1949 - 1990
Deutsche Demokratische Republik (DDR)
(1949 – 1990)
© Hans-Jürgen Salier
Salier Verlag Leipzig und Hildburghausen
Ines Schwamm
7. Oktober 1949
Der Zweite Deutsche Volksrat ratifiziert die Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik und erklärt sich zur Provisorischen Volkskammer. Damit ist der zweite deutsche Teilstaat, die Deutsche Demokratische Republik (DDR), gegründet worden. Die Provisorische Volkskammer verabschiedet die Verfassung.
Der Kommunist Wilhelm Pieck wird zum Präsidenten ernannt, Hauptstadt wird Ost-Berlin, auch wenn das im Widerspruch zu den Verträgen der Alliierten steht. Auch die DDR-Verfassung erhebt den Anspruch, für das gesamte deutsche Volk zu sprechen: […] hat sich das deutsche Volk diese Verfassung gegeben. Artikel 1: (1) Deutschland ist eine unteilbare demokratische Republik, sie baut sich auf den deutschen Ländern auf. (2) Die Republik entscheidet alle Angelegenheiten, die für den Bestand und die Entwicklung des deutschen Volkes in seiner Gesamtheit wesentlich sind […]
Die bereits in der SBZ eingeleitete gesellschaftliche Umgestaltung nach sowjetischem Vorbild wird zunehmend perfektioniert. Die SED hat trotz Zulassung eines sog. Mehrparteiensystems alle Machtpositionen inne und zerschlägt in der Folgezeit die oppositionellen Regungen in der Bevölkerung. Die Länder besitzen vorwiegend nur noch exekutive Funktionen.
- Nach Gründung der DDR nehmen die Sparkasse und die Banken nach dem SMAD-Befehl zur Neuorganisation der deutschen Finanz- und Kreditorgane eine neue Stellung ein. Sie sind sog. volkseigene Geld- und Kreditinstitute.
Die Kreissparkasse untersteht dem „Abteilungsleiter Finanzen“ des Rates des Kreises. Zwischen den einzelnen Kreditinstituten gibt es eine Aufgabenabgrenzung, der Zahlungsverkehr der Bevölkerung ist die wichtigste Aufgabe. Später kommen Konsumtionskredite hinzu, ferner auch die Finanzierung des privaten, gesellschaftlichen und genossenschaftlichen Wohnungsbaus und die Finanzierung der örtlichen Versorgungswirtschaft.
Die Deutsche Notenbank (seit 1968 Staatsbank der DDR) übernimmt die Kreditgewährung und die Abwicklung des Zahlungsverkehrs der volkseigenen Betriebe und privater bzw. genossenschaftlicher Betriebe mit mehr als zehn Beschäftigten (im Gebäude der heutigen Commerzbank-Filiale). Die Sparkassen erhalten die Sparkonten der ehemaligen Landeskreditbank, die später in Deutsche Notenbank umbenannt wird.
Ende 1949
Mit der Gründung der DDR entsteht aus der Deutschen Verwaltung des Innern das Ministerium des Innern (MdI). Ab April 1950 wird die Verwaltung für Schulung (VFS) zur Hauptverwaltung (HVA) unter Generalinspekteur Heinz Hofmann. Zu ihr gehören die Bereitschaften der Volkspolizei, aus der am 01.07.1952 die Kasernierte Volkspolizei gebildet wird. Die Hauptabteilung Grenzpolizei des Ministeriums des Innern wird gebildet. Es werden Holzwachtürme nach sowjetischem Vorbild errichtet.
Die Grenzbereitschaft Hildburghausen wird aufgelöst, sie kommt zu den Bereitschaften Zschachenmühle und Meiningen. Grenzbereitschaft Meiningen: Kommandanturen in Meiningen, Römhild, Heldburg, Hildburghausen und Eisfeld, die sich in Kommandos (Sollstärke: 38 Mann) gliedern.
Hans Dressel wirbt zu Zeiten der Sowjetischen Besatzungszone im Einwohnerbuch der Stadt und des Landkreises Hildburghausen 1949 für seine Firma „Kaufmann Philipp Dressel“. Auch für seinen berühmten Kräuterlikör aus eigener Destillation.
12. November 1949
Die Sowjetische Militäradministration in Thüringen (SMATh) wird aufgelöst, an deren Stelle tritt die Sowjetische Kontrollkommission unter Kolesnitschenko (später Panjuschkin). Die Verwaltungsfunktionen gehen „formell“ an die Landesverwaltung über. Die Mitsprache und die direkte Einflussnahme der Sowjets in Thüringen ist bis zur Auflösung des Landes und der Bildung der drei Bezirke Erfurt, Gera und Suhl weiterhin vorhanden.
(s. 25.07.1952)
1950
Aufbau der Grundbestände der Gemeindebüchereien im Kreis.
14. Januar 1950
Armeegeneral W. I. Tschuikow, Vorsitzender der Sowjetischen Kontrollkommission in Deutschland, teilt Walter Ulbricht mit, dass mit Bautzen, Sachsenhausen und Buchenwald die letzten sowjetischen Speziallager aufgelöst werden. Auf den Entlassungsscheinen tritt die Sowjetmacht nicht in Erscheinung. Ein Teil der Häftlinge wird in die Sowjetunion deportiert, andere werden in DDR-Zuchthäuser überstellt. Am 09. und 13.02.1950 werden 2.154 Häftlinge nach Waldheim verbracht, wo sie in den berüchtigten Waldheimer Scheinprozessen ohne Rechtsgrundlage zu langjährigen Zuchthausstrafen verurteilt werden.
Im Zeitraum bis 1953 werden von der DDR-Staatssicherheit Tausende Menschen verhaftet und unter Geheimhaltung in die Sowjetunion deportiert, wo sie in Geheimprozessen verurteilt wurden, davon 101 Männer und Frauen aus dem Land Thüringen (auch aus dem Kreis Hildburghausen), die in der UdSSR umgekommen oder im Butyrka-Gefängnis hingerichtet und im Krematorium des Moskauer Friedhofs Donskoje verbrannt und anonym verscharrt wurden. Es handelt sich vorwiegend um Menschen, die mit der Besatzungsmacht in Konflikt geraten sind, vor allem politisch aktive Menschen aus CDU, SPD und LDP oder zu enteignende Mittelständler bzw. als Spione und als Feinde der Sowjetunion oder des Ostblocks denunzierte Bürger.
8. Februar 1950
Nach einstimmigem Beschluss der Volkskammer der DDR wird das Ministerium für Staatssicherheit gebildet. – Nach Beschluss des Politbüros der SED vom 24.01.1950. Im Sprachgebrauch der SED versteht sich die Geheimpolizei bzw. der Geheimdienst als Schild und Schwert der Partei. Im Gründungsjahr beschäftigt das MfS bereits 2.700 hauptamtliche Mitarbeiter, 1953 sind es 13.000.
Neben dem MfS gibt es nach Gründung der NVA 1956 einen zweiten Nachrichtendienst, die Verwaltung Aufklärung der NVA, die aber wie die Grenzpolizei und die (restliche) NVA durch die Hauptabteilung I (MfS – Militärabwehr) kontrolliert wird.
Die Kompetenzen des MfS sind weit über die eines Nachrichtendienstes hinausgegangen, da es in der DDR keine strikte Gewaltenteilung zwischen Exekutive, Legislative und Judikative gegeben hat. Die Staatssicherheit hat auch polizeiliche und staatsanwaltliche Befugnisse. Sie ist primär ein Überwachungs- und Repressionsorgan der SED, das die gesamte DDR-Gesellschaft kontrolliert, erst in zweiter Linie ist das MfS ein Auslandsnachrichtendienst.
Im Zeitraum zwischen 1950 bis 1989 dienen der Staatssicherheit ca. 274.000 hauptamtliche Mitarbeiter.
18./19. März 1950
Auf dem Ketschendorfer Sportplatz (Coburg, Bayern) findet ein Sportlertreffen mit Mannschaften aus dem Kreis Hildburghausen statt. Trotz Genehmigung der Thüringer Landesregierung verweigert das Volkspolizei-Kreisamt Hildburghausen „wegen politischer Unzuverlässigkeit“ einigen Sportlern die Ausreise. Bei verschärfter Bewaffnung der Grenze überqueren ca. 50 Sportler unentdeckt die Grenze, bei ihrer Rückkehr werden sie verhaftet. Nachdem sich herausgestellt hat, dass die Hildburghäuser den sportlichen Vergleich gewonnen haben, ist das Ereignis politisch für die DDR ausgeschlachtet und die Sportler sind aus der Haft entlassen worden. Die verantwortlichen Polizeikräfte aus dem VPKA Hildburghausen sind wegen der Verweigerung der Grenzübertrittsgenehmigung („Sabotage an der Einheit Deutschlands“) zur Verantwortung gezogen worden.
23. März 1950
In den Stadtsälen wird die BSG Hildburghausen gegründet. Trägerbetriebe sind der VEB TEWA (später „Schraubenwerk“), die Druckerei Thüringer Wald (später: Offizin), der Konsum und das Kreisamt (Rat des Kreises).
Im 1950. Erster-Mai-Umzug, als noch jedes KONSUM-Mitglied ein „Kämpfer für den Frieden“ war, vor dem Hoheitshaus (Hirschplatz 2, heutiger Puschkinplatz), das zum Zeitpunkt als kirchliches Altersheim genutzt worden ist.
17. Mai 1950
Die Provisorische Volkskammer der DDR beschließt die Herabsetzung des Volljährigkeitsalters von 21 auf 18 Jahre. In der Bundesrepublik geschieht dieser Vorgang am 22.03.1974.
22. Mai 1950
Das Ministerium des Innern des Landes Thüringen verabschiedet die 1. Verordnung zur Ausführung des Gesetzes zur Änderung der Kreis- und Gemeindegrenzen im Lande Thüringen vom 26. April 1950.
Im § 4 heißt es, dass der Kreis Arnstadt die Gemeinde Masserberg an den Kreis Hildburghausen abgibt.
Vom Kreis Suhl kommen die Gemeinden Ahlstädt, Bischofrod, Eichenberg, Fischbach, Geisenhöhn, Gethles, Gerhardtsgereuth, Gottfriedsberg, Heckengereuth, Hinternah, Kloster Veßra, Langenbach, Neuendambach, Neuhof, Oberrod, Rappelsdorf, Ratscher, Sankt Kilian, Schleusingen, Schönau, Steinbach, Waldau, Wiedersbach.
An den Kreis Suhl gehen ab: Marisfeld, Oberstadt, Schmeheim.
Die Gemeinden Gerhardtsgereuth (280 Einwohner) und Neuendambach (76 Einwohner) werden (wie auch weitere Gemeinden im Kreis) zusammengelegt, sie verbleiben ab diesem Zeitpunkt beim Kreis Hildburghausen.
1950
Die Wallrabser Schule wird aufgelöst, die Kinder werden in der Zentralschule in der Oberen Marktstraße Hildburghausen beschult.
1950
Die Ortsvereinigung der VdgB gründet mit der aus der Raiffeisenkasse hervorgegangenen Dorfgenossenschaft eine Bäuerliche Handelsgenossenschaft (BHG).
Es wird beispielsweise ein Mitschurinzirkel gebildet (mit Bauern aus Wallrabs, Häselrieth, Ebenhards, Birkenfeld), und erste Gemeinschaftseinrichtungen werden erbaut: Jungviehaufzuchtstation an der Wiedersbacher Straße, Jungviehstation in Häselrieth, Geflügelaufzuchtstation am Stadtberg (spätere Fasanerie) mit eigener Brüterei.
In den Folgejahrzehnten werden für die Landwirtschaft immer wieder vor allem sowjetische Produktionsmethoden propagiert, gegen deren Einführung sich die Bauern teils sperren. Ein Gipfelpunkt wird in der Massentierhaltung der 70er und 80er Jahre unter dem SED-Schlagwort Industrialisierung der Landwirtschaft erreicht. Es beginnt mit teils unhaltbaren „wissenschaftlichen“ Züchtungsmethoden nach Mitschurin, Lyssenko u. a., der Aufstellung von Rinderoffenställen bis hin zur Ausbildung des Agrar-Industrie-Komplexes. Wegen fehlender Valuta ist es eines der Hauptziele, den Import von landwirtschaftlichen Produkten möglichst niedrig zu halten.
Juli 1950
Johann-Sebastian-Bach-Ehrung anlässlich des 200. Todestages des Komponisten. Die Schlossgasse wird umbenannt in Johann-Sebastian-Bach-Straße, der Schlossplatz in Johann-Sebastian-Bach-Platz.
3. September 1950
Ca. 1.000 Sportler nehmen am sog. Friedensmarsch für das Sportleistungsabzeichen Bereit zur Arbeit und zur Verteidigung der Heimat teil.
15. Oktober 1950
Der 2. Thüringer Landtag wird trotz massiver Proteste von LDP und CDU nach Einheitslisten gewählt.
Die Mitglieder der bürgerlichen Parteien ziehen sich weitgehend aus der politischen Arbeit zurück. Sie werden mehr od. weniger gleichgeschaltet und erkennen die Führungsrolle der SED an. Die Abgeordneten aus den sog. Massenorganisationen entstammen nahezu sämtlich der SED. Die Einheitspartei mit seinem Politbüro beherrscht ab diesem Zeitpunkt bis zu den ersten freien Volkskammerwahlen am 18.03.1990 nach stalinistischen Prinzipien die DDR als sowjetischen Satellitenstaat.
1950
Ernst Emil Philipp Köhler ist seit 1930 Superintendent, im Amt folgt ihm Rudolf Karl Ludwig Schumann (1950 – 1969).
1. Dezember 1950
Die Thüringer Landesregierung verlegt ihren Sitz von Weimar nach Erfurt.
Jahresende 1950
An „Umsiedler“ werden von der Kreissparkasse 419.346,- M für 1.153 Wohnbedarfskredite ausgereicht.
Weihnachten 1950
Anlässlich des Bachjubiläums treten im Stadttheater der Volkschor und das Kulturbundorchester Hildburghausen auf.
1950/51
Der Flüchtlingsstrom in die Bundesrepublik nimmt zu: Ca. 360.000 Menschen verlassen die DDR, die Versorgungslage wird immer komplizierter.
1950 – 1957
In der Stadt gibt es öffentliche Feuermelder, die mit der Feuerwache der Berufsfeuerwehr verbunden sind. Nach und nach werden sechs Sirenen installiert (Feuerwehrgerätehaus, Rathaus, heutiger Thälmannplatz, ehemaliges Altes Technikum, Rückertstraße 22 [damals Leninstraße], in Häselrieth Am Gries).
1951
Die MAS Hildburghausen mit ihren Brigaden hat folgende Stützpunkte: Heßberg, Veilsdorf, Weitersroda, Bürden, Hildburghausen (Brigade I), Pfersdorf, Wallrabs, Ebenhards (II); Brünn und 12 Gemeinden des Vorwaldgebiets (III), Raum Eishausen, Steinfeld, Adelhausen, Stressenhausen (IV). Bis Ende 1950 hat die MAS u. a. 16 Traktoren der Typen Pionier, Brockenhexe, Aktivist.
1. April 1951
Die 1949 vom Rat des Kreises gegründete Kreislehrwerkstatt (Dreher, Schlosser, Rundfunkmechaniker, Tischler), nach Gründung 1949 im Gebäude der ehemaligen Seminarschule geht an den VEB Normdrehteile Hildburghausen (vormals VEB TEWA – Schrauben- und Holzbearbeitungsfabrik) über. Die Berufsbildungseinrichtung wird auf dem Gelände in einem dafür geschaffenen Gebäude (Werk der Jugend) untergebracht. Die freigewordenen Räume werden von der kaufmännischen Abteilung der Kommunalen Berufsschule im Nebengebäude der Aufbauschule genutzt.
9. Juli 1951
Die drei Westmächte erklären die Beendigung des Kriegszustandes mit Deutschland.
6. September 1951
In der DDR wird eine Wohnort-Meldeordnung erlassen. Jede temporäre Wohnortänderung muss innerhalb von drei Tagen bei den Behörden gemeldet werden. Ein Zweitwohnsitz ist verboten.
1951
Nach Beschluss des Deutschen Sportausschusses (1950) werden die Sportvereinigungen der Industriegewerkschaften gebildet. Gründung der BSG Einheit Hildburghausen am 30.03.1951 (benannt nach der DDR-Sportvereinigung Einheit, deren Mitglieder aus den Reihen der Verwaltung, der Schulen und Banken kommen) mit Mitarbeitern des VEB Technische Eisenwaren (später Schrauben- und Normteilewerk) und Mitarbeitern des Kreisamts. Die Mitglieder der BSG Vorwärtstreten ebenfalls der BSG Einheit bei. Ferner werden gegründet: BSG Empor (Handel und Versorgung), BSG Medizin (Gesundheitseinrichtungen), BSG Dynamo (Volkspolizei), BSG Post.
7. Oktober 1951
Mit Bildung der Sportvereinigung Traktor in der DDR wird die Sportgemeinschaft Leimrieth in Traktor Karolinenburg umbenannt. Der Trägerbetrieb ist die MAS Hildburghausen.
21. Oktober 1951
100. Todestag der Herzogin v. Angoulême. Wenige Tage vor ihrem Tod (1851) überreicht die Herzogin dem Wiener Nuntius Viale in ihrem Wohnsitz zu Frohsdorf ihr Testament mit der Auflage, dass es erst 100 Jahre später eröffnet wird. 1951 geschieht nichts, da der Vatikan vermutlich Gründe hat, den Inhalt weiter zu verheimlichen, denn die wichtigsten europäischen Herrscherhäuser und viele Fürstenhäuser sind in das Geheimnis um die französische Königstochter sowie ihren niederländischen Begleiter und Beschützer van der Valck teils unrühmlich verstrickt.
1951
In der katholischen Kirche finden umfangreiche Renovierungsarbeiten statt: Gasheizung, Arbeiten an der Orgel, Vergolden des Hochaltars, Malerarbeiten des Kirchenmalers Josef Riechwien (u. a. Fries mit acht Medaillons, davon vier mit Bezug zum Kirchenpatron, dem hl. Leopold).
1. Januar 1952
Aus sechs Forstämtern des Alt-Kreises wird der Staatliche Forstwirtschaftsbetrieb Hildburghausen gebildet.
1. Januar 1952
Das Postamt wird dem neugegründeten Hauptpostamt und Fernmeldeamt Sonneberg unterstellt. Das Postamt Hildburghausen wird als Hauptpostamt für den Wirtschaftszweig Postwesen ernannt. Zu ihm gehören die Ämter Eisfeld, Themar, Schleusingen, Römhild, Masserberg, Schönbrunn und Veilsdorf.
24. Januar 1952
Die Christliche Studentenverbindung CStV UNITAS Hildburghausen zu Wuppertal wird gegründet. Die UNITAS besteht seit 1899 am Technikum in Hildburghausen und hat seit 1952 seinen Sitz in Wuppertal. Der Wahlspruch lautet: „In Treue fest!“, die drei Prinzipien „Religio“ (Religion), „Scientia“ (Wissenschaft), „Amicitia“ (Freundschaft).
1952
Der erste kommunale Kindergarten Hildburghausens mit 60 Plätzen wird eröffnet.
Anmerkung
Unterschiedliche Quellen datieren die Eröffnung auf den Herbst 1951 bzw. auf den 01.01.1952.
15. Mai 1952 bis 27. Juni 1953
Die Grenzpolizei wird dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS) unterstellt und umbenannt in Deutsche Grenzpolizei (DGP). Weitere sowjetische Offiziere nehmen ihre Tätigkeit als Berater auf.
Polizeiverordnung über die Einführung einer besonderen Ordnung an der Demarkationslinie.
Das 5-km-Sperrgebiet und der 500-m-Schutzstreifen werden eingerichtet. Passierscheine für Landwirte und Pendler werden ungültig. Die Demarkationslinie wird weiter perfektioniert: gepflügter 10-m-Streifen, 1,20 m hoher Stacheldrahtzaun. Der Aufenthalt im Sperrgebiet unterliegt schärfsten Bestimmungen, der Schießbefehl wird erteilt. Den Bewohnern werden besondere „finanzielle Vergünstigungen“ gewährt. Teilweise Unterbrechung des Straßen- und Schienenverkehrs, Aussiedlungen missliebiger Bürger, Aufenthaltsbeschränkungen.
1952
Der FDGB-Kreisvorstand beschließt die Gründung des Kreiskulturorchesters Hildburghausen. Musikalischer Oberleiter wird Musikdirektor Max Langer, der am 07.06.1953 seinen Dienst antritt.
Nach 1945 musizieren bereits Instrumentalgruppen, so u. a. ein Laienorchester, das Konzerte gibt. Dem Quartett gehören Hans Tenhaeff, Fritz Ludewig, Kurt Schrader und Wolfgang Heymann an. Freischaffende Musiker 1950 bauen das Kulturbundorchester auf, aus dem sich gemeinsam mit dem Eisfelder Kulturbundorchester 1952/53 das Kreiskulturorchester entwickelt.
1952
In der Rosengasse wird eine Kreisstelle für das Bibliothekswesen aufgebaut, die Koordinierung der ehemaligen Stadtbibliothek in der Johann-Sebastian-Bach-Straße 13/15 und der Kreisstelle folgt 1954.
26. Mai 1952
Mit dem Beitritt der Bundesrepublik Deutschland, der Aufhebung des Besatzungsstatus und dem Beitritt in die Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG) erlässt die DDR mit der Verordnung über Maßnahmen an der Demarkationslinie zwischen der DDR und den westlichen Besatzungszonen ein scharfes Regime (5-km-Sperrzone, 500-m-Zone, 10-m-Streifen, Sperre der Eisenbahnstrecken, der Fernstraßen, Autobahnen, Landstraßen, Gemeindewege und privater Wirtschaftswege). Der Schießbefehl nach Anruf auf alle Personen, die den 10-m-Kontrollstreifen betreten (Polizeiverordnung über die Einführung einer besonderen Ordnung an der Demarkationslinie vom 27.05.1952). Gleichzeitig werden für die Bevölkerung in der Sperrzone Vergünstigungen verkündet: Lohn- und Gehaltszuschläge bis 15 %, Rentenempfänger 10,- Mark, Zusatzlebensmittelkarten, bessere Versorgung mit Lebensmitteln und Industriegütern, Senkung des Ablieferungssolls landwirtschaftlicher Erzeugnisse.
26. Mai 1952
Der Chef der Deutschen Volkspolizei, Karl Maron, erlässt den Geheimbefehl 38/52 zur größten Zwangsaussiedlungsaktion der Nachkriegsgeschichte für missliebige Personen im Gebiet der Demarkationslinie.
5. – 7. Juni 1952
Aussiedlung (Geheimbefehl vom 26.05.1952, Nr. 28/52 des Ministers des Innern). Aktion X. Insgesamt sollen 8.175 politisch unzuverlässige DDR-Bürger in andere Regionen zwangsausgesiedelt werden. Am frühen Morgen beginnt im Grenzkreis Hildburghausen die menschenverachtende (nach 1989 benannte) Aktion Ungeziefer, die aus logistischen Gründen bis 07.06. ausgedehnt wird. Aus dem Grenzgebiet der DDR können sich 1.693 Personen dem Regime durch Flucht entziehen. Es werden Kommissionen gebildet: Landrat, Dienststellen des Ministeriums für Staatssicherheit, der Volkspolizei, Mitarbeiter des Verkehrswesens, Kreisverwaltung.
In Thüringen sind 3.423 Personen betroffen, im Kreis Hildburghausen sind es 301, die mit einem großen Sicherheitsaufgebot auf Lkw verladen und in das Innere der DDR deportiert werden, zumeist in den Kreis Arnstadt. Viele Gehöfte, Mühlen, Wirtschaftsgebäude usw. werden geschleift.
5./6. Juni 1952
Die Gemeinde Streufdorf wird u. a. von der SED-Landesleitung und der Thüringer Landesregierung ausgewählt, um feindliches Gesindel aus Grenznähe abzuschieben und wankende Elemente ruhigzustellen.
Im Politbürobeschluss vom 13.05.1952 heißt es:
Das Ministerium für Staatssicherheit der DDR und die Volkspolizei führen unter Teilnahme der örtlichen Staatsorgane eine Säuberung der Grenzzone von feindlichen, kriminellen und verdächtigen Elementen durch.
Besonders dramatisch spitzt sich am Vorabend in Streufdorf die Situation zu. Hier wird der tendenziöse DEFA-Film Das verurteilte Dorf gezeigt, der eine Signalwirkung mit umgekehrten Vorzeichen auslöst. 18 Familien sollen aus Streufdorf deportiert werden. Es kommt zum Aufstand. Die Glocken läuten Sturm, und die Bewohner bauen Barrikaden und reißen die Straße auf. Zur Brechung des Widerstands werden 100 durch die SED-Kreisleitung ausgewählte „Aufklärer“ eingesetzt, es kommt zu Handgreiflichkeiten. Die Reiterstaffel der Grenzpolizei aus Bockstadt wird herangezogen (Befehlshaber: Hauptwachtmeister Almassi), ferner Agitatoren der Landesparteischule in Weimar sowie die Feuerwehr mit einem Wasserwerfer aus Weimar. Leiter ist der Kommandeur Heinz Rebhahn, der „Gefechtsstand“ befindet sich in der MTS, der Widerstand wird gegen 15/16 Uhr aufgegeben.
Vom Bezirksgericht Suhl, Sitz Meiningen, werden am 23.09.1952 nach einem Schauprozess hohe Zuchthausstrafen verhängt: Landwirt Franz Bauer – 8 Jahre, Schneidermeister Franz Hohn – 6 Jahre, Tischlermeister Werner Schmidt – 4 Jahre. In der Woche des Aufstands fliehen 15 Familien in die Bundesrepublik.
1952
Auf Beschluss des Ministerrats vom 24.07. wird beim Rat des Kreises ein Komitee für Körperkultur und Sport gegründet. Damit wird der gesamte Sport- und Spielbetrieb staatlich geleitet und kontrolliert.
Juli/August 1952
3.209 Personen aus dem ehemaligen Bezirk Suhl flüchten in die Bundesrepublik, bis Jahresende kommen 1.403 hinzu.
Juli 1952
Die katholische Kirchengemeinde Hildburghausen erwirbt im Tausch von Familie Schüerholz das Gebäude in der Johann-Sebastian-Bach-Straße 16, der einstigen Schloßgasse, für das spätere Caritas-Heim. Das Haus steht unmittelbar auf dem Grund eines vorreformatorischen Pfarrhauses westlich der Christuskirche an der Stadtmauer bzw. oberhalb des einstigen Abhangs. Zur Residenzzeit ist es als Gästehaus des Schlosses erbaut worden.
9. bis 2. Juli 1952
Auf der 2. Parteikonferenz der SED verkündet Walter Ulbricht, dass in der Deutschen Demokratischen Republik der Sozialismus planmäßig aufgebaut wird ... Das Hauptinstrument bei der Schaffung der Grundlagen des Sozialismus ist die Staatsmacht. Ein Rätesystem nach sowjetischem Vorbild wird aufgebaut. Die Parteikonferenz stellt einen Höhepunkt der Stalinisierung der DDR dar:
Auf- und Ausbau der Schwerindustrie, Kollektivierung der Landwirtschaft (In Streufdorf wird die erste LPG im Kreis gegründet.), Stärkung der Staatsmacht, offizielle Sanktionierung der bereits vorhandenen Streitkräfte, Verstärkung des Klassenkampfes, neues Gerichtsverfassungsgericht und eine neue Strafprozessordnung, Neugliederung der Verwaltung, Auflösung der Länder und Bildung von Bezirken, Zentralisierung des gesellschaftlichen Lebens, hohe Strafen für Widerstand gegen den „Aufbau des Sozialismus“, Verschärfung der Unterdrückung der Kirche.
25. Juli 1952
Letzte Sitzung des Thüringer Landtags. Mit dem Gesetz über die weitere Demokratisierung des Aufbaus und der Arbeitsweise der staatlichen Organe im Land Thüringen werden drei Bezirke gebildet (Erfurt, Gera, Suhl).
Der Kreis Hildburghausen ist Bestandteil des Bezirks Suhl, der anfangs aus acht, nach Bildung des Stadtkreises Suhl aus neun Kreisen besteht (bis 1990). Kreisgrenzen werden korrigiert. Hildburghausen verliert Römhild und einige Grabfeldgemeinden an Meiningen, das kurzfristig seit 1950 zugehörende Gebiet um Schleusingen an Suhl.
Historisch gewachsene Gebietsgrenzen werden in der Folgezeit willkürlich zu Gunsten der Schaffung des Kreises Suhl-Land verändert, um der Bezirksstadt Suhl ein entsprechendes Umfeld zu geben.
Der Bezirk Suhl und seine Kreise
Am Absatz der Stadtmauer an der heutigen Clara-Zetkin-Straße Anfang der fünfziger Jahre. Der Blick zur Christuskirche wird durch große Kastanienbäume verstellt.
Sammlung Hans-Jürgen Salier.
1. August 1952
Der neu gebildete Bezirkstag Suhl tritt zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen und wählt den Rat des Bezirkes, Vorsitzender wird Fritz Sattler.
7. August 1952
Gründung der paramilitärischen Jugendorganisation Gesellschaft für Sport und Technik (GST). Sie trägt zur weiteren Militarisierung der DDR-Gesellschaft bei und führt vor allem in den 70er- und 80er Jahren u. a. mit der Nationalen Volksarmee die vormilitärische Ausbildung an den Bildungseinrichtungen durch. Sie wird im Frühjahr 1990 aufgelöst. 1979 hatte sie 530.000 Mitglieder in 9.800 Gruppierungen bzw. Sektionen.
August/September 1952
Erste Gesamtausstellung im Heimatmuseum im Rathaus Hildburghausen: Carl August Keßler – Ein realistischer Künstler der Biedermeierzeit.
August 1952
Die SED und die Grenzpolizei baut einen Hilfsdienst „zuverlässiger“ Bürger für Spitzel- und Überwachungsfunktionen aus, sog. Helfer der Grenzpolizei.
Mitte fünfziger Jahre. Das 1928 erbaute Finanz- und Zollamt ist von den Besatzungsmächten USA und UdSSR von 1945 bis 1948/49 als Kommandantur genutzt worden. 1949 ist darin die Poliklinik eingerichtet worden, heute Ärztehaus der Henneberg-Kliniken. Das Stadtviertel links der Schleusinger Straße ist zum Zeitpunkt nur sehr gering besiedelt (Wilhelm-Rathke-Straße und Joseph-Meyer-Straße).
Foto: Rudolf Meffert
Sammlung Hans-Jürgen Salier
1. September 1952 bis 31. August 1974
Lothar Thieme ist Direktor der Oberschule bzw. der Erweiterten Oberschule Geschwister Scholl.
September 1952
Bildung des Kreisvorstands des Kulturbunds zur demokratischen Erneuerung Deutschlands.
31. Oktober 1952
Zum Reformationsfest wird Richard Braungardt, der spätere Kirchenmusikdirektor, in sein Amt als Kantor der Stadtkantorei Hildburghausen eingeführt. Der Kirchenmusiker ist gleichzeitig als Musiklehrer an der Geschwister-Scholl-Oberschule tätig und leitet den Jugendchor. Die beiden Kirchenmusiker Arthur Hilpert und Wilhelm Steufefeld werden in den Ruhestand verabschiedet.
Mit der Gründung der Stadtkantorei, hervorgegangen aus den Kirchenchören der Stadt, entwickelt sich in den folgenden Jahrzehnten ein leistungsfähiger Klangkörper. Nach Braungardts Flucht in die Bundesrepublik wird der spätere Kirchenmusikdirektor Volker Koch auf Empfehlung von Prof. Rudolf Mauersberger nach Hildburghausen berufen. Die Stadtkantorei gestaltet die Gottesdienste aus, gibt A-capella-Konzerte, widmet sich der geistlichen Musik sowie dem Volkslied und dem Madrigal, Glanzpunkte des Schaffens sind die Aufführungen von Oratorien.
Drei Häuser an der Südseite des Marktes in der ersten Hälfte der 50er Jahre: Links das „Gasthaus zum Braunen Roß“ (Hier stieg Goethe 1782 während einer Dienstreise ab, um mit dem Regierenden Printen Joseph zu verhandeln). Das Hofbüttnersgässchen – Das „Gasthaus zur Fränkischen Leuchte“ und die Fleischerei und Gaststätte von Martin Göring, vormals Carl Göring (an der rechten Eingangstür gab es zwei Eingänge: Links für das Fleisch- und Wurstwarengeschäft und rechts eine Speisegaststätte. Die Dame mit Hut im Vordergrund verdeckt diesen Eingang.
Sammlung Hans-Jürgen Salier
1952
In der Schleusinger Straße wird eine für die Zeit moderne Feuerwache errichtet (1995 – 1997 rekonstruiert und erweitert).
6. November 1952
Das Ministerium des Innern fordert das Führen von Hausbüchern über die An- und Abwesenheit von Mietern und Besuchern. Sie werden vom Hausbesitzer/-verwalter oder von einem Hausvertrauensmann im staatlichen und genossenschaftlichen Wohnungswesen geführt. Die Hausbücher müssen zur Kontrolle regelmäßig der Volkspolizei vorgelegt werden. Sie werden von der Volkspolizei und der Staatssicherheit geprüft.
1952
Das Haus der Jungen Pioniere „Grete Walter“ in der Waldstraße wird erbaut, geplant war es als FDJ-Heim, heute: Freizeit-Zentrum.
11. Dezember 1952
Der DDR-Handelsminister Dr. Karl Hamann (LDP), der auch in den dreißiger und vierziger Jahren in Hildburghausen und auf dem Mönchshof (Mendhausen) gewirkt hat, wird wegen angeblicher Sabotage an der Versorgung und Spionage von der Staatssicherheit verhaftet und 1954 zu zehn Jahren Haft verurteilt.
1. Januar 1953
Nach der Bildung der Bezirke in der DDR folgt die Schaffung der Kreisbetriebsämter für das Post- und Fernmeldewesen (KPF).
Mai/Juni 1953
Aus Teilen der Grenzbereitschaft Wittenburg (Bezirk Schwerin) entsteht die Grenzbereitschaft Hildburghausen (21.05.1953). Der Stab befindet sich im Schülerheim (Schleusinger Straße), (Oberstleutnant Ernst Sprawe), übernimmt Teile der Grenzbereitschaften Meiningen, Sonneberg (von Milz bis Truckendorf). Bis Mai 1955 untersteht die Grenzpolizei dem Ministerium des Innern.
1. Juni 1953
Gründung des Kreiskulturorchesters Hildburghausen; ab 01.07.1957 Staatliches Sinfonieorchester Suhl, Sitz Hildburghausen (SSO); 1969 – Verlegung nach Suhl. 22.06.1978 Verleihung des Status einer Philharmonie (Suhler Philharmonie), ab 1998: Thüringen-Philharmonie Gotha-Suhl, ab 2009:Thüringen-Philharmonie Gotha.
Das Orchester entwickelt sich relativ schnell zu einem leistungsfähigen Klangkörper. Bereits 1957 werden 10 Sinfonie- und 10 weitere Konzertveranstaltungen in Hildburghausen aufgeführt, überdies im Bespielungsgebiet 24 Sinfoniekonzerte, 35 Opern- und volkstümliche Konzerte (vor allem in den Urlaubergemeinden im Thüringer Wald).
1953
Eine Außenstelle der Volksmusikschule Meiningen wird in Hildburghausen gegründet.
1953
Nach den wichtigsten Sicherungsarbeiten der Christuskirche in Hildburghausen nimmt Landesbischof D. Dr. Moritz Mitzenheim die Weihe vor.
Die Christus- und Apostelkirchgemeinden werden vereint. Seit den dreißiger Jahren wird die Vereinigung bereits diskutiert.
17. Juni 1953
In Ostberlin und in vielen Städten und Orten der DDR kommt es vor allem wegen der repressiven Wirtschaftspolitik zu massiven Protesten, die mit brutaler Gewalt des SED-Regimes und sowjetischen Panzern niedergeschlagen werden. Ca. eine Mio. Menschen sind beteiligt gewesen. Mit der Ausrufung des Kriegsrechts für 167 der 217 Kreise der DDR hat die Sowjetunion offiziell die Regierungsgewalt übernommen, bis zum 11.07. herrscht Ausnahmezustand. Mit Hilfe der Sowjetarmee wird die erste Erhebung im Ostblock militärisch niedergeschlagen (ca. 6.000 Festnahmen, 50 Todesopfer). Das Zentralkomitee der SED erklärt am 21.06. den Volksaufstand zu einem vom Westen gelenkten faschistischen Putsch. In der Bundesrepublik wird dieser Tag bis 1990 als gesetzlicher Feiertag begangen.
1953
Im Bereich der MAS Hildburghausen-Karolinenburg werden die LPG in Weitersroda, Linden, St. Bernhard, Kloster Veßra, Neuhof und Heßberg gegründet.
24. bis 26. Juli 1953
Mit der 15. Tagung des ZK der SED wird versucht, die instabile Situation mit Maßnahmen zur Verbesserung der Versorgung der Bevölkerung zu verbessern. Vor allem dem Handwerk werden Fördermaßnahmen für die Produktion und Materialbereitstellung bzw. Zuteilung von Rohstoffen, Heizmaterial, Elektroenergie versprochen, Kontingente werden aufgehoben. Insgesamt kann sich das Handwerk nicht frei entwickeln, es unterliegt den Repressionen der verfehlten SED-Wirtschaftspolitik.
28. August 1953
Das erste Sinfoniekonzert des Kreiskulturorchesters unter der Stabführung von Musikdirektor Max Langer erklingt im Stadttheater.
November 1953
Nach Bildung der Handwerkskammer des Bezirkes Suhl nimmt auch die Kreisgeschäftsstelle Hildburghausen ihre Arbeit auf.
Mitte 50er Jahre
Das Meininger Theater unter der Intendanz Alexander Reuters (Fritz Bennewitz als Oberspielleiter des Schauspiels und Hans Hardt-Hartloff als Oberspielleiter der Oper) bespielt regelmäßig das Hildburghäuser Stadttheater, das zum Zeitpunkt 504 Sitzplätze hat. Dem Ensemble gehören u. a. an: Felicitas Ritsch, Friedo Solter, Hermann Hiesgen, Eberhard Esche.
1. Januar 1954
Die Reparationsleistungen der DDR an die Sowjetunion, die man als Wiedergutmachung in der SBZ/DDR bezeichnet, werden eingestellt.
In Jalta und Potsdam ist vereinbart worden, dass Deutschland für Reparationen 20 Mrd. US $ zu leisten habe, die Hälfte davon soll die Sowjetunion erhalten. Die Sowjetunion (geschätzte Gesamtkriegsschäden 128 Mrd. US $ zu den Preisen der Zeit) bezog allein aus der SBZ/DDR Reparationen im Wert von 14 Mrd. US $. Die Sowjetischen Aktiengesellschaften (SAG) werden an die DDR zurückgegeben, ausgenommen die Wismut (Uranabbau).
Spiegel-Online veröffentlicht am 07.04.2013, dass die Reparationsleistungen der SBZ/DDR 99,1 Mrd. DM (zu den Preisen von 1953) betrugen, die der Bundesrepublik von 2,1 Mrd. Die SBZ/DDR trug damit 97 – 98 Prozent der Reparationslast Gesamtdeutschlands.
Januar 1954
Gründung der Verkaufsgenossenschaft Bildender Künstler „Albrecht Dürer“ in Meiningen. Mitte Nov. wird das Zweiggeschäft in Hildburghausen unter Leitung von Annaliese und Walter Höhne (Gebrauchsgrafiker) erst in der Rathausgasse, später in der Oberen Marktstraße eröffnet, das bald zum Hauptgeschäft wird und sich einen guten Ruf über die Grenzen des Bezirkes Suhl hinaus erwirbt.
Rudolf Meffert 1954 mit seinen Mitarbeiterinnen vor der Ladentür in der Rosengasse, die beiden Damen in der Mitte sind Meffert-Töchter, die 2. v. r. ist Barbara Meffert (1937 – 2014), die spätere Fotografenmeisterin, bekannte Fotojournalistin und Buchautorin.
Sammlung Ines Schwamm
23. Mai 1954
Wiedereröffnung des Stadtmuseums in vier Räumen des Historischen Rathauses. Die Kultureinrichtung wird im Wesentlichen von Mitgliedern des Kulturbundes geschaffen. Besonderes Engagement zeigen Walter Höhne (Schriftgestaltung) und Werner Knackmuß (Wandbild Joseph Meyer). Bis zu seiner Schließung aus Sicherheitsgründen im Sommer 1990 hat es nahezu unverändert die Zeitläufte überstanden.
28. Mai 1954
Verordnung zum Schutz und zur Erhaltung der vor- und frühgeschichtlichen Bodenaltertümer. Zum Pflegegebiet Hildburghausen gehören Ebenhards, Häselrieth, Hildburghausen, Gerhardtsgereuth, Gottfriedsberg, Wiedersbach, Oberrod, Heckengereuth, Waldau, Merbelsrod, Bürden, Schwarzbach, Brattendorf, Poppenwind.
18. Juni 1954
Anordnung über die Neuregelung der Maßnahmen an der Demarkationslinie zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und Westdeutschland. Damit besteht entlang der innerdeutschen Grenze zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland offiziell ein Sperrgebiet, das sich zusammen setzt aus:
- 10-m-Kontrollstreifen unmittelbar entlang der Grenze
- 500-m-Schutzstreifen
- 5-km-Sperrzone
15. September 1954
Im § 8.1 des DDR-Passgesetzes heißt es: Wer ohne erforderliche Genehmigung des Gebiet der DDR verlässt …, wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren bestraft.“
15. Januar 1955
Die UdSSR erklärt den Kriegszustand mit Deutschland für beendet.
April/Mai 1955
In der DDR werden die ersten Jugendweihen durchgeführt.
Die Jugendweihe zur Unterstützung der kommunistischen Erziehung der Schuljugend der DDR (vorwiegend 8. Klasse) wird eingeführt. Die SED knüpft, wie sie selbst argumentiert, an die Traditionen der revolutionären deutschen Arbeiterbewegung an (besonders in der Weimarer Republik von der SPD gepflegt), die die Jugendweihe als Gegenstück zur evangelischen Konfirmation und der katholischen Kommunion entwickelt hat. Ab 1958 wird die Jugendweihe durch die eingesetzten Maßnahmen der Regierung von Walter Ulbricht quasi zur Zwangsveranstaltung. Zwischen Staat und Kirche bahnt sich damit ein unversöhnlicher Kampf an. Jugendliche und deren Eltern, die die Jugendweihe ablehnen, werden teils in ihrer Entwicklung eingeschränkt, z. B. vom Besuch der Erweiterten Oberschule ausgeschlossen.
1955
In der Kirche „St. Peter und Paul“ in Gerhardtsgereuth werden umfangreiche Renovierungsarbeiten vorgenommen. So wird der Triumphbogen zugemauert, und der dahinter liegende Raum wird als Gemeinderaum ausgebaut, der zugleich als Winterkirche genutzt wird. Die Kanzel mit ihrem kelchähnlichen Fuß wird wieder an der Südseite vor dem Triumphbogen drei Stufen höher freistehend platziert.
Der Blick zu Triumphbogen, Altar und Kanzel vermittelt in der sanierten Kirche „Peter und Paul“ in Gerhardtsgereuth einen lichten Eindruck.
Foto: Bernhard Großmann, 2005
1. Mai 1955
Die Wacheinheiten der Staatssicherheit, ausgenommen das Wachregiment Berlin, werden in Innere Truppen umbenannt. Bereits am 17.03.1955 werden die VP-Bereitschaften in die Staatssicherheit überführt. Erstmals treten bei Maidemonstrationen die Kampfgruppen der Arbeiterklasse auf.
Kaum ist ein Jahrzehnt nach der unheilvollen nationalsozialistischen Diktatur und Weltkrieg und Massenvernichtung vorbei, müssen die Menschen neuen Weltverbesserern huldigen, hier dem Ersten Kreissekretär der SED, der Vorsitzenden des Rat des Kreises, Genossin Anna Schwindack, sowie anderen teuren Genossen der Partei der Arbeiterklasse und den in der Nationalen Front vereinten brüderlich verbundenen Parteien und Massenorganisationen. Zur staatsbürgerlichen Erziehung verzichtet man auch nicht auf die Kinder und Jugendlichen, die Kampfreserve der Partei. Immerhin, das Rathaus ist in Bartwurstdampf gehüllt, die manche Betriebe und Institutionen ihren Mitarbeitern kostenlos „spendieren“, manchmal auch „Marschiergeld“ in Höhe von 10 Mark.
Sammlung Hans-Jürgen Salier
5. Mai 1955
Mit dem Inkrafttreten der Pariser Verträge erlangt die Bundesrepublik Deutschland die Souveränität. Das Besatzungsstatut wird aufgehoben, die Alliierte Hohe Kommission löst sich auf, die Hohen Kommissare werden Botschafter.
14. Mai 1955
Der Warschauer Vertrag (Warschauer Pakt) wird als Gegenstück zur NATO als osteuropäisches Militärbündnis in Warschau gegründet. Im Gegensatz zur NATO handelt es sich um ein reines Militärbündnis (01.07.1991 aufgelöst).
Anfang Juli 1955
Die ersten Südthüringer Musiktage werden veranstaltet, einer der Hauptorganisatoren ist Musikdirektor Max Langer. Im Mittelpunkt der Auftritte steht das Kreiskulturorchester, im September wird das Orchester Sieger im Wettbewerb aller Kreiskulturorchester des Bezirks Suhl.
20. September 1955
Die UdSSR bestätigt die volle Souveränität der DDR. Das Amt des sowjetischen Hochkommissars wird aufgehoben und ein Beistandsvertrag mit der DDR abgeschlossen. – Unabhängig dieser politischen Schachzüge übt die Sowjetunion weiterhin die Kontrollfunktion über die DDR aus, vor allem durch die Botschaft, ferner existiert Militärpräsenz.
1955
Zwischen Okt. 1955 und 1962 besteht in der BSG Empor Hildburghausen eine leistungsstarke Sektion Billard, die im Wettkampfsport in der 1. und 2. Klasse im DDR-Maßstab erfolgreich ist. Initiatoren sind Hermann Götze sen. und Dr. Völkert. Wegen fehlender Räumlichkeiten geht die Sektion ein.
1. Dezember 1955
Die Deutsche Grenzpolizei übernimmt nach Gründung des Warschauer Pakts (14.05.1955) die alleinige Bewachung der Demarkationslinie. Die SED-Machthaber ersetzen mit den Grenzmaßnahmeverordnungen vom 03.05.1956 den Begriff Demarkationslinie bzw. Zonengrenze durch Grenze im Sinne einer Staatsgrenze. Die Sowjettruppen ziehen sich von der innerdeutschen Grenze zurück. Sowjetische Berater verbleiben bis 1958 bei den militärischen Einheiten.
Die in Hildburghausen im Neuen Technikum stationierte Einheit verlässt die Stadt. Nach Renovierung des von den Sowjets heruntergewirtschafteten Gebäudes wird die Kommunale Berufsschule dort untergebracht, die sich bis dato im Gebäude der heutigen Staatlichen Regelschule Joliot-Curie befand.
Der Blick vom Nonneplatz auf die Kreuzung der Geschwister-Scholl-Straße und Schleusinger Straße zur Hugenottensiedlung in den sechziger Jahren zeigt den Verfall der Gebäudesubstanz. Rechts die 1713 errichtete und 1977 abgerissene Traditionsgaststätte „Zum Grünen Baum“, im Volksmund Bämle genannt. Im Umbau befindlich ist die 1719 errichtete Privilegierte Apotheke oder Neustädter Apotheke, in der die SPOWA entsteht. Der Sportwarenladen der HO ist von Familie Harting betrieben worden.
Foto: Rudolf Meffert
Sammlung Hans-Jürgen Salier
1955
Für den Postverkehr zwischen den staatlichen Organen, Dienststellen, volkseigenen Betrieben und einigen gesellschaftlichen Organisationen wird unter dem Schutz des Innenministeriums (und auch der Staatssicherheit) der Zentrale Kurierdienst (ZKD) eingeführt. Begründet wird die Maßnahme damit, dass angeblich westdeutsche und Westberliner Agentenzentralen Störungen im Verkehr der Wirtschaftspost und der Behördenpost anzetteln. Anfangs werden gesonderte Postwertzeichen verwendet, ab 1961 ZKD-Freistempel. Bearbeitung, Versand, Empfang derartiger Sendungen unterliegen strengsten Sicherheitsbestimmungen.
1955
Einwohnerzahlen 1955 der ab 1998
zur Stadt Hildburghausen gehörenden Gemeinden
1. März 1956
Gründung der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR und des Ministeriums für Nationale Verteidigung (Volkskammerbeschluss vom 18.01.1956).
24. bis 30. März 1956
In der 3. Parteikonferenz der SED wird gefordert, wegen der zu geringen handwerklichen Produktion den Genossenschaftssektor zu stärken (Bildung von PGH bzw. Festigung der bestehenden Genossenschaften). Es kommt zur weiteren Vergesellschaftung von Privateigentum. Verstärkt werden Einkaufs- und Liefergenossenschaften gegründet.
15. Juni 1956
1. Postsegelflug der DDR mit zwei Segelflugzeugen vom Typ Baby (1509, 1547) von Meiningen (Dolmar) nach Hildburghausen anlässlich der III. Südthüringer Briefmarkenausstellung (mit Sonderstempel, -umschlägen, Flugbestätigungsstempel). Die Landung sollte auf den Werrawiesen erfolgen. Wegen widriger thermischer Verhältnisse werden die Flüge jedoch vorzeitig abgebrochen.
Die Sektion (später Arbeitsgemeinschaft [AG]( Philatelie des Kulturbundes zur demokratischen Erneuerung Deutschlands gehört seit den 50er Jahren bis zum Ende der DDR zu den aktivsten Gruppen des ehemaligen Bezirks Suhl. Besonderes Engagement zeigen in den fünfziger und sechziger Jahren Alois Thomann, Karl Bauer, Erich Fischer, Alfred Bauer, Adolf Bittner, Fritz Horn, Walter Rieger, Waldemar Klemm. Am „Haus der Jungen Pioniere“ ist seit 1955 eine Jugendgruppe tätig, aus der national und international erfolgreiche Aussteller, Postgeschichtsforscher und Autoren hervorgehen.
1956
Landesbischof Dr. Moritz Mitzenheim weiht in Leimrieth zwei neue Glocken. Es handelt sich um zwei Gussstahlglocken als Ersatz für die im Zweiten Weltkrieg eingeschmolzenen Bronzeglocken.
1956
Die Zentralschule, untergebracht im Alten Technikum und in der ehemaligen Bürgerschule, wird geteilt. Im Gebäude der seit 1998 neu eingerichteten Staatlichen Regelschule II (Seminarstraße 2) wird die erste Mittelschule der Stadt (10-klassig) eröffnet, die als Joliot-Curie-Schule bis zum Schuljahr 1990/91 besteht. Die bis 1956 dort befindliche Kommunale Berufsschule zieht in das Neue Technikum (Helenenstraße), das von den sowjetischen Besatzungstruppen als Kaserne genutzt worden ist.
Der Lehrer Hans Mitlacher (Musik, Mathematik), Mitglied des Friedensrates der DDR initiiert den Namen „Joliot-Curie“ (01.09.1959), den die II. Staatliche Regelschule wieder trägt.
Frédéric Joliot-Curie 1900 – 1958 (frz. Atomphysiker) entdeckt mit seiner Frau Irène (Tochter von Marie und Pierre Curie) die künstliche Radioaktivität 1934, beide erhalten 1935 den Nobelpreis für Chemie. Sie sind in der Kommunistischen Partei Frankreichs organisiert, seit 1951 ist Frėdėric Joliot Präsident des Weltfriedensrates, Leninpreisträger 1951.
3. Oktober 1956
Max Heinrich ist bis 24.02.1973 katholischer Pfarrer in Hildburghausen.
1956
Im Gebiet der Deutschen Grenzpolizei-Bereitschaft Hildburghausen kam es angeblich zu 23 Provokationen gegen die Grenze.
Fußweg nahe der Nordseite der Alten Post, dem heutigen Stadtmuseum) aus Richtung Nonneplatz Ende der fünfziger Jahre.
Ansichtskarte: Rudolf Meffert
Sammlung Hans-Jürgen Salier
15. Januar 1957
Stadtratsbeschluss zum Bau einer Tennisanlage hinter der Wabnitzhalle (zwischen heutiger D.-Dr.-Moritz-Mitzenheim-Straße und Seminarstraße). Seitdem sind die Tennissportler aus dem Sportbetrieb der Stadt nicht mehr wegzudenken. Besonderes Engagement zeigen in dieser Zeit: Rudolf Büchel, Rolf Demm, Rolf Lorey, Hermann Götze sen. und jun., Horst Reuter, Inge und Max Schula, Dr. Elmar Weidenhaun.
15. Februar 1957 bis 14. September 1961
Die Grenzpolizei der DDR untersteht dem Ministerium des Innern, Stärke 45.000 Mann, Gliederung in 25 motorisierte Einheiten.
1957
Zum KPF-Amtsbereich (Kreisbetriebsamt für das Post- und Fernmeldewesen) Hildburghausen gehören die Postämter Eisfeld und Themar, die Zweigpostämter Schönbrunn, Heldburg, Masserberg, Veilsdorf, 11 Poststellen I, 73 Poststellen II und 2 Posthilfsstellen mit ca. 375 Arbeitsplätzen. Die postalische Versorgung geschieht mit Landkraftposten bzw. auf der Eisenbahnstrecke Meiningen – Eisfeld.
Hildburghausen – Masserberg wird zweimal werktags angefahren, Hildburghausen – Heldburg – Ummerstadt – Rieth, Hildburghausen – Eicha, Hildburghausen – Hetschbach – Bürden je einmal werktags.
1957
Das nach dem Zweiten Weltkrieg errichtete Kommando Feuerwehr (Berufsfeuerwehr) mit Einsatzgruppen wird aufgelöst, die Abteilung Feuerwehr bleibt bestehen (Anleitung der Freiwilligen Feuerwehren, vorbeugende Brandschutzkontrollen). Gebäude, Löschfahrzeuge, Ausrüstungen gehen an die Stadt über (Unterbringung untere Räume des Rathauses).
Große Verdienste erwirbt sich der Berufsschullehrer Rolf Poser, der die Freiwillige Feuerwehr von 1957 – 1967 führt.
Frühjahr 1957
An der Demarkationslinie werden bei entsprechenden Windverhältnissen im grenznahen Raum durch Spezialtrupps der Psychologischen Verteidigung vermehrt Ballons mit Flugblättern und Informationsschriften in die DDR geschickt.
Die DDR-Organe reagieren wütend auf die Aktionen. Der DDR-Bevölkerung ist es verboten, das Propagandamaterial zu lesen und weiterzugeben. Die Flugblätter sind bei den bewaffneten oder staatlichen Organen abzuliefern. – Flugblattaktionen sind zu jener Zeit auf beiden Seiten beinahe gängige Praxis.
25. März 1957
Erich Honecker, Kandidat des SED-Politbüros, lehnt in einem Brief den Vorschlag des Vorsitzenden des Rates des Bezirkes, Fritz Sattler, ab, einen Kontrollpassierpunkt an dem Grenzpunkt der Landstraße 1. Ordnung Nr. 54 Hildburghausen – Rodach zu eröffnen.
19. Mai 1957
Die selbstständige Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde Hildburghausen-Eisfeld (40 und 38 Mitglieder) und Ehrenberg als Station wird gegründet.
31. Mai 1957
Nach Gründung des Deutschen Turn- und Sportbundes (DTSB) am 27./28.04.1957 in Berlin wird in der HO-Gaststätte Goldbachaue der erste Kreisvorstand des DTSB gewählt, Vorsitzender wird der später international bekannte Fußballschiedsrichter Werner Bergmann.
15. Juli 1957
Eröffnung des Caritas Altenheimes „St. Laurentius“. Alte und Gebrechliche werden von den Barmherzigen Schwestern betreut.
27. Juli 1957
Die Betriebssportgemeinschaften Einheit, Medizin, Empor Hildburghausen werden zur BSG Eintracht Hildburghausen vereinigt.
14. August 1957
Umbenennung der Grenzpolizei in Kommando Deutsche Grenzpolizei, Einführung der Brigadestruktur: Grenzbrigaden, Grenzbereitschaften (Regimenter), Grenzabteilungen (Bataillone), Grenzkompanien. Personalbestand DDR: 1961: 45.000 Mann, 1963: 50.000 Mann.
September 1957
Gliederung der Grenzbereitschaft Hildburghausen:
Hildburghausen: Stab, 1 Batterie (1 Pak-Zug), 1 Granatwerferzug, 1 Fla-MG-Zug;
Grenzabteilung Heldburg: Grenzkommandos in Eicha, Gompertshausen, Poppenhausen, Schweickershausen; Grenzabteilung Hildburghausen: Grenzkommandos in Ummerstadt, Holzhausen, Streufdorf, Eishausen; Grenzabteilung Veilsdorf: Grenzkommandos in Veilsdorf, Steudach, Truckendorf (1957 Unterstellung Grenzbereitschaft Sonneberg); Grenzabteilung (Reservegrenzabteilung) Eisfeld: bis 1958 als Ausbildungseinheit.
Hildburghausen gehört zur 4. Brigade, zunächst mit dem Standort Dittrichshütte (Grenzbereitschaften Hildburghausen, Köppelsdorf, Zschachenmühle, Plauen). 9. Grenzbereitschaft, Standort des Stabes in Hildburghausen, später in Meiningen.
Partie an der Stadtmauer Hildburghausen.
VEB Volkskunstverlag Reichenbach i. V., Foto: Pohl, Meiningen.
Sammlung Annett Eller
9. September 1957
Nach einem aufwändigen Umbau wird die erste Freihandbibliothek der DDR in der Johann-Sebastian-Bach-Straße 13/15 eröffnet. Gestaltung: Architekt Zang, Eisfeld, Inneneinrichtung: Fa. Arnold, Eisfeld. Die Einrichtung trägt den Namen Stadt- und Kreisbibliothek Joseph Meyer.
Die Bibliothek wird seit 1955 von Wolfgang Holler geleitet, ab 1962 bis 1988 von Margit Appelt, Themar. Beide Persönlichkeiten tragen während ihrer Wirkungszeit wesentlich zur Bereicherung des geistig-kulturellen Lebens in Hildburghausen und im Kreis bei (z. B. Einrichtung einer Phonothek, Artothek, niveauvolle Schriftstellerlesungen).
Im Kreis entwickelt sich ein dichtes Bibliotheksnetz (in allen Gemeinden, Mittel- und Großbetrieben, Schulen, Krankenhäusern und Institutionen). Für das Heldburger Unterland und den Raum Themar werden zwei Fahrbibliotheken eingerichtet.
13. Oktober 1957 (Sonntag).
Verordnung über die Ausgabe neuer Banknoten und die Außerkraftsetzung bisher gültiger Banknoten der Deutschen Notenbank.
Nachdem die Bürger über Rundfunk informiert werden, erfolgt von 12 bis 22 Uhr der Umtausch der 1948 ausgegebenen Banknoten (Deutsche Mark). Umgetauscht werden bis 300 M im Verhältnis 1 : 1 gegen Vorlage des Personalausweises. Darüber hinausgehende Beträge sind einem neu einzurichtenden Konto der Deutschen Notenbank gutzuschreiben. Der rechtmäßige Erwerb wird von einer Kommission ermittelt. Wird auf spekulativen Erwerb entschieden (z. B. Geldhandel mit westdeutschen Wechselstuben, Kurs 1 : 5 – 1 : 8.) werden die Beträge einem Konto des Nationalen Aufbauwerks (NAW) gutgeschrieben.
Es kommt zu willkürlichen Entscheidungen, die vor allem gegen Freiberufler, Handwerker und Kleinindustrielle gerichtet sind.
15. November 1957
Gründung der Arbeiter-Wohnungsbaugenossenschaft Hildburghausen, Vorsitzender bis Mai 1993 ist der Krankenpfleger Rudi Hain. Die ersten 45 Wohnungen entstehen am Poststück, bis 1965 kommen 179 Wohnungen in der Rosa-Luxemburg-Straße und in der Karl-Liebknecht-Straße hinzu.
Rudi Hain und seine Ehefrau Brigitte, verantwortlich für den kaufmännischen Bereich, zeigen über drei bzw. vier Jahrzehnte ein außerordentliches Engagement zur Verbesserung der Wohnbedingungen für viele Hildburghäuser Bürger.
16. November 1957
Bezeichnung Staatsgrenze West. Lt. Passgesetz vom 11.12.1957 wird das illegale Verlassen der DDR zur Republikflucht erklärt und mit Gefängnis bis zu drei Jahren bedroht, Abwerbung (durch die Bonner Ultras, Verrat des Arbeiter-und-Bauern-Staats – Jargon des SED-Regimes) und Fluchthilfe werden mit Zuchthaus bestraft.
1. Januar 1958
Strukturveränderungen bei der Deutschen Post. Die KPF werden aufgelöst, dafür werden im Dienstbereich der Bezirksdirektion des Post- und Fernmeldewesens Hauptpost- und Fernmeldeämter gebildet. Das Hauptpostamt Hildburghausen gehört zur Ämterkategorie 5, ab 1960 = 2.
11. Februar 1958
Ein Gesetz über die Vervollkommnung und Vereinfachung der Arbeit des Staatsapparates in der DDR wird erlassen. Bei den Räten der Bezirke werden Wirtschaftsräte gebildet. Es kommt zu Maßnahmeplänen zur verstärkten sozialistischen Umgestaltung der Privatindustrie und des Handwerks, d. h., die Enteignungswelle wird weiter vorangetrieben.
3. April 1958 bis 24. August 1961
Im Verwalterhaus Billmuthausens wird das Schullandheim der Geschwister-Scholl-Oberschule Hildburghausen eingerichtet (14-tägiger Wechsel der Schulklassen, meist von 8 – 12 Uhr Unterricht, anschließend landwirtschaftliche Arbeiten zur Stärkung der LPG). Die Ortschaft wird geschleift ...
1958
Mit Auflösung der Sportvereinigung Traktor wird die BSG Traktor Karolinenburg umbenannt in BSG Traktor Leimrieth. Trägerbetriebe sind die LPG Pfersdorf, die Druckerei und die Konsumbäckerei Hildburghausen.
Mai 1958
Werner Bergmann, Hildburghausen, wird als erster Fußballschiedsrichter der DDR von der FIFA nominiert und pfeift sein erstes Länderspiel Norwegen – Österreich, insgesamt sechs. Ferner ist er Referee für internationale Cup- und Freundschaftsspiele bzw. fungiert als DDR-Oberliga- und Ligaschiedsrichter. Er wird mit der Ehrennadel der FIFA ausgezeichnet und ist für die Weltmeisterschaft 1962 vorgesehen, muss aber aus gesundheitlichen Gründen verzichten.
28. Mai 1958
Die Lebensmittelkarten fallen weg, Kartoffelkarten erst 1966, Kohlenkarten bis zum Zusammenbruch der DDR, der Mehrbedarf konnte zum HO-Preis bezogen werden. Bis Ende der 60er Jahre bekommt man knappe Lebensmittel nur an seinem Wohnort gegen Vorzeigen eines geschäftsgebundenen Kundenausweises.
Das HO-Kaufhaus (heute: Apotheke) – Ansichtskarten auf dem Marx-Engels-Platz (heute: Marktplatz))
Wenn das Warenangebot mehr als dürftig im ersten Arbeiter-und-Bauern-Staat auf deutschem gewesen ist, für Agitationssprüche, rote Fahnen oder die drei SED-Führer des Staates sind genügend Platz und Material vorhanden: links: Otto Grotewohl (Ministerpräsident, bis 1946 SPD), Wilhelm Pieck (Präsident von 1949 – 1960, bis 1946 KPD), Walter Ulbricht (Stellvertretender Ministerpräsident, Generalsekretär bzw. Erster Sekretär der SED und nach Piecks Tod bis zu seiner Entmachtung 1971 Staatsratsvorsitzender, Alleinherrscher der DDR).
5. Juni 1958
Verordnung Freiwillige Helfer zur Unterstützung der Deutschen Volkspolizei, Zivilisten werden zur Grenzaufklärung und -sicherung eingesetzt. Im Reiseverkehr nehmen Einschränkungen zu.
1958
Die Kirchgemeinde Schönbrunn verkauft wegen Geldnot das kulturgeschichtlich wertvolle Predigt- und Epistelpult mit einem integrierten Taufbecken aus der Rokokozeit an die Kirchgemeinde Hildburghausen. Es steht heute in der Christuskirche.
1. September 1958
In der Zentralschule, der späteren Joseph-Meyer-Schule, wird die Mittelschule II oder Zentrale Oberschule eingerichtet (10-klassige Schule, ab 1959 bis 1990 als „polytechnische Oberschule“ bezeichnet).
Mit Beginn des Schuljahrs läuft an der Erweiterten Oberschule Geschwister Scholl ein Schulversuch; die Schüler legen gleichzeitig mit dem Abitur eine landwirtschaftliche Facharbeiterprüfung ab, Leiter ist der Lehrer Fritz Mardorf.
Südseite des ehemaligen „Alten Technikums“ und der „Joseph-Meyer-Schule“ zur Johann-Sebastian-Bach-Straße hin. Nach der letzten Rekonstruktion ist dieser Flügel eingelegt worden.
Sammlung Hans-Jürgen Salier
2. November 1958
Jubiläum 100 Jahre Werra-Eisenbahn mit einer Vielzahl Veranstaltungen, Jubiläumsfahrt auf der Strecke Eisfeld – Hildburghausen – Themar – Meiningen – Wasungen – Wernshausen – Immelborn – Marksuhl – Bad Salzungen. Einsatz von Sonderbahnpoststempeln der Deutschen Post mit Hinweis auf die Zugnummern 456 und 482.
Romantische Nachtstimmung mit Eisenbahnschranke und Bahnwärterhäuschen in Häselrieth an der heutigen B 89 in den fünfziger Jahren. Ein ähnliches Gemälde hat sich in einem DDR-Lesebuch (allgemeinbildende Schule) der sechziger Jahre ohne Nennung des Namens befunden.
1958
Oberkirchenrat Köhler nimmt nach Innenausmalung die Einweihung der Christuskirche in Hildburghausen vor.
1958
Bildung des Braukombinats Rennsteig. Die Heßberger Brauerei entwickelt sich zu einer der größten des Bezirkes Suhl.
26. September 1958
Zehn Bauern aus Hildburghausen, Wallrabs und Häselrieth gründen die LPG 10. Jahrestag. Die Einrichtungen der VdgB Hildburghausen werden übernommen, die LPG bewirtschaftet nach Gründung eine Gesamtfläche von ca. 200 ha.
Die altehrwürdige Große Buche wird 1730 in den Birkenfelder Hutakten erwähnt, später bekommt sie den Namen Kaiserbuche. Sie befindet sich auf dem Fußweg zwischen der Birkenfelder Straße und dem Krautberg zum Birkenfelder Grund hin. In den sechziger Jahren kann man noch ihre sagenhafte Mächtigkeit erahnen. Im 21. Jahrhundert wissen nur noch wenige Menschen von ihr. Der vermutlich aus der Zeit um 1500 stammende Baum hat 1900 noch eine Stammhöhe von 16 m und einen Durchmesser von 1,53 m, es wird auch ein Stammumfang von 7 m angegeben. Heute sind nur noch Reste des abgestorbenen Stammes erhalten. Rudolf Meffert hat den Baum Ende der fünfziger Jahre fotografiert, als die Gegend um den Birkenfelder Grund noch nicht zum Grenzsperrgebiet gehörte und für den Wintersport genutzt wurde. Sogar eine kleine Sprungschanze haben im Birkenfelder Grund dort rührige Birkenfelder Wintersportler errichtet.
Sammlung Ines Schwamm
21. Oktober 1958
Die Einreise des Bischofs Josef Stangl (1907 – 1979) zur Firmspendung u. a. nach Hildburghausen und Eisfeld wird von den DDR-Organen nicht genehmigt. In Vertretung kommt der Magdeburger Weihbischof Dr. Friedrich Maria Rintelen.
Nachdem ab 1958 kein Bischof aus der Bundesrepublik Deutschland in die DDR einreisen darf, wird mit dem Dekret vom 14.10.1959 des Würzburger Bischofs J. Stangl ein Generalvikar für den südthüringischen Teil der Diözese Würzburg in Meiningen ernannt.
1959 – 1961
An der Erweiterten Oberschule Geschwister Scholl werden Schülerexperimentierräume eingerichtet, im Fach Physik unter Leitung von Dr. Günter Zeitz, sowie für die Fächer Biologie und Chemie von Elfriede Schlichting.
1. Oktober 1959
Das Gesetz über den Siebenjahrplan zur Entwicklung der Volkswirtschaft der Deutschen Demokratischen Republik in den Jahren 1959 bis 1965 definiert als Hauptaufgabe: Im Zeitraum des Siebenjahresplanes ist die grundlegende Aufgabe zu lösen, ... Westdeutschland auf dem Gebiet der Arbeitsproduktivität einzuholen und zu überflügeln. Bis Ende 1961 stellt man sich das Ziel,Westdeutschland im Pro-Kopf-Verbrauch bei den meisten industriellen Konsumgütern und Lebensmitteln einzuholen oder zu überholen.
Der Ausspruch Walter Ulbrichts 1959 „Überholen ohne einzuholen“ – eigentlich ausgesprochen von Prof. Peter-Adolph Thießen, dem Vorsitzenden des DDR Forschungsrats, wird zur Dauersatire, weil die Menschen den wirtschaftlichen Niedergang der DDR täglich nachvollziehen können und ihn vergleichen mit dem rasanten Aufstieg der Bundesrepublik Deutschland.
Bootshaus an der Westseite des „Friedensparks (heute: Schlosspark) Ende der fünfziger Jahre.
Sammlung Hans-Jürgen Salier
1959
Aus einer leistungsstarken Gruppe des Wasserrettungsdienstes des DRK (nach 1960 mehrmalige erfolgreiche Teilnahme an DDR-Meisterschaften und DDR-Meister in der weiblichen Jugend) geht die Sektion Schwimmen der BSG Eintracht hervor (1958 – 1960). Erste Sektionsleiter sind Hartmut Fischer, Klaus Gleicke, Hans-Jürgen Salier, Klaus Gebauer. Zu bekannten Schwimmsportlern gehören: der mehrfache Europameister und Staffelweltrekordler Udo Poser, Siegfried Eschrich (ASK „Vorwärts“ Rostock), ferner Martin Knauer, Günter Jung, Günter Keller, Hermann Götze, Hans-Richard Kost, Günter Schumann, Hans-Georg Meier, Hans Kroneck, Detlef und Hermann Langenfeld, Bärbel Lorenz, Brunhilde, Bärbel und Karin Nettbohl, Barbara Schmidt, Ralf Geisthardt, Sylvia, Birgit und Petra Kretschmar, Achim Tessmer, Hans-Georg Häfner, Klaus Heeland, Dieter Schula, Roland und Detlef Müller, Wolfgang Müller, Christina und Rolf Anschütz u. a.
Schwimm-Mannschaft der BSG „Eintracht“ Hildburghausen 1960 vor dem Vergleichskampf gegen die BSG „Lok“ Meiningen im Hildburghäuser Bad.
Foto: Barbara Meffert
Die Fotografin und Bildjournalistin war ebenfalls Mitglied der Hildburghäuser Sektion Schwimmen
Meisterschaften im Sportschwimmen des Bezirkes Suhl 1962, Freistilstaffel.
Auf dem Siegerpodest: Detlef Langenfeld, Udo Poser, Martin Knauer, Hans-Jürgen Salier.
2. Dezember 1959
Nach Verabschiedung des Gesetzes über die sozialistische Entwicklung des Schulwesens in der DDR wird das Schulwesen neu strukturiert, Kernstück wird die 10-klassige polytechnische Oberschule. Die Ausbildung an den Erweiterten Oberschulen beginnt ab Klasse 9, seit Schuljahr 1981/82 ab Klasse 11.
Im Kreis gibt es 19 polytechnische Oberschulen (10-Klassen-Schulen), 6 Oberschulbereiche mit 8 Teiloberschulen, 1 Erweiterte Oberschule, 2 Sonderschulen. Die letzte Einklassenschule des Kreises in Friedrichshöhe wird aufgelöst.
Sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts. Blick in den Hof der Bürgerschule mit den romantischen Laubengängen (heute: Bürgerschul-Palais). In unwürdig waren, sind bis 1956, bis zur Gründung der Mittelschule I (später Polytechnische Oberschule „Joliot-Curie“, heutige Staatliche Regelschule „Joliot-Curie“) Kinder der Klassenstufen 1 – 4 (sog. Grundschule) beschult worden. Die Klassen 5 – 8, und ab 1958/59 als Mittelschule II (nachmalige Zentrale Oberschule, ab Januar 1981 Polytechnische Oberschule „Joseph Meyer“). Die Aufnahmen stammen aus einer Zeit, in der im Gebäude Schüler der Hilfsschule unterrichtet und betreut worden sind. An der Straßenseite zur Karl-Marx-Straße hin (heute wieder: Obere Marktstraße) befand sich die Schulküche mit einem großen Speiseraum. Weiterhin hatten im Gebäude u. a. die FDJ-Kreisleitung und die Kreisstelle für Unterrichtsmittel ihren Sitz.
Die Tür unterhalb des Hinweisschildes „Kreisstelle für Unterrichtsmittel“ „beherbergte“ das Pissoir für die Jungen. Es handelte sich um einen fensterlosen mit Teer schwarz gestrichenen schmalen Raum mit einer in den Beton-Fußboden eingelassenen Pissrinne. Hier schlug jedem eine Ammoniak-Chlor-Wolke entgegen, die sich tief in die Geruchserinnerung eingrub. Wenn es großen Pausenandrang gab, musste man sich schon vorsehen, die Örtlichkeiten wieder unbeschmutzt von Fäkalien und um Luft ringend zu verlassen.
1959
† Max Nonne (Prof. Dr.)
* 1861, Enkel Dr. Carl Ludwig Nonnes
Der international bekannte Neurologe ist in Hamburg-Eppendorf tätig. Nach ihm werden u. a. benannt die Nonne-Apeltsche Reaktion (Eiweißbestimmung zur Erkennung krankhafter Vorgänge im Nervenwasser) und das Nonne-Froin-Syndrom. In seinem Buch Anfang und Ziel meines Lebens schreibt er seine Erinnerungen an Hildburghausen und an die Familie Nonne auf.
1. Januar 1960
Die Zweigpostämter Schönbrunn, Heldburg, Masserberg und Veilsdorf werden in Postämter umgewandelt. Zum Amtsbereich des Postamts Hildburghausen zählen insgesamt 11 Poststellen I, 82 Poststellen II und die Posthilfsstelle Oberneubrunn/Post Schönbrunn. In Poppenwind wird eine Poststelle II eingerichtet.
1960
Der KOM-Bahnhof des VEB Kraftverkehr Hildburghausen auf dem Bachplatz wird in Betrieb genommen.
Die Erhebung an der Südseite des ehemaligen Residenzschlosses der Herzöge von Sachsen-Hildburghausen ist nach 1990 Luisenblick genannt worden, in Gedenken an Luise Königin von Preußen (1776 – 1810). Sie ist eine Schwester von Charlotte, der letzten Herzogin gewesen und weilt in ihrer Jugendzeit wiederholt in Hildburghausen. Von hier ist das Denkmal der Königin inmitten des Schlossparks zu sehen. Mit dem Bau des Einkauf-Centers auf dem Schlossgelände sind leider die letzten Reste der Schlossanlage beseitigt worden, auch noch vorhandene Grundmauersteine und der Schlussstein an der Südwestseite. – Nach Beräumung der Ruinenfläche Ende der vierziger und Anfang der fünfziger Jahre der am 7. April 1945 ausgebrannten Schlosskaserne sind Mitte der fünfziger Jahre in Nord-Süd-Richtung zwei und in Ost-West-Richtung drei große Baracken erbaut worden. Hier hatten Firmen und Institutionen ihren Sitz: Staatlicher Forstwirtschaftsbetrieb Hildburghausen, VEB Kraftverkehr und VEAB (Volkseigener Erfassungs- und Aufkaufbetrieb) für die Erfassung, Qualitätseinstufung sowie den Aufkauf landwirtschaftlicher Produkte. Da diese architektonischen Scheußlichkeiten ein Ärgernis gewesen sind, formulierten Kritiker: „Aus Barock mach‘ Barack“.
1960/61
Beginn der Kreisolympiaden in Mathematik (in verschiedenen Stufen), im Schuljahr 1997/98 hat die 37. Olympiade stattgefunden. Besondere Verdienste erwerben sich die Pädagogen Dr. Günter Zeitz, Martin Mühlfeld und Reinhold Zierdt.
Einführung der beruflichen Grundausbildung für die Klassen 9 und 10 an den Schulen.
1960/61
Der Altbau des Kreiskrankenhauses in der Scheusinger Straße ist in einem desolaten Zustand. Eine Stahlkorsettstützung muss eingezogen werden. Ein Neubau in der Wiedersbacher Straße wird geplant, aber nicht ausgeführt. Ärztlicher Direktor ist Dr. Franz Nowak (1913 – 1988). Im Amt folgt ihm 1962 – 1965 Dr. Walter Schneider.
1960 – 1965
Konrad Mann (Tel Aviv/Israel) ist musikalischer Oberleiter des Staatlichen Sinfonieorchesters Suhl (SSO), Sitz Hildburghausen. Das SSO entwickelt sich zu einem thüringischen Spitzenorchester. Publikum und Orchester sind allerdings wegen der Musikauffassung Konrad Manns teilweise überfordert.
April 1960
Die LPG Am Goldbach wird mit 15 landwirtschaftlichen Betrieben gebildet. Die Kollektivierung der Landwirtschaft wird in Häselrieth mit der Gründung der LPG Heimatscholle vorangetrieben. Die restlichen Einzelbauern aus Wallrabs schließen sich der LPG 10. Jahrestag an.
1960
Wegen mangelnder finanzieller Unterstützung werden die Leichtathleten der BSG Eintracht der Armeesportgemeinschaft Vorwärts angegliedert. Der Sportlehrer Rudolf Strauch leistet bei der Entwicklung der Leichtathletik über Jahrzehnte hinweg eine ausgezeichnete Arbeit. 1963 wird in der BSG Eintracht wieder eine leistungsstarke Sektion Leichtathletik gegründet, die 1966 bereits 110 Mitglieder hat. Außerordentliche Verdienste erwirbt sich seit 1950 der aus Veilsdorf stammende Alfred Zipf (Organisation, Kampfrichterobmann). Mit dem großen Ruf der Leichathleten sind teils über Jahrzehnte Rolf Trier, Rüdiger Brückner, Manfred Groß verbunden.
7. April 1960
Die SED-Kreisleitung meldet an die SED-Bezirksleitung: Der Kreis Hildburghausen ist vollgenossenschaftlich. Die SED-Propaganda spricht vom sozialistischen Frühling in der Landwirtschaft. Hunderte Agitatoren der SED, der „Partei der Arbeiterklasse“ sind im Kreis im Einsatz, um die Bauern zu „überzeugen“, oft ist auch Erpressung im Spiel. Es kommt teils zu erschütternden Szenen, bis hin zum Suizid.
In diesem Zusammenhang sind auch die drastisch steigenden Flüchtlingszahlen in die Bundesrepublik zu sehen, vor allem aus Angst vor drohenden Zwangsaussiedlungen, ferner wegen Enteignungen, ungenügender wirtschaftlicher Versorgung, Einschränkungen der persönlichen Freiheit und der fortschreitenden Ideologisierung des Alltagslebens in der DDR.
In einem von Walter Ulbricht unterzeichneten Schreiben des Zentralkomitees der SED heißt es: „Durch die sozialistische Umgestaltung, durch die Schaffung und Festigung der LPG ist den Konzernherren, Junkern und Militaristen der Weg in die DDR ein für allemal versperrt.“
Der 15.04.1960 gilt als Tag des Abschlusses der Kollektivierung der DDR-Landwirtschaft, ca. 19.000 Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften (LPG) der Typen I, II und III sind gegründet worden.
Gasthaus „Schloßkeller“ Weitersroda.
Verlag: Fotogr. R. Meffert, Hildburghauen, herausgegeben 60er Jahre.
Auf der Adressseite befinden sich persönliche Notizen von Rudolf Meffert nach seinem Schlaganfall. Er bemerkt: „Das war einmal ein sehr schönes Lokal; aber jetzt ist es Schulungs-Raum für LPG-Leute + es verfällt."
1960 – 1963
Auf dem Gelände der MTS Hildburghausen in der Thomas-Müntzer-Straße wird eine große Werkstatt (72 m x 29 m) erbaut. Bis 1961 hat die MTS Hildburghausen 10 Brigadestützpunkte eingerichtet (Brünn, Eisfeld, Eishausen, Heßberg, Sachsenbrunn, Themar, Trostadt, Veilsdorf, Waldau und Hildburghausen mit der Hauptwerkstatt).
Die MTS verfügt über einen Fuhrpark von 480 Fahrzeugen, darunter 24 Mähdrescher, 140 Traktorenpflüge, 8 Kartoffelvollerntemaschinen.
1960
Der in den 30er Jahren gegründete Auto-Anhängerbau (Fa. Albin Christ), 1952 enteignet, hat als VEB Anhängerbau Streufdorf ca. 90 Beschäftigte. Er untersteht zeitweise der VVB Automobilbau und wird später dem VEB Schraubenkombinat, Werk Hildburghausen, angegliedert.
Die Karl-Marx-Straße (Obere Marktstraße) mit Einfahrt zur Rathausgasse um 1960. Links die Ostseite des Rathauses, rechts ein Schaufenster von Farben-Schneider, im ersten Haus mit der ausgehängten Uhr hat der Uhrmachermeister Karl Saam seinen Laden mit Werkstatt, im Haus mit dem Tor befindet sich das Gemüsegeschäft von Fickelscher. Das obere, später abgerissene Haus, das Ladengeschäft der „Milch-Meiern“, also von Wally Meier, der Mutter des Kaufmanns Hans Meier.
Sammlung Hans-Jürgen Salier
September 1960
Gründung der Volksmusikschule des Kreises, 1961/62 gibt es acht Stützpunkte. Die ca. 200 Schüler werden von 13 Lehrkräften unterrichtet.
Vom Oberen Kapellenstieg zu Christuskirche, um 1960.
23. Juni bis 2. Juli 1961
100. Jahrestag der Stiftung der Freiwilligen Feuerwehr Hildburghausen, die Festlichkeiten finden eine große Resonanz in der Bevölkerung.
7. Juli 1961
† Ernst Kaiser (Prof. Dr.), Hildburghausen
* 23.12.1885, Hildburghausen
Pädagoge, einer der führenden Thüringer Geologen und Heimatforscher
1961
3,5 Millionen Flüchtlinge haben die SBZ/DDR verlassen. Die Flüchtlingszahlen steigen dramatisch. Ursachen sind vor allem die Zwangskollektivierung, Zwangsaussiedlungen vor allem aus dem Sperrgebiet, Enteignungen, ungenügende Versorgung der Bevölkerung mit Konsumgütern, Einschränkung der persönlichen Freiheit, Ideologisierung und Militarisierung des Alltagslebens.
13. August 1961
Bau der Mauer in Berlin (DDR-Jargon: antifaschistischer Schutzwall). Die Sicherungssysteme an der Grenze werden weiter perfektioniert. Verdopplung des Stacheldrahtzaunes, Verstärkung der Betonpfosten, zusätzliche Spurensicherungsstreifen (anfangs Verlegung von Holzkastenminen).
Nach dem Mauerbau sind an der 1.394 km langen Demarkationslinie 913.426 Minen verlegt worden. Nachweisbar sind 39 Menschen durch Minen getötet und 85 schwer verletzt worden. Insgesamt sind an der Grenze 938 Menschen gestorben (Minen, Selbstschussanlagen, Erschießen, Ertrinken, Fahrzeugaufprall, Absturz, Selbsttötung nach Aufdecken des Fluchtversuchs usw.).
In der DDR-Propaganda heißt es, damit werden die Grenzen des sozialistischen Weltsystems gegenüber den Hauptkräften des Weltimperialismus in Europa zuverlässig verteidigt und die Souveränität der DDR gewahrt.
September 1961
Der Pädagoge Karl-Otto Saenger übernimmt den Jugendchor der Geschwister-Scholl-Oberschule und führt ihn über Jahrzehnte hinweg zu einem hervorragenden Klangkörper.
4. September 1961
Aktion Blitz contra NATO-Sender (im Südthüringer Raum Aktion Ochsenkopf) gegen den Empfang westlicher Rundfunk- und Fernsehsendungen im Stile der Diffamierungen der NS-Zeit.
12. September 1961
Auf Befehl 1/61 des Vorsitzenden des Nationalen Verteidigungsrates, Walter Ulbricht, wird die Deutsche Grenzpolizei (mit Wirkung vom 15.09.1961) in die Nationale Volksarmee eingegliedert.
Hierbei handelt es sich um einen typischen DDR-Etikettenschwindel: Aus „Polizisten“ werden „Soldaten“. Die „Grenzer“ werden dem Ministerium für Nationale Verteidigung unterstellt. Das NVA-Kommando Grenze verfügt über schwere Waffen: Panzer Typ T 34, Sturmgeschütze SU-76, schwere Infanteriewaffen.
Hildburghausen gehört bis zur Friedlichen Revolution 1989 zur Grenzbrigade 11 mit dem Stab in Meiningen.
1953 – 1961
Kommandeure der Grenzbereitschaft
(mit damaligen Dienstgraden)
1953/54 Oberstleutnant Ernst Sprawe
1954/55 Major Heinz Sander
1955/56 Major Koppe
1956/57 Major Erich Klemm
1957/58 Major Heinrich Gabel
1959/60 Oberstleutnant Karl Leonhardt
1960/61 Major Manfred Reimann
14. September 1961
Befehl über die Gewährleistung der Sicherheit an der Westgrenze der DDR (Befehl Nr. 000464/39/61/), sog. Schießbefehl.
1961 – 1972
Nach dem Mauerbau befinden sich die Orte zwischen Hildburghausen und Eisfeld an der ehemaligen F 89 (heute: B 89) im 5-km-Sperrgebiet, ebenfalls der heutige OT Birkenfeld. Kontrollpunkte werden an der F 89 aufgestellt (etwa Standort Autohaus Ehrhardt und Birkenfelder Straße). Das Sperrgebiet kann nur mit Sondergenehmigungen betreten werden.
DDR-Wohnzimmer mit Nierentisch und Fernsehtruhe, um 1960. Aus Postkartenserie anlässlich des Jubiläums „100 Jahre Stadtmuseum Hildburghausen 1904 – 2004“.
Fotomontage: Ulrich Hartmann, 2003
2./3. Oktober 1961
Aussiedlungsaktion aus dem grenznahen Raum. Grundlage ist der Befehl Nr. 35/61 des Ministerium des Innern (Aktion Festigung, später auch menschenverachtend Blümchen oder Kornblume genannt). In der Nacht wird in den fünf Grenzkreisen des Bezirkes Suhl Gefechtsalarm Stufe I ausgelöst, ab 3 Uhr Stufe II. Beginn der Aussiedlungsaktion: 6 Uhr. Insgesamt sind 8.000 militärische Kräfte und kommunistische Agitatoren im Einsatz. Zwangsausgesiedelt werden 546 Personen, darunter ca. 200 Minderjährige, im Kreis Hildburghausen werden 147 Personen ihrer Heimat beraubt, in der Mehrzahl missliebige Arbeiter und Bauern.
Oktober 1961
Die Grenzbereitschaft Meiningen wird aufgelöst, das Grenzregiment Hildburghausen hat vier Grenzbataillone in Untermaßfeld, Römhild, Heldburg und Veilsdorf. Jedes Grenzbataillon besteht aus drei Kompanien und einer Reservekompanie. Das Regiment ist zuständig für den Bereich von Eisfeld bis Hermannsfeld (Kreis Meiningen). Meiningen wird Sitz einer Grenzbrigade.
Im Abschnitt Grenzregiment Hildburghausen wird zur Verbesserung des Sicht- und Schussfeldes vom Dezember 1961 bis August 1962 eine 85 km lange und 100 m breite Trasse gelegt. Nach offiziellen DDR-Angaben werden 70.000 Festmeter Holz geschlagen, der tatsächliche Holzeinschlag dürfte weitaus höher liegen. Vorsitzender der Kreiseinsatzleitung ist Erich Bartl.
An der Grenze werden u. a. Fahrwege gebaut, Signalanlagen installiert und Hundelaufanlagen in unübersichtlichem Gelände angelegt. Ulbricht spricht von einer „modernen Grenze“.
Erich Bartl, Vorsitzender der Kreiseinsatzleitung Hildburghausen, führt dazu aus:
Täglich und besonders auch an den Wochenenden wurden die komplizierten Arbeiten zur Schaffung von Sicht- und Schussfeld in Angriff genommen. Es bewährte sich aufs Neue die Einheit von Volk und Armee, ihre gemeinsame Verantwortung für die Sicherung der Staatsgrenze und des Friedens. Die Kampfgruppen der Arbeiterklasse erwarben sich große Verdienste.“
10. November 1961
Der Wirtschaftsrat des Bezirkes Suhl wird in eine Bezirksplankommission und in einen Bezirkswirtschaftsrat umgebildet. Zu entsprechenden Veränderungen kommt es in den Kreisen.
Schaukasten im Jahr 1961 des Deutschen Kulturbundes in der Kark-Marx-Straße (Marktstraße), seit 1972 in „Kulturbund der DDR“ umbenannt.
24. Januar 1962
Das Gesetz über die allgemeine Wehrpflicht wird verabschiedet, die ersten Wehrpflichtigen kommen im Herbst 1962 an die Grenze. Ihre Vereidigung findet im November 1962 unter großem propagandistischem Getöse auf dem Marx-Engels-.Platz (Marktplatz) Hildburghausen im Beisein des Chefs der Grenztruppen, Oberst Erich Peter, statt, der die Regimentsfahne überreicht.
April 1962
Umbenennung des NVA-Kommandos Grenze in NVA-Kommando Grenztruppen (bis März 1974).
28. Februar bis November 1962
Feierlichkeiten zum 150-jährigen Bestehen des Gymnasiums, der damaligen Geschwister-Scholl-Oberschule unter dem Motto „Seht! Es leuchtet eine neue Zeit!“
An der Oberschule wird im Schuljahr 1962/63 die berufliche Grundausbildung eingeführt. Rudolf Handschel leitet die berufliche Ausbildung.
25. Dezember 1962
Der Freikauf und Menschenhandel beginnt zwischen der DDR und der Bundesrepublik. Der Menschenhandel wird in den Folgejahren von der DDR zu einer sicheren Devisen-Einnahmequelle perfektioniert.
1962
Die Intershop-Läden werden in der DDR gegründet. Hierbei handelt es sich um eine staatliche Handelsorganisation, in deren Läden ausschließlich Westprodukte oder Waren aus dem Bereich der Lizenz- oder Gestattungsproduktion für Devisen angeboten werden. Erst mit dem Inkrafttreten des DDR-Devisengesetzes vom 19.12.1973 ist es den Bürgern offiziell erlaubt, in diesen Einrichtungen mit Devisen einzukaufen. Verbotenerweise haben sich relativ große Devisenmengen in Privathand befunden. Die DDR hat das Ziel, alle erreichbaren Devisen für ihre marode Finanzwirtschaft abzuschöpfen.
1963
Im ehemaligen Kaisersaal (Puschkinplatz) wird das Kreiskulturhaus Freundschaft eröffnet. Im Eingangsbereich ist eine Keramikarbeit des einheimischen Künstlers Werner Knackmuß angebracht.
Vom Kreiskulturhaus geht in den Folgejahren ein relativ breit gefächertes Kulturangebot aus, dessen Niveau auch mit entsprechenden Auflagen der SED bzw. mit den hierfür angestellten Funktionären schwankt. U. a. Organisation von öffentlichen Kulturveranstaltungen, Ausstellungen, Anleitung für Arbeitsgemeinschaften im Bereich des Volkskunstschaffens (Künstlerische Textilgestaltung, Malerei und Grafik, Bühnentanzgruppe, Jugendklub u. a.).
Das Gebäude wird 1994 abgerissen, heute befindet sich auf dem Gelände das Gebäude der Arbeitsagentur mit einem Ladenbereich.
20. Juni 1963
† August Wichtendahl Hildburghausen
* 7. Dezember 1874, Hannover
Deutscher Gewerkschafter und SPD-Politiker
Der Gewerkschafter und SPD-Politiker August Wichtendahl (1874 – 1963),
vorne im Bild mit Aktenmappe.
Sammlung Hans-Jürgen Salier
25./26. Juni 1963
Die DDR steckt – vor allem wegen des Mauerbaus – in einer tiefen wirtschaftlichen Krise. In einer Wirtschaftskonferenz des Zentralkomitees der SED wird mit dem Neuen ökonomischen System der Planung und Leitung der Volkswirtschaft (NÖSPL) eine neue Wirtschaftsreform eingeleitet, die mehr Eigenverantwortlichkeit der Betriebe vorsieht. Es kommt zu leichten Verbesserungen der wirtschaftlichen Situation und zu Lohnsteigerungen. Da die Preise und der Handel nicht freigegeben und die teils irrationalen Subventionen nicht abgeschafft bzw. reduziert werden, gibt es keine einschneidenden Veränderungen. Mit der Einführung der Industriepreisreform kommt es zu erheblichen volkswirtschaftlichen Veränderungen, Deformationen und Wettbewerbsverzerrungen.
1963
Struktur des Grenzregiments mit Stab Nachrichtenkompanie, Pionierzug und Transportzug in Hildburghausen; Regiments-Med-Punkt in Veilsdorf; 1 Grenzbataillon mit Nachrichtenzug und Bataillons-Med-Punkt (BMP) in Untermaßfeld (01.10.1963 nach Römhild verlegt);
Grenzkompanien in Hermannsfeld, Schwickershausen und Behrungen (Kreis Meiningen); Reservegrenzkompanie in Hermannsfeld; 1 Grenzbataillon mit BMP in Römhild/Gleichamberg; Grenzkompanien in Mendhausen, Eicha und Gompertshausen, Reservegrenzkompanie in Milz, Grenzbataillon mit Nachrichtenzug und BMP in Heldburg; Grenzkompanien in Schweickershausen, Poppenhausen und Ummerstadt, Reservegrenzkompanie in Heldburg; 1 Grenzbataillon mit Nachrichtenzug und BMP in Haubinda (am 01.10.1963 nach Veilsdorf verlegt); Grenzkompanien in Holzhausen, Streufdorf und Veilsdorf sowie Reserve-Grenzkompanie in Haubinda; Ausbildungsbataillon Meiningen/Drachenberg mit 4 Ausbildungskompanien, 1 Unteroffiziers-Ausbildungskompanie (1., 2., 5. Kompanie Drachenberg), 3. und 4. Kompanie Römhild im ehem. Jugendwerkhof. Die Reservekompanien werden am 01.10.1963 aufgelöst.
20. Oktober 1963
† Werner Bergmann, Hildburghausen
* 25.12.1912, Leubnitz b. Werdau
Schlosser, Sportfunktionär, FIFA-Schiedsrichter
1952 – 1966
Objekte des Grenzregiments
An die Grenzpolizei bzw. Grenztruppen werden im Zeitraum übergeben:
Hermannsfeld 1952
Schwickershausen Mai 1962
Behrungen 29.09.1964
Mendhausen 05.07.1967
Hindfeld von Eicha 05.10.1964
Gompertshausen 28.10.1965
Ummerstadt 25.09.1965
Einöd von Poppenhausen und Heldburg – 24.08.1966
Holzhausen 09.05.1966
Streufdorf 15.08.1970
Eishausen 28.10.1971
Veilsdorf 20.06.1966
15. Februar 1964
2. Bezirksfotoschau in Hildburghausen.
1964
BSG Eintracht wird ein Stützpunkt für den Turnsport gebildet (bes. für Delegierungen für die Kinder- und Jugendsportschulen). Zeitweise gehen 200 Sportler (vom Kleinkind bis zu den Senioren) dem Gerätturnen nach. Besondere Verdienste erwerben sich die Übungsleiter Rolf Poser, Gisela Fröhlich, Ursula Groß, Dieter Kracik, Gisela Bauer, Ingo Treybig.
19. März 1964
Erlass der Verordnung zum Schutze der Staatsgrenze der Deutschen Demokratischen Republik.
21. April 1964
Die Konzeptionslosigkeit der kommunistischen Planwirtschaft führt zu immer neuen Gesetzen und Verordnungen. Es wird beschlossen, die Abteilung Örtliche Versorgungswirtschaft (ÖWV) zu bilden. Am 19.06.1964 kommt es zum Beschluss des Rates des Bezirkes, dass die Betriebe der örtlichen Wirtschaft den Abteilungen des Rates des Bezirkes und des Rates des Kreises unterstellt werden.
Diese Entscheidung ist Folge des Beschlusses des Ministerrates vom 11.07.1963 über die Richtlinie für das Neue Ökonomische System der Planung und Leitung [NÖS], die umfassende Veränderungen der Wirtschaftsorganisation und der Beziehungen zwischen den Betrieben unterschiedlicher Eigentumsformen mit sich bringen. Der Erlass des Staatsrates vom 02.07.1965 über die Aufgaben und Arbeitsweise der örtlichen Volksvertretungen und ihrer Organe unter den Bedingungen des NÖS bringt auch eine Neuordnung der Unterstellung der Betriebe sowie der Genossenschaften; die schleichende Enteignung von Privateigentum wird vorangetrieben.
25. April 1964
† Hermann Röder (Prof.), Hildburghausen
* 28.05.1877, Westhausen
Pädagoge
1. August 1964
Währungsbezeichnung Deutsche Mark fällt weg, Einführung der Mark der Deutschen Notenbank (MDN).
9. September 1964
DDR-Bürger im Rentenalter können Anträge für Besuchsreisen in die Bundesrepublik stellen. An der Grenze werden Kraftfahrzeugsperrgräben angelegt, Betonplatten verlegt und Betonwachtürme errichtet.
13. Oktober 1964
† Werner Knackmuß, Hildburghausen
* 08.05.1908, Berlin
Redakteur, Maler, Grafiker, Buchillustrator
Zum 80. Geburtstag des Hildburghäuser Malers Werner Knackmuß verausgabte das Agrarhistorische Museum Kloster Veßra (heute: Hennebergisches Museum Kloster Veßra) einen Ausstellungsführer für die Kleine Galerie unter dem Titel „Dorf und Landschaft“ –
Aquarelle und Zeichnungen von Werner Knackmuß (1908 – 1964).
Dorfstraße St. Bernhard (heute: Friedensstraße)
Von Werner Knackmuß, um 1950
1964
Die Schulklassen im Kreis haben durchschnittlich 27 Schüler.
1964
Die Bücherbestände in der Fürstenloge der Christuskirche werden gesichert und nach Sachgebieten geordnet. Darunter befinden sich Inkunabeln (Wiegendrucke) aus dem 15. Jh. und Lutherausgaben des 16./17. Jh.
3. Oktober 1964
Gründung der Ingenieur-Verbindung HILDBURGIA zu Coburg. Am 09.10. findet das erste Stiftungsfest in Coburg statt. Das damalige Staatliche Polytechnikum Coburg bekennt sich zur Übernahme der Traditionen des Technikums Hildburghausen bzw. der 1946 aufgelösten Staatlichen Ingenieurschule.
Im Coburger Polytechnikum (seit 2011: Hochschule für angewandte Wissenschaften Fachhochschule Coburg) wird eine Gedenktafel für Harmsen Wilhelm Rathke mit seinem Wahlspruch SEGEN IST DER MÜHE PREIS enthüllt.
Die Farben grün-weiß-gold sollen erinnern an die ehemalige Alma mater und ihre Lage im Grünen Herzen Deutschlands (grün), an die zehn ehemaligen Verbindungen, deren Traditionen von der HILDBURGIA weitergeführt werden, erinnern Weiß und Gold. Der Wahlspruch lautet AMICITIA RES PARVAE CRESCUNT! (Freundschaft lässt auch kleine Dinge wachsen!). Der Zirkel zeigt ein lateinisches H.
Der Name „Hildburgia“ geht also auf den Gründungsverband, den „Verband ehemaliger Studierender Hildburghausens“ (VEStH), und die ehemalige Studienstätte Hildburghausen zurück. Studentisches Brauchtum und das studentische Zusammenleben werden gepflegt.
7. Dezember 1964
Die erste Etage des Caritas Altenheimes „St. Laurentius“ in der Bachstraße in Hildburghausen wird als Pflegestation (6 Zimmer mit Teeküche, Bad und Toiletten) umgebaut und am 01.02.1965 mit 15 Pflegeplätzen eröffnet.
1. Januar 1965
Einführung der vierstelligen Postleitzahlen. Hildburghausen erhält die PLZ 6110, die heute eingemeindeten Stadtteile und die Poststellen im Stadtgebiet (z. B. Thälmannplatz) die PLZ 6111.
1. Stelle der PLZ = Leitregion (6 – Bezirke Suhl/Gera); 2. Stelle = Leitgebiet (61 – Meiningen); 3. Stelle = Leitbereich (611 – Hildburghausen; 4. Stelle = Ortsleitzahl für die einzelnen Postämter (6115 – Themar). Poststellen ohne eigene PLZ haben eine Sammelleitzahl innerhalb des Leitbereichs. Die PLZ 6111 steht beispielsweise für Hildburghausen-Land.
1965
Einführung des Spargiroverkehrs für die Sparkassen und Banken (feste Verzinsung ab 1971 mit 3,25 %), Dauerauftrags- und Abbuchungsverfahren werden sofort nach Einführung in hohem Maße von der Bevölkerung und der Wirtschaft angenommen.
1965 – 1968
Fritz Bartsch (CDU) ist Bürgermeister der Stadt. Auf Drängen der SED muss das Mandat (CDU seit 1946) an die SED abgegeben werden, weil Hildburghausen u. a. angeblich eine „Arbeiterstadt“ geworden sei.
Im Amt folgt ihm der aus Hildburghausen stammende Fritz Pfefferkorn (SED).
1965 – 1974
Der Gynäkologe Dr. Eberhard Taube (1923 – 2014) ist Chefarzt des Kreiskrankenhauses. Unter seiner Amtsführung werden u. a. das Isolierhaus erweitert und die Anästhesieabteilung (geführt von Dr. Erika Hildebrandt) eingerichtet.
25. August 1965
Zentrale Festveranstaltung anlässlich des 125-jährigen Jubiläums der Herausgabe von Meyers Konversationslexikon (Joseph Meyer).
1965
Auf der Werrabahn-Strecke Meiningen – Eisfeld wird der begleitete Bahnpostbetrieb eingestellt.
9. Oktober 1965
In Würzburg findet das erste Treffen der ehemaligen Singkränzler des Gymnasiums Georgianum statt, in den späteren Jahren kommen die Turnkränzler und weitere ehemaligen Georgianer hinzu.
22. Dezember 1965
Der Ministerrat der DDR erlässt die Direktive zur Einführung der 5-Tage-Arbeitswoche für jede 2. Arbeitswoche.
1965
Mit Inbetriebnahme des Thüringer Gasverbundnetzes (Thüringer Ring) wird die Stadtgasproduktion im Gaswerk Hildburghausen (Coburger Straße) eingestellt.
1965 – 1980
Siegfried Geißler ist Chef des Staatlichen Sinfonieorchesters, Hans-Jürgen Thiers Kapellmeister. G. gestaltet populäre Programme, bedeutende Solisten und Gastdirigenten werden engagiert, das Orchester wird international bekannt. Aufführung eigener Kompositionen Geißlers, gemeinsam mit Thiers (Sinfonien, Kantaten).
Geißler ist 1990 – 1994 Landtagsabgeordneter der Partei Bündnis 90/Die Grünen des Freistaats Thüringen. Er macht sich während der Revolution in der Bürgerbewegung in Suhl verdient.
1966
Der Kreis Hildburghausen hat eine Fläche von 696,8 km² (zweitgrößter nach Meiningen im Bezirk Suhl), 63.484 Einwohner (zweitgeringste Bevölkerungszahl), Bevölkerungsdichte 91 Einwohner/km² (geringste).
1966
Sicherung der Grenze im Hinterland: Signalzaun 500 bis 1.000 m vor der Grenze, Schließung der Tore im Doppelzaunbereich, Bau von Erdbeobachtungsständen.
1966
Der aus Hildburghausen stammende Udo Poser (* 1947) erringt bei den Europameisterschaften im Sportschwimmen in Utrecht/Niederlande je eine Gold-, Silber- und Bronzemedaille. Bei den Europameisterschaften in Barcelona/Spanien erkämpft er über 200 m Delphin und in der Lagenstaffel die Goldmedaille, über 100 m Delphin die Silbermedaille. Der 23fache DDR-Meister und Weltrekordhalter ist Teilnehmer der Olympischen Sommerspiele in Mexiko (1968) und München (1972), seine beste Platzierung ist in Mexiko-Stadt ein fünfter Platz.
1966
Der VEB Kraftverkehr Hildburghausen unterhält 17 öffentliche Linien, 30 Schüler- und mehrere Arbeiterlinien (1967 = 57 Omnibusse, meist ungarische vom Typ Ikarus, 102 Lastkraftwagen). Der Betrieb hat 391 Beschäftigte, davon 225 Kraftfahrer.
1966
Dürrejahr mit verheerenden Folgen in der Land- und Forstwirtschaft.
1966/67
Im Bezirkskrankenhaus wird die Ambulanz mit Wohnhaus erbaut.
1966/67
Einführung der sog. Vorbereitungsklassen an der Erweiterten Oberschule, die Schüler werden nach präzisierten Lehrplänen unterrichtet.
1966 – 1973
VEB Schrauben- und Normteilewerk Hildburghausen wird zu einem leistungsfähigen Zentrum der Umformtechnik (anfangs Versuchszentrum) ausgebaut, u. a. 200 Lehrplätze, Lehrlingswohnheim mit 285 Plätzen, Betriebsberufsschule.
Auf dem Gelände des ehemaligen Rüstungswerkes NORDEUMA entsteht zwischen 1966 und 1973 der neue Produktionsstandort des „Schrauben- und Normteilewerkes Hildburghausen“.
Fotos: Rudolf Meffert, um 1968.
Januar 1967
Beginn der vormilitärischen Hans-Beimler-Wettkämpfe für Schüler ab Klasse 8 der 10-klassigen Polytechnischen Oberschule (mit Schießübungen, Handgranatenzielweitwurf, Orientierungslauf mit Karte und Kompass. Das Interesse für einen militärischen Beruf soll bei den Jugendlichen geweckt werden, zudem sollen sie auf den Wehrunterricht in den 9. und 10. Klassen vorbereitet werden.
1967
Eine mobile Funkmessstation (Radarstation) der Sowjetarmee wird auf dem Stadtberg eingerichtet. Den Hildburghäuser Bürgern geht ein wichtiges Ausflugsgebiet auf ihrem Hausberg verloren.
Ruine Luginsland auf dem Stadtberg, um 1910
Der überaus segensreich für die Stadt tätige Verschönerungsverein erbaut 1898 an der Nordseite des Stadtbergs die künstliche Ruine Luginsland mit einer Aussichtskanzel. Sie wird zu einem beliebten Ausflugsziel für die Hildburghäuser und ihre Gäste.
Zu DDR-Zeiten kommt aber alles ganz anders: Seit 1967 breitet sich auf einem Gelände von 4,12 Hektar, das als militärisches Sperrgebiet ausgewiesen wird, auf dem Gipfel des Stadtbergs eine mobile sowjetische Funkstation (Radareinheit) mit der Feldpostnummer 17789 aus, von der man u.a. alle zivilen und militärischen Luftbewegungen im süd- und südwestdeutschen Raum - also den NATO-Luftraum - observiert und registriert. Die praktisch veranlagten Besatzer tragen, der Not gehorchend, um ihr tristes Dasein zu verbessern, Teile der Ruine ab, um sich Schweineställe für ihre Grundversorgung und eine Sauna für ihr gesundheitliches Wohl zu bauen. – Den Hildburghäusern geht ein geliebtes Ausflugsgebiet zur "Sicherung des Weltfriedens" verloren.
23. März 1967
Übergabe des Naturlehrpfads Römersbach. In der Folgezeit wird er nicht weiter ausgebaut und gepflegt, er verkommt.
1967
Das Bezirkskrankenhaus für Psychiatrie und Neurologie erwirbt die Außenstelle Aschenhof bei Suhl, die bis 1977 mit Patienten belegt ist und dann als Objekt der Zivilverteidigung genutzt wird.
19. Mai 1967
Erlass 12.05. des Staatsrats der DDR, dass die Stadt Suhl aus dem Kreis ausgegliedert und zum Stadtkreis wird.
23. Juni 1967
† Bernhard Sendelbach, Hildburghausen
* 16.01.1889, Hildburghausen
Bauingenieur, Stadtbaudirektor, Mundartdichter
18. Juli 1967
Der in Hildburghausen wohnende Oberleutnant Dieter Busch von der 5. Grenzkompanie Hindfeld, Kreis Meiningen, Grenzregiment 9, Hildburghausen, flieht mit seiner Ehefrau und seinen 2- und 8-jährigen Kindern im Grenzabschnitt Hindfeld in die Bundesrepublik.
1967
Unter der Schirmherrschaft des Kulturbunds wird der spätere Goethe-Freundeskreis gegründet. Seit diesem Zeitpunkt wird der anerkannte Literaturkreis von Margit Appelt, Themar, geleitet. Sie ist Leiterin der Stadt- und Kreisbibliothek „Joseph Meyer“.
1967 – 1979
Bau der Schönbrunner Trinkwassertalsperre, auch zum Hochwasserschutz für Schleuse- und Werragebiet (23,3 Mio m³, Trinkwasseraufbereitung pro Tag: 50.000 m³). Hildburghausen wird zur Jahresmitte 1976 an die Trinkwasserleitung angeschlossen.
1. Januar 1968
Mit der Veränderung der Struktur des Bankwesens in der DDR und der Schaffung der Staatsbank der Deutschen Demokratischen Republik wird die Währungsbezeichnung Mark der Deutschen Demokratischen Republik (M) eingeführt.
12. Januar 1968
Das DDR-Strafgesetzbuch bedroht im § 213 den ungesetzlichen Grenzübertritt als Verbrechen, das mit Haftstrafen bis zu fünf Jahren bestraft wird.
6. April 1968
Volksabstimmung zur Verfassung der DDR. Im Artikel I wird die Führungsrolle der SED fest verankert: Die Deutsche Demokratische Republik ist ein sozialistischer Staat der Arbeiter und Bauern. Sie ist die politische Organisation der Werktätigen in Stadt und Land unter Führung der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei.
Mai 1968
Die LPG Am Goldbach wird mit der LPG 10. Jahrestag vereinigt. 1974 bewirtschaftet die LPG 640 ha und verfügt über 720 Rinder, davon 320 Milchkühe. Sie ist Partner der KAP Pflanzenproduktion Wallrabs. Eine Gewächshausanlage nahe des Wallrabser Kreuzes – Straße der DSF [heute: Marienstraße]) wird erbaut. In der ehemaligen Gaststätte Zum Braunen Roß am Markt unterhält die LPG einen Blumenladen (heute: Agrarunternehmen Pfersdorf e.G.).
11. Juni 1968
Die DDR führt die Pass- und Visapflicht im Reise- und Transitverkehr zwischen der Bundesrepublik und West-Berlin ein. Die Autobahngebühren werden erhöht.
1968
Die im Kreis erzeugte Milch wird in vier Molkereien (davon zwei im Kreis) verarbeitet. Die Molkerei Hildburghausen ist Leitbetrieb des Kombinats und dem Bezirkswirtschaftsrat unterstellt, sie gehört zur Milchwirtschaftlichen Vereinigung mit Sitz in Obermaßfeld. In Hildburghausen selbst wird aus ca. 50 Orten Rohmilch angeliefert. 1972 ist die Molkerei das Werk IV des Kombinats für Milchwirtschaft im Bezirk Suhl.
21. August 1968
Bei der Besetzung der Tschechoslowakei (Zeit des Prager Frühlings) durch Truppen des Warschauer Pakts wird die Grenzkompanie Gompertshausen unter Oberleutnant S. Hamann zur „Sicherung“ der Staatsgrenze zur Tschechoslowakei abkommandiert. In Johanngeorgenstadt wird ein neues Grenzregiment zusammengestellt.
Die Grenzbrigade wird von Oberst Karl Leonhardt befehligt (1959/60 ist er als Oberstleutnant Kommandeur der Grenzbereitschaft Hildburghausen). Zum Zeitpunkt des Zusammenbruchs der DDR 1989 ist er als Generalleutnant Stellv. Chef der Grenztruppen der DDR. 1997 wird er wegen der Verantwortung für Tötungsverbrechen an der Grenze zur Bundesrepublik Deutschland zu einer Freiheitsstrafe von 3 3/4 Jahren verurteilt.
1968
Das baugeschichtlich wertvolle barocke Mansardendach auf der Sachsenburg (damals: Sitz der HO-Kreisverwaltung, heute: Stadtverwaltung) wird abgetragen.
1. Januar 1969
Die Gemeinden Häselrieth und Wallrabs werden nach Hildburghausen eingemeindet.
1. Januar 1969
Der Kreisbetrieb für Landtechnik (KfL) Ilmenau, Sitz Langewiesen, wird als Betriebsteil dem KfL Hildburghausen angegliedert.
1969
Die BSG Eintracht wird nach dem Trägerbetrieb BSG ESKA umbenannt.
Woche vor Pfingsten 1969
Der erste ökumenische Gottesdienst Hildburghausens wird in der Apostelkirche gefeiert.
1969
Die Christuskirche Hildburghausen befindet sich in einem derart desolaten Zustand (vor allem durch Beschädigungen, z. B. Einwerfen der Fensterscheiben, Eintreten der Türfelder), dass der Gemeindekirchenrat – vor allem wegen fehlender finanzieller Mittel – in Erwägung zieht, das Gotteshaus als Kunstmagazin zu nutzen oder es zum Abriss freizugeben. Die Kirche wird 1974 für die Öffentlichkeit geschlossen. Ein letztes Konzert findet 1976 statt.
10. Juni 1969
Die evangelischen Landeskirchen der DDR treten aus der EKD aus und gründen den Bund der Evangelischen Kirchen in der DDR. Das Politbüro des ZK der SED stimmt am 25.07. der Bildung des Bundes zu.
7. Oktober 1969
Übergabe des Kompaktbaus des Kaltfließpreßzentrums im Schrauben- und Normteilewerk Hildburghausen (Grundsteinlegung am 05.04.1968), die Produktionshalle umfasst 17.000 m², Galvanik ca. 5.000 m² (ab 1973), Großküche mit Speisesaal, Sozialgebäude, Betriebsschule bzw. Lehrwerkstatt für ca. 240 Lehrlinge mit Lehrlingswohnheim u. a.
Mehrbildkarte Hildburghausen Ende der sechziger Jahre
Sammlung Hans-Jürgen Salier
1970 – 1979
Zur Durchsetzung der „industriellen Produktion in der Landwirtschaft“ werden Bedingungen geschaffen: 23.850 Rinderplätze (Milchviehanlage Veilsdorf = 1.930, Jungrinderaufzuchtanlage Eisfeld = 6.080, Rindermastanlage Pfersdorf = 7.400 Plätze), 7.440 Schweineplätze, 70.600 m³ Siloraum.
1970
Nach der Fertigstellung des neuen Werks des VEB Schrauben- und Normteilewerks zwischen Coburger Straße und Birkenfeld wird der erste Standort in der Heimstraße geräumt, das ehemalige Betriebsgelände wird Lager des WtB (Waren des täglichen Bedarfs), bis 1989.
VEB Schrauben- und Normteilewerk 1970 vom Krautberg gesehen (zwischen Wilhelm-Pieck-Straße [Coburger Straße] und Birkenfeld).
1970 – 1984
Bis 01.03.1984 ist Hans-Dietrich Bettmann Superintendent von Hildburghausen. Bis zum 13.04.1985 ist das Amt vakant. Die Amtsgeschäfte führen der Oberpfarrer Joachim Rilke, Gleichamberg, und der Gemeindekirchenrat.
Superintendent Bettmann führt auch in der Zeit die Verwaltung der Kreisstelle für Diakonie bis 1986 in der Schleusinger Straße 19 (zwei Jahre über Beginn seines Ruhestands hinaus), seine Frau Christa Bettmann ist Leiterin der Kreisstelle.
1970
Umbauarbeiten in der Stadt- und Kreisbibliothek „Joseph Meyer“, u. a. Erweiterung der Stellfläche für ca. 30.000 Bände, Einrichtung einer Phonothek mit 1.000 Tonträgern.
1970
Der Kaufmann Wolfgang Büchner übergibt der Stadt den Kürass, das Große Schützengeschmeide. Es ist 1827 von Blechschmied Peter Stang für die 1782 von Prinz Joseph von Sachsen-Hildburghausen neugestiftete Schützengesellschaft gefertigt worden.
1970
Mit dem gesteigerten Verkehrsaufkommen wird der Stadtring eingeführt, der bis heute in der Verkehrsführung kaum nennenswerte Verbesserungen erfahren hat.
Der Marktplatz als verkehrsberuhigte Zone ist auch gegenläufig befahrbar. Die Südseite wird für Parkplätze genutzt (Pkw, kleine Lkw und vor dem ehemaligen Rat des Kreises Kleinkrafträder).
13. April 1970
Verschmelzung der Genossenschaftsbank für Handwerk und Gewerbe im Kreis Hildburghausen (Schönbrunn, Eisfeld), am 27.10.1971 kommt Themar hinzu.
(1860 gegründet, s. 07.02.1862)
Das 1924 zum 600-jährigen Stadtjubiläum erbaute Bertholdstor in den siebziger Jahren.
Sammlung Hans-Jürgen Salier
15. Juni 1970
Auf einen Presseaufruf hin finden sich im Kreiskulturhaus interessierte Bürger für eine Laienspielgruppe zusammen, aus dem das Arbeitertheater Wladimir Majakowski (1974) hervorgeht, die heutige Amateurbühne Hildburghausen e.V. Erste Leiter sind: Dieter Brehm (1970), Werner Schwamm (1971), Rolf Weißleder (1972).
Das ca. 1960 umgebaute ehemalige Hotel „Bahnhofs Hotel Hohenzollern“ wird in „Bahnhofshotel“ umbenannt. Daneben befunden sich die „Apollo Lichtspiele“, das kleinere der beiden Kinos der Stadt Hildburghausen. Beide Gebäude werden nach dem Verkauf durch die Treuhandanstalt nach 1990 vom neuen Besitzer abgerissen und das Gelände nicht wieder bebaut.
1971
Die wirtschaftliche Situation der DDR ist derart instabil, dass der VIII. Parteitag der SED beschließt, den Umschwung von der Politik der einseitigen ökonomischen Modernisierung zur Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik umzustellen. Der Konsumtion soll größere Beachtung geschenkt werden. Der private Wohnungsbau wird gefördert, es kommt zu einem Preisstopp für Konsumgüter. Bereits 1970 gab es Politbüro- und ZK-Sitzungen zur krisenhaften Situation der Wirtschaft.
1971
Die Fußballmannschaft von BSG ESKA wird gegen Chemie Ilmenau Bezirkspokalmeister, die Mannschaft kann 1982 den Pokal gegen Motor Steinach erneut erringen.
Mehrbildkarte: Markt, Goetheplatz, Gesamtansicht, Ernst—Thälmann-Platz.
VEB Bild und Heimat, Reichenbach i.V., 1971.
Sammlung Hans-Jürgen Salier.
1. Oktober 1971
Aus den Fernmeldeämtern Hildburghausen und Meiningen sowie den Hauptpostämtern Hildburghausen und Meiningen wird das Post- und Fernmeldeamt Meiningen gebildet. Das Hauptpostamt Hildburghausen wird in ein Postamt umgewandelt, ihm unterstehen die Poststellen des Leitbereichs.
Teilansicht des Postgebäudes in der Leninstraße, heute: Friedrich-Rückert-Straße
1972
Der Rat der Stadt und das Kreiskulturhaus gründen das Arbeitertheater.
In der Folgezeit vollbringt es beachtliche Leistungen. Künstlerische Unterstützung erhält das Laientheater durch das Meininger Theater, besonders durch den damaligen Intendanten Wilhelm Thielmann.
1972
Hauptkirche in Hildburghausen wird die Apostelkirche, weil die Christuskirche wegen Bauschäden und eingeworfener Fenster nicht mehr benutzt werden kann.
Südseite des Marx-Engel-Platzes (Marktplatz) zu Beginn der siebziger Jahre zwischen den Gebäuden der Gaststätte „Fränkische Leuchte“ (Im Volksmund „Funzel“) und die HO-Fleischverkaufsstelle (vormals Fleischerei von Martin Göring, heute: Blechschmidt „Natürlich gesund“) sind zwei Schaukästen zu sehen mit den Programmen der beiden Kinos „Apollo“ in der Leninstraße (heute: Friedrich-Rückert-Straße) und „Capitol“ im unteren Teil der Geschwister-Scholl-Straße, dem Standort der heutigen Wohnblocks (linke Seite, zum Kehrweg hin).
Blick aus dem „HO Fleisch- u. Wurstwaren“ auf einen Teil der Nordseite des Marx-Engels-Platzes (Marktplatz). Links „Konsum – Elektro- und Fotoartikel“, daneben die Bäckerei von Robert Recknagel (heute: Kupfer-Optik), rechts am Eingang der Apothekergasse befindet sich die Stadtapotheke, daneben das Wäschegeschäft Härter, das zum Zeitpunkt schon verstaatlicht gewesen ist.
Das Fleisch- und Wurstwaren-Geschäft von Martin Göring ist Mitte der fünfziger Jahre umgebaut, modernisiert und mit einer leistungsfähigen Kühlanlage ausgestattet worden. Die zum Geschäft gehörende Gaststätte ist zum Wegfall gekommen und wird Teil der Ladenfläche. Nach der Flucht der Familie Göring mit vier Kindern Ende der fünfziger Jahre nach Ahorn bei Coburg, später lässt sie sich im südwestdeutschen Raum nieder, übernimmt die staatliche Handelsorganisation HO das Geschäft. An Stelle von Fleisch- und Wurstwaren ist das große Schaufenster oft mit Blumen, Agitations- und Dekomaterial geschmückt, denn nach Wegfall der Lebensmittelkarten am 28. Mai 1958 und dem Bau der Mauer 1961 dauert es noch eine Zeit, ehe die Versorgung mit Lebensmitteln für die Bevölkerung stabil gesichert worden ist.
Foto: Rudolf Meffert
Das Konsum Elektro-Foto-Fachgeschäft an der Nordseite des Marktes. Berauschend sind die Schaufensterauslagen nicht, im 2. Schaufenster wird auf die glanzvollen wirtschaftlichen Leistungen mit „Bilanz der Erfolge“ hingewiesen.
Sammlung Hans-Jürgen Salier
1972/73
In Bürden wird eine Konsum-Verkaufsstelle erbaut.
Frühjahr 1972
In Hildburghausen werden einige Produktionsgenossenschaften des Handwerks verstaatlicht: PGH Bau, PGH Metall, PGH Wäscherei (ehemalige Wäscherei Nestler).
Nach dem VIII. Parteitag der SED (Juni 1971) und dem Machtwechsel zwischen Ulbricht und Honecker beschließt das ZK der SED Maßnahmen über die schrittweise Durchführung des Beschlusses der 4. Tagung des ZK der SED hinsichtlich der Betriebe mit staatlicher Beteiligung, der privaten Industrie- und Baubetriebe sowie der Produktionsgenossenschaften des Handwerks. Damit wird der Prozess der Verstaatlichung privaten und genossenschaftlichen Eigentums vorangetrieben.
Der Staat kann private Anteile an den sog. halbstaatlichen Betrieben, die noch bestehenden größeren privaten Industriefirmen und die Mitgliedsanteile der PGH erwerben. Mit dem gewohnten agitatorischen Aufwand der SED werden die Enteignungen vollzogen, den ehemaligen Besitzern bleibt im Wesentlichen kein Verhandlungsspielraum. Sie müssen die SED- bzw. Staatsvorgaben akzeptieren. Die Verkaufserlöse der ehemaligen Besitzer bzw. der Genossenschafter werden auf Sonderkonten überwiesen, und es wird festgelegt, in welchem Zeitraum und in welcher Höhe bestimmte Beträge abgehoben werden dürfen. Anschließend erfolgt die Gründung der Staatsbetriebe.
Nach dem Zusammenbruch der DDR wird beispielsweise der VEB Wäscherei Hildburghausen am 01.07.1990 als Wäsche Service Hildburghausen GmbH am Kehrweg privatisiert, Geschäftsführer ist Udo Kramer.
Der ehemalige Betriebsleiter des VEB Wäscherei, Karl Hübscher, gründet am 01.07.1990 die Fa. Karl Hübscher Textilreinigung und Bettenfachgeschäft im Unteren Kleinodsfeld 14), die heute von seinem Sohn Thoralf geführt wird.
Die „Sachsenburg“ in der heutigen Clara-Zetkin-Straße (ehemalige herzogliche Orangerie) ist in den siebziger Jahren Sitz der Verwaltung der Handelsorganisation (HO). Die Kellerräume werden vorwiegend für das Kombinat OGS (Kombinat Obst, Gemüse, Speisekartoffeln) genutzt. Die Einheimischen haben das Kombinat als „Volkseigenen Kohlrabizirkus“) benannt. Das Wenige, was in der Zeit gebaut worden ist, hat dem Mangel unterlegen. So hat man bei der Sicherung der Dachhaut auch das denkmalgerechte historische und attraktive Walmdach schon teilweise abgetragen. Der umzäunte Platz (links) ist als Kleinsportanlage der Zentralen Oberschule (Joseph-Meyer-Oberschule) genutzt worden.
Sammlung Hans-Jürgen Salier.
7./8. Juni 1972
Brand (Brandstiftung) an der Nordost-Seite des Markts zwischen Apothekergasse und Rathaus. Stadtapotheke und das sog. Hauks-Haus mit Bausubstanz aus dem 15./16. Jahrhundert sind betroffen. Neben Produktions- und Verkaufseinrichtungen werden 13 Wohnungen, die von 39 Bürgern bewohnt werden, vernichtet. Dabei ist auch die einstige neben der Stadtapotheke gelegene geschichtsträchtige Gaststätte Schlundhaus, zum Zeitpunkt PGH Elegant. – An gleicher Stelle wird ein Konsum-Warenhaus errichtet, die mittelalterlichen Schlundhauskeller werden verfüllt. – Beim Abriss der ehemaligen Stadtapotheke werden Reste eines gotischen Gebäudes aus Bruchsteinmauerwerk freigelegt, die einschließlich der Keller zur Veilsdorfer Klosterterminei gehört haben.
Abriss der Häuserfront an der Nordseite des Marktplatzes zwischen Rathaus und Apothekergasse nach dem Großbrand vom 7./8. Juni 1972. Versetzt zur Nordseite des Rathauses hat das „Tapella“-Haus gestanden, das als „Haus des Kindes“ der HO genutzt worden ist. Das helle Gebäude (Bildmitte im Hintergrund) ist das Wohn- und Geschäftshaus der Fa. Rollwagen, Lebkuchen- und Zuckerwarenfabrik, heute: Teil des Parkplatzes vor dem Stadtmuseum.
1972
Die LPG Heßberg übernimmt 80 ha landwirtschaftliche Nutzfläche im Osten der Stadt Hildburghausen, die bis zu diesem Zeitpunkt von der Abteilung Landwirtschaft des Bezirkskrankenhauses für Psychiatrie und Neurologie bewirtschaftet werden.
17. Oktober 1972
DDR-Bürger (Nichtrentner) können in dringenden Familienangelegenheiten eine Genehmigung zu Besuchsreisen in die Bundesrepublik beantragen.
21. Dezember 1972
Grundlagenvertrag zwischen beiden deutschen Staaten. 1973 nimmt die Deutsch-Deutsche-Grenzkommission ihre Arbeit auf, Konstituierung am 31.01.1973.
Januar 1973
Baubeginn der Grenzübergangsstelle (GÜST) Eisfeld/Rottenbach.
(s. 21.06.1973)
10. Februar 1973
Beschluss des Staatsrates: Umbenennung des NVA-Kommandos Grenze in Grenztruppen der DDR (Frühjahr 1974), die offiziell keine Teilstreitkraft der NVA sind.
Mit dieser Maßnahme wird die internationale Öffentlichkeit erneut von der DDR belogen. Das geschieht vor dem Hintergrund der 1973 in Wien geführten Verhandlungen für die gegenseitige ausgewogene Reduzierung der Streitkräfte und Rüstungen in Mitteleuropa. Mit Ausgliederung der Grenztruppen sind sie nicht Verhandlungsgegenstand.
16. Juni 1973
† Karl Hamann, (Dr. rer. agr.), München
* 04.03.1903, Hildesheim
Landwirt, Politiker
21. Juni 1973
Der vom Bundestag verabschiedete Grundlagenvertrag zwischen beiden deutschen Staaten tritt in Kraft.
21. Juni 1973
Eröffnung der Grenzübergangsstelle (GÜST) Eisfeld (Kreis Hildburghausen) – Rottenbach (Landkreis Coburg). Ein Grenzinformationspunkt wird eingerichtet, der im Zusatzprotokoll zum Grundlagenvertrag 1972 und Zusatzvereinbarungen 1973 der beiden deutschen Staaten vereinbart worden ist.
20. Juli 1973
Ein Dekret der römischen Bischofskongregation ernennt den Titularbischof des Amtes Erfurt zum Apostolischen Administrator der Bistümer Fulda und Würzburg. Das ist ein kirchenpolitischer Schachzug gewesen, denn es wird verhindert, dass die in der DDR liegenden Gebiete der Diözesen Fulda, Paderborn und Osnabrück kirchenrechtlich abgetrennt worden sind. Seit dieser Zeit gehören die Gemeinden im Kreis Hildburghausen zum Bischöflichen Amt Erfurt-Meiningen. Zuständig ist Bischof Hugo Aufderbeck.
25. Juli 1973
Das Sportstadion am Schwimmbad (einstige Tongrube und teils spätere Müllhalde) wird eingeweiht. Es erhält den Namen Sportanlage der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft und wird nach 1990 in Werner-Bergmann-Stadion umbenannt.
18. September 1973
Aufnahme der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik in die Vereinten Nationen.
26. Oktober 1973
† Elise Pampe, Hildburghausen (Dr. med.)
* 06.11.1893, Schleswig
Lungenfachärztin, Synodale, Förderin der Kirchgemeinde Hildburghausen
Das evangelische Gemeindeheim in der Oberen Allee trägt ihren Namen.
Dezember 1973
Der Neubau am Kreiskrankenhaus wird übergeben (1975 Einrichtung des neuen Operationssaals, 1977 die erste Intensivstation).
1973
Die für die zeitlichen Verhältnisse relativ moderne Molkerei Hildburghausen mit 110 Beschäftigten verarbeitet jährlich ca. 24.000 t Milch.
1974
Eingemeindung Birkenfelds in die Stadt Hildburghausen.
1974
Einrichtung der Kinderbibliothek im Erdgeschoss der Stadt- und Kreisbibliothek Joseph Meyer in der Johann-Sebastian-Bach-Straße 13/15, hinzu kommt eine Artothek (Sammlung von Kunstreproduktionen) für Entleihung an Privatpersonen, Institutionen und Betriebe, ein Lesehof und ein Veranstaltungsraum. Die Kinderbibliothek hat sich bis zum Zeitpunkt im Haus der Jungen Pioniere in der Waldstraße befunden.
1974
Grüner Fassadenanstrich des Rathauses (Nordseite wird aus Kostengründen nicht renoviert, die Farbe wird in der Bundesrepublik eingekauft) anlässlich der 650-Jahrfeier der Verleihung der Stadtrechte.
Ein ungewöhnlicher fotografischer Anblick. Die Westseite des Rathauses während des Aufbaus des Warenhaues. Die Nordseite zwischen Apothekergasse und Rathaus war am 07./08.06.1972 einer Brandstiftung zum Opfer gefallen.
17./18. August 1974
Die IV. Kreismünzausstellung der Kreisfachgruppe Numismatik findet anlässlich der Jubiläen „25 Jahre DDR/650 Jahre Stadtrecht Hildburghausen“ im Kreiskulturhaus statt. Avers zeigt die Medaille in Kupfer (2.000 Expl.) bzw. Silber (170 Expl.) eine Ansicht (Ausschnitt) des 1720 von Johann Baptist Homan, Nürnberg, und Revers die beiden führenden Vertreter der bürgerlichen Revolution von 1848, Verleger Joseph Meyer und Dr. Eugen Huhn.
Die Medaille ist gestaltet worden von Jenny E. Hollmann und dem Stadtarchivar Reitzner, grafisch gestaltet von Walter Höhne. Der Stempelschneider ist Helmut König aus Zella-Mehlis gewesen, und die Prägung ist von der Fa. Heinrich Bittner, Gotha, erfolgt.
30. August bis 8. September 1974
Festwoche zur 650-Jahrfeier Hildburghausens: 30.08. Festveranstaltung im Stadttheater, 08.09. historischer Festumzug.
Festschrift „Hildburghausen 650 Jahre Stadtrecht 1324 - 1974“
Herausgegeben vom Rat der Stadt Hildburghausen,
Autoren: Horst Büchner, Rudolf Rausch, Otto von Nordheim, Franz Henn, Wolf-Dietrich Nelke, Kurt Röser, Ernst Müller. Gestaltung: Walter Höhne
1974
Die kirchlichen Veranstaltungen zur 650-Jahrfeier der Stadt Hildburghausen finden in der Apostelkirche statt, in der es 1977 zu Renovierungsarbeiten und Umbauarbeiten kommt (Umgestaltung des Altarraumes, Plattenverlegung, neuer Altar, Kreuz, Malerarbeiten).
1974
Nach dem XI. DDR-Bauernkongress werden Agrochemische Zentren (ACZ) in Hildburghausen und Themar als selbstständige zwischenbetriebliche Einrichtungen der LPG gebildet. Vorher gehören die agrochemischen Brigaden zu den Bäuerlichen Handelsgenossenschaften (BHG).
1974
Günter Stammberger beschreibt 2004 einige Teile der „St.-Nikolaus-Kirche“ in Pfersdorf, in der er als Pfarrer von 1974 bis 1996 tätig gewesen ist und die Filialkirchen Leimrieth und Zeilfeld betreut hat:
Kirche „St. Nikolaus“ in Pfersdorf
Foto: Bernhard Großmann, 2005
Eine Besonderheit ist die romanische Sakristei, die 1974 – 1978 in ihrem bedrohten Bauzustand gesichert und gründlich restauriert wurde, Dabei wurden ein sogenanntes Sakramentshäuschen und ein sehr altes Fenster aus vorreformatorischer Zeit freigelegt. Nach einem alten Inventarverzeichnis befand sich früher ein „Steinerner Tisch“ = Altar in der Sakristei der Pfersdorfer Kirche und belegt damit, dass dieser altehrwürdige Raum mit seinem rippenförmigen Kreuzgewölbe die erste Kirche (Kapelle) des Ortes gewesen sein muss. Erwähnenswert auch die einmanualige kleine, aber sehr wohl klingende Orgel, die 1716 Meister Caspar Schippel, Hildburghausen, baute. Sie kann als die älteste Orgel des Landkreises Hildburghausen gelten und wurde im Jahre 2000 einer gründlichen Restaurierung unterzogen.
Sehenswert im Kircheninnern sind noch die Kanzel mit farbigen Bildern in der Brüstung von den vier Evangelisten (Matthäus, Markus, Lukas und Johannes) sowie der Kreuzigungsszene und der Taufstein, beide aus Stein, und dem 16. Jahrhundert zuzuordnen. 1962 war die letzte Innenrenovierung des Gotteshauses, in den Jahren 1988 bis 1991 wurde die Kirche einer sehr umfassenden Außenrenovierung mit Neuverputzung und farblicher Gestaltung unterzogen. Das Pfersdorfer Gotteshaus ist vom Dorffriedhof umgeben, den eine 1578 schon bezeugte mächtige Trockenmauer umschließt. 1612, sechs Jahre vor Beginn des Dreißigjährigen Krieges wurde das Pfersdorfer Gotteshaus „Pfarrkirche“. Vorher war es, zusammen mit Leimrieth, Tochtergemeinde der fünf Kilometer entfernten Stadt Hildburghausen. Der Coburger Herzog Johann Casimir ließ als Landesherr im selben Jahr auch das Pfarrhaus erbauen, in welchem etwa anderthalb Jahrhunderte später der Pfarrersohn Friedrich Gregor Lautensack geboren wurde. Er war später als promovierter Jurist, dazu geadelt, und als Königlich-Polnischer, zeitweise als Herzoglich Hildburghäuser Hof- und Justizrat einer der tüchtigsten Diplomaten am ehemaligen Wiener Kaiserhof.
September 1974
Beginn des Aufbaus der Paketzustellanlagen im Stadtbereich als Rationalisierungsmaßnahme im Betriebszweig der Deutschen Post. Seit 13.11.1974 wird mit der Auslieferung von Postsendungen, Zeitungen und Zeitschriften mit Briefzustellanlagen begonnen. Diese „Rationalisierung“ der Post wird in der Bevölkerung wegen der vom Kunden zurückzulegenden Wegstrecken und der mangelhaften Qualität der Anlagen (Postsendungen sind u. a. zu sehr Witterungseinflüssen ausgesetzt) kritisiert.
Ab der zweiten Jahreshälfte 1991 werden die Anlagen von der Deutschen Bundespost wieder abgebaut und die Direktzustellung wieder eingeführt.
7. Oktober 1974
Die Verfassung der DDR wird geändert, der Begriff der Deutschen Nation wird gestrichen.
Die Grenze wird weiter perfektioniert. Der Doppelzaun wird teilweise rückgebaut, dafür wird ein 3 m hoher Streckmetallgitterzaun errichtet. Minen werden neu verlegt, teils mit Minenverlegepanzern.
1974
In Hildburghausen gibt es fünf kommunale und zwei Betriebskindergärten mit 417 Plätzen, ferner den Kindergarten der evangelisch-lutherischen Kirchgemeinde.
Der 1971 eröffnete Kindergarten (zwei Pavillons) in der Friedrich-Fröbel-Straße.
Foto: Rudolf Meffert
1974
Das Arbeitertheater wird nach dem russisch-sowjetischen Lyriker und Dramatiker Wladimir Majakowski benannt und gestaltet anlässlich des 45. Todestages des Dichters (14.04.1930) einen Majakowski-Abend.
Schnappschuss vom Marx-Engels-Platz. Ab Mitte der siebziger Jahre kommt es an einigen Ecken zur Bautätigkeit. Rechts im Bild: Bauzaun, die einstige historische Gaststätte „Garküche“ wird neu aufgerichtet. Die Tribüne, eine Demonstration steht bevor, ist von der üblichen Nord- auf die Südseite verlagert worden. Die Schaufensterscheiben des HO-Kaufhauses (vorher: Kaufhaus Amberg, heute: Apotheke am Markt) sind vorwiegend mit Agitationsmaterial behängt.
… die Nordwestseite mit der im Neuaufbau befindlichen „Garküche“ und dem inzwischen wieder eingelegten Marktbrunnen am Eingang der Apothekergasse.
6. Januar 1975
Übergabe der Ernst-Thälmann-Oberschule in der Waldstraße (1. Spatenstich am 11.01.1974). Ca. 700 Schüler der Klassen 1 bis 10, 45 Lehrkräfte.
10. bis 20. Dezember 1975
Flucht des NVA-Angehörigen Werner Weinhold bei Harras/Bockstadt/Massenhausen über die DDR-Grenzsperranlagen. Als Fahndungszentrum ist die Kreisdienststelle des MfS in der Hildburghäuser Geschwister-Scholl-Straße bestimmt worden. Bei der Großfahndung nach dieser Einzelperson sind insgesamt ca. 8.000 Mann bewaffnete Kräfte im Einsatz.
Am 16.12.1975 kommt die Meldung über ein folgenschweres Ereignis. Am Kontrollpunkt Vachdorf im Kreis Meiningen, an der F 89, ist eine Volkspolizei-Angehöriger durch die Auslösung eines Schusses schwer verletzt worden. Es stellt sich heraus, dass der Unfall beim Einlegen eines Patronengurtes in ein leichtes Maschinengewehr geschehen ist. Der tödlich Verletzte ist ein 24-jähriger Hauptwachtmeister gewesen, der Verursacher ein Volkspolizei-Meister.
In der Nacht vom 18. zum 19.12.1975 erschießt der DDR-weit gesuchte Werner Weinhold zwei Kilometer südöstlich von Harras hinterrücks die beiden Grenztruppen-Posten Klaus-Peter Seidel, 21, und Jürgen Lange, 20, von der 10. Grenzkompanie Eishausen des 3. Grenzbataillons des 9. Grenzregiments. Weinhold kann anschließend in die Bundesrepublik flüchten. Die DDR-Fahndungsmaßnahmen werden in der Mittagszeit des 20.12. eingestellt.
In einem Prozess 1976 wird W. in der Bundesrepublik freigesprochen, weil die Generalstaatsanwaltschaft der DDR nur ungenügend Akten bereitstellt. 1978 wird er mit 5 1/2 Jahren Freiheitsentzug bestraft.
Ehemaliges Jagdhaus, heute: Garagenkomplex in der Nähe der Staatlichen Regelschule „Joliot Curie“.
Sammlung Hans-Jürgen Salier.
7. März 1975
Wegen der Abnahme der Mitgliederzahl der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde Hildburghausen-Eisfeld wird die Selbstständigkeit aufgegeben. Man schließt sich der Gemeinde Meiningen an. Ein Wiederanschluss an Sonneberg ist nicht sinnvoll gewesen, weil das Gebiet zu DDR-Zeiten zeitweise im Grenzsperrgebiet gelegen hat.
1975 – 1977
Im Bezirkskrankenhaus wird das Bettenhaus der Neurologie erbaut.
Mitte 70er Jahre
Das Naherholungsgebiet Gemauerte Teiche mit einem Wildgehege wird von Kulturbund, Stadtverwaltung und Staatlichem Forstwirtschaftsbetrieb Hildburghausen angelegt. Initiator ist der verdienstvolle Naturschützer Herbert Eckardt.
1976
Die Christuskirche Hildburghausen wird wegen Bauschäden geschlossen. Ein (vorerst) letzter Gottesdienst in ihr ist 1974 zum 650-jährigen Stadtjubiläum gefeiert worden.
7. November 1976
Sonderpostamt mit Sonderstempel anlässlich des Jubiläums 300 Jahre Post Hildburghausen. 1676 – 1976. Der Philatelistenverband im Kulturbund der DDR verausgabt die Broschüre Aus der Postgeschichte von Hildburghausen, Autor: H.-J. Salier.
Die Apothekergasse vor der Sanierung. Der Ausschnitt zeigt den Standort des späteren Restaurants „Zur Alten Post“, heute wird es nach erneutem Umbau von einem Griechen betrieben.
18. November 1976
Die Installation der Splittermine SM-70 (sog. Selbstschussanlage) an der deutsch-deutschen Grenze belastet das Verhältnis beider deutscher Staaten schwer. Auch das internationale Ansehen der DDR gerät in Kritik, zumal die DDR förmlich um Anerkennung buhlt.
Ende 1976
Bis zum Zeitpunkt entstehen 180 Wohnungen der AWG in der Dr.-Theodor-Neubauer-Straße, bis 1987 folgen 105 im Ziegeleiweg. Damit verfügt die AWG über einen Bestand von 528 Wohnungen mit einer Gesamtgrundstücksfläche von 6 ha.
Festumzug zur 650-Jahrfeier 1974.
Fotos: Bernhard Großmann
Veranstaltung zur 650-Jahrfeier auf dem Marktplatz. Die am 07.08.06.1972 abgebrannte Nordostseite wird wieder aufgebaut.
Foto: Bernhard Großmann
Die Apothekergasse in Richtung Markt mit dem „Café Cyriaci“ (im Volksmund „CC“) kurz vor dem Abriss. Pächter: Konditormeister Rolf Krauße und Ehefrau Helga.
Foto: Rainer Lörtzing, Hildburghausen, Januar 1977.
Die Johann-Sebastian-Bach-Straße von der Einmündung zur Papendieksgasse in Richtung Christuskirche. Im rechten Gebäude wohnte der berühmte Kupferstecher und Schriftsteller Carl Barth. Die gesamte Häuserfront gehört heute zum Caritas-Pflegeheim „St. Laurentius“.
Foto: Rainer Lörtzing, Hildburghausen, 1983
Die traditionsreiche Gaststätte „Zum Grünen Baum“ Im Volksmund „Bämle“ genannt, heute Teil des Parkplatzes (Mitzenheimstraße, Nonneplatz, Schleusinger Straße). Letzter Wirt war Heinz Blau. Kurz vor dem Abriss 1977, die Butzenscheiben (untere Fensterreihe) sind schon herausgenommen worden.
Foto: Rainer Lörtzing, Hildburghausen, 1977
1976
Im Bezirk Suhl gibt es 16 Kooperative Abteilungen Pflanzenproduktion (KAP), 8 LPG Pflanzenproduktion, 8 Kreisbetriebe für Landtechnik (KfL) und 8 Agrochemische Zentren (ACZ).
Die KAP Pfersdorf und Beinerstadt schließen sich zur KAP Beinerstadt und die KAP Linden und Streufdorf zur KAP Streufdorf zusammen (01.01.).
1976 – 1978
In Vorbereitung der Woche der Arbeitertheater anlässlich der 17. Arbeiterfestspiele der DDR 1978 wird das Stadttheater renoviert (neue Bestuhlung, Umstellung der Heizungsanlage auf Gas, neuer Schnürboden, Beschallungsanlage usw.). Die Gruppe des Arbeitertheaters Wladimir Majakowski entwickelt sich besonders in den siebziger und achtziger Jahren unter der Leitung von Rolf Weißleder (1940 – 2015) zu einem der profiliertesten Amateurtheater der DDR.
1977 bis März 1982
Ausrüstung des zweireihigen Grenzzauns mit den Selbstschussanlagen SM 70.
Die mit Bleistücken und scharfkantigen Stahlstücken versehenen Tötungsautomaten werden elektrisch ausgelöst, nach internationalen Protesten beginnt der Abbau ab Herbst 1983.
1. Mai 1977
Die am 29.07.1976 erlassene Verordnung über die schrittweise Einführung der 40-Tage-Arbeitswoche tritt in Kraft.
6. Mai 1977
In einem vierjährigen Maßnahmeplan des Rates des Kreises Hildburghausen, unterzeichnet von seinem Stellvertreter Otto Geier, wird an den Rat des Bezirkes Suhl erheblicher Geldbedarf zur Absicherung der Staatlichen Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit und Ordnung im Grenzgebiet des Kreises Hildburghausen im Zeitraum 1977 – 1980 geplant.
In der Aufstellung sind 105 Objekte vorgesehen gewesen, die aber nicht alle dem Bagger bzw. der Spitzhacke zum Opfer fallen. Für den Ankauf hat man 6.888.000 Mark der DDR angesetzt, für den Abriss 882.300 M. Allein für Billmuthausen sollen für die verbliebenen drei Wohnhäuser, eine Stallanlage und zwei Scheunen 260.000 M gezahlt werden, für die Abbruchkosten 100.000 M. Im Jahr 1979 ist vorgesehen, das Hermann-Lietz-Stift in Haubinda abzureißen, hierfür sind 15.000 M vorgesehen. Gipfelpunkt der SED-Kulturbarbarei ist der Abriss des Jagdschlosses Seidingstadt, ehemalige Sommerresidenz des Herzogshauses Sachsen-Hildburghausen und Geburtsort der Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen (* 8. Juli 1792), der nachmaligen Königin von Bayern (1825). Der Kaufpreis ist mit 12.000 M veranschlagt, der Abriss mit 10.000 M.
4. August 1977
† Moritz Mitzenheim (Dr. theol.), Eisenach
* 17.08.1891, Hildburghausen
Theologe, Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche Thüringens Ehrenbürger
27. August 1977
Die aus Hildburghausen stammenden Rudolf-Ernst Nettbohl (* 02.03.1956), VEB Schrauben- und Normteilewerk Hildburghausen, und Bernd Schaffner (* 11.09.1950), Bauschlosser, haben mit einem Motorrad (MZ) einen Schwarzmeerurlaub (Nähe Bourgas) angetreten. In erheblicher Entfernung zur griechischen Grenze werden sie von bulgarischen Grenzwächtern am helllichten Tag erschossen. Ein Fluchtversuch ist bislang nicht eindeutig nachgewiesen worden. – Die bulgarischen Grenzsoldaten erhalten für ihre Tat Sonderurlaub und sind mit Valuta ausgezeichnet worden.
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Bernd Schaffner (* 11.09.1950) |
Rudolf-Ernst Nettbohl (* 02.03.1956) |
Am 06.09.1977 werden die Eltern der Getöteten zum Vorsitzenden des Rates des Kreises, Werner Ahsmus (SED), geladen. Frau Nettbohl, ihr Mann war wenige Wochen zuvor verstorben, fragt, wann die sterblichen Überreste in die DDR überführt werden. A. antwortet: "Der ist innerhalb von 48 Stunden an Ort und Stelle verscharrt worden. Mit solchen Leuten verfährt man nicht anders. Ihr Sohn war ein Verräter der DDR.“ Die Mutter hat, wie es bei der DDR-Sippenhaft üblich war, ihre Arbeitsstelle verloren. Nach einer Petition bei Honecker werden die Leichen Ende Januar 1981 in Sofia exhumiert und sind vier Wochen später in Hildburghausen beigesetzt worden. – Die Bevölkerung ist über die Geschehnisse nicht informiert worden.
1977
Der Herzog-Georg-Brunnen auf dem Markt wird auf den Theatervorplatz am Helenenplatz umgesetzt. Der dort seit der Einweihung des Platzes im Jahr 1892 befindliche Brunnen (einstige Brunnenschale) mit neuem Mittelteil des Hirschbrunnens vom ehemaligen Hirschplatz (Puschkinplatz) wird in den Schlosspark vor die Techniker-Brücke gesetzt.
Nordseite des Marx-Engels-Platzes, 1987, mit dem zu DDR-Zeiten errichteten Brunnen.
Der Herzog-Georg-Brunnen ist 1977 auf den Theatervorplatz (Helenenplatz) umgesetzt worden, weil der einem Herzog geweihte Brunnen nicht in das „gesellschaftspolitische“ Bild einer sozialistischen Kreisstadt passte.
1. Januar 1978
Aus dem VEB Vereinigte Säge- und Kistenwerke Häselrieth wird die Vereinigte Holzindustrie Häselrieth gegründet. Hierzu gehören Zweigbetriebe in Eisfeld, Veilsdorf, Biberau, Gießübel mit zeitweise bis zu 270 Beschäftigten, von denen ca. 60 am Standort Häselrieth arbeiten, davon ca. 30 Mitarbeiter in der Verwaltung.
Lager des Holzumformplatzes vor dem Transport zwischen den Gleisanlagen am Bahnhof Hildburghausen und der Häselriether Straße.
1. Februar 1978
Margot Honecker, Ministerin für Volksbildung der DDR, erlässt eine Direktive, in der es heißt, dass an den Schulen ab Klasse 9 am 1. September für Jugend und Mädchen ein nicht benoteter Wehrunterricht – zumeist als Blockveranstaltung – mit Waffenausbildung eingeführt werden soll.
4. Mai 1978
† Karl Seizinger (Prof.), Haarlem/NL
* 23.03.1889, Hildburghausen
Kupfer- und Stahlstecher, Banknoten- und Briefmarkenstecher
Anlässlich der 17. Arbeiterfestspiele wird im renovierten Stadttheater Majakowskis Bühnenstück „Der Chirurg“ eingeweiht. Szene mit Reinhard Haschlar, Erich-Willy Hammerschmidt und Elvira Menz.
Foto: Rainer Lörtzing, Hildburghausen
Das ehemalige Thurn und Taxissche Postamt (heute: Stadtmuseum) mit Blick zur Kreuzung Schleusinger Straße mit Nonnehaus (rechts) und ehemaliger Neustädter Apotheke (zum Zeitpunkt „SPOWA“ (Sportwarenladen der staatlichen Handelsorganisation HO).
Foto: Rainer Lörtzing, Hildburghausen, Januar 1978
30. Juni bis 2. Juli 1978
17. Arbeiterfestspiele und Kulturfesttage der sozialistischen Landwirtschaft der DDR finden im Bezirk Suhl statt. Hildburghausen wird Festspielzentrum und richtet die Woche der Arbeitertheater(Stadttheater und Kreiskulturhaus) vom 23.06. – 02.07 aus. Weitere Festspielorte sind Eisfeld, Heubach, Steinbach-Langenbach, Pfersdorf und Römhild (ehemals Kreis Meiningen).
1. September 1978
An den polytechnischen Oberschulen der DDR kommt es zur Einführung des Wehrunterrichts.
Die vormilitärisch-ideologische Einflussnahme der Schuljugend durch das SED-Regime erhält eine neue Qualität. Die Militarisierung der Schule in der Zeit der internationalen Entspannung ist ein indirektes Eingeständnis des Misserfolgs der bisherigen ideologisch-propagandistischen Erziehung in der DDR.
September 1978
Der Kindergarten in der Waldstraße wird eröffnet.
Seit 1992 steht die Kindertagesstätte in Trägerschaft der Arbeiterwohlfahrt, Kreisverband Hildburghausen e.V. (AWO).
1978
Nach DDR-Angaben beträgt die industrielle Warenproduktion im Kreis 841,4 Mio. Mark. Er ist zu diesem Zeitpunkt von nachfolgend genannten industriellen Produkten Alleinhersteller in der DDR bzw. hat einen relativ hohen Anteil an der Gesamtproduktion:
Zündkerzengehäuse, 17 verschiedene Normteile, Anschlussverschraubungen, Waschmaschinenantriebe, Dichtungen, Rasierklingen, Kühlmittelpumpen (45 Sorten), Feldstecher, Schlaf- und Polstermöbel.
In der Landwirtschaft werden 673 Traktoren mit insgesamt 38.311 Motoren-PS und 53 Mähdrescher gezählt.
1. Januar 1979
Bildung des Volkseigenen Gutes Schleusingen mit Gemeinden aus den Kreisen Suhl und Hildburghausen: Schleusingen mit Fischbach, Gottfriedsberg, Geisenhöhn und Erlau, Breitenbach, Gerhardtsgereuth mit Neuendambach, Wiedersbach, Hinternah, Schleusingerneundorf, Ratscher, Rappelsdorf, Gethles, Heckengereuth, Henfstädt, Themar, Wachenbrunn, Tachbach, Kloster Veßra, Neuhof, Ahlstädt, Lengfeld, Bischofrod und Eichenberg.
23. Januar 1979
Die Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde Hildburghausen wird Zweiggemeinde der Gemeinde Meiningen, deren Mitglied sie in den folgenden Jahrzehnten bleibt.
28. Juni 1979
Mit einem Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Devisengesetzes werden die sog. Forum-Scheckseingeführt.
Der Besitz konvertierbarer Währungen wird bis zum Zeitpunkt strafrechtlich verfolgt. Die Forumschecks können bei der Staatsbank der DDR gegen Valuta im Verhältnis 1 : 1 eingelöst werden (ein Rücktausch ist ausgeschlossen). Mit ihnen können die DDR-Bürger in den sog. Intershop-Läden einkaufen, die zum Abschöpfen der Devisenbestände der Bevölkerung und für Besucher aus dem Nichtsozialistischen Wirtschaftsgebiet (NSW) eingerichtet werden. Die D-Mark hat sich inzwischen in der DDR zu einer zweiten Währung entwickelt, vor allem um Konsumtionsbedürfnisse, Handwerksleistungen o. ä. zu erfüllen bzw. zu entgelten.
1979
Das bei Leimrieth (heute: Stadtteil von Hildburghausen) entspringende Flüsschen Rodach erhält nördlich von Roßfeld (heute: OT von Bad Rodach/Bayern) zwischen Steinfeld und der innerdeutschen Grenze ein neues Flussbett. Die zivilen Arbeitskräfte werden von Angehörigen der Grenztruppen bewacht. Um Fluchtversuche von DDR-Bürgern zu verhindern, wird ein Gitterwehr errichtet.
Mai 1980
Gegen die letzte Einwohnerin Friedenthals (OT Pfersdorf), Rosa Börner, wird die „Zwangsräumung“ ausgesprochen. Die gesamte Siedlung geht in das Eigentum des Rates des Kreises Hildburghausen über. Das Gelände wird zum Sperrgebiet erklärt und für paramilitärische Übungen genutzt (Zivilverteidigung, Kampfgruppen der Arbeiterklasse).
Rainer Lörtzing (* 1943) hat dieses Motiv vom Friedenspark aus, so hieß der Schlosspark in der DDR, fotografiert. Die Häuserzeile bis zur Christuskirche gehört heute zum Caritas Alten- und Pflegeheim. Aus dem Haus rechts neben in der Bildmitte stammt der begeisterte Hobbyfotograf, der viele Hildburghäuser Motive für die Nachwelt erhalten konnte. Er selbst hat dann mit seiner Familie in der Johann-Sebastian-Bach-Straße 10 gewohnt, das einst dem berühmten Kupferstecher und Kunstschriftsteller Carl Barth gehört hat.
1. August 1980
Der aus Weitersroda stammende Jürgen Straub (* 03.11.1953), ehemaliger Schüler der Zentralen Oberschule (Obere Marktstraße 44), erringt bei den Olympischen Sommerspielen in Moskau im 1,500-m-Lauf eine Silbermedaille (3:38,8) hinter Sebastian Coe und vor Steve Ovett (Großbritannien). Straub ist in den siebziger und beginnenden achtziger Jahren einer weltbesten Mittelstreckenläufer.
Jürgen Straub (ASK „Vorwärts“ Potsdam)
Foto von ADN-ZB Wolfgang Kluge, Erfurt am 28.05.1978, zur Klubpokal-Vorrunde der DDR-Leichtathletik.
Jürgen Straub verbesserte die DDR-Rekordzeit über 1.500 M um 1,4 Sekunden auf 3:36,1
Bundesarchiv Bild 183-TO528-0017
1. August 1980
† August Knauer, Berlin
* 26.01.1900, Hildburghausen
Erzieher und Fürsorger, Mundartdichter
Das Kaufhaus Amberg (heute Apotheke) am Markt hat in seiner Geschichte viele Umbauten und Wandlungen erfahren. Seit den fünfziger Jahren ist es HO-Kaufhaus. Wenn die Verkaufseinrichtungen der DDR nicht mit einem Warenüberangebot ausgestattet waren, konnte man sie leicht von Privathäusern unterscheiden: In den Schaufenstern und an den Fassaden – manchmal auch in Ermangelung von Farbe und Putz – prangte zuhauf sozialistische Sichtagitation.
In den achtziger Jahren ist das Haus in Kaufhaus Magnet umbenannt worden.
1980/81
Der Posaunenchor der evangelischen Kirchgemeinde wird von Reinhard Becker geleitet, seit 1946 – 1961 von seinem Vater Georg Becker und danach von KMD Volker Koch. Der Klangkörper mit ca. 15 Mitgliedern gestaltet Gottesdienste aus, die Posaunenandachten zum Ewigkeitssonntag, bes. Beliebtheit genießt seit 50 Jahren das Heilig-Abend-Rundblasen in der Stadt.
Das Ensemble des VEB Schrauben- und Normteilewerks Hildburghausen unter Leitung des Musikpädagogen Helmut Kirchner (* 09.09.1933 – † 28.8.1981).
Foto: Rainer Lörtzing, Hildburghausen, 1. Mai 1979.
Aufmarsch zum Fahnenappell anlässlich des 25. Jahrestages der „Kampfgruppen der Arbeiterklasse“. Hierbei handelt es sich um paramilitärische Verbände, die teils auch mit Schützenpanzerwagen und Granatwerfern bewaffnet gewesen sind.
Foto: Rainer Lörtzing, Hildburghausen, 21.10.1978
Januar 1981
Auf Vorschlag des Kulturbundes der DDR wird die Zentrale Oberschule in Joseph-Meyer-Oberschule umbenannt. Direktor ist zum Zeitpunkt Rüdiger Brückner.
Bereits 1958 gibt es unter Direktor Werner Bräutigam (er wird 1958 wegen seiner oppositionellen Haltung zur DDR zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt) und Helmut Amarell einen Versuch der Umbenennung in Joseph-Meyer-Schule, der jedoch abgelehnt wird.
Mitte der 60er Jahre sollte sie unter Direktor Franz Henn Maxim-Gorki-Oberschule genannt werden.
Die Schule wird 1997 aufgelöst und am gleichen Standort im Verbund mit der Regelschule Wallrabs mit Ausnahmegenehmigung weiterbetrieben. Ab Schuljahr 1998/99 nimmt die neu gebildete Staatliche Regelschule II in der Seminarstraße 2 ihren Unterrichtsbetrieb auf.
Aufgang zum 2. Obergeschoss der Joseph-Meyer-Schule, 1991.
Bis zum 31. Juli 1998 war das geschichtsträchtige Gebäude (Erbprinzenpalais, Bibliographisches Institut, Technikum) Schulstandort für die II. Staatliche Regelschule (seit 1997 mit der Schule Wallrabs Teilstandort) und die Grundschule II (heute: Waldstraße).
27. Juni 1981
Festveranstaltung und Kranzniederlegung des Bezirksvorstands für Heimatgeschichte des Kulturbundes anlässlich des 125. Todestages Joseph Meyers. Die Festschrift wird von Karl-Heinz May/Sachsenbrunn verfasst.
Der Philatelistenverband im Kulturbund der DDR Kreisvorstand und Arbeitsgemeinschaft Hildburghausen organisieren zum Ereignis eine Briefmarkenausstellung und geben Sonderdrucke heraus.
Die Deutsche Post der DDR setzt einen Sonderstempel ein mit dem Hinweis auf das Ereignis
„125. TODESTAG JOSEPH MEYERS“, seinem Wahlspruch „BILDUNG MACHT FREI!“
und der Unterschrift des Geehrten.
Entwurf: Hans-Jürgen Salier
Blick von der Apothekergasse zum heutigen Gebäude des Stadtmuseums und zum Häfenmarkt, um 1980.
Sammlung Hans-Jürgen Salier.
Mit dem Abriss des Häfenmarkts und der Planung für den Plattenwohnbau wurde auch für das Gebäude der Alten Post eine andere Nutzung festgelegt. Hier sollte nach einer Sanierung der Kulturbund der DDR einziehen. Engagiert setzte sich u. a. der Kreisschulrat Horst Büchner hierfür ein. Nach Analyse der Museumssituation gab es nach vielen Enttäuschungen bei den Kulturbundmitgliedern die Nachricht, dass sich die Kulturorganisation die Räumlichkeiten mit dem Stadtmuseum teilen muss. Mit der Friedlichen Revolution und den damit einhergehenden gesellschaftlichen Veränderungen (u. a. löste sich auch der Kulturbund auf) wurde beschlossen, den Komplex für das Stadtmuseum als alleinigen Nutzer zu sanieren und zu gestalten. Herausragende Leistungen bei der Planung und Gestaltung des Museums zeigte Margarete Braungart (1947 – 1998). Der Umbau lag in den Händen des Schweinfurter Architekten Dag Schröder. Das Museum wurde im November 1993 seiner Bestimmung übergeben, in Teilbereichen des Hauses (Anbau) gab es bereits seit 1992 erste Veranstaltungen und Ausstellungen.
1981/82
Reduzierung der Klassen an der Erweiterten Oberschule „Geschwister Scholl“. Es werden keine 9. Klassen mehr aufgenommen, die Abiturvorbereitung beschränkt sich auf die Klassenstufen 11 und 12.
1981
Verlagerung des Kombinats für Landtechnik Suhl (Sitz Obermaßfeld) nach Hildburghausen.
Das seit 1892 so benannte „Gasthaus zur Post“ zwischen Gerbergasse und Puschkinplatz, das 1614 erbaute und nach dem Rathaus das zweitälteste Gebäude der Stadt verfällt seit den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts zusehends, ihm ist bislang nur eine Notsicherung zugebilligt worden.
Foto: Hans-Jürgen Salier, um 1980
6. September 1981
In Höhe der ehemaligen Kampfbahn, zum Zeitpunkt Gelände der Grenztruppen der DDR, werden gegen 20 Uhr zwei 17-jährige Jugendliche aus Sievershagen bei Rostock von der Deutschen Volkspolizei festgenommen. Sie haben die Absicht, in der Nacht zum 07.09.1981 die Grenze im Raum Hildburghausen – Eishausen zu durchbrechen.
Dezember 1981
Schneebruchkatastrophe. Die Aktion Rettet unseren Wald! beginnt. Noch in den Folgejahren sind Tausende Helfer im Einsatz.
10 Prozent aller lebender Holzvorräte im Bezirk sind davon betroffen bzw. die fünffache Einschlagmenge eines Jahres.
Die malerische und in den achtziger Jahren reichlich verfallene Knappengasse mit Blick zur Christuskirche. Auf der linken Seiten ist das Ladengeschäft der Seilerfamilie Werner zu sehen.
Foto: Rainer Lörtzing, April 1982
15. September 1982
Mit Beschluss 147/82 des Rates des Kreises Hildburghausen werden u. a. unter Denkmalschutz gestellt: Altstadtbereich einschließlich der Neustadt (Schleusinger Straße, Marktensemble mit Rathaus, Karl-Marx-Straße [Obere- und Untere Marktstraße], die Ehrenfriedhöfe für Häftlinge und für Kriegsgefangene, die Ruhe- und Gedenkstätten für Joseph Meyer, Ludwig Sickler, Carl Ludwig Nonne, Harmsen Wilhelm Rathke auf dem Friedhof Hildburghausen; die ehemalige Bürgerschule, Joseph-Meyer-Oberschule, Kreiskrankenhaus, Stadttheater, Katholische Kirche (mit Ausstattung), ehemalige Thurn und Taxissches Lehnspostamt und Posthalterei (heutiges Stadtmuseum), der Friedenspark mit Luisendenkmal, Gedächtnis- und Nonnebrücke, Neustädter Kirche, ferner die Kirchen mit Ausstattung in Bürden, Ebenhards (mit Resten der Wehranlage), Gerhardtsgereuth, Häselrieth, Leimrieth, Pfersdorf, Schloss und Kellerhaus in Weitersroda, der Georgsbrunnen vor dem Theater, Eckstein des ehemaligen Schlosses, die Martersäule an der Werra, Reste der Stadtmauer, Brunnen auf dem Goetheplatz, mehrere Bürgerhäuser und Türgewände im Altstadtbereich, Gartenhaus auf dem Schulersberg.
Die Südwestseite des Häfenmarktes hat schon Mitte der fünfziger Jahre einen trostlosen Eindruck hinterlassen.
Foto: Gustav Brink (Buchbinderei Brink)
Die heruntergekommene Bechergasse vor der Sanierung Anfang der achtziger Jahre.
20. Oktober 1982
† Wolfgang Rinecker, Meiningen
* 23.03.1931, Bürden/Hildburghausen
Schriftsteller
1983
Der Bergsee Ratscher wird seiner Bestimmung übergeben.
Baubeginn ab 1975, ab 05.10.1983 Staubeginn. 380 m ü. NN, zwischen den Ortschaften Ratscher und Oberrod, Fläche 93 ha, 5,64 Mio. m³ Fassungsvermögen, maximale Wassertiefe in Dammnähe 13 m. Der Bergsee wird ein stark frequentiertes Erholungsgebiet. Die Wasserfläche grenzt an die heutige Gemarkung der Stadt Hildburghausen.
30. Juli 1983
Der evangelische Kindergarten Emma-Scheller-Stiftung begeht das 150. Jubiläum seines Bestehens.
6. September 1983
Im Waldgebiet südostwärts des Schönberges, Richtung Wölfleinsthal bei Sonneberg, werden von der Deutschen Volkspolizei gegen 14.40 Uhr ein Versandarbeiter, 29, und eine Laborantin, 20, beide aus Hildburghausen, sowie ein 20-Jähriger aus Leimrieth festgenommen. Sie haben seit 1982 systematische und intensive Vorbereitungen getroffen, um mit einem Heißluftballon in die Bundesrepublik zu fliehen. Am „Tatort“ sind ein Ballon, ein Korb und drei Gasflaschen von einem Pilze suchenden ABV gefunden worden. Die drei Personen können den Ballon nicht wie geplant starten lassen, weil sie mit dem Zusammenbau nicht fertig werden, sie verschieben die Aktion auf die folgende Nacht.
Am Meininger Bezirksgericht findet zwischen dem 7. und 11.05.1984 die Hauptverhandlung statt. Es werden folgende Urteile gesprochen: M. erhält 10, der Leimriether 4, Frau M. 3 Jahre Freiheitsentzug. G. P. aus Hildburghausen, der den Ballonkorb und den Brenner baute, 6 Jahre.
Ballonflucht Hildburghausen, 1983
Die versuchte Hildburghäuser Ballonflucht am 6. September 1983 bei Sonneberg-Neufang ist von der Staatssicherheit fotografisch nachgestellt und fotografiert worden. Der Fluchtversuch ist ausführlich dargestellt in: Gerhard Schätzlein, Reinhold Albert und Hans-Jürgen Salier „Grenzerfahrungen Bezirk Suhl – Bayern/Hessen. Zeit der Wende“ (Band III), 1. Aufl. 2005, S. 440 – 445.
September 1983
Am Gries (später Reinhold-Huhn-Straße) in Wallrabs wird eine polytechnische Oberschule mit Turnhalle, Küche und Heizhaus erbaut, sie erhält den Namen Werner-Seelenbinder-Oberschule. Ab 1998 wird die Einrichtung als Staatliche regionale Förderschule genutzt wird.
6. bis 8. April 1984
In Rodach treffen sich bis zu 300 ehemalige Hildburghäuser zu einem Heimattreffen. Zu allen Zeiten der deutschen Teilung haben sich ehemalige Hildburghäuser organisiert und die Verbundenheit zu ihrer ehemaligen Heimat bekundet. Die Zusammenkünfte sind stets von Stasispitzeln unterwandert worden. Die Treffen sind als Hetzveranstaltungen und die Teilnehmer im SED-Jargon als Verräter oder Revanchisten verunglimpft worden.
1984
Abriss der Altbausubstanz auf dem Häfenmarkt und Beginn der Neubebauung in kleingliedriger Plattenbauweise.
1984
Einweihung der neuerbauten Poliklinik in der Schleusinger Straße.
1984
Das Arbeitertheater Wladimir Majakowski hat seit seiner Gründung 1970 etwa 135 Vorstellungen mit insgesamt 40.000 Zuschauern. Die Amateurtheatertruppe hat sich im Laufe der Jahre weit über die Grenzen des Bezirks Suhl einen guten Namen erarbeitet. Sie wird mit dem Max-Reger-Kunstpreis ausgezeichnet.
9. September 1984
Auf dem Johann-Sebastian-Bach-Platz wird an der Ostseite des ehemaligen Schlossgeländes ein monumentales Denkmal mit der Inschrift
DIE OPFER
DES FASCHISTISCHEN TERRORS
UND IMPERIALISTISCHER KRIEGE
MAHNEN ZUM KAMPF
FÜR FRIEDEN UND SOZIALISMUS
mit großer militärischer Präsenz eingeweiht. Das Denkmal wird 1990 geschleift.
19. September 1984
Der katholische Pfarrer Karl Rügamer, seit 1965 ist er in Eisfeld tätig, nimmt Abschied und kehrt in seine fränkische Heimat zurück (am 01.04. ist er Dekan des Dekanats Meiningen). Eisfeld wird seelsorgerisch wieder von Hildburghausen betreut und wird Filialgemeinde.
Das am 9. September 1984 an der Ostseite des ehemaligen Schlossgeländes errichtete Denkmal.
Das Radefeldsche Haus (Tischbeinhaus) von der Unteren Allee, zeitweise Domizil des Dunkelgrafenpaares, bietet zur DDR-Zeit wie so viele andere historische Bauwerke ein Bild des Verfalls.
Foto: Rainer Lörtzing, Hildburghausen, 1983
1985
Im Jugendförderungsplan des Kreises Hildburghausen für das Jahr 1985 heißt es u. a.:
Die politisch-ideologische Arbeit ist darauf zu richten, zielstrebig die kommunistische Erziehung der gesamten Jugend auf höherem Niveau fortzusetzen.
Dabei geht es um die Befähigung jedes Jugendlichen zur Aneignung eines festen Klassenstandpunktes und dem Vertrautmachen mit den Zielen und dem Kampf der Kommunisten.
In Vorbereitung des 40. Jahrestages des Sieges der Sowjetunion über den Hitlerfaschismus und der Befreiung des deutschen Volkes vom Faschismus sind alle Formen und Methoden der politischen Massenarbeit unter der Jugend, insbesondere der tägliche vertrauensvolle Dialog, die Jugendforen, die Begegnungen mit Veteranen der Arbeit zu nutzen, um den opferreichen Kampf der Sowjetunion und dessen Bedeutung für Frieden und Sozialismus überzeugend darzustellen.
„Häfenmarktkinder“ an der Einmündung zur Hofbäckersgasse im April 1983
Foto: Rainer Lörtzing, Hildburghausen.
Häfenmarkt mit dem Haus des Buchbinders Hermann Brink.
Foto: Rainer Lörtzing, Hildburghausen, 1978
Die Werra-Brücke in der Leninstraße (heute: Friedrich-Rückert-Straße) wird freigelegt.
Foto: Rainer Lörtzing, Hildburghausen, 21. August 1984
Die Ehrenwache für das Denkmal auf dem Johann-Sebastian-Bach-Platz halten Soldaten der DDR-Grenztruppen und Kampfgruppen-Mitglieder aus Hildburghäuser Betrieben und Institutionen.
Foto: Rainer Lörtzing, Hildburghausen
Stadtkantorei Hildburghausen und die Suhler Philharmonie unter der Stabführung des Kirchenmusikdirektors Volker Koch während eines Konzerts in der Apostelkirche. In der Mitte der achtziger Jahre.
Foto: Rainer Lörtzing, Hildburghausen
1984/85
Weiterer modifizierter Ausbau der Grenzsperranlagen im Süden des Kreises mit akustischen und optischen Signalanlagen. Anlegen von Spurensicherungsstreifen und betonierten Kolonnenfahrwegen.
Die letzte mörderische Selbstschussanlage SM 70 ist am 11.09.1984, 10.25 Uhr, abgebaut worden.
Am 10.02.1985 kommt es zu einem Eisenbahntransport, bei dem Pionierkräfte von den Bahnhöfen Hagenow und Wittenburg in das Objekt Hildburghausen verlegt worden sind. Es wird ein nicht strukturmäßiges Minenräumbataillon formiert. Am 01.10.1985 kommt es zur letzten Sprengung von Erdminen.
1. April 1985
Gründung des Ensembles der Kreisstadt unter Leitung von Helmut Mitzenheim (17.08.1990 Eintrag ins Vereinsregister). Die Chöre des Kreiskulturhauses, des VEB Schrauben- und Normteilwerkes und der Lehrer werden vereinigt (45 Mitglieder).
14. April 1985
Dr. Hanspeter Wulff-Woesten wird in sein Amt als Superintendent eingeführt.
17. Mai bis 10. Juni 1985
Das VEB Bibliographische Institut und der Rat der Stadt Hildburghausen veranstalten im Stadtmuseum zum 80. Geburtstag des aus Hildburghausen stammenden bedeutenden deutschen Literaturwissenschaftlers Prof. Dr. habil. em. Gerhard Steiner eine Sonderausstellung mit dem Titel Ein Schatzgräber aus Hildburghausen – Steiner-Ausstellung im Stadtmuseum.
15. August 1985
Gegen 13.55 Uhr erblickt der Kommandant des Schießplatzes Hildburghausen der Offiziershochschule Suhl einen mit zwei uniformierten besetzten Kübelwagen der USA-Militärverbindungs-Mission. Das Fahrzeug ist gestoppt und aus dem militärischen Sperrgebiet verwiesen worden. Das MfS, das VPKA und das Wehrbereichskommando sind umgehend informiert worden.
1985
Das Alten- und Pflegeheim in der Schleusinger Straße (Plattenbauweise), eine Einrichtung des Rates des Kreises, wird eröffnet. Bis zu 310 Heimbewohner können auf sechs Ebenen betreut werden (2- und 3-Bettzimmer).
20. November 1985
† Valentin Appenzeller, Kempen
* 20.11.1912, Pfalzdorf.
Ingenieur, Erfinder
1935 – 1939 Studium Maschinenbau am Technikum Hildburghausen. Er entwickelt dieSchwimmende Walze, eine epochemachende Erfindung für die Textil- und Papierindustrie. Als erster Ausländer erhält er am 05.10.1983 in den USA den Henry-E.-Wilson-Preis.
6. Dezember 1985
Feierlichkeiten zum 200. Geburtstag des Pädagogen und Kirchenmannes Dr. Carl Ludwig Nonne. Die Festschrift verfasst Schulrat Horst Büchner in Zusammenhang mit dem Kulturbund der DDR. Die Leistungen Nonnes als Theologe und Oberkonsistorialrat bleiben in der Kulturbund-Publikation weitgehend ausgespart. – Die evangelische Kirchgemeinde ehrt die Persönlichkeit und das Werk Nonnes umfassend.
1986
Größere Reisefreiheit für DDR-Bürger.
21. April 1986. Ersttagsbrief Österreich zu den Prinz-Eugen-Ausstellungen Schlosshof und Niederweiden.
Prinz Eugen von Savoyen (1663 - 1736), Feldherr. Auf dem Postwertzeichen und auf dem Ersttagsstempel von Engelhartstetten ist Schloss Schlosshof zu sehen, das im Besitz von Prinz Joseph von Sachsen-Hildburghausen und Generalfeldmarschall der Kaiserin Maria Theresias gewesen ist.
Ab März 1986
Die Kreisstelle für Diakonie ist geleitet worden von Superintendent KR Dr. Hanspeter Wulff-Woesten, Pastorin Hermien Günther (im Sommer 1987 verzogen), Diakoniepfarrer Günter Stammberger. Nach H. Günther führen Oberpfarrer Rilke und Eva Thiel die Arbeit weiter (Schwerpunkte: Besuchsdienste und Vermittlungsaufgaben).
21. Juli 1986
Begehung der katholische Kirche St. Leopold zur Bestandsaufnahme für die Sanierung. Das Bischöfliche Bauamt Würzburg wird um Genehmigung ersucht. Die Sanierung erfolgt im Zeitraum 1987 – 1992.
2. September 1986
Mit dem Tod des katholischen Pfarrers Josef Neugebauer, der die Pfarrei Heldburg seit 1948 fast vier Jahrzehnte geführt hat, kommt Heldburg wieder zur Kirchengemeinde Hildburghausen.
2. bis 14. September 1986
Zum Zeitpunkt findet auf dem Friedberg in Suhl die 44. Weltmeisterschaft im Sportschießen statt. Logo, Medaillen, Designs für Werbung und Werbeschriften, Souvenirs, Sonderpostkarten und Sonderstempel hat der Hildburghäuser Grafiker, Designer und Mitinhaber des „Dürer-Ladens“ (Verkaufsgenossenschaft Bildender Künstler „Albrecht Dürer“ des Bezirkes Suhl), Walter Höhne, geschaffen. Der Künstler ist einer der führenden Gestalter in der DDR.
Teilnehmermedaille (emaillierte Bronze, 67,1 g, 5 x 5 cm) der Weltmeisterschaft im Sportschießen 1986 in Suhl (Friedberg).
Sammlung Hans-Jürgen Salier
Dezember 1986
Von den drei Bataillonen der Grenzregimenter ist jeweils das 3. für den Rückraum vorgesehen. Die 4 Kompanien bestehen nur aus 2 Zügen und je 2 Gruppen, u. a. mit panzerbrechenden und schweren Waffen ausgestattet. Bataillone erhalten im Kriegsfall besondere Aufgaben zugewiesen, gezieltere Überwachung des Hinterlandes, potenziell Fluchtwillige sollen weit vor den Sperranlagen gestellt werden. Der Bundesrepublik soll ein „friedliches Bild“ des Grenzregimes in der DDR vorgegaukelt werden.
Bis zum Zusammenbruch der DDR 1989/90 befindet sich der Stab der Grenzbrigade in Meiningen. Grenzkommando Süd, 9. Grenzregiment Meiningen, vormals Hildburghausen.
1986
Beginn der grundhaften Sanierung der Christuskirche Hildburghausen, als Anschubfinanzierung dient die Osterkollekte der Thüringer Kirchgemeinden.
11. Januar 1987
Ein Brand in der Rosa-Luxemburg-Straße 28 (AWG). Einige Familien werden stark geschädigt, erfahren aber viel Solidarität von der Bevölkerung.
1987
Feierlichkeiten zum 175-jährigen Bestehen der Erweiterten Oberschule (Gymnasium) im Stadttheater. In der Sporthalle wird eine umfangreiche Ausstellung zur Geschichte der Schule, zur Unterrichtsgestaltung und zur außerschulischen Arbeit gezeigt.
15. April 1987
† Rudolf Meffert, Hildburghausen
* 18.08.1907, Hildburghausen
Fotograf
30. Mai 1987
Der Aussichtsturm Henneberger Warte auf dem St.-Georgen-Berg in (Bad) Rodach wird eröffnet. Bürgermeister Ernst Englmaier sagt, dass mit dem Aussichtsturm nicht nur ein neues Ausflugsziel geschaffen worden sei, sondern auch die Verbundenheit mit den Menschen im anderen Teil Deutschlands dokumentiert werde. – Wenig später erarbeitet die MfS-Kreisdienststelle Hildburghausen eine umfangreiche Feindobjektakte.
21. Juni 1987
Auf der Canadian World International Philatelic Exhibition (CAPEX 87) in Toronto, Kanada, erhielt Hans-Jürgen Salier, Hildburghausen, eine Große Silbermedaille (LARGE SILVER), eine der größten Erfolge, die ein DDR-Philatelist bzw. Postgeschichtler bei begrenzter Ausstellungsblattzahl je erringen konnte, für seine Sammlung „Zur Entwicklung der Deutschen Botenpost“. Die Auszeichnung durfte er in Kanada nicht entgegennehmen, das war aus „DDR-Sicherheitsgründen“ nicht möglich.
Insgesamt stellte er auf fünf Weltausstellungen aus. Auch das sozialistische Kuba durfte er nicht besuchen und für die beste Sammlung der bilateralen Ausstellung Cuba – DDR den Ehrenpreis des Staatspräsidenten Fidel Castro entgegennehmen. In Gander, Kanada (Neufundland/Labrador), gab es eine Zwischenlandung der INTERFLUG, das war letztlich kapitalistisches Wirtschaftsgebiet, und es bestand „Fluchtgefahr“.
1987
Das Bestehen der Schwesternstation im Caritasheim „St. Laurentius“ wird beendet. Die beiden Ordensschwestern werden am 23.09. verabschiedet. Die Heimleitung kommt in weltliche Hände und wird von Elke Witzel geführt.
Ausgewählte statistische Zahlen des Kreises Hildburghausen 1987/88
Territorium. Es umfasst 697 km²,
er hat 77 Städte und Gemeinden, insgesamt 59.270 Einwohner
Anteile am Bezirk Suhl.
Fläche 18,1 %
Einwohner 10,8 %
Berufstätige 10,1 %
industrielle Warenproduktion 8,2 %
landwirtschaftliche Nutzfläche 19,5 %
Berufstätige. 1988 gibt es 29.849 ständig Beschäftigte, davon 49,9 % Frauen. 45 % der Berufstätigen arbeiten in der Industrie.
Von 1.000 Berufstätigen haben eine
abgeschlossene Ausbildung 912, davon
Hochschulabschluss 55
Fachschulabschluss 145
Meisterabschluss 43
Facharbeiterabschluss 637
Teilabschluss 32
Mitarbeit von Bürgern in gesellschaftlichen Gremien
1.638 Abgeordnete des Kreistags,
der Stadtverordnetenversammlungen, Gemeindevertretungen;
3.863 Mitglieder in ständigen Kommissionen;
2.200 Mitglieder in Ausschüssen der Nationalen Front;
1.430 ehrenamtliche Mitglieder der ABI;
2.582 Bürger in Elternbeiräten und -aktivs;
8.239 Funktionäre der Gewerkschaft, davon 1.068 Vertrauensleute.
Die Statistik gibt keine Auskunft über freiwillige Mitarbeiter der Staatssicherheit, Helfer der Volkspolizei, Grenzhelfer u. a. dubiose Instrumentarien zur Bespitzelung und Unterrückung der Bevölkerung.
Ärzte. 1987 kommen auf 499 Ew. 1 Arzt, auf 1.447 Ew. 1 Zahnarzt.
Kinderkrippen. Von 1.000 in Frage kommenden Kindern werden 832 betreut.
Leistungen im Gesundheitsbereich. Je Ew. werden 718 M für unentgeltliche Hilfe, Arzneimittel u.a. medizinische Leistungen aufgewandt.
Sozialversicherungsleistungen. 23 % werden durch Beiträge der Bürger gedeckt.
Kauf von Nahrungsmitteln. Für Waren im Wert von 100,- M werden aus dem Staatshaushalt zusätzlich als Preisstützung (Subvention) 85,- M gezahlt.
Pro-Kopf-Verbrauch an Nahrungsmitteln
(voraussichtlich).
Fleisch, Fleisch- und Wurstwaren 93 kg
Hühnereier 190 Stk.
Butter 12 kg
Trinkvollmilch 152 kg
Fettkäse 8 kg
Frischgemüse 68 kg
Obst 24 kg
Röstkaffee 3 kg
Wohnungen. 81 % verfügen am 30.09.1988 über ein Bad bzw. Dusche, 55 % über ein Innen-WC.
Miete. Weniger als 3 % vom Haushaltsnettoeinkommen der Arbeiter und Angestellten werden durchschnittlich verausgabt.
Industrielle Warenproduktion.
Je Arbeitstag ca. 5 Mio Mark, davon 40 % Konsumgüter.
Grundmittelbestand.
Er beträgt in den Industriebetrieben des Kreises (1987) 1.002 Mio Mark (je Berufstätigen 131.401).
Einzelhandelsumsatz
Industriewaren 183 Mio. M
Nahrungs- und Genussmittel 217 Mio. M
Ausstattung von Haushalten. Von 100 Haushaltungen sind 1987 ausgestattet:
46 mit Farbfernsehempfängern
97 mit Waschmaschinen
37 mit Gefrierschränken
50 mit Pkw
Tierbestände (31.12.1988)
Rinder: 35.899
Schweine: 24.278
Schafe: 16.537
Legehennen: 58.029
Hektarerträge (1887) in dt.
Getreide 40,1
Kartoffeln 131,1
Feldfutterpflanzen 449,4
(Quelle: Rat des Kreises: Zum Wohle des Volkes und für den Frieden. Argumentationsmaterial zur Vorbereitung der Volkswahlen am 7. Mai 1989. – Hildburghausen, 1989)
Anmerkung
Aus der Quelle wurden nur die Daten ausgewählt, von denen angenommen werden kann, dass sie einigermaßen verlässlich sind. Vergleichbares statistisches Material ist aus propagandistischen Gründen in der DDR geschönt, verfälscht oder gefälscht worden. Die Zahlen sagen teils auch nichts über Qualität, Produktivität, tatsächliche Leistungen usw. aus und können mit heutigem Zahlenmaterial nur schwer ins Verhältnis gesetzt werden.
3. März 1988
Der Landesbischof der Evang.-Luth. Kirche in Thüringen, Dr. Werner Leich, fordert von Erich Honecker die Aufnahme eines Dialogs zwischen SED und Gesellschaft sowie den Beginn einer Reformpolitik.
1. Mai 1988
Da der Arbeiter Harald Jäger keine Erlaubnis für eine private Besuchsreise in die Bundesrepublik erhält, kappt er während der Ansprache des 1. Kreissekretärs der SED, Herbert Lindenlaub, die Stromzuführung in der Nähe des Bahnhofs. L. kann seine Ansprache zum Kampftag der Werktätigen nicht beenden. Jäger erhält eine Freiheitsstrafe von vier Monaten. Im Okt. 1989 bringt ein beherzter Bürger (Johannes Müller) ein Schild mit der Aufschrift Harald-Jäger-Platz am Parkplatz gegenüber der SED-Kreisleitung (Friedrich-Rückert-Straße) an.
1988
Pfarrer Joachim Neubert, der Herausgeber des Bandes „Die Kirchen im Landkreis Hildburghausen“, 2006, S. 44, schreibt zur Ausstattung des Kircheninnern der St.-Katharina-Kirche in Bürden:
„Die im Chorraum vorfindliche Jahreszahl 14(ᛟ)93 verrät den ersten Umbau der Kirche. Aus dieser Zeit stammt die an den Chorraum angebaute Sakristei mit ihrem rippenlosen Kreuzgewölbe. Auch das Langhaus wird wohl erst Ende des 15. Jahrhunderts gebaut sein. Den spätgotischen Baustil lassen die im Chor befindlichen Spitzbogenfenster ebenso wie der Triumphbogen erkennen. Dem aufmerksamen Betrachter kann sich das gotische Sakramentshäuschen an der Nordwand nicht entziehen. An seiner Unterseite befinden sich zwei Wappen mit Querbalken, Rosen (Heßberger Herren) und steigendem Wolf. Bei der Öffnung des bis dahin vermauerten Sakramentshäuschens anlässlich der letzten Renovierung im Jahr 1988 machte man einen interessanten Fund. Eingemauert in die Nische offenbarten sich menschliche Knochen. Untersuchungen ergaben, dass es sich um einen Mann aus dem Saale-Unstrut-Gebiet handelt, der vermutlich im 17. Jahrhundert ermordet wurde. Der Hintergrund dieser schrecklichen Tat bleibt allerdings im geschichtlichen Dunkel. Die Knochen wurden noch 1989 auf dem Gelände neben der Kirche beigesetzt.“
Kirche „St. Katharina“ in Bürden.
Foto: Bernhard Großmann, 2005
August 1988
Zwischen der Karolinenburg und der Werra im Flurteil Leitenwiese (Birkenfeld) wird nach Baggerarbeiten eine Rettungsgrabung organisiert (bis 1989). Freigelegt werden Mauerreste eines Hauses aus dem 13./14. Jahrhundert sowie eine daneben liegende Abfallhalde (ca. 8.400 Scherben von etwa 350 Gefäßen, von 50 Topfkacheln, von etwa 40 Deckeln sowie 200 glasierte Scherben) gesichert und die Fundstücke analysiert.
23. September bis 2. Oktober 1988
Der aus Hildburghausen stammende und für den ASK Potsdam startende Ronald Weigel (* 18.08.1959) erringt bei den XXIV. Olympischen Sommerspielen 1988 in Seoul, Südkorea, über 20 km (am 23.09., in 1:20:00 h) und 50 km Gehen (am 02.10., in 3:38:56 h) jeweils eine Silbermedaille, 1992 erkämpft er bei den Olympischen Spielen in Barcelona über 50 km eine Bronzemedaille; 1986 ist er Weltmeister im 50-km-Gehen und Inhaber der Weltbestzeit über 50 km (25.05.1986, Potsdam, in 3:38:17 h), bereits 1977 ist er DDR-Rekordler über 10 und 20 km der männl. Jugend A – 16/17 Jahre. Ab 1997 ist er Nationaltrainer in Canberra/Australien, 2002 kehrt er nach Deutschland zurück und wird Bundestrainer der Geher und ab 2010 zusätzlich für den Marathonlauf.
13. November 1988
Amtseinführung des katholischen Pfarrers Franz-Xaver Stubenitzky als Pfarrer der Gesamtgemeinde Hildburghausen, Eisfeld und Heldburg auf (15.10.1988 Ernennung durch Bischof Dr. Joachim Wanke). Sein Amtsvorgänger Günter Fahrig (Amtszeit: 01.071984 – 22.08.1988) ist plötzlich verstorben.
Der 1952 in Heiligenstadt geborene Stubenitzky (Priesterweihe 1978) wirkt bis 2004 verdienstvoll in Hildburghausen. – Als Pfarrer in Steinbach im Eichsfeld verleiht ihm Papst Benedikt XVI. am 19.01.2013 den Ehrentitel „Monsignore“ („Kaplan seiner Heiligkeit“).
1988
Bei Abrissarbeiten zwischen Rathausgasse und Salzmarkt werden Reste eines gotischen Zunfthauses freigelegt. Über dem gotischen Portal ist das Tuchmacherwappen mit einer Tuchmacherkartätsche eingemeißelt. Die vermutlich ältesten Reste eines Hauses in Hildburghausen werden 1997 bei Baggerarbeiten weitestgehend vernichtet.
Die Neubebauung der Apothekergasse, um 1987
1989
Beschäftigtenzahlen der drei größten Industriebetriebe in Hildburghausen
Schrauben- und Normteilewerk Hildburghausen (Standort H.) 1.400
Herko (Hildburghausen mit Eisfeld, Heubach) 460
Netze- und Seilewerke Heidenau, Betrieb Hildburghausen 315
1. Halbjahr 1989
Das Königin-Luise-Denkmal im Schlosspark (Friedenspark) wird von der Interessengemeinschaft Numismatik Hildburghausen des Kulturbundes der DDR fachgerecht restauriert und an den ursprünglichen Standort umgesetzt. Ein sehr gewagtes Unternehmen kurz vor dem Zusammenbruch der DDR. Beteiligte Personen sind gewesen: Edgar Baum, Gerhard Dauer, Wolfgang Heymann, Manfred Hofmeister, Torsten Hofmeister, Hans-Christoph Hoffmann, Jenny-E. Hollmann, Helmut Kummer, Erich Schuch jun., Gerd Schüler, Erich Siebensohn, Fritz Stubenrauch, Karl Zacharias.
Blick von der heutigen Clara-Zetkin-Straße in den Schlosspark mit dem umgesetzten Denkmal für Königin Luise von Preußen.
Foto: Bernhard Großmann, Hildburghausen
1. Januar 1989
Die Kirchenkreise Schleusingen und Suhl werden zum Kirchenkreis „Henneberger Land“ zusammengelegt. Die Superintendentur Schleusingen wird aufgehoben. Das Kreiskirchenamt, das sich bis 2001 in Suhl befunden hat, ist 2002 als Kirchliches Verwaltungsamt nach Erfurt gezogen.reise Schleusingen und Suhl werden zum Kirchenkreis „Henneberger Land“ zusammengelegt. Die Superintendentur Schleusingen wird aufgehoben. Das Kreiskirchenamt, das sich bis 2001 in Suhl befunden hat, ist 2002 als Kirchliches Verwaltungsamt nach Erfurt gezogen.
Der Pfarrer und Bürgerrechtler Bernd Winkelmann („Einkehrhaus“ Bischofrod) schreibt:
„Zum Umweltgottesdienst in Marisfeld am 8. Juli 1989 kamen ca. 200 Besucher, neben dem Gemeindekirchenrat und mutigen Dorfbewohnern viele Mitglieder und Freunde der Umweltgruppen aus Suhl, Meiningen und Schmalkalden. Als wir mit einer Gruppe aus Bischofrod in Marisfeld eintrafen, empfingen uns auch etwa 20 Mitarbeiter der Staatssicherheit in einem so auffälligen Zivil, dass sie als solche erkannt werden sollten. Ein Hubschrauber flog über die Dörfer. Im Nachhinein erfuhren wir, dass in den Wäldern eine Hundertschaft von Bereitschaftspolizei bereitgehalten wurde und dass im ganzen Kreis Staatsfunktionäre und Sicherheitsleute in höchste Alarmbereitschaft versetzt worden waren. In den Verhandlungen zuvor und im Gottesdienst hatten wir Deckung durch Vertreter der Kirchenleitung: Superintendent Wulff-Woesten aus Hildburghausen, Superintendent Kretschmann aus Suhl und durch Oberkirchenrat und späteren Bischof Roland Hoffmann, der als Vertreter der Kirchenleitung eine ermutigende Rede hielt. Ich predigte über den biblischen Schöpfungsauftrag und über eine notwendige Demokratisierung der staatlichen Umweltpolitik. Anschließend wurde eine von vielen Teilnehmern unterschriebene Eingabe gegen die Mülldeponie verlesen und verteilt. Das ganze Ereignis wirkte auf uns und in der Bevölkerung schon wie ein kleiner Sieg.“
(Aus: Winkelmann, Bernd: Friedliche Revolution 1989/90.
Das Wirken christlicher Basisgruppen. Salier Verlag, Leipzig und Hildburghausen, 2009, S. 25 f.)
1989
Im Bezirkskrankenhaus wird die Poliklinik im Haus 5 eingeweiht.
1989 – 1991
Innenrenovierung der Leimriether Kirche.
3. April 1989
Der Schießbefehl an der innerdeutschen Grenze wird ausgesetzt.
6. – 17. April 1989
Zwei Männer aus Hildburghausen betreten die Botschaft der Bundesrepublik in Prag und weigern sich, sie wieder zu verlassen. Einen Tag später finden sich auch die Ehefrauen ein. Das Ehepaar (1), er Kraftfahrer, sie Disponentin im VEB Schrauben- und Normteilewerk Hildburghausen hat einen Sohn in Hildburghausen zurückgelassen, beim Ehepaar (2) ist er von Beruf Elektromonteur, sie Verkäuferin im HO-Kreisbetrieb Hildburghausen.
7. Mai 1989
Bei den Wahlen zum Kreistag Hildburghausen „votierten“ 43.761 Bürger (99,62 %) für und 189 gegen den Wahlvorschlag der Nationalen Front.
Die Wahlen wurden ebenso manipuliert wie alle Wahlen in der DDR zuvor. Unabhängige in der Illegalität arbeitende Bürgerrechtsgruppen in der DDR bemühen sich erfolglos, sich an der Aufstellung von Wahlvorschlägen für die Ausschüsse der Nationalen Front zu beteiligen. Kirchliche Gruppen rufen zum Boykott auf bzw. gegen die Kandidaten der Nationalen Front zu stimmen. Es kommt zu koordinierten Aktionen und der Beobachtung der Stimmauszählung, die eindeutig den Betrug der SED-Staatspartei dokumentieren. Im Ergebnis der Wahlen gibt es in der gesamten DDR Protestaktionen und Eingaben gegen die Wahlfälschungen. Es folgen Maßregelungen und Verhaftungen oppositioneller Bürger, die vor allem über die Medien der Bundesrepublik bekannt werden.
25. Juni 1989
Pfarrer Johannes Ziegner, Pfarrer von 1980 – 1994 in Crock, der sich auch in der Friedlichen Revolution sehr engagiert, hält den Festvortrag zur 500-Jahrfeier der Kirche „St. Veit“ auf dem Irmelsberg. Zum Ereignis erscheint eine Broschur von Ziegner zur Heimatgeschichte, die Spenden zur Broschüre werden für die Sanierung der Orgel verwendet, die 1997 vom Orgelbaumeister Christian Müller aus Hildburghausen restauriert und in Teilen erneuert wird.
1989
Die „Dorfgottesstube“ des 1992 nach Hildburghausen eingemeindeten Dorfes Weitersroda wird 1989 außen und 1995 innen saniert.
Mai bis September 1989
Immer mehr Menschen nutzen private Besuchsreisen in die Bundesrepublik zur Flucht aus der DDR. Mit dem Abbau des Grenzzaunes zwischen der Ungarischen Volksrepublik und Österreich fliehen immer mehr DDR-Bürger in die Bundesrepublik, ferner über weitere Drittländer (ČSSR, Bulgarien u. a. Länder. Aus Hildburghausen gehören einige Personen zu den Botschaftsbesetzern.
Die Fluchtbewegung wird durch die Aufhebung des Schießbefehls in Ungarn bei Grenzübertritten am 24.07. und dem Abbau des Eisernen Vorhangs, der Signalanlagen und der Abschaffung des Sperrgebiets in Ungarn forciert.
Über die Ereignisse in den Jahren 1989/90 sei auf nachfolgende Bücher verwiesen, die auch die Ereignisse in der Stadt und im Kreis Hildburghausen dokumentieren:
- Salier, Hans-Jürgen und Bastian Salier: Es ist Frühling und wir sind so frei. Die 89er Revolution im Kreis Hildburghausen;
- Schätzlein, Gerhard, Reinhold Albert, Hans-Jürgen Salier: Grenzerfahrungen. Bezirk Suhl – Bayern/Hessen. Zur Zeit der Wende (Band III);
- Albert, Reinhold und Hans-Jürgen Salier: Grenzerfahrungen kompakt. Das Grenzregime zwischen Südthüringen und Bayern/Hessen 1945 bis 1990
- Bernd Winkelmann: Friedliche Revolution 1989/90 – Das Wirken christlicher Basisgruppen. Ein Erfahrungsbericht aus dem ehemaligen Bezirk Suhl
31. August 1989
Die DDR steht vor dem Zusammenbruch. Der Versorgungsmangel für die Bevölkerung nimmt ungeahnte Ausmaße an. Vom Rat des Bezirkes Suhl werden Maßnahmen zur Sicherung der der Brotversorgung des Stadt- und des Landkreises für den 01.09. bis 24.11.1989 getroffen.
12./13. September 1989
Das Neue Forum tritt am 12.09. mit einem Gründungsaufruf auch in Thüringen an die Öffentlichkeit. Am 13.09. bildet sich im Raum Suhl in der Illegalität eine Gruppe aus dem Arbeitskreis gesellschaftliche Erneuerung, die sich im Wesentlichen aus dem zur Landeskirche Sachsen gehörende Kirchenkreis Henneberger Land und Teilnehmern der Ökumenischen Umweltgruppe Suhl zusammensetzt. Der Gruppe gehören auch einige Bürger der Stadt Hildburghausen an. Es werden kirchliche Veranstaltungen zur gegenwärtigen politischen Situation geplant und veranstaltet.
Um den 25. September 1989
Die ersten Aufrufe des Neuen Forums tauchen auf. Sie sind doppelseitig mit Schreibmaschine beschrieben und werden unter der Hand weiter gegeben.
Am 27.09. beschließt der Kirchenkreis Henneberger Land, den Aufruf zu vervielfältigen und in den Kirchgemeinden zu verbreiten.
27. September 1989
Für die bewaffneten Kräfte der DDR werden Maßnahmen zum Übergang zu einer höheren Gefechtsbereitschaft, um die Sicherheit und Ordnung aufrecht zu erhalten, erlassen.
28. September 1989
Die Dienststellen des Ministeriums für Staatssicherheit und ihre Auftraggeber – die SED-Führungsgremien – verstärken die Observation der Bevölkerung und geben Einsatzpläne sowie Instruktionen für die Internierung missliebiger DDR-Bürger unter KZ-ähnlichen Bedingungen aus. Ausgangsbasis ist die Direktive 1/67 zu den Spezifisch-operativen Mobilmachungsmaßnahmen. Ferner positionieren sie verstärkt Kräfte in den oppositionellen – vor allem in kirchlichen – Gruppen.
1989
Die Stadt- und Kreisbibliothek Joseph Meyer verfügt über einen Bestand von 67.000 Medieneinheiten und sieben Ausleihstellen in Hildburghausen und betreut ca. 100 Bibliotheken und Ausleihstellen im Kreisgebiet, 15 Mitarbeiter.
1989
Der achteckige Turm mit Schweifkuppel der katholischen Kirche „St. Leopold“ in Hildburghausen wird saniert.
Im Turm hängt eine Bronzeglocke aus der Hugenottenzeit mit einem Durchmesser von 90 cm. Sie trägt die Aufschrift „Joh. Heinr. Greulich in Hildburghausen gos mich Ao. 1729“, Fries von Engelköpfen mit Ranken, in der Mitte: E. F. in einer Kartusche unter der Herzogskrone: CHRISTIADAS AES SCRUM CHRISTI AD ROSTRA VOCABIS ADMONITOS CLARO NEC SINE MENTE SONO. – LONGIUS UT PURIS ONERENT IPSI AETHERA VOTIS QUEIS DEDUCATUR LAETIOR INDE DEUS (Christen sollst heiliges Erz zu Christo Kanzel du rufen, welche mit hellem Klang nicht ohne Sinn du ermahnst. Werden mit reinen Gelübden sie selbst die Lüfte erfüllen, der dann herab nun geführt, freudiger, weil hier der Gott); am unteren Rand befinden sich ein Blümchenfries und Monogramme und der Text: UNIVERSA TERRA PERCREBUIT SONITUS EORUM ET AD FINES USQUE ORBIS HABITATI EORUM PERSONUIT RUMOR (Römerbrief X, v. 18. (Über die ganze Erde hat schon ihr Schall sich verbreitet, und es erklang das Gerücht bis zu den Grenzen der Welt).
Oktober 1989
Die Fußgängerzone in der Unteren Karl-Marx-Straße (heute: Untere Marktstraße) wird fertiggestellt.
6./7. Oktober 1989
Am Vorabend des 40. Jahrestages der DDR finden in Hildburghausen an der Gedenkstätte für die Opfer faschistischen Terrors und imperialistischer Kriege ... am Bachplatz und am Sowjetischen Ehrenmal auf dem Zentralfriedhof Kranzniederlegungen statt.
Festveranstaltung der Kreisleitung der SED anlässlich des 40. Jahrestages der DDR im Stadttheater Hildburghausen. Von meist in Zivil auftretenden Sicherheitskräften wird die Veranstaltung abgeschirmt. Die Festansprache hält Herbert Lindenlaub, 1. Sekretär der SED-Kreisleitung Hildburghausen im Pathos der üblichen sozialistisch-kommunistischen Selbsttäuschungen, vor allem aber mit gefälschten Zahlen und Ergebnissen. In Freies Wort ist am 10.10. in einem redaktionellen und von der SED-Kreisleitung redigierten Beitrag unter der Schlagzeile:
„40 Jahre DDR – 40 erfolgreiche Jahre zum Wohle der Bürger unseres Kreises“ u. a. zu lesen:
Zu einem eindrucksvollen Bekenntnis zur weiteren allseitigen Stärkung unseres sozialistischen Vaterlandes gestaltete sich die Festveranstaltung zum 40. Jahrestag der Gründung der DDR ...
Herbert Lindenlaub würdigte in seiner Ansprache, immer wieder vom Beifall unterbrochen, die 40jährige erfolgreiche Entwicklung unseres Arbeiter-und-Bauern-Staats, in dem die Bürger auch unseres Grenzkreises von Ummerstadt bis Masserberg Hervorragendes leisteten. Dafür sprach er allen Bürgern den herzlichsten Dank aus. Er erinnerte daran, daß seit jeher dem einzelnen und der ganzen Gesellschaft zugute kommt, was ehrliche und fleißige Arbeit erbringt. Das wird wie heute auch morgen so sein.
In einer der einst ärmsten Gegenden Deutschlands leben wir heute in einem modernen Industrie-Agrarkreis, in dem täglich Erzeugnisse im Werte von 5 Millionen Mark gefertigt werden. In diesem Jahr produzierten wir in viereinhalb Monaten soviel wie 1970 während des ganzen Jahres. Hohe Leistungen wurden zu Ehren des 40. Jahrestages der DDR vollbracht; so der Vorsprung in der Nettoproduktion auf 3,7 Arbeitstage weiter ausgebaut, für 6,2 Millionen Mark zusätzlich gefragte Konsumgüter produziert.
Die Resultate fleißiger Arbeit, so hob der Redner vor, zeigen sich in modernen Wohnungen, einer gesunden und freundlichen Umwelt, in guten Einkaufs- und Freizeitmöglichkeiten. Heute lebt über die Hälfte der Bürger in Wohnungen, die nach dem 7. Oktober 1949 neu gebaut bzw. modernisiert wurden.
Herbert Lindenlaub unterstrich mit Nachdruck: ‚Mit den in vier Jahrzehnten gemachten Erfahrungen, voller Stolz auf das Erreichte, werden wir weiter auf bewährtem Kurs den Sozialismus in den Farben der DDR gestalten. Dabei wissen wir, daß der Klassenkampf noch größere politische, wirtschaftliche und auch persönliche Anstrengungen erforderlich macht. Bereiten wir mit neuen kraftvollen Initiativen den XII. Parteitag der SED vor. ...’
7. Oktober 1989
Übergabe des Prestigeobjekts der SED-Kreisleitung Altes Malzhaus (Häfenmarkt/Untere Allee) als Jugendklub. Trotz bautechnischer Mängel (z. B. Fehlen einer Be- und Entlüftungsanlage) wird das Haus vom Träger des Hauses (Rat der Stadt) abgenommen. Im Dezember muss die Einrichtung vorübergehend wieder geschlossen werden.
Oktober bis Dezember 1989
Die Friedensgebete in den Kirchen entwickeln sich zu Veranstaltungen des gewaltlosen Widerstands gegen das SED-Regime. Mehr und mehr Bürger beteiligen sich und fordern Demokratie, freie Wahlen, Reisefreiheit und grundlegende Reformen für die DDR.
20. Oktober 1989
In einem Kommentar des SED-Zentralorgans Neues Deutschland heißt es, die SED habe eine Wende eingeleitet. Sie beweise ihren Mut zur Wahrheit, mache Schluss mit Schönfärberei und Unbescheidenheit.
Dieser verniedlichende selbsttäuschende Begriff aus der Propagandaküche der SED wird kritiklos vom Volk an Stelle von Friedlicher Revolution in den Sprachgebrauch übernommen.
30. Oktober 1989
In Hildburghausen beginnen die Montagsdemos. Ausgangspunkt ist ein sog. öffentliches Forum im Stadttheater mit SED- und Staatsfunktionären. Nicht alle Interessenten finden Einlass, die Veranstaltung wird auf den Marktplatz verlegt, ca. 1.500 Menschen nehmen teil. Die empörten Bürger fordern Rechenschaft. Die Veranstaltung wird mit der Inkompetenz der SED-Bonzen um den 1. Kreissekretär Herbert ,Lindenlaub zu einer Farce. – Ferner finden in der Apostelkirche donnerstags Friedensgebete mit anschließenden Demonstrationen (meist Schweigemärsche) statt, die oft vor der SED-Kreisleitung enden. Dort werden brennende Kerzen abgestellt.
Die sog. Rathausgespräche werden vom Rat der Stadt, von den Parteien und Bürgerinitiativen bis Dezember organisiert. Es werden Probleme des gesellschaftlichen Lebens in der DDR mit teils großer Schärfe angeprangert: Reisefreiheit, die Überwachung der Bürger durch das SED-Dienstleistungsunternehmen Staatssicherheit, der desolate Zustand der Wirtschaft und die unbefriedigende Versorgung mit Lebensmitteln und Industrieprodukten (vor allem Fahrzeugen), die haarsträubenden ökologischen Probleme, die kommunistische Ideologisierung des Alltagslebens und vor allem der Einfluss der SED in den Schulen und Ausbildungseinrichtungen, Korruption und Amtsmissbrauch sowie die Privilegien einiger Funktionäre, Wohnungsprobleme, der Rückgang der sozialen Leistungen, die ungenügende medizinische Versorgung und Betreuung der Bevölkerung, Forderung nach Zulassung des Neuen Forums. Überdies werden z. B. in den Betrieben und Wohngebieten Versammlungen organisiert, um in Teilbereichen reformierend zu wirken. Einen großen Einfluss hat das Neue Forum, das in sich jedoch nicht homogen ist und zu spät eigene Programme aufstellt und auch nicht die organisatorischen Möglichkeiten besitzt, den angeschlagenen Staatsorganen paroli zu bieten. Trotz des Drucks der Straße versteht es die Administration, sich weitestgehend funktionsfähig zu halten und ihre Schlüsselstellungen nicht aufzugeben. Nur wenige Funktionäre können bei den Demos und bei der Vielzahl der Veranstaltungen vertrauensbildend wirken, Ausnahmen sind z. B. der Vorsitzende des Rates des Kreises, Hans Müller, und der Bürgermeister der Kreisstadt, Jürgen Ließ.
Ab Mitte Nov. nimmt der Druck der Straße ab. Nach der wie ein Ventil wirkenden Grenzöffnung am 09.11. orientieren sich viele Menschen anders. Viele wollen reisen und konsumieren. Sie sehen, dass der marode Staat DDR kaum noch reformierbar ist, dass er vor dem Zusammenbruch steht.
Ab Dezember wird der Ruf nach der Einheit des deutschen Vaterlands immer akzentuierter und stärker. Die Parteien etablieren sich mehr und mehr.
1. November 1989
Die Apostelkirche in der Schleusinger Straße wird zum Zentrum des Widerstandes gegen das SED-Regime in Hildburghausen.
Nach dem Friedensgebet in der Apostelkirche formiert sich ein mächtiger Demonstrationszug, angeführt von den Vertretern der evangelischen und der katholischen Kirche, durch die Stadt zum Markt und zum ehemaligen Stasigebäude.
2. November 1989
Smogverordnung als Teil des Landeskulturgesetzes (GBl. I der DDR, Nr. 21) wird erlassen. In Hildburghausen wird der größte Belastungsanstieg an Luftschadstoffen im Bezirk Suhl registriert. Die Stadt wird in der Verordnung als Nr. 16 der Smoggefährdungsgebiete ausgewiesen. Seit 1988 existiert eine Konzeption (Territoriale Versorgungskonzeption Hildburghausen – 1988), die den Bau eines zentralen Heizhauses mit Entstaubung und Entschwefelung vorsieht. 50 alte Heizungsanlagen und Heizhäuser im Stadtkern sollen durch das Heizhaus ersetzt werden.
4. November 1989
Superintendent Dr. Hanspeter Wulff-Woesten stellt in der überfüllten Themarer Bartholomäus-Kirche die Aktion und sein Gedicht Grünes Band für mein Vaterland vor. Das Grüne Band wird ein Zeichen der Opposition gegen das SED-Regime, vor allem Symbol des gewaltlosen Widerstands. Kleidungsstücke und Autos werden mit dem symbolischen Grünen Band versehen.
9. November 1989
Bis zum Zeitpunkt sind 225.233 Übersiedler aus der DDR in die Bundesrepublik gekommen.
Nach einem Bittgottesdienst in der Hildburghäuser Apostelkirche formieren sich ca. 2.500 Bürger zu einem Schweigemarsch durch die Stadt.
9. November 1989
Täglich ist von Generalmajor Lange (20.01.1935 – 30.01.1990, Suizid), Chef der Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit Suhl, an das Ministerium für Staatssicherheit ein zusammenfassender Situationsbericht zu Aktivitäten von kirchlichen Kräften und Vertretern des Neuen Forums sowie Erkenntnisse aus öffentlichen Diskussionen im Bezirk verfasst worden.
In der Apostelkirche Hildburghausen fand am 09.11.89 von 19.00 bis 21.00 Uhr eine als Bittgottesdienst deklarierte Veranstaltung statt. Sie wurde von dem Pfarrer
Wolf, Jürgen
wh.: Hildburghausen, Leninstr. 6
organisiert. An ihr nahmen ca. 1000 Personen aller Alterskategorien aus Hildburghausen und den umliegenden Ortschaften teil.
In 15 Diskussionsbeiträgen wurde auf die gegenwärtige politische Lage in der DDR und dem Kreis Hildburghausen eingegangen. Weiterhin wurden Vorschläge zur personellen Besetzung von Führungskräften der Alternativbewegung im Kreis unterbreitet, ohne dass eine Abstimmung hierüber erfolgte. Zum Sprecher des „Neuen Forums“ wurde der Schmidt, Eckardt wh.: Hildburghausen, Straße der Jugend 24 Energetiker im VEB Kombinat für Landtechnik Suhl, Sitz Hildburghausen vorgeschlagen.
Nach Abschlus der kirchlichen Veranstaltung formierten sich die Teilnehmer zu einer genehmigten Demonstration, die durch den Superintendenten Wulff-Woesten und Pfarrer Wolf angeführt wurde.
Es wurden brennende Kerzen und ein Transparent in der Größe von 4,00 m x 1,50 m mit der Losung „Ohne Gewalt für Demokratie“ mitgeführt. Auf weiteren Plakaten war u. a. zu lesen:
- Bald ist sie nicht mehr da, die Rente fürs ZK
- Mindestrente fürs ZK
- Weg mit der führenden Rolle der SED
- Stasi in die Volkswirtschaft
- Stasi in die Produktion
- Weg mit der Sperrzone
- Demokratie statt Diktatur.
Beim Vorbeimarsch am Objekt der Kreisdienststelle des MfS erklangen vereinzelt Sprechchöre „Stasi in die Volkswirtschaft“. Außerdem wurden ca. 30 brennende Kerzen auf den Fensterbänken der Kreisdienststelle abgestellt.
Während der anschließenden Kundgebung auf dem Marx-Engels-Platz übergab Pfarrer Wolf an den Bürgermeister der Stadt Hildburghausen einen Brief, der inhaltlich den Teilnehmern verlesen wurde. Der Brief enthält Forderungen wie:
- Zulassung „Neues Forum“
- Zulassung weiterer Bürgerinitiativen und Alternativbewegung und Parteien
- Fortsetzung des Dialogs durch alle gesellschaftlichen Kräfte, auch durch die SED
- Zuverfügungstellung geeigneter Räumlichkeiten für die Tätigkeit aller Initiativgruppen.
Im Anschluss daran ergriff der Vorsitzende des Rates des Kreises Hildburghausen, Gen. Johannes Müller, das Wort und erklärte sich bereit, mit Vertretern aller Initiativgruppen am Wochenende im Rat des Kreises den Dialog fortzusetzen. In seiner Rede ging er auf die ersten Ergebnisse der 10. Tagung des ZK der SED ein, wofür er Beifall erhielt. Auch der Bürgermeister erhielt für seine Ausführungen zu kommunalpolitischen Problemen Zustimmung.
Zum Abschlus des Meetings äußerte sich der Superintendent Wulff-Woesten zustimmend für die auf dem 10. ZK-Plenum getroffenen offenen Konzeptionen. Er betonte weiterhin die positiven Einflüsse der Kirche auf den gegenwärtigen Reformprozess in der DDR, wobei er besonders die Verdienste von Dr. Werner Leich hervorhob. Seiner Auffassung nach sollte als künftiger Volkskammerpräsident kein SED-Mitglied fungieren.
Entsprechend der Aufforderung durch den Superintendenten löste sich die Versammlung friedlich auf.
Lange, Generalmajor
9. November 1989, 00.00 Uhr
Der Eiserne Vorhang fällt.
Die GÜST Eisfeld – Rottenbach wird um 04.00 Uhr geöffnet.
Drei Hildburghäuser Bürger überqueren mit ihrem Wartburg 353 als erste ohne Visa die Grenze zur Bundesrepublik Deutschland an der Grenzübergangsstelle (GÜST) Eisfeld – Rottenbach.
10. bis 16. November 1989
Im Zeitraum werden ca. 45.00 Visa im Alt-Landkreis Hildburghausen vom Volkspolizei-Kreisamt erteilt.
Deutschland feiert ein millionenfaches Wiedersehen.
Am 11.11.1989 passieren an der GÜST Eisfeld – Rottenbach von 00.00 bis 13.00 Uhr 9.356 Fahrzeuge, es gibt Wartezeiten bis zu 8 Stunden und Rückstaus von 20 Kilometer Länge.
11. November 1989
Die SED-Kreisleitungen und der Rat des Bezirks erhalten ein IN-Telegramm mit der Dringlichkeitsstufe „Blitz“, in dem es heißt:
Werte Genossen, in Durchsetzung des Aktionsprogrammes unserer Partei werden die Vorbereitungen getroffen, die Tiefe des Grenzgebietes zu verändern. Das Ziel dieser Maßnahme besteht darin, ein solches Grenzregime aufrechtzuerhalten, das den Anforderungen des Schutzes der sozialistischen Ordnung genügt. Die notwendigen Veränderungen sollen bis Ende Dezember 1989 erfolgen. Es ist in den Grenzgemeinden und Grenzstädten offensiv mit der Bevölkerung zu arbeiten. Alle Maßnahmen der Grenzsicherung sind mit Ruhe und Besonnenheit durchzuführen!
Nach der Grenzöffnung
Nach einigen Tagen der Grenzöffnung und mit den neuen Reise- und Einkaufsmöglichkeiten kam es zu einem merklich geringeren Warenumsatz in den Verkaufsstellen des Kreises Hildburghausen. Die DDR-Bürger kauften von dem einmaligen Begrüßungsgeld in Höhe von DM 100,- in der Bundesrepublik vor allem Südfrüchte, Schokoladenerzeugnisse, Genussmittel, elektronische Geräte.
Bei den DDR-Bürgern war das Vertrauen zur DDR-Binnenwährung restlos gesunken, die DDR-Mark wurde zu irrationalen Kursen zur DM getauscht: bis zu 25 : 1. Ferner kam es in Größenordnungen zum sinnlosen Ankauf hochwertiger Industriegüter aus dem DDR-Angebot und Billigimporten aus dem Nichtsozialistischen Wirtschaftsgebiet (NSW).
13. November 1989
Eine sensationelle und kaum vorstellbare Meldung findet kaum Beachtung:
Das Ministerium für Nationale Verteidigung teilt mit, dass die Sperrzone im Grenzgebiet an der Staatsgrenze der DDR zur BRD aufgehoben (wird). Alle im Schutzstreifen liegenden Ortschaften, Ortsteile, Betriebe und Einrichtungen sind damit nicht mehr Grenzgebiet, und der freie Zugang zu ihnen ist gewährleistet. Damit entfallen die bisherigen Genehmigungen für die Einreise und den Aufenthalt. Die land-, forst- sowie anderweitige volkswirtschaftliche Nutzung des Schutzstreifens erfolgt in Abstimmung mit dem zuständigen Kommandeur der Grenztruppen der DDR.
(Nach einer am 14.11. veröffentlichten ADN-Meldung)
November 1989
Mit Öffnung der Grenze und Abschaffen der Sperrzone wird eine neue militärische Gliederung der DDR-Grenztruppen vorgenommen. An Stelle der Grenzregimenter 3, 9 und 15 im Bezirk Suhl wird das Grenzbezirkskommando 4 Suhl mit Sitz in Sonneberg gebildet: Grenzbezirkskommando, Grenzkreiskommando, Grenzkompanie, Grenzwachen.
Das Grenzkreiskommando (GKK) 403 hat seinen Standort in Eishausen, es untersteht dem Grenzbezirkskommando (GBK 4).
Grenztruppen-Angehörige helfen im Südthüringer Raum u. a. bei Versorgungsfahrten des VEB Handelstransports, aber auch teilweise mit Militärfahrzeugen im Gesundheitswesen. Die Ursache liegt im desolaten Zustand der Fahrzeuge, in mangelnden Transportkapazitäten sowie an fehlendem Treibstoff.
13. November 1989
Zwischen Hildburghausen und Coburg richtet der VEB Kraftverkehr Hildburghausen eine Buslinie ein.
17. November 1989
Mit dem Regierungsantritt von Hans Modrow, dem ehemaligen Ersten Bezirkssekretär Dresdens, wird eine demokratische Erneuerung des öffentlichen Lebens angekündigt. Das Ministerium für Staatssicherheit wird in ein Amt für Nationale Sicherheit (AfNS) umgewandelt, das nach den Besetzungen – vor allem durch Bürgerinitiativen – nach dem 04.12.1989 vor allem auf den Druck der Straße hin aufgelöst wird. – Krenz und Modrow erklären am 19.11. ihre Ablehnung einer Vereinigung der beiden deutschen Staaten und der so genannten selbstständigen politischen Einheit Berlin-West.
18. November 1989
Der Grenzübergang Eishausen/Adelhausen – Rodach wird für DDR-Bürger geöffnet, ab 24.12.1989 auch für Bürger der Bundesrepublik. Der konzentrierte grenzüberschreitende Verkehr, der sich im Kreis über Eisfeld bewegt, soll entlastet werden.
Am Nachmittag des 16.11. begehen Verantwortliche der Grenztruppen der DDR das Terrain. Von der einstigen Straße, die Hildburghausen mit Coburg verbindet, ist in Grenznähe kaum noch etwas vorhanden, während von bayerischer Seite keine nennenswerten Vorkehrungen für den Reiseverkehr getroffen werden müssen, denn die Straße von Rodach bis an die Demarkationslinie ist in der Zeit der deutschen Teilung instand gehalten worden.
Innerhalb von 24 Stunden werden die Voraussetzungen geschaffen, den Grenzübergang zu eröffnen. Die Straßenmeisterei Hildburghausen verlegt 150 m Straßenplatten, unterstützt von den Grenztruppen der DDR, dem VEB Kraftverkehr Hildburghausen und dem Baumaterialienkombinat Themar. 600 m Schotterstraße werden ausgebessert und 25 Lichtmasten gesetzt.
21. November 1989
Tagung der Kreisleitung der SED Hildburghausen. Das Sekretariat der Kreisleitung tritt geschlossen zurück. Der 1. Kreissekretär Herbert Lindenlaub und weitere Funktionäre ziehen ihr Mandat als Abgeordnete des Kreistags Hildburghausen zurück.
November 1989
Die Nationale Front der DDR löst sich auf.
27. November 1989
In der DDR-Volksbildung kommt es zu ersten Veränderungen. Der Russisch-Unterricht wird reduziert, der Staatsbürgerkunde-Unterricht fällt weg, die 5-Tage-Unterrichtswoche wird vorbereitet, denn zeitweise fehlen wegen der Reisemöglichkeiten viele Schüler zum Samstagsunterricht, weil die Schulordnung nicht konsequent durchgesetzt wird.
28. November 1989
Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl legt dem Deutschen Bundestag ein Programm zur Überwindung der Teilung Deutschlands und Europas ohne zeitliche Festlegungen vor. – Die Sowjetführung weist den Plan energisch zurück, die westlichen Verbündeten reagieren distanziert.
Dezember 1989
Der Abbau der Sperranlagen an der Grenze beginnt.
5. Dezember 1989
Die Dienststelle des Kreisamtes für Nationale Sicherheit, vormals Kreisdienststelle des Ministeriums für Staatssicherheit, in der Geschwister-Scholl-Straße/Wilhelm-Külz-Straße, wird von folgenden Bürgern kontrolliert (die Besetzung der Bezirksverwaltung Erfurt durch Mitglieder der Bürgerbewegungen hat Signalwirkung für die gesamte DDR):
Hartmut Lorenz (amtierender Kreisstaatsanwalt), Ralf Bumann, Hans-Jürgen Salier, Christian Leuthold (alle Bürgerkomitee) und Hans-Hermann Langguth (Redakteur Freies Wort). Die Mitarbeiter des Geheimdienstes müssen die Dienststelle verlassen. Die Diensträume, Nachrichtenanlagen und Waffenkammern werden versiegelt. Das Gebäude wird von Vertretern des Neuen Forums und von der Deutschen Volkspolizei bewacht, Handlungen geschehen nur in gemeinsamen Absprachen. Am 07.12. kommt es zu einer Sicherheitspartnerschaft zwischen dem Neuen Forum und der Volkspolizei, der Gebäudekomplex der Kreisdienststelle des AfNS wird von der Volkspolizei übernommen.
Zum Zeitpunkt sind im Bereich der Bezirksverwaltung Suhl des Amts für Nationale Sicherheit, vormals Ministerium für Staatssicherheit, tätig: 1.754 Mitarbeiter, 4.023 (nach neueren Recherchen ca. 4.500) „inoffizielle Mitarbeiter“ (IM) und 800 „gesellschaftliche Mitarbeiter Sicherheit“.
Zur Kreisdienststelle Hildburghausen gehören 38 hauptamtliche Mitarbeiter, 1 hauptamtlicher IM und 216 IM und 91 Gesellschaftliche Mitarbeiter, die von 23 hauptamtlichen Mitarbeitern geführt werden. Im Stadtgebiet gibt es 39 konspirative Wohnungen und 5 des von der Stasi gesteuerten Arbeitsgebiets KG 1 der Kriminalpolizei. Leiter der Kreisdienststelle ist Oberstleutnant Bernd Cudok.
Die Kreisdienststelle hat als Hauptaufgabenfeld operative Personenkontrollen und Sicherheitsüberprüfungen durchzuführen (Geheimnisträger, Westreisende, Westreisekader), sie ist für die regelmäßig zu erstellenden politisch-operativen Lageanalysen und Stimmungsberichte zuständig und hält enge Kontakte zum „Hauptauftraggeber“ SED-Kreisleitung und zu staatlichen Einrichtungen (vor allem Rat des Kreises – Abteilung Inneres, Volkspolizeikreisamt, Wehrkreiskommando usw.). Zum anderen führt die Dienststelle das engmaschige IM-Netz im Grenzkreis.
Zum Friedensgebet in der Apostelkirche werden die ca. 1.000 Teilnehmer u. a. von H.-H. Langguth und H.-J. Salier über die Ereignisse in der Stasidienststelle informiert. Im Anschluss daran kommt es wiederum zu einem Schweigemarsch durch die Innenstadt, vor der SED-Kreisleitung in der Leninstraße (heute Kreissparkasse, Rückertstraße) werden brennende Kerzen gestellt.
Die letzte Phase des Umbruchs wird mit der Entmachtung der Staatssicherheit eingeleitet, sie ist geprägt durch die Gründung von Bürgerkomitees und Installierung Runder Tische auf allen Ebenen. Die Phase endet mit den ersten Freien Wahlen zur Volkskammer am 18.03.1990, als der Übergang von den durch die Friedliche Revolution des Volkes legitimierten Runden Tischen und Bürgerkomitees zu den förmlich legitimierten und demokratisch gewählten Parlamenten vollzogen worden ist. Entscheidend für diesen Zeitraum ist, dass die Bürgerbewegungen die Machtfrage nicht gestellt haben, sondern nur auf eine Teilhabe der Macht abzielen. So ist diese Phase letztlich von einem Nebeneinander von alten und neuen Kräften gekennzeichnet. Die alten reaktionären kommunistischen Kräfte haben genügend Macht und Zeit, sich in das neue System einzubringen, während man sich vieler Kräfte aus den Bürgerbewegungen entledigt.
6. Dezember 1989
Der Bezirkstag Suhl bildet eine Zeitweilige Kommission zur Untersuchung von Amtsmissbrauch und Korruption (ZWKA). In ihr konstituiert sich ein Aktiv Sicherheit, das in den Folgemonaten für die Auflösung des Ministeriums für Staatssicherheit/Amt für Nationale Sicherheit zuständig ist. In den Kreisen werden analog solche Kommissionen gebildet, die zur Legitimierung Ausweise des Vorsitzenden des Rates des Kreises erhalten.
8. Dezember 1989
Gespräch zwischen Basisgruppen der Bürgerbewegung und dem Vorsitzenden des Rates des Kreises, Hans Müller, Kreistagsabgeordneten und dem Leiter des Volkspolizei-Kreisamtes, Burkhard Stahl. Es wird eine zeitweilige Kommission des Kreistags Hildburghausen zur Untersuchung von Amts- und Machtmißbrauch sowie Korruption gebildet. Neben den im Kreistag vertretenen Parteien und Organisationen werden Vertreter des Neuen Forums mit einbezogen: Andreas Schierbaum, Hans-Jürgen Salier, Matthias Schmäußer, Klaus Leipold.
Ziel ist die schonungslose Aufdeckung von Amts- und Machtmissbrauch, Korruption – möglichst rasch und ohne Ansehen der Person –, die Wahrung von Recht und Gesetz und darin eingeschlossen der Verzicht auf Gewalt, völlige Handlungsfreiheit und gleiche Rechte für alle Mitglieder des Gremiums. Die Kommissionsmitglieder werden mit entsprechenden Ausweisen ausgestattet.
11. Dezember 1989
Rathausgespräch auf dem Marktplatz und die anschließende Demonstration durch die Stadt gegen Amtsmissbrauch und Korruption vereint ca. 1.500 Bürger.
11. Dezember 1989
Die SED-Kreisleitung teilt mit, dass Verhandlungen laufen, die Häuser in der Leninstraße (heute: Rückertstraße, Kreissparkasse) für Parteien und Massenorganisationen zur Verfügung zu stellen.
12. Dezember 1989
Beräumung des Schriftguts, u. a. Materialien der ehemaligen Stasi-Kreisdienststelle, unter Aufsicht des Neuen Forums, des amtierenden Kreisstaatsanwalts und der Volkspolizei.
Am 14.12.1989 beschließt der Ministerrat der DDR die Auflösung des MfS/AfNS.
13. Dezember 1989
Gründung der Sozialdemokratischen Partei (SDP, ab 13.01.1990 SPD), nach einem Aufruf von Dr. Karl-Heinz Stengler zum Rathausgespräch am 11.12. in Hildburghausen 32 Interessenten gründen in der Aula der ehem. Joseph-Meyer-Oberschule den Orts- und provisorischen Kreisverband. Die junge Partei setzt sich das Ziel, eine ökologisch orientierte soziale Demokratie aufzubauen, die Errichtung eines demokratischen Rechtsstaats mit strikter Gewaltenteilung und parlamentarischer Demokratie und Parteienpluralität. Angestrebt wird eine ökologisch orientierte soziale Marktwirtschaft mit gemischter Wirtschaftsstruktur und unterschiedlichen Eigentumsformen.
14. Dezember 1989
Der Ministerrat der DDR beschließt die Auflösung des MfS/AfNS und die Einrichtung eines Amtes für Verfassungsschutz. Wegen massiver Proteste der Bevölkerung und von Oppositionsgruppen verzichtet die Regierung auf die Einrichtung eines solchen Amtes.
16. Dezember 1989
Dem Parteinamen der SED wird das Kürzel PDS (Partei des Demokratischen Sozialismus) angefügt. Ein Großteil der Bevölkerung empfindet das als Demagogie. Seit Beginn der Demos (vorwiegend montags) und der Friedensgebete in der Apostelkirche (donnerstags) wird immer wieder das Verbot der SED (SED-PDS) gefordert.
SED-Kreisleitung Hildburghausen 1945 – 1989
1. Sekretäre
August Kahl 1945 – 1950 (bis zur Zwangsvereinigung 1945/46 KPD)
Fritz Schneider 1949 – 1952
Reinhold Jäger 1952 – 1954
Rudolf Rausch 1954 – 1967
Kurt Mall 1967 – 1971
Herbert Lindenlaub 1972 – 1989
Dr. Peter Dornheim 1989 - 1990
20. Dezember 1989
Bürgermeister Jürgen Ließ (SED-PDS) lädt die Parteien und Bürgerinitiativen zu einem Runden Tisch ein. Man kommt meist über Formalien nicht hinaus und verschleppt dadurch ein massives Einwirken der Bürgerinitiativen auf Veränderungen im kommunalpolitischen Bereich.
20. Dezember 1989
Das ehemalige WtB-Lager (Waren täglicher Bedarf) auf dem Industriegelände des einstigen Schraubenwerks (s. 1970) nahe der Gerbergasse/Heimstraße wird geschlossen, vorübergehend bis 1994 finden dort verschiedene Lager (Tapeten, Bodenbeläge usw.) und Verkaufseinrichtungen ihre Niederlassung. Noch 1998 ist das Gelände im Eigentum der TLG. Die Restitutionsansprüche der Erbengemeinschaft Gassenheimer sind entschädigt worden.
21. Dezember 1989
Sitzung des Bezirkstags in Suhl. Das Aktiv „Staatssicherheit“ des Gremiums erstattet Bericht. Folgende Forderungen werden u. a. erhoben:
... 1. Entwaffnung aller Mitarbeiter des ehemaligen Bezirksamtes für Staatssicherheit, soweit nicht weiterhin notwendige dienstliche Maßnahmen die Bewaffnung erforderlich machen, sowie aller zivilen Waffenträger im Bezirk.
2. Einstellung der Tätigkeit der Briefleseanlage und der Abhöranlage.
3. Verhinderung weiterer Dokumentenvernichtung, Beräumung der Kreisdienststellen und Einlagerung sowie Sicherung aller vorhandenen Akten und Unterlagen unter Aufsicht des Militärstaatsanwaltes.
4. Schließung der Untersuchungshaftanstalt des ehemaligen Bezirksamtes Suhl.
Damit ist die nahezu vier Jahrzehnte meist gegen das Volk wirkende Unterdrückungsmaschinerie der SED als Institution erloschen.
22. Dezember 1989
Die Objekte der ehemaligen Kreisdienststellen des MfS/AfNS werden den örtlichen Räten übergeben.
24. Dezember 1989, Heiligabend
Wegfall von Visumpflicht und Zwangsumtausch für die Bürger der Bundesrepublik Deutschland. An der Grenzübergangsstelle Eisfeld feiern ca. 5.000 Menschen, am Grenzübergang Eishausen/Adelhausen – Rodach wird den Nachbarn von den Bewohnern der umliegenden Orte ein liebevoller Empfang bereitet. Nahezu in jeder Stadt und Gemeinde des Kreises werden die Gäste aus der Bundesrepublik herzlich willkommen geheißen, auch in Hildburghausen initiieren Bürgergruppen, Parteien, Organisationen kleine Festlichkeiten.
28. Dezember 1989
Das DRK-Kreiskomitee Hildburghausen ruft die Bevölkerung des Kreises zu einer Solidaritätsaktion für die notleidenden Menschen der rumänischen Ceauşescu-Diktatur auf (Geld-, Blut- und Sachspenden). Das Engagement ist überwältigend: 54 m³ Kleidung, Spielzeug und Lebensmittel, 14.655 M werden gespendet.
Die paramilitärischen Kampfgruppen der Arbeiterklasse werden aufgelöst. Uniformen, sonstige Bekleidung, Waffen usw. werden vom VPKA erfasst und zurückgeführt.
Ostdeutsche Arbeitsproduktivität ausgewählter Wirtschaftsbereiche 1989
(in v. H. von Westdeutschland)
1989
Grundstoffproduzierendes Gewerbe 28,1 %
Mineralölverarbeitung 9,7 %
Steine und Erden 82,6 %
Eisenschaffende Industrie 30,0 %
Gießereien 54,9 %
Chemische Industrie, Spalt-, Brutstoffe 31,5 %
Sonstige Grundstoffproduktion 36,9 %
Investitionsgüterproduzierendes Gewerbe 45,0 %
Stahlbau 63,9 %
Maschinenbau 52,2 %
Straßenfahrzeugbau 27,8 %
Elektrotechnik 40,2 %
Feinmechanik, Optik 78,3 %
Büromaschinen, ADV 31,6 %
Sonstige Investitionsgüterproduktion 33,1 %
Verbrauchsgüterproduzierendes Gewerbe 30,3 %
Holzverarbeitung 33,9 %
Druckerei 73,0 %
Textilgewerbe 33,7 %
Sonstige Gebrauchsgüterproduktion 24,5 %
Nahrungs- und Genussmittelherstellung 76,0 %
Verarbeitendes Gewerbe 43,4 %
(Quelle: Bernd Görzig: Produktion und Produktionsfaktoren für Ostdeutschland. Kennziffern 1980 – 1991, in: DIW: Beiträge zur Strukturforschung)
2. Januar 1990
Der CDU-Kreisvorstand lädt zum ersten Runden Tisch des Landkreises im Gebäude des Rates des Kreises ein (Günter Heinrich – CDU-Kreisgeschäftsführer und Adolf Trentschka – Kreisvorsitzender der CDU). Die meisten der bis zu diesem Zeitpunkt zugelassenen Parteien und teils auch in den Parlamenten vertretenen Massenorganisationen nehmen teil.
4. Januar 1990
Anti-Neofaschismus-Hysterie. Überall in der DDR, so auch in Hildburghausen, wird – vermutlich um die revolutionären Prozesse ins Zwielicht zu bringen – eine medienwirksame Propaganda-Kampagne geschürt. Die meisten der im Entstehen begriffenen demokratischen Parteien erkennen die Urheberschaft in Richtung SED bzw. SED-PDS, um von ihrer eigenen Wühlarbeit gegen eine Demokratisierung abzulenken. Es treten vor allem in den Medien teils obskure Gruppen auf, wenn beispielsweise das Neue Forum oder andere demokratische Kräfte und Parteien konsequent mit den SED-Praktiken und Machenschaften abrechnen. Die von der Stasi und von der SED-Propaganda erprobten Prinzipien der Desorientierung und der Denunziation werden konzentriert angewendet.
8. Januar 1990
Bei den Montagdemos wird der Ruf nach der Einheit Deutschlands immer stärker, obwohl die Modrow-Regierung immer wieder versichert, dass die Einheit Deutschlands nicht zur Disposition stehe. Mit Beginn des Wahlkampfs standen die Demos unter der Regie von Parteien und Initiativgruppen. Die Redner halten sich allerdings nicht an parteipolitische Vorgaben.
14. Januar 1990
Der erste Runde Tisch des Kreises Hildburghausen tagt. Man kommt kaum über Regularien und Formfragen hinaus, die brennenden Fragen der Zeit werden nicht angepackt.
Auffällig ist, dass die SED bzw. ihre Nachfolgepartei und die staatlichen Institutionen es verstehen, mit geschicktem Taktieren und nach einem nach außen zur Schau getragenen loyalen Verhalten gesellschaftliche Entwicklungen hinauszuzögern und den geordneten Rückzug anzutreten sowie die eigene Macht unter neuen Verhältnissen wieder herzustellen. Funktionsträger der SED können teils ihre Machtpositionen in den Verwaltungen und staatlichen Einrichtungen behalten. In dieser Phase der gesellschaftlichen Entwicklung fehlt das nötige Maß an Radikalität, um die kommunistischen Machtstrukturen zu zerstören. Die Bevölkerung insgesamt lässt sich nicht entsprechend aktivieren, weil sie mit den gewonnenen Freiheiten zumeist zufrieden ist und beginnt, sich im Privaten neu zu orientieren.
17. Januar 1990
Der hessische Finanzminister Dr. Manfred Kanther, er hat bis 1957 in Hildburghausen gelebt und hier sein Abitur abgelegt, besucht den CDU-Kreisverband sowie Stätten seiner Kindheit und Jugend. Den vor dem Kollaps stehenden Krankenhäusern Hildburghausen und Eisfeld sowie dem Caritasheim St. Laurentius sichert er zur Verbesserung der Versorgung medizinische Geräte und Verbrauchsgüter zu. Die Hessen-Hilfe bringt eine spürbare Entlastung bei der medizinischen Versorgung der Bevölkerung.
19. Januar 1990
Der Kreisvorstand der SPD wird gegründet, Horst Kotzem wird Vorsitzender, Ralf Bumann Geschäftsführer.
Ab Mitte Januar 1990
Auch in Hildburghausen kommt es in Betrieben und Institutionen zu Streiks. Gründe sind die unbefriedigende persönliche Lebenssituation der Bürger, die teils miserablen Arbeitsbedingungen und der schleppende Fortgang der gesellschaftlichen Entwicklung für eine Demokratisierung, z. B.
- 22.01. Südthüringer Fleischkombinat Betriebsteil Hildburghausen;
- 25.01. Gesundheitswesen des Kreises;
- 30.01. Kaufhalle an der Schleusinger Straße;
- 30.01. Betriebsteil Hildburghausen des OGS Suhl;
- 02.02. Krankentransport des DRK.
25. Januar 1990
Das Gesundheitswesen des Kreises steht auf Grund einer verfehlten Gesundheitspolitik des SED-Staates kurz vor dem Offenbarungseid. Etwa 120 Mitarbeiter medizinischer Einrichtungen, davon 40 aus der Bezirksnervenklinik, treten in einen Warnstreik, demonstrieren auf dem Marx-Engels-Platz und übergeben dem Ratsvorsitzenden eine Petition. Mediziner des Kreiskrankenhauses äußern u. a.:„Die rein ärztliche Kunst hat ihre Grenzen erreicht. Wir können ganz einfach nicht mehr nur durch persönliche Hinwendung unsere Patienten heilen. Was wir brauchen ist Medizintechnik.“ Nach Einschätzung von Experten befindet sich das DDR-Gesundheitswesen teils auf dem Niveau eines Entwicklungslandes. Aus Eisfeld wird berichtet, dass der vorläufige Höhepunkt einer seit zehn Jahre währenden Misere der Eisfelder Landambulanz ist, dass die medizinische Einrichtung über kein einsatzfähiges Fahrzeug mehr verfügt. Die Grenzkompanie Steudach hilft vorübergehend mit einem Trabi-Kübel.
1. März 1990
Die DDR-Regierung beschließt die Gründung einer Treuhandanstalt zur Verwaltung des so genannten Volkseigentums.
9. März 1990
Der aus Breslau stammende und in Eisfeld und Hildburghausen tätige Rechtsanwalt Paul Thierse stirbt. Th. ist vor der Machtübernahme Hitlers Mitglied der katholischen Zentrumspartei. Nach der Vertreibung ist er in der SBZ und in der DDR aktiv in der CDU als Leitungsmitglied und als Kreistagsabgeordneter tätig. Zudem ist er in Eisfeld Mitglied des Pfarrgemeinderates und Synodale.
Sein Sohn ist der 1943 geborene SPD-Politiker Wolfgang Thierse. An der Erweiterten Oberschule „Geschwister Scholl“ in Hildburghausen hat er sein Abitur abgelegt. Von 1998 – 2005 ist er Präsident des Deutschen Bundestages, von 2005 – 2013 Vizepräsident. Zudem ist er langjähriges hinzugewähltes Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK).
18. März 1990
Freie Wahlen zur Volkskammer der DDR
Im Kreis Hildburghausen kommt es bei 44.789 Wahlberechtigten zu einer Wahlbeteiligung von 96,11%.
Im Kreis stimmen für:
Allianz für Deutschland
(Wahlbündnis CDU, DSU und Demokratischer Aufbruch)
CDU/DA 48,7 %
DSU 9,9 %
SPD 16,0 %
PDS 12,5 %
Bund Freier Demokraten
Die Liberalen/NDPD 5,4 %
Grüne Partei/Unab-
hängiger Frauenverband
Bündnis 90 3,4 %
Sonstige 4,1 %
Wahlergebnis in Hildburghausen:
Allianz für Deutschland 48,05 %
SPD 21,88 %
PDS 16,40 %
Bund Freier Demokraten 5,28 %
Bündnis '90 2,91 %
1. April 1990
Auflösung des Warschauer Paktes.
9. April 1990
Prof. Dr. habil. em. Gerhard Steiner (1905 – 1995), Literaturwissenschaftler und Schriftsteller, erhält die Ehrenbürgerrechte der Stadt Hildburghausen.
1990
Gewerbeanmeldungen unterliegen keinen Beschränkungen.
28. April 1990
Die Jungliberale Aktion JuliA und Freies Wort veranstalten im Friedenspark ein deutsch-deutsches Kinderfest für behinderte und gesunde Kinder. Den finanziellen Erlös erhält das REHA-Zentrum in Hildburghausen.
1990
Zwischen Hildburghausen und Schwabach entwickelt sich eine Städtefreundschaft.
1990
Öffnen der Gruft der Grabstätte von Herzogin Charlotte von Sachsen-Hildburghausen auf dem Zentralfriedhof. Es soll ermittelt werden, ob die Tragfähigkeit für den Kandelaber gesichert ist. Zudem soll untersucht werden, ob die Aussage nach literarischer Überlieferung stimmt, dass die Särge aus dem Schloss in die Gruft überführt worden sind. Es wird festgestellt, dass die Särge der Herzogin Charlotte und des Kindes des Geheimrats von Schwartzkopf (Auguste, 1807 – 13.08.1819) sichtbar vorhanden sind, die weiteren Kammern sind leer gewesen. Es ist anzunehmen, dass die weiteren im Schloss befindlichen Särge nach der letzten ernestinischen Landesteilung 1826 nach Altenburg überführt worden sind.
1. April 1990
Die Staatsbank der DDR wird in die Deutsche Kreditbank AG umgewandelt. Sie darf nun auch wieder Konten für Privatpersonen führen, was bei der Staatsbank nicht möglich gewesen ist.
Am 01.07.1990 wird sie eine Filiale der Dresdner Bank Kreditbank AG, einer Tochtergesellschaft der Dresdner Bank AG. Damit engagiert sich nach 1990 wieder eine deutsche Privatbank in Hildburghausen.
1990
Die Alarmierung der Feuerwehr geschieht fast ausnahmslos über Funk, Alarm wird über die Leitstelle des Landkreises ausgelöst.
16. April 1990
Nach 23 Jahren ist der Ostermontag in der DDR wieder ein Feiertag, der Karfreitag ist 1990 noch ein Arbeitstag.
6. Mai 1990
Wahlen zum Kreistag Hildburghausen
98.453 gültige Stimmen (61 Sitze) Landkreis
Christlich-Demokratische Union (22 Sitze) 35,1 %
Sozialdemokratische Partei Deutschlands (12) 20,2 %
Freie Demokratische Partei (8) 13,4 %
Partei des Demokratischen Sozialismus (7) 11,7 %
Deutsche Soziale Union (3) 4,5 %
Sonstige (9) 15,1 %
Peter Menz, CDU, wird erster freigewählter Landrat des Landkreises seit den 30er Jahren. Bürgermeister von Hildburghausen wird der Gastwirt Franz Kipper (CDU).
17. Mai 1990
Die kommunale Selbstverwaltung wird in der DDR wieder eingeführt. Nach Beschlüssen der Volkskammer: Die Legislaturperiode der Bezirkstage endet zum 31.05. Regierungsbevollmächtigte werden in den Bezirken eingesetzt.
1. Juni 1990
Der Verlag Frankenschwelle Hans J. Salier wird gegründet (ab 01.05.1995 Verlag Frankenschwelle KG), der vorwiegend regionalgeschichtliche Literatur ediert (bis 2006, dann Salier Verlag Leipzig und Hildburghausen).
Juni 1990
Hildburghäuser Entsorgungsdienst GmbH
(ehemals VEB Stadtwirtschaft Hildburghausen), Partner des Landkreises und der Otto-Gruppe, nimmt die Entsorgungstätigkeit im Landkreis auf, Mitte 1994 erfolgt die Privatisierung. Bei Übernahme hat das Unternehmen 35 Mitarbeiter.
Bis zum Zusammenbruch der DDR hat jede Kommune des Landkreises eine mehr oder weniger geordnete Mülldeponie. Der Landkreis übernimmt die Mülldeponie Leimrieth (7 ha, zusätzlich eine vorbereitete Erweiterungsfläche von 3 ha). Erste Baumaßnahmen beginnen 1990, der Altkörper wird bis 1993 gesichert, es folgen Basisabdichtung, Bau eines Sickerwasser-Auffangbeckens, Schutz der am Deponiefuß liegenden Rodachquelle. Eine TASi-gerechte Deponie wird errichtet.
Ab 1990
Mit dem Fall von Grenze und Todesstreifen tangiert die „Rhönwallfahrt“ zwischen Simmershausen/Rhön auch den Landkreis Hildburghausen. Hier werden gute Zeichen der ökumenischen Verbundenheit zwischen den katholischen und evangelischen Christen deutlich. Von Simmershausen zieht die Wallfahrt über Ostheim v. d. Rhön, Stockheim nach Mellrichstadt. Hier wird eine Heilige Messe gefeiert. Dann geht es weiter nach Hendungen mit einer Andacht mit Rast und weiter an der Bildeiche vorbei nach Gollmuthausen, durch das Grabfeld über Ottelmannshausen, Herbstadt mit Rast und Eyershausen, Alsleben und Sternberg. Es folgt am nächsten Tag der Aufstieg zur Ursula-Kapelle, dicht an der bayerisch-thüringischen Landesgrenze, zur Heiligen Messe, nach Albingshausen im Landkreis Hildburghausen, Rieth und Hellingen meist zur Rast, weiter über Poppenhausen, Dürrenried, Lechenroth und Oberelldorf nach Seßlach zur Andacht in der Kirche und Rast. Es folgt dann der letzte Abschnitt über Neusses an den Eichen und Rossach nach Altenbanz.
1990
Das Agrarhistorische Museum in Kloster Veßra wird umbenannt in Hennebergisches Museum Kloster Veßra für regionale Geschichte und Volkskunde. Forschungs- und Ausstellungstätigkeit: Geschichte des Prämonstratenser-Chorherrnstifts, des Henneberger Landes und der Volkskunde zwischen Rennsteig, Grabfeld und Rhön.
14. Juni 1990
Gründungsversammlung des DRK-Kreisverbands (13.08.1990 Eintrag ins Vereinigungsregister). Es erfolgt eine Umstrukturierung nach bundesdeutschem Recht.
Zum Leistungsspektrum gehören: Rettungsdienst und Krankentransport, Bergrettung, Wasserrettung, Sanitätsdienst, Katastrophendienst, Blutspendedienst, Hilfsaktionen für Opfer bewaffneter Konflikte und für Opfer von Naturkatastrophen, DRK-Suchdienst, Beratung von Aussiedlern und Asylbewerbern, Sozialarbeit, Ausbildung der Bevölkerung in Erster Hilfe, Betreutes Wohnen für Senioren (seit Dez. 1998).
Das DRK hat 1998 im Landkreis 180 aktive Mitglieder, 150 Mitglieder im Jugendrotkreuz, 2.200 Fördermitglieder.
In Trägerschaft des DRK kommen u. a. im heutigen Stadtgebiet die Kindertagesstätten Häselrieth, Birkenfeld, Pavillon. Wegen rückläufiger Kinderzahlen wird nur noch die Einrichtung in Birkenfeld betrieben.
18. Juni 1990
Gründungsversammlung des Musikvereins Hildburghausen e. V. mit ca. 60 Teilnehmern, die am 06.03.1991 im Dr.-Elise-Pampe-Heim vollzogen wird. Vorsitzender wird Kirchenmusikdirektor Volker Koch, am 09.03.2001 übernimmt Kantor Torsten Sterzik den Vorsitz.
21. Juni 1990
Gründung des Kreissportbunds Hildburghausen e.V.
25. Juni 1990
Die Amateurbühne Hildburghausen, hervorgegangen aus dem Arbeitertheater Wladimir Majakowski wird gegründet (11.06. Eintrag ins Vereinsregister). Leiter ist Rolf Weißleder, seit 11.06.1993 ist Ullrich Jänsch Vorstand.
1. Juli 1990
Die Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion tritt in Kraft. Damit ist die Deutsche Mark Zahlungsmittel in der DDR.
Personenkontrollen an der Grenze fallen weg, ebenfalls Notaufnahmeverfahren für Übersiedler aus der DDR.
In der Zeit vom 11.06. – 06.07.1990 können die Umstellungsanträge eingereicht werden. 1 : 1 werden bis zur Höhe von 2.000,- M für Bürger umgetauscht, die nach dem 01.07.1976 geboren worden sind, bis 4.000,- M für Personen, die zwischen dem 02.07.1931 und dem 01.07.1976 geboren worden sind, bis zur Höhe von 6.000,- M für vor dem 02.07.1931 Geborene. Die über diese Beträge hinausgehenden Guthaben werden im Verhältnis 2 : 1 umgestellt. Bei Anmeldung der Konten kann eine „Auszahlungsquittung“ beantragt werden, um die Bürger ab 01.07. – 06.07.1990 mit Bargeld bis zu 2.000,- DM auszustatten, da Kontenverfügungen in der ersten Juliwoche nicht möglich sind und ab dem 01.07.1990 nur noch die Deutsche Mark als gesetzliches Zahlungsmittel zugelassen ist.
Bei der Kreissparkasse Hildburghausen werden insges. 44.524 Umstellungsanträge angenommen und bearbeitet. Zum Tag der Währungsunion verfügt die Kreissparkasse über einen Spareinlagenbestand von 468.204.000 Mark der DDR. Ausgezahlt werden von der Kreissparkasse in der Zeit vom 01. – 06.07.1990 fast DM 9 Mio. DM.
1. Juli 1990
Die Genossenschaftsbank Berlin hat wesentliche Teile des Bankgeschäfts ihrer Filiale (Volksbank) in Hildburghausen übertragen (Geschäftsübergabevertrag vom 26.10.1990).
1. Juli 1990
In Rechtsträgerschaft des VEB Gebäudewirtschaft Hildburghausen befinden sich 3.190 Wohn- und Vertragseinheiten, ferner 510 Einheiten in treuhänderischer Verwaltung bzw. werden in Abwesenheitspflegschaft bewirtschaftet. Personalbestand: 101 Beschäftigte.
Der im Ortsbereich der Stadt befindliche Wohnungsbestand wird vermögensrechtlich der Stadt zugeordnet, die überörtlichen denen der jeweiligen Kommunen.
5. Juli 1990. Regina von Sachsen-Meiningen (1925 – 2010) weilt zum Beginn des Wiederaufbaus auf der Veste Heldburg. Sie erhält von Hans-Jürgen Salier das erste Exemplar des Bandes (Reprint) „Die Veste Heldburg“ von Eduard Fritze". – Die Erzherzogin ist verheiratet mit Otto von Habsburg (1912 – 2011), dem Sohn des Kaisers Karl I. und Zita Maria delle Grazie di Borbone.
9. Juli 1990
† Bärbel-Kathrin Langbein, Jena
* 02.11.1943, Hildburghausen
Kunstweberin
22. Juli 1990
Die Volkskammer der DDR beschließt das Verfassungsgesetz zur Bildung von Ländern (Ländereinführungsgesetz).
4. August 1990
Eröffnung der Tourist-Information der Stadt und des Landkreises Hildburghausen im ehemaligen Haus des Kaufmanns Dressel am Markt, wegen Aufhebung der staatlichen Verwaltung des Dressel-Eigentums Umzug ins Gebäude des Landratsamts, 1996 privatisiert. Im Juli 1998 wird die Einrichtung wegen Unwirtschaftlichkeit geschlossen.
23. August 1990
Die Volkskammer der DDR beschließt den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland am 03.10.1990. 294 Abgeordnete stimmen für den Beitritt, 62 dagegen, 7 enthalten sich der Stimme.
1. September 1990
Die Kreismusikschule erhält den Namen Carl Maria von Weber, ca. 500 Schüler.
8. September 1990
Das Kreiskrankenhaus erhält vielfältige Hilfe aus den alten Bundesländern, z. B. auf Beschluss des Landkreises Würzburg eine Spende in Höhe von DM 85.000, am 01.10. übergibt Prof. Dr. Friedhelm Farthmann ein Röntgenvergrößerungsgerät, der Coburger Landrat Karl Zeitler ein Gastroskop im Wert von DM 35.000.
12. September 1990
Die Außenminister der vier Siegerstaaten und der beiden deutschen Staaten unterzeichnen den Zwei-plus-vier-Vertrag. Nach der Ratifizierung erlöschen die Rechte der Siegermächte.
Damit ist die Nachkriegszeit beendet.
1. Oktober 1990
Die Volksbank Hildburghausen eG wird beim Amtsgericht Hildburghausen unter der GnR-Nr. 1 registriert.
Unmittelbar danach beginnt die Modernisierung des Zweigstellennetzes(Okt. 1992 – Schalterhalle der Zweigstelle, Nov. 1992 – Geschäftsstelle Schönbrunn, Jan. 1994 – Neubau der Geschäftsstelle Gießübel, Juni 1994 – Modernisierung der Geschäftsstelle Eisfeld, Mai 1996 – Geldautomat im Auengrundcenter in Brattendorf, Mai 1996 – Geldautomat im Okay-Markt Themar, Juni 1998 – Baumaßnahmen zur Verlegung der Geschäftsstelle Themar).
1990 beträgt die Bilanzsumme der Volksbank 101.563 TDM, sie hat 448 Mitglieder, 1.308 Geschäftsanteile. Das Gesamtkreditvolumen beläuft sich auf 77.175 TDM (1.031 Kredite), Verbindlichkeiten gegenüber den Kunden 75.450 TDM.
1. Oktober 1990
Die Siegermächte suspendieren in New York ihre Vorbehaltsrechte auf Deutschland bis zum Inkrafttreten des Zwei-plus-vier-Vertrages. Der Vertrag muss noch von den beiden deutschen Parlamenten unterzeichnet werden. Damit erhält Deutschland seine volle Souveränität zurück.
2. Oktober 1990
Literaturpremiere. Eckhard Witter Buch „Das Achtläuten – Sagen aus dem Hildburghäuser Land“ (Verlag Frankenschwelle Hans J. Salier), Band I der Reihe „Sagen des Landkreises Hildburghausen“(vier Bände). Das ist (nach Recherchen) das vorletzte Buch, das in der DDR erscheint.
2./3. Oktober 1990
Um Mitternacht wird vor dem Reichstag in Berlin feierlich die deutsche Flagge gehisst.
Die deutsche Teilung ist beendet.
In vielen Städten und Gemeinden des neuen deutschen Vaterlandes werden würdige Feiern gestaltet und das vom SED-Regime verfemte Lied der Deutschen gesungen:
Einigkeit und Recht und Freiheit
für das deutsche Vaterland!
Danach lasst uns alle streben
brüderlich mit Herz und Hand!
Einigkeit und Recht und Freiheit
sind des Glückes Unterpfand.
Blüh’ im Glanze dieses Glückes,
blühe, deutsches Vaterland!