Haus zu Haus. Die Kleinen erwarten ihn mit Angst und Bangen, aber doch auch mit einer heimlichen Hoffnung. Wenn sie ihr Gebetchen nett aufgesagt haben, teilt er Äpfel, Nüsse und Pfefferkuchen aus. Fällen die Eltern ein ungünstiges Urteil über Betragen und Fleiß, so tritt die Rute in Tätigkeit. Ganz leer geht indessen niemand aus.
Das Fest rückt näher, und in den Häusern beginnt das große Reinemachen und das Backen der Zuckersachen und Stollen. Der Vater sorgt für den Weihnachtsbaum. Wir meinen immer, dieses Wahrzeichen des Festes müsste so alt sein wie die Menschheit. Dem ist nicht so. Der Christbaum ist erst vor 200 Jahren zum Ersten Male bezeugt, aber er hat seinen Ursprung dennoch bei unseren Ahnen, die zur Wintersonnenwende Tannenzweige in die Hütte holten, um darzutun, dass das Leben der Natur auch um diese Zeit nicht erstorben ist. Aus diesem Grünschmuck beim tiefsten Stand der Sonne ist der Christbaum hervorgegangen. Die Pyramide oder das „Permettle“, wie sich die Mundart ausdrückt, mit buntem Glas und farbigen Holzreifen sieht man jetzt nur noch sehr selten. Eine schöne neue Sitte ist das Aufpflanzen des „Weihnachtsbaumes für alle“. Wie anheimelnd muss es auf den Fremden wirken, wenn ihm auf dem stillen Marktplatz einer tief verschneiten Kleinstadt das Lichtspiel des Baumes entgegenfunkelt!
Einige Tage vor dem Fest wollen eigenartige Bräuche die rechte Einstimmung bringen. So verkleiden sich in Siegritz die Burschen als wilde Männer mit struppigen Bärten, langen Peitschen und klirrenden Eisenketten. Sie haschen die bösen Kinder, binden sie und fordern zum Beten auf. In Veilsdorf erscheint die „Hullefra“ mit Kopftuch, Mantel und einem Korb auf dem Rücken. In der Hand trägt sie Sichel und Wetzstein. Die Kinder fürchten sie, denn es heißt, sie schlitze den ungehorsamen den Bauch auf. Wer aber betet, bekommt von ihr Zuckersteine. In anderen Orten, wie in Eishausen, treibt die „Malköttere“, die Mahlkathrine, in ähnlicher Weise ihr Wesen. Alle diese Gestalten sind Reste uralten Brauchtums vor Beginn eines neuen Jahres. Die unsichtbaren Mächte, die Böses sinnen, sollen erschreckt und zur Flucht getrieben, diejenigen, die Gutes und Segensreiches spenden, günstig gestimmt werden.
Am Heiligen Abend findet die nächtliche Christmette oder die „Lichterkirche“ statt, die von Alt und Jung gern besucht wird. Nach dem Gottesdienst sammelt die Bescherung die Familie um den strahlenden Christbaum, unter dem die Geschenke ausgebreitet liegen. Während sich die Alten an der Freude der Kinder ergötzen, trägt die Mutter das Abendgericht auf. Es gibt Linsen, weil diese, wie man annimmt, im nächsten Jahr viel Geld einbringen. Erbsen dürfen nicht gekocht werden, denn dann rollen die Münzen fort, und die Menschen werden von Beulen geplagt.
Ein eigenartiger Brauch, zum Weihnachtskreis gehörend, hat sich droben im Waldort Schnett behauptet. Da toben am 2. Januar, dem sog. Laufneujahr, die „Hulleweiber“. Die Dorfburschen machen sich eine fantastische Verkleidung zurecht. Ein langes weißes Hemd hüllt die Gestalt ein, auf dem Kopf ragt eine bemalte Papiertüte, das Gesicht verdeckt eine fürchterliche Maske mit langer Nase. Mit der Rute in der Hand dringen sie in die Häuser ein, erschrecken die Kinder und hänseln die größeren Mädchen mit allerlei Fragen, die diese rasch beantworten müssen, wollen sie ohne Hiebe davonkommen. Zuletzt taucht die „Wilde“ auf, eine ganz in Stroh eingebundene Hullefra. Diese wird am meisten gefürchtet, und jeder gibt schnell eine Gabe, um sie zufriedenzustellen. Die alten Weiber aber sehen die „Ströhere“ gar nicht ungern. Wenn diese nämlich ausgezogen wird, ergattern sie einen Strohbüschel und polstern damit das Hühnernest. Dann sind sie gegen das „Weglegen“ der Hühner gesichert. Die gesammelten Gelder und Würste werden von den Burschen im Wirtshaus verjubelt.
In unserem Nachbarkreis Sonneberg ist heute noch eine merkwürdige Sitte zu Hause: das „Pfeffern“ oder „Dengeln“. Am, 2. Weihnachtsfeiertag pfeffern die Burschen die Mädchen, zu Neujahr ist es umgekehrt. Mit einem grünen Reis bestreicht der Pfeffernde die erwählte Person und sagt dazu ein Verslein auf, etwa:
„Ich dängl mein Nachbr,
wenn ich kumm, do lacht’r,
gibt’r me an gutten Lah,
is’r a racht guttr Ma.“
Oder:
„Ich pfaffr ze Weihnachten,
wenn meina Patn schlachtn,
dou warn se mich bedenkn
un mir a Wörschtla schenkn.“
Die Gepfefferten, die sich durch die Handlung geehrt fühlen, lösen sich durch Pfefferkuchen, Würste oder ein Geldgeschenk. Daraus ist zu ersehen, dass der Brauch heute zu einer Bettelei geworden ist. Ursprünglich hatte er natürlich eine andere Bedeutung. Von dem grünen Reis sollte der Lebenstrieb überspringen auf die beklopfte Person und ihr Heil und Segen bringen.
Eine große Rolle im Weihnachtskreis spielen die „Heiligen Zwölf Nächte“, die vom 24. Dezember bis zum 6. Januar andauern. Diese Spanne ist außerordentlich reich an Anschauungen und Gepflogenheiten, die einer früheren Zeit entsprangen. Das alte Jahr wendet sich und gibt einem neuen Raum. Da gilt es, böse Mächte abzuwehren und wohltätige freundlich zu stimmen. Der einschneidende Wendepunkt bietet Gelegenheit, Segen für die kommende Periode zu erwirken und einen Blick in die Zukunft zu tun.
Während der Zwölf Nächte waren die Götter den Menschen nahe. Sie wandelten unsichtbar durch die Häuser und prüften die Haushaltungen auf Ordnung und Sauberkeit hin. Daher durfte in dieser Zeit nicht gesponnen werden, sonst fuhr Frau Holle den Spinnerinnen durch den Leib und verwirrte den Rocken. Nähen, Waschen und Brotbacken hatte zu unterbleiben. In unseren Dörfern hält man heute noch daran fest: Wer in den Zwölfen Wäsche aufhängt, hängt die Häute seiner Tiere auf.
Was man in den Zwölf Nächten träumt, geht in Erfüllung. Natürlich ist unter den Zwölfen Silvester die heiligste Nacht. Sie ist nach altem Volksglauben besonders geeignet, Fragen an das Schicksal zu stellen und Kenntnis zu erhalten von dem, was dunkel vor uns liegt. Wer in dieser Nacht beim Lichtanzünden seinen Schatten ohne Kopf erblickt, darf sich auf sein Ende vorbereiten und sein Testament machen. Wagt sich ein Dorfbewohner in der 12. Stunde an einen Kreuzweg, so wird er alles erfahren, was seinem Ort im nächsten Jahr bevorsteht. Alte Mütterchen schlagen gern das Gesangbuch auf und wollen aus dem zufällig dargebotenen Lied Freud und Leid erkunden. Das Wetter kann man auf folgende Weise prophezeien: Eine Zwiebel wird in 12 Teile zerlegt. Zergeht das aufgestreute Salz auf einer Schale, so ist der entsprechende Monat in der Reihenfolge ein feuchter Monat, bleibt es ungelöst, so hat man mit einem trockenen Monat zu rechnen.
Die erwachsenen Mädchen sind begreiflicherweise an ihrer zukünftigen Ehe interessiert. In der letzten Jahresnacht sind deshalb die Liebesorakel und Silvesterscherze sehr beliebt. Ringelt sich ein ausgerissenes Haar im Wasser, so wird das betreffende Mädchen bald Braut, eine über den Kopf geworfene Apfelschale kennzeichnet den Anfangsbuchstaben des künftigen Geliebten. Nussschalen mit Lichtstümpfchen schwimmen auf dem Wasser in einem Teller. Eine Schale stellt das Schiffchen der Maid dar, die andre das ihres erwünschten Mannes. Begegnen sich die beiden Nussschalen, so bekommt sie ihren Schatz. Am häufigsten wird wohl das Bleigießen betrieben. In einem Löffel wird Blei geschmolzen und durch einen Erbschlüssel ins Wasser geschüttet. Aus dem Gebilde, zu dem sich das Metall im Wasser formt, wird dann das Geschick des nächsten Jahres herausgelesen. Die Mädchen suchen natürlich unter Zuhilfenahme der Fantasie aus den Bleigestalten das Handwerk oder Geschäft ihres Zukünftigen zu erkennen.
Die Zwölften und Neujahrsfeiern schließen sich mit dem 6. Januar, dem Dreikönigstag, auch Hohes Neujahr oder Großneujahr genannt. Die noch im 19. Jahrhundert an diesem Tag geübten Bräuche sind heute ausgestorben.
Nach: Albert Buff: In: Heimatkundliche Lesebogen des Kreises Hildburghausen. Nr. 13 – Hildburghausen, o. J. (nach 1947),
S. 1 ff. (leicht korrigiert von HJS, Mai 2014)