Hildburghäuser Weihnacht
Hilberhäuser Weihnachtn
Bernhard Sendelbach
Rufft ihr Glocken heut von Torm Läut ihr Glocken uns nei’s Harz,
läut ihr in 'rer schweren Zeit dass mirsch könne racht erfass:
Ormut, Not sänn jetzt dahämm, Ewig wahr bleit es doch ümmer,
Hochmut hatt gebracht viel Leid. Lieb ist stärker als dar Hass.
Mags uns nu racht drackig geh, Drümm, lasst die Köpf net häng,
mir gamm uns noch net verlorn, weil die Hoffnung ja bestett,
weil wir ja dann Glauben hamm, nach dar, kömmt ä annre Zeit,
Neues, Gutes wird geborn. Un – dass widder aufwärts gett.
Rathaus Hildburghausen.
Nach einer Radierung, um 1920
Verlag E. Heinz, Berlin NW 87
Das Rathaus vor der Sanierung, 1992
Nach einem Aquarell von Günter Heinz, Coburg
Marktplatz mit Altem Brunnen, um 1900
Partie an der Stadtmauer mit Blick zur Christuskirche, 1992
Nach einem Aquarell von Günter Heinz, Coburg
Coburger Straße mit Blick zur Christuskirche, 1992
Nach einem Aquarell von Günter Heinz, Coburg
Die wunderschöne Winter-Lithographie aus dem Jahr 1897 hat der Absender mit dem sinnigen Spruch vermutlich an einem heißen Julitag (30. Juli) des Jahres 1897 verziert:
Im Winter fällt viel Schnee,
Und Durst im Sommer thut weh!
Den Schnee, den muss man kehren,
Dem Durst mit Trinken brav wehren!
Prosit! Wiemann.
Das Radefeldsche Haus, um 1900
Bismarckturm auf dem Stadtberg
Foto: Kerstin Neundorf „Foto Meffert“, Hildburghausen
Marktplatz mit Herzog-Georg-Brunnen
Foto: Kerstin Neundorf „Foto Meffert“, Hildburghausen
Der Marktplatz zur Adventszeit
Foto: Kerstin Neundorf „Foto Meffert“, Hildburghausen
Gruss aus Hildburghausen – Marktplatz
Verlag von Otto Pezoldt, Hildburghausen
Partie am Schlosspark mit Neuem Technikum und Stadtkirche (Christuskirche).
Nach einer Ansichtskarte, um 1899.
WEIHNACHTEN 1947
„Frau Rauschen“
An dann Harrn Zeitungsschreiber!
Mei Lorenz unn ich sänn die Feiertag nett aus’n Haus gekomme. N’ Tag vor Weihnachten hat ich noch zwä Pfund Pfarrfläsch hinten bei Harrn Preller in der Knappengass geholt. Dös gab’s markenfrei von Westhäusers Karl sein Gaul. Dös war ä Braten, so dorchwachsen, wenn’s ähner nett gewusst hätt’, hätt ersch für Ochsenfläsch gehalten. Ich hat rohe Klöß dazu gemacht, mei Alter hat siem Stück vardrückt; mar hamm uns ämal orndlich satt gegassen. Nachher gab’s noch Griesflammerie unn Ardbeer aus unnern Schrewergarten dazu.
Am zwätten Feiertag hatten mar än Karnickel, Rotkraut unn Ardöpfel, unn da hammer noch unnere Senfgorken prowiert.
Mei Mariele hat zu die Christsammel dann Täg gemacht, sie warn schö geraten. Die Feiertag üwer hatten mar tüchtig Besuch. Die Hedwig, mei Nichte, die sonst immer was auszusetzen hat, hat g’sagt, dar Stollen wär prima. Ich wollt’s ihr awer a nett geraten ha, wenn se was annersch g’sagt hätt, awer nachdem wie se bein Kaffeetrinken zug’langt hat, hatt ses doch ehrlich gemänt.
Mir warn orndlich zufrieden, unn hamm a von Harzen annern Leuten ä gutes Fest gegönnt. In unnerer Stuhm warsch a schö warm, weil mei Alter mit’n Edmund tüchtig für Reisig g’sorgt hat.
Dasse dar arme Fra bein Beck Heyder dann Johannesbeerkuchen ümmgetauscht hamm, wärd Ihne wohl a scho zu Ohren gekomme sänn. Mir hätt dös nett dörf passier, Sie kenne mich doch! Ich hätt dann diewischen Mah mein Butterdötschtopf auf sei Guschen gehahm, dassen die Zähn neig’flogen wärn. Dös is freilich argerlich, wenn mer sich dös Zeug zu änn Kuchen zammg’spart hat, unn nachher dagegen so ä Fansterlader eintausch soll.
Zu änn Punsch hat’s zu Neujohr nett gelangt. Mei Schwiegersohn, der Edmund, hat ä Flaschen Himbeer-Häßgetränk geholt, dös hat Ihne änn hochfeine Geschmack unn is zu empfehln. Ich ha mar mitn Mariele was zu gut dadra getan. Mei Alter hat uns nämlich von sein FDGB-Schnaps was neigschütt, dass mar davon ganz dusselig geworrn sänn.
Hoffentlich wärd dös Jahr 1947 ä gutes Jahr für die Menschheit unn brängt uns dann ersehnten Frieden.
Dös is jetzt ä Not, wenns Elektrische ausgett; Gohlichter kriegt ma känne bei die Kaufleut, unn nu sitzt ma im Finstern dahämm, wo man doch mit dar Flickerei jetzt alle Händ voll zu tunn hätt. Dar „Mondscheins-Liesewett“, die ich noch als junges Mädle gekennt ha, hätt dös nix ausgemacht. Die hat unten am Spittelbach gewohnt unn sich bei Mondschein ans Fenster g’setzt unn die Strümpf dabei gestrickt.
Nu will ich schnell mein Brief fartig schreib, weils grad in unnerer Lampen gezwinkert hat. Ich verbleib mit vielen Grüßen
Ihre sehr geehrte
Frau Rauschen.
Noch ä klännes Postskriptum:
Am 4. Januar bin ich von ähn Geschäft zum annern rümmgerennt unn konnt nix gekäff, weil die Kaufleut die Vartälung noch nett in Händen hatten, unn es hat a so spät im Blatt g’stanne. Ich sags ja, wo mir Weiwerleut nett üwerall dabei sänn, is nix, die Männerleut hamm ahm ä zu lange Leitung.
Anmerkung
“Thüringer Volk”, Nummer 9, Sonnabend, den 18. Januar 1947.
Die Zeitung war das Parteiorgan der KPD und nach der Zwangsvereinigung von KPD und SPD der SED. – Hinter der für Hildburghausen legendären Figur der Frau Rauschen verbirgt sich niemand anders als Bernhard Sendelbach.